Pandemie-Folgen: Mehr Schüler mit Depressionen und Essstörungen im Freistaat

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Bei den bayerischen Kindern und Jugendlichen haben Essstörungen und psychische Erkrankungen wie Depressionen auch im zweiten Pandemiejahr 2021 teils massiv zugenommen. Während die psychischen Neuerkrankungen fast nur bei den Jugendlichen und dort in erster Linie bei den Mädchen stiegen, stellten die Ärzte bei allen Altersgruppen und Geschlechtern häufiger gravierendes Übergewicht fest. Dies geht aus dem Kinder- und Jugendreport der Krankenkasse DAK hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorab vorlag. Es sind nicht die einzigen negativen Entwicklungen, die die Experten im Vergleich zu der Zeit vor der Pandemie aus den Statistiken herauslesen.

Neu diagnostizierte Angststörungen traten laut DAK-Report in Bayern besonders oft bei jugendlichen Mädchen aus Familien mit hohem sozio-ökonomischen Status auf. Foto: Shutterstock

«Kinder spielen bei der Verbreitung des Virus nach derzeitigem Stand des Wissens zwar nicht die Hauptrolle, aber es besteht das Risiko, dass sie langfristig zu seinen größten Opfern gehören», bilanzieren die Verfasser der Analyse. Die Wissenschaftler hatten die Daten der Jahre 2018 bis 2021 von rund 107 000 bei der DAK versicherten Kinder und Jugendlichen aus Bayern ausgewertet. Die Ergebnisse gelten als repräsentativ für den gesamten Nachwuchs im Freistaat.

Demnach nahm die Zahl der Arztbesuche während der Pandemie insgesamt zwar ab, besonders Atemwegserkrankungen, Infektionskrankheiten sowie Muskel- und Skeletterkrankungen kamen seltener vor. Zugleich stieg die Zahl neu diagnostizierter psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen – vor allem bei älteren Schulkindern (10-14 Jahre) und Jugendlichen (15-17 Jahre).

Bei den 10- bis 14-Jährigen gab es im Vergleich zum Vor-Pandemie-Jahr 2019 vor allem eine Zunahme bei den depressiven Episoden mit einem Plus von 16 Prozent. Bundesweit betrug der Anstieg bei dieser Diagnose nur neun Prozent.

Bei den Jugendlichen verursachten die Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen sowie seelisch bedingte körperliche Leiden die höchsten Neuerkrankungsraten. Erstere legten seit 2019 um 19 Prozent zu; im Jahr 2021 erhielten drei Prozent aller Jugendliche im Freistaat erstmals eine entsprechende Diagnose. Noch stärker stieg die Zahl mit neu diagnostizierten Angststörungen mit einem Plus von 45 Prozent, emotionalen Störungen (+30 Prozent) sowie Depressionen (+25 Prozent). Dabei geht der Anstieg bei den Depressionen allein auf die Mädchen zurück, denn bei den Jungs sank die Neuerkrankungsrate sowohl im Schul- als auch im Jugendalter.

Die jugendlichen Mädchen machen auch in anderen Bereichen Sorgen: Die Zahl der neu an Essstörungen wie Magersucht oder Bulimie («Ess-Brech-Sucht») Erkrankten nahm seit 2019 um 130 Prozent zu; der Anstieg beschleunigte sich zuletzt noch. Bei den Angststörungen betrug das Plus 51 Prozent, bei den Depressionen 40 Prozent. Zudem bekamen jüngere Mädchen zwischen fünf und neun Jahren mit plus 27 Prozent auffällig häufig erstmals Adipositas, also extremes Übergewicht, diagnostiziert.

Die Wissenschaftler konnten in den Statistiken auch sehen, dass drei Erkrankungsbilder auffällig häufig bei Kindern und Jugendlichen aus Familien mit schwierigen sozialen oder finanziellen Verhältnissen vorkamen: Depressionen, Essstörungen und Adipositas. Neu diagnostizierte Angststörungen hingegen traten besonders oft bei jugendlichen Mädchen aus Familien mit hohem sozio-ökonomischen Status auf. ()

 

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Riesenzwerg
1 Jahr zuvor

Ich lese daraus, dass 10 – 17jährige zunehmend an Depressionen erkranken und übergewichtig sind und Angststörungen zugenommen haben.

Ich finde das nicht nur besorgniserregend, sondern erschreckend – unabhängig von Corona.

Mir ist und bleibt unklar, weshalb das in der Politik egal ist.

Mir ist klar, dass die Betroffenen vermutlich keinen glänzenden Schulwerdegang zu verzeichnen haben.

Mir bleibt unklar, wie unsere Gesellschaft dieses Problem sieht, davon hört und liest und das Handeln – auch und vor allem auf politischer Ebene – unterlässt.

Liebe Wirtschaft, diese Kids werden dir nichts nützen, wenn du nichts tust.

(Vielleicht ist das ein Ansprechpartner, der reagiert…. Schulterzuck).

Stromdoktor
1 Jahr zuvor

Zusammen mit den Erkenntnissen aus der IQB-Studie sind das erschreckende Entwicklungen.

https://deutsches-schulportal.de/bildungswesen/iqb-bildungstrend-die-wichtigsten-ergebnisse/

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

Also geläufiger Logik folgend brauchen wir die neuen, natürlich zustätzlichen Fächer, natürlich mit zusätzlichen Stunden, in sonst natürlich völlig unveränderten Rahmenbedingungen:

Nicht zu viel essen.
Nicht zu wenig essen.
Sich nicht selbst verletzen.
Sich nicht schlecht fühlen.
Sich nicht schlecht sehen.
Sportlich sein.
Gerne sportlich sein.
Nicht gestört sportlich sein und dennoch gerne sein.
Nicht depressiv sein.
Nicht psychisch erkranken.
Sich nicht gestört verhalten.
Sich nicht schwer belasten oder überlasten.
Sich nicht gestört anpassen oder überanpassen oder zu wenig oder falsch anpassen.
Kein Depp sein.
Nicht zu viel Angst haben.
Nicht zu sehr emotional instabil sein.
Erste Hilfe.
Risiken der Digitalisierung.
Heilsbringer Digitalisierung.
Multimediale Cyberrealität und die Integration der AI in „unseren“ (höhö) Bewusstseinsstrom.
Was irgendeinem Institut gerade einfällt.
Ausfüllen einer Banküberweisung.
Ausfüllen eines Vertrages.
Ausfüllen eines Schulheftes.
Geldanlagestrategien, moralisch aber wenigprofitabel vs. ertragsstark.
Versicherungen, die ich brauche und solche, die mich gebrauchen.
Üben für die Führerscheintheorieprüfung.
Theorie des Umweltschutzes und der Spaß der Praxis.
Sich profilieren – mit den Wahlbereichen selbstgebaute Nebelkerzen oder Wünsch-dir’s-schön.
Positives Denken um’s Verrecken.
Dein Eid, Meineid.

Soweit mal für montags, die Liste für Dienstag folgt dann.

Schattenläufer
1 Jahr zuvor

Ich habe da meine Probleme die Pandemie als Auslöser der Probleme unserer Jugend zu sehen.

Die Pandemie und die damit einhergehenden Probleme wie Depressionen, Fettleibigkeit uä. waren wohl eher der Auslöser um Probleme zu untersuche die man bisher nicht sehen wollte.

Heutige Jugendliche haben natürlich Probleme die wir gar nicht oder nur in bedeutend geringerem Umfang hatten.

Warum?

  • Eltern die aufgrund der beruflichen Anforderungen, bedeutend weniger Zeit in die Erziehung ihrer Kinder investieren können, als dies unsere Eltern getan haben.
  • Höherer Medienkonsum durch Internet und soziale Medien welcher die Kinder mit unreflektierten Informationen und Reizen überflutet.
  • Weniger, da für die Eltern zeitaufwändige, Sport und Out-Door Aktivitäten.
  • Eine Energiekrise die die Eltern finanziell belastet und damit existenziell bedrohend wirkt.
  • Die, für diese Generation, bisher unbekannte Angst vor einem realen Krieg bis hin zur Drohung mit Atomwaffen.
  • Die Angst vor einem Virus der bisher 150000 Menschen getötet hat, verbunden mit der Erkenntnis, dass weder Eltern noch Großeltern unsterblich sind.
  • Ein Klima das sich erkennbar, rabiat zum Schlechteren verändert.
  • Ein Zeitgeist der viele Freiheiten, die wir hatten, als gefährlich einstuft. Welches Kind darf heute noch alleine auf die Straße zum Spielen oder gar auf einen Baum klettern. Da könnte ja etwas passieren.

Fazit
Die heutigen Kinder sind gegenüber uns arme Scheine. Eine Welt voller Krisen. Umfassende und oft verwirrende Berichterstattung.
Aufgezogen durch Eltern die immer weniger Zeit und immer mehr überbehütende Erziehungsvorstellungen haben.

All dies sollt laut Staats-Doktrin die Schule auffangen.

Dieses System ist jetzt aufgrund der verfehlten Bildungspolitik kaputt gespart worden und durch die Pandemie endgültig ins Taumeln geraten.

Wen wundern dann noch die jetzt auftretenden Probleme?

Die Schule konnte noch nie die Bildung UND Erziehung UND Beschäftigung durch Spiel und Sport alleine bewältigen. Dazu war das System nie ausgelegt. Sie konnte bei Erziehung und Freizeitgestaltung maximal eine Hilfestellung geben

Corona war dann nur der Tropfen, der das Fass des kaputt gesparten Bildungssystems durch zusätzlichen Personalausfall endgültig um Überlaufen gebracht hat.

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Schattenläufer

Na also bitte, wir haben doch die offenen Schulen. Das alles klingt jetzt schon etwas arg pessimistisch und endgültig und insgesamt … richtig.

Elisabeth Hunkel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Schattenläufer

Es ist einfach, Schule und Lehrer und Corona verantwortlich zu machen für die Defizite, die Kinder mitbringen. Ich sehe in Bus und Bahn Eltern mit ihren Klein-kindern in der Hand ein Handy. Das Kind fragt etwas, erhält aber keine Anwort, weil den Eltern das Smartphone wichtiger ist. Da bringen die Kinder bereits ein Defizit im Bereich Sprache mit, wenn sie in die Grundschule kommen.

Pit2020
1 Jahr zuvor
Antwortet  Elisabeth Hunkel

@Elisabeth Hunkel

„Das Kind fragt etwas, erhält aber keine Anwort, weil den Eltern das Smartphone wichtiger ist.“

Das ist natürlich auch eine fatale Auswirkung auf Bereiche wie Interaktion, Selbstwertgefühl, Selbstwirksamkeit usw.
Wenn da schon die „frühkindliche Bildungso schief läuft … dann machen „wir“ in den Kitas & Schulen (Sozialtraining, haha) alles wieder heile! 🙁