BREMEN. In Bremen ist eine 57 Jahre alte Transfrau von einer Jugendgruppe beleidigt und anschließend schwer verletzt worden. Die Jugendlichen flüchteten nach der Tat unerkannt. Die Polizei sucht nun nach Zeugen. Erst vor wenigen Tagen war im nordrhein-westfälischen Münster ein 25-jähriger Transmann nach einem Angriff am Rande einer Veranstaltung zum Christopher Street Day gestorben. Der Fall hatte eine Diskussion entfacht: Brauchen wir eine verstärkte Aufklärungsarbeit in Kitas und Schulen? Die Bundesregierung hat entsprechende Pläne.
Laut Polizeibericht war die Bremerin am Samstagabend gegen 19.35 Uhr in der Straßenbahnlinie 4 in Richtung Neustadt unterwegs, als an der Haltestelle Domsheide mehrere Jugendliche dazu stiegen. Die knapp 15-köpfige Gruppe beleidigte die 57-Jährige sofort als „Scheiß Transe“ und riss ihr die Perücke vom Kopf. Anschließend wurde sie von einem Jugendlichen mehrfach mit beiden Fäusten ins Gesicht geschlagen. Seine Begleiter feuerten den Angreifer dabei lautstark an. Erst als andere Fahrgäste helfend eingriffen, ließen sie von der Frau ab. An der Haltestelle Schwankhalle verließ die Tätergruppe die Bahn und flüchtete in unbekannte Richtung. Die 57-Jährige musste mit schweren Gesichtsverletzungen in ein Krankenhaus gebracht werden.
Der Jugendliche, der die Frau mit Fäusten attackierte, soll zwischen 14 und 16 Jahre alt und ca. 1,70 Meter groß sein, mit braunen Haaren. Er trug zur Tatzeit ein weißes T-Shirt und eine Umhängetasche. Der Staatsschutz der Polizei Bremen ermittelt.
„Wir haben auch in Deutschland ein großes Problem mit Hass gegen queere Menschen”
Queerfeindliche Einstellungen werden nach Einschätzung des Lesben- und Schwulenverbands durch soziale Medien verstärkt. Schon seit vielen Jahren gebe es in der Gesellschaft solche menschenfeindlichen Einstellungen, die durch die „Echokammern“ im Internet noch angeheizt würden, kritisierte René Mertens vom Lesben- und Schwulenbundesverband (LSVD) auf WDR 5.
Hintergrund der Wortmeldung war der Tod eines 25-Jährigen, der bei einer Christopher-Street-Day-Versammlung in Münster vorletzte Woche niedergeschlagen worden war. Der LSVD sieht auch die Kitas und Schulen in der Pflicht, die sich – nach Plänen der Bundesregierung – tatsächlich dem Thema stärker widmen sollen.
Der Fall und die Todesnachricht sorgten weit über Münster hinaus für Bestürzung. Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), teilte mit: „Wir haben auch in Deutschland ein großes Problem mit Hass gegen queere Menschen. Queerfeindliche Gewalt ist eine Bedrohung, die tödlich enden kann. Wir alle müssen uns jeden Tag gegen diese Gewalt stellen.“ Mit einem umfangreichen Maßnahmenkatalog will die Bundesregierung gegen Queerfeindlichkeit vorgehen. Lehmann hatte dazu den Entwurf für einen „Nationalen Aktionsplan für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt“ an Verbände und Ministerien der Bundesregierung zur weiteren Abstimmung verschjckt.
„Hier braucht es schon früh mehr Erziehung und Bildung für Vielfalt in der Kita, in der Jugendarbeit und in den Schulen“
In dem Papier werden die unterschiedlichen Vorhaben der Ampel-Koalition zum Thema zusammengefasst und Vorschläge zur Umsetzung gemacht. Es geht dabei etwa um „Rechtliche Anerkennung“, „Teilhabe“ oder „Sicherheit“. In Schulen und im Sport sollen Projekte gegen Sexismus und Queerfeindlichkeit gefördert werden. „‚Schwule Sau‘ ist beispielsweise immer noch eins der häufigsten Schimpfwörter auf Schulhöfen“, beklagte Lehmann unlängst in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Hier braucht es schon früh mehr Erziehung und Bildung für Vielfalt in der Kita, in der Jugendarbeit und in den Schulen.“
Die Pläne haben eine breite Debatte auch unter den Leserinnen und Lesern von News4teachers entfacht. „Alles richtig, alles wichtig“, so kommentiert Leserin Mika. „Und, gibt’s Ressourcen dafür? Sozialarbeiter für alle Schulen und Kitas? Zeit für Lehrkräfte und Erzieher, um sich einzelnen Kindern zuwenden zu können, um derlei Tendenzen im Ansatz erlöschen lassen zu können? Wie werden die Eltern, die ja die Hauptverantwortung für die Erziehung ihrer Kinder haben, in die Verantwortung bezüglich dieses Themas genommen? Ich höre inzwischen immer öfter: ‚Schule soll, Schule muss…‘. Wenn die Gesellschaft den Eltern die Unfähigkeit bescheinigt, ihre Kinder zu verantwortungsvollen Erwachsenen zu erziehen und diese Aufgabe immer mehr der Schule und der Kita überträgt, dann soll sie verdammt noch mal die Mittel dafür bereitstellen.“ News4teachers
