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Kassensturz: 45,6 Milliarden Euro fehlen, um die Schulen in Deutschland in Schuss zu bringen (und das Loch wird absehbar größer)

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FRANKFURT/MAIN. Der Investitionsbedarf an Schulen in Deutschland ist nach Berechnungen der staatlichen Förderbank KfW nach wie vor gewaltig. Bundesweit komme für das Jahr 2021 eine Summe von 45,6 Milliarden Euro zusammen, die in die Gebäude gesteckt werden müsste. Eine steigende Zahl von inzwischen 17 Prozent der Kommunen bewerten nach KfW-Angaben vom Dienstag den Investitionsstau bei ihren Schulgebäuden als gravierend. «Zwar ist der Investitionsrückstand im vergangenen Jahr leicht gesunken, insgesamt hat sich der Rückstand in den vergangenen fünf Jahren hingegen trotz aller Bemühungen kaum verändert», bilanziert die KfW.

Offenbar sind viele Kommunen in Deutschland damit überfordert, ihre Schulen in Schuss zu halten. Foto: Shutterstock

«Bildung ist eine zentrale Säule des Wohlstands und der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Moderne, funktionstüchtige Schulgebäude sind eine wesentliche Voraussetzung für ein leistungsfähiges Bildungssystem. Die seit Jahren hohen Investitionsrückstände im Schulbereich geben deshalb Anlass zur Sorge», so heißt es in einer Pressemitteilung der KfW.  Dass die Investitionslücke in den vergangenen Jahren nicht noch größer geworden sei, sei schon als Erfolg zu verbuchen. «Ein Grund zur Entwarnung ist es angesichts der immer noch hohen Investitionsrückstände und -bedarfe allerdings nicht», betonen die Volkswirte der Förderbank. Im vergangenen Jahr investierten Landkreise, Städte und Gemeinden bundesweit den Angaben zufolge 9,8 Milliarden Euro in Schulgebäude. Im laufenden Jahr sollen es 10,8 Milliarden Euro sein.

Zwar hätten die Städte, Gemeinden und Kreise in den vergangenen Jahren auf neue Anforderungen durch Inklusion, Digitalisierung und die Erfordernisse der Corona-Pandemie reagiert und auch ihre Investitionen für die Schulinfrastruktur gesteigert, wie eine aktuelle Sonderauswertung von KfW Research auf Basis des bundesweit repräsentativen KfW-Kommunalpanels anlässlich des Beginns des neuen Schuljahrs zeige. «Doch die Kosten steigen schneller als die kommunalen Investitionen es tun». Der bundesweite Investitionsrückstand im Bereich Schulen lag laut KfW-Kommunalpanel zuletzt bei 45,6 Milliarden Euro im Jahr 2021 und entsprach damit dem 4,7-fachen des kommunalen Jahresinvestitionsvolumen von 9,8 Milliarden Euro im Bereich der schulischen Infrastruktur.

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«Viele Schulgebäude sind energetisch relativ schlecht saniert, was hohe Energiekosten mit sich bringt»

Neben den bereits seit geraumer Zeit steigenden Baupreisen verschärft die gegenwärtige Gas-Krise das Kostenproblem weiter. «Denn viele Schulgebäude sind energetisch relativ schlecht saniert, was hohe Energiekosten mit sich bringt. Diese Kosten, die besonders finanzschwache Kommunen belasten, schränken wiederum die Handlungsspielräume der Kommunen ein, in ihre Schulgebäude zu investieren – sowohl mit Blick auf die Energieeffizienz als auch mit Blick auf das Lernumfeld.» Zwar sei der Investitionsrückstand im vergangenen Jahr leicht gesunken (2020: 46,5 Milliarden Euro), insgesamt habe er sich in den vergangenen fünf Jahren hingegen trotz aller Bemühungen kaum verändert. Schulgebäude zählen damit weiterhin zu den drei größten kommunalen Bedarfsfeldern neben Straßen und Verwaltungsgebäuden.

«Besorgniserregend ist dabei, dass die Unterschiede bei der Betroffenheit von hohen Rückständen zwischen den Kommunen weiter zunehmen», analysiert die Staatsbank. «So vermelden im KfW-Kommunalpanel 2022 rund 17 % der Kommunen einen gravierenden Rückstand bei den Schulgebäuden und damit ein Investitionsdefizit, das die kommunale Aufgabenwahrnehmung in diesem Bereich erheblich einschränkt. Dieser Wert hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht, denn im Jahr 2015 lag er noch bei nur 10 %. Gleichzeitig verharrt der Anteil der Kommunen, die im Bereich der Schulen keine oder nur geringe Investitionsrückstände wahrnehmen, auf einem nahezu unveränderten Niveau (47 % im Jahr 2015 gegenüber 45 % in der aktuellen Befragung). In der Mitte schrumpfte der Anteil der Kommunen, die „nur“ einen nennenswerten Investitionsrückstand bei Schulen wahrnehmen von 43 % im Jahr 2015 auf nunmehr 39 %. Es kommt mit Blick auf die Dringlichkeit der Investitionsrückstände damit zu einer zunehmenden Polarisierung zwischen Kommunen mit guter und Kommunen mit schlechter Schulinfrastruktur.»

Auch die Einschätzungen zur zukünftigen Entwicklung des Rückstandes laufen wieder auseinander: Gingen im Jahr 2019 noch 55 Prozent der Kommunen davon aus, dass der Investitionsrückstand im Schulbereich in den kommenden Jahren sinken wird, sind es aktuell nur noch 43 Prozent. Gleichzeitig stieg der Anteil der Kommunen, die davon ausgehen, dass der Rückstand zukünftig sogar weiter steigen wird, im gleichen Zeitraum von 20 auf 25 Prozent.

«Moderne Schulgebäude sind neben der individuellen Qualität der Lehrenden eine tragende Säule eines leistungsfähigen Bildungssystems»

«Bei den Investitionsrückständen im Schulbereich zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei der kommunalen Finanzlage allgemein: Hohe regionale Ungleichheiten werden durch eine positive Gesamtentwicklung überdeckt. Zukünftig muss es deshalb gerade in diesem für Deutschland wichtigen Bereich der Daseinsvorsorge darum gehen, sich nicht nur auf die Gesamtentwicklung der Kommunen zu konzentrieren, sondern in allen Regionen Deutschlands eine ausreichende Versorgung mit moderner Schulinfrastruktur sicherzustellen», so fordern die Banker.

Denn: «Bildung ist ein wesentlicher Faktor für den zukünftigen Wohlstand und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Moderne Schulgebäude sind neben der individuellen Qualität der Lehrenden eine tragende Säule eines leistungsfähigen Bildungssystems. Die seit Jahren hohen Investitionsrückstände im Schulbereich geben deshalb Anlass zur Sorge», sagt Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. «Erschwert wird der Aufholprozess durch die Folgen der aktuellen Krisen, denn neben Corona sind die Auswirkungen des Ukraine-Krieges getreten. Die stark steigenden Energiepreise treffen auch die Kommunen. Der Betrieb der Schulgebäude wird im Hinblick auf Strom oder Wärme deutlich teurer, sodass der finanzielle Spielraum für Investitionen enger ausfällt.»

Bildung ist vor allem Ländersache. Daher obliege es insbesondere der Landespolitik, die Rahmenbedingungen für kommunale Investitionen in die Schulen zu verbessern. Dies könne beispielsweise über die kommunalen Finanzausgleichssysteme oder spezifische Landesprogramme erfolgen. Doch in der lokalen Finanzpolitik ließen sich einzelne Haushaltsbereiche kaum isoliert betrachten. «Es ist im Zusammenspiel aller föderalen Ebenen nötig, die Handlungsfähigkeit der für die Schulgebäude zuständigen Gebietskörperschaften insgesamt zu stärken. Deshalb gilt es, die Investitionsfähigkeit der Kommunen in allen Regionen sicherzustellen, damit zentrale Infrastrukturbereiche wie Schulgebäude in einem angemessenen Umfang und Zustand bereitgestellt werden können. Dies hilft dabei, die Regionen Deutschlands wettbewerbsfähig zu halten und den Menschen auf ihrem Lebensweg neue Chancen zu eröffnen, und es trägt gelichzeitig dazu bei, dass das Land die vor ihm liegenden großen Herausforderungen überhaupt bewältigen kann», so Köhler-Geib. News4teachers / mit Material der dpa

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