Gewalt gegen Lehrkräfte – Präventionsnetzwerk #sicherimDienst bietet NRW-Schulen Unterstützung

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DÜSSELDORF. Eine verstärkte Sensibilisierung der Öffentlichkeit und eine bessere Unterstützung von Lehrkräften in Konfliktsituationen möchte das Land Nordrhein-Westfalen mit dem neuen Präventionsnetzwerk #sicherimDienst bewirken. Auch andere Beschäftigte im öffentlichen Dienst sind dazu aufgerufen, sich dem Netzwerk anzuschließen. Konkrete Handlungsempfehlungen für Vorsorge, Handling und Nachsorge von Gewalterfahrungen bietet ein neuer Praxisleitfaden. Weitere Angebote sind in Planung.

Über 300 Behörden, Organisationen, Gewerkschaften und Institutionen des öffentlichen Dienstes in Nordrhein-Westfalen haben sich bislang bei #sicherimDienst zusammengeschlossen. Stellvertretend im Bild: Andre Niewöhner (Leiter Koordinierungsgruppe #sicherimDienst), Michael Suermann (Landesvorsitzender VLBS NRW), Anne Deimel (stellv. Landesvorsitzende VBE NRW), Hilmar von Zedlik-Neukirch (Landesvorsitzender VLW NRW), Wibke Poth (stellv. Landesvorsitzende VBE NRW), Sabine Mistler (Landesvorsitzende PhV NRW), Uta Brockmann (PhV NRW), Nicole Paulus (lehrernrw, KV Detmold), Stefan Behlau (Landesvorsitzender VBE NRW), Anne Herr (Geschäftsstelle #sicherimDienst). Bild: #sicherimDienst

Den Unterricht spannend und anspruchsvoll gestalten, Wissen vermitteln und bei Schülerinnen und Schülern die Neugier wecken. Nicht nur fachlich werden Lehrkräfte Tag für Tag vor neue Herausforderungen gestellt. Neben der Vermittlung von Lerninhalten im Zeitalter der Digitalisierung spielt die Schule eine wichtige Rolle in der Entwicklung von sozialen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler. Selbstbewusst heranwachsen, für sich selber einstehen oder die eigene Meinungen vertreten lernen. Diskussionen und ein gewisses Konfliktpotential gehören daher durchaus im Schulalltag dazu und stellen an sich kein weiteres Problem dar – Beleidigungen, Bedrohungen oder körperliche Attacken hingegen schon. Der Bereich, in welchem Lehrkräfte Konfliktpotential ausgesetzt sind und diese Begegnungen eskalieren können, ist groß: So können nicht nur der Kontakt zu Schülerinnen und Schülern, auch Elterngespräche, eine Klassenkonferenz oder fremde Personen an der Schule kritische Situationen darstellen. Mögliche, daraus entstehende Unsicherheiten, wie man mit solchen Situationen am besten umgehen sollte, können auf Dauer zu Anspannungen führen und das psychische und körperliche Wohlbefinden beeinflussen.

Zwar lassen sich nicht alle Herausforderungen im Vorhinein verhindern, aber eines ist klar: Wenn kritische Situationen auftreten und Unsicherheiten im Umgang mit Gewalt entstehen, sollten Lehrkräfte bestmögliche Unterstützung erhalten. Doch wie kann das umgesetzt werden? Neben der Alltagsorganisation in Schulen und in Zeiten von Lehrkräftemangel und den nach wie vor starken Belastungen der Corona-Pandemie kann dies sowohl für die Schulleitungen als auch die, meist allein in Klassenräumen arbeitenden, Lehrkräfte ein schwieriges Unterfangen darstellen.

Gemeinsam für mehr Schutz und Sicherheit an Schulen

Das Anfang des Jahres gegründete Präventionsnetzwerk #sicherimDienst des Landes Nordrhein-Westfalens möchte Schulen bei diesem Vorhaben unterstützen. Schon häufig hat sich gezeigt, dass man gemeinsam deutlich mehr Dinge bewirken kann, als alleine.

Über 300 Behörden, Organisationen, Gewerkschaften und Institutionen des öffentlichen Dienstes in Nordrhein-Westfalen haben sich bislang bei #sicherimDienst zusammengeschlossen. Auch die nordrhein-westfälischen Fachgewerkschaften aus dem Bereich Schule sind bereits Mitglied und unterstützen das Netzwerk. #sicherimDienst richtet sich ministerienübergreifend an alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und kann somit auch Lehrkräften in ihrer täglichen Arbeit Unterstützung bieten. Für den Umgang mit Gewaltübergriffen bietet #sicherimDienst zwei wichtige Hilfestellungen: Zum einen werden umfangreiche, berufsgruppenspezifische und praxisorientierte Informationen zum Thema Gewalt und Tipps zur Vor- und Nachsorge von Übergriffen zur Verfügung gestellt und zum anderen in Rahmen des Netzwerkes die Möglichkeit zum Austausch gegeben. Die vielen positiven Ressourcen können somit genutzt und gemeinsam an Präventions- und Schutzmaßnahmen gearbeitet werden.

In einem Präventionsleitfaden gibt es konkrete Handlungsempfehlungen speziell zugeschnitten für Lehr- und pädagogische Fachkräfte. Dieser Leitfaden wurde gemeinsam von Beschäftigten aus allen Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes, der Landesverwaltung und Expertinnen und Experten aus der wissenschaftlichen Forschung entwickelt. Neben der Wissensvermittlung zu Bedingungen, Ursachen und Formen der Gewalt werden allgemeine Hilfsstellungen und Handlungsempfehlungen zur Verfügung gestellt. Auch strukturelle Aspekte, wie Führungsverantwortung und Arbeitsschutz und damit auch Arbeitszufriedenheit werden thematisiert. Für den Umgang mit Gewaltsituationen werden Möglichkeiten der Vorsorge, des Handlings und der Nachsorge von Gewalterfahrungen dargestellt, Tipps zur Umsetzung gegeben und Rechtssicherheit geschaffen. Diese beziehen sich sowohl auf bauliche und technische Maßnahmen als auch organisatorische und personenbezogene Maßnahmen. So können bauliche Anpassungen dahingehend mehr Sicherheit bieten, dass beispielsweise Besprechungsräume so gestaltet werden, dass ein sicherer Rückzug jederzeit möglich ist. Der etablierte Notfallordner gibt bereits Standards für mehr Schutz und Sicherheit in Schulen. Darüber hinaus sind aber noch weitere Ebenen relevant. So spielt das persönliche Gefahrenbewusstsein für kritische Situationen eine wichtige Rolle, um bereits frühzeitig reagieren zu können und Konsequenzen zu ziehen. Hier können Trainings ebenso helfen wie die Nachbesprechung im Kollegium. Weiterhin kommt es darauf an, Gewaltereignisse systematisch zu erfassen. Mit einer Strafanzeige oder einem Strafantrag durch die Lehrkraft oder die Dienstvorgesetzten als wichtige Maßnahme der Nachsorge wird die Ablehnung jeglicher Form von Gewalt verdeutlicht und dokumentiert.

Zusätzlich zum Präventionsleitfaden bietet das behördenübergreifende Netzwerk #sicherimDienst eine große Unterstützungsmöglichkeit. In dem Präventionsnetzwerk können sich mittlerweile knapp 600 Beschäftigte aus allen Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes austauschen und geeignete Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für Fragen finden. Durch den Zusammenschluss im Netzwerk wird ein einrichtungsübergreifender Austausch von Erfahrungen und Tipps im Umgang mit Gewalt ermöglicht und macht geeignete Praxisbeispiele unter den Mitgliedern bekannt. So kann beispielsweise das „Gütersloher Modell“ als hilfreiches Orientierungssystem für Einsatz- und Rettungskräfte in öffentlichen Gebäuden dazu beitragen, dass externe Hilfe schneller ankommt, wo sie gebraucht wird. Zukünftig sollen neben dem Austausch auch regelmäßige Veranstaltungsformate zu konkreten Themen und Fragestellungen angeboten werden. Begleitet wird #sicherimDienst durch eine groß angelegte Öffentlichkeitsarbeit. Damit soll sowohl nach innen als auch nach außen für das Thema Gewalt im öffentlichen Dienst und ganz speziell für das Thema Gewalt an Schulen sensibilisiert und ein Zeichen gesetzt werden. Ferner soll durch den Austausch sichergestellt werden, dass die Anliegen und Probleme der Menschen vor Ort wahrgenommen und bearbeitet werden.

Werden auch Sie Teil des Netzwerkes!

Zum weiteren Ausbau des Präventionsnetzwerkes ist es ein wichtiges Ziel, #sicherimDienst noch bekannter zu machen. Durch die vergrößerte Reichweite können dadurch weitere Tipps und Tricks zum Umgang mit Gewalt dargestellt werden, sodass möglichst viele Lehrkräfte geeignete Lösungsstrategien für mehr Schutz im Schulalltag erhalten können.

Machen Sie mit und beteiligen Sie sich mit Ihren Erfahrungen und Ideen und werden Sie Teil des behördenübergreifenden Netzwerkes! Gemeinsam können wir daran arbeiten, dass die Schule wieder eine sichere Lernumgebung und ein geschützter Ort wird.

WEitere Infos</strong><strong>

#sicherimDienst ist eine Kampagne des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen der NRW-Initiative „Mehr Schutz und Sicherheit von Beschäftigten im öffentlichen Dienst“. Kernelemente der Kampagne sind ein übergreifender Präventionsleitfaden sowie ein landesweites Präventionsnetzwerk.

Werden auch Sie Teil des Netzwerkes!

Nutzen Sie das Kontaktformular auf der Internetseite oder schreiben Sie uns eine E-Mail: kontakt@sicherimdienst.nrw

Weitere Informationen unter: www.sicherimdienst.nrw oder Twitter @sicherimDienst

 

Dies ist eine Pressemeldung der Initiative #sicherimDienst.

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TaMu
1 Jahr zuvor

Mir fehlt hier das Angebot von Selbstverteidigungskursen. Meiner Meinung nach sollte sich eine Lehrkraft angemessen verteidigen können. Warum nicht einfach mal trainieren, wie beide zum Beispiel aus einem Grundschüler- Biss einigermaßen heil wieder raus kommen? Da sollte die Lehrkraft hinlangen dürfen, aber wo am Besten? Grundsätzlich zur Verteidigung gegen einen 15Jährigen bereit sein, der sich bedrohlich aufbaut, während dahinter die Wand ist, macht Sinn, ebenso wie bei körperlich aggressiven Eltern im Elterngespräch. Es wäre auch besser, sich deeskalierend verteidigen zu können, statt in Panik unnötig verletzend zuzuschlagen bei einem Minderjährigen. Die Polizei trainiert aus demselben Grund. Es sollen möglichst wenige Verletzungen entstehen, bei beiden!

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  TaMu

Ein 15-jähriges Mädchen auch mit Kurs hat keine Chance gegen einen 12-jährigen Jungen mit Messer.

TaMu
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Ich dachte eher an einen Kurs für Lehrkräfte. Natürlich ist ein Messerangriff besonders krass, es gibt da viele messerfreie weitere Möglichkeiten, gegen Lehrkräfte aggressiv zu werden . Und ich finde, da sollte die Lehrkraft gepflegt zulangen können, was am besten vorher geübt sein sollte. Das übrigens komplett unabhängig von Hintergründen und Verständnissen. Bedrohung ist einfach NoGo.

Ron
1 Jahr zuvor

Mich würde wirklich mal interessieren, in wieweit Gewalterfahrungen wirklich regelmäßiger Begleiter von Lehrkräften sind.

Ron
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

„…jeder vierte Lehrer ist schon einmal Opfer psychischer Gewalt von Schülern gewesen.“

Solche Aussagen der mir von Ihnen zur Verfügung gestellten Studie sagen doch nicht viel. Die Rassismusdebatte im Nachbarartikel zeigt doch sehr anschaulich, wie unterschiedlich Auffassungen und Erleben hier sind. Was ist psychische Gewalt? Für mich manchmal schon der morgens klingelnde Wecker.

Georg
1 Jahr zuvor

In der Brochüre für Lehrer werden die Aspekte „Woche der Demokratie“ und „Reintegration der Täter“ genannt. Daraus folgt doch, dass die Gewalt gegen Lehrer mit dem fehlenden Demokratieverständnis nicht integrierter Täter zusammenhängt. Das müsste man mal ohne links-, rechts- oder religionsideologische Brille untersuchen und die Ursachen so schnell wie möglich und notfalls unpädagogisch beheben.

Alla
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

An GS sind es überwiegend Tritte und Fausthiebe, die LK erfahren! Kinder steigern sich in Wutanfälle hinein, wie man sie sonst von Dreijährigen in der sog. Trotzphase kennt, nur dass sie schon größer und kräftiger sind.
Hier scheint es sich eher um eine Reifeverzögerung zu handeln als um fehlendes Demokratieverständnis.
Es hat in den letzten 10 – 15 Jahren stark zugenommen und eher unter „biodeutschen“ Kindern ohne Lernbehinderungen, also „normalen“ Schülern. (ESE Kinder waren immer schon schwierig.)
Ist meine persönliche Erfahrung in 45 Dienstjahren.