Jugendherbergswerk fürchtet, dass Familien sich Klassenfahrten nicht mehr leisten können

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ROSTOCK. Steigende Energiepreise und hohe Inflation steigern auch in Deutschland das Armutsrisiko. Jugendliche und Kinder sind besonders betroffen. Das könnte auch bei Klassenfahrten spürbar werden – fürchtet das Deutsche Jugendherbergswerk. Es fordert einen Zuschuss für Klassenfahrten.

Viele Kinder wachsen in Armut auf – die Inflation verschärft das Problem. Foto: Shutterstock

Angesichts zunehmender Warnungen von Wohlfahrtsverbänden vor dem wachsenden Armutsrisiko hat das Deutsche Jugendherbergswerk ein verstärktes Engagement der Politik für Kinder- und Jugendfreizeiten angemahnt. Lebensmittel- und Energiepreissteigerungen machten auch vor gemeinnützigen Trägern nicht Halt und der Arbeitskräftemangel steigere die Lohnkosten gleichermaßen, sagte Kai-Michael Stybel, Vorstandsvorsitzender des DJH-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern.

Der Vorbuchungsstand für 2023 sei zwar aktuell sehr gut und sogar stärker als vor Corona. «Die Entschlossenheit von Lehrern, Schulfahrten zu unternehmen, von Trainern Trainingslager zu planen, von Chören und Jugendorchestern entsprechende Fahrten zu organisieren, ist sehr groß.» Allerdings treibt Stybel bei aller Freude darüber auch die Sorge um, dass es durch die hohe Inflation 2023 verstärkt zu Abmeldungen von Schülern oder gar Absagen kommen könnte.

Diese Bedenken haben auch Wohlfahrtsverbände. Der Paritätische hatte erst kürzlich gewarnt, dass steigende Einkommensarmut bei Kindern, Jugendlichen und ihren Familien sowie aktuelle Preissteigerungen dazu führten, dass viele Angebote gefährdet seien oder nicht mehr wahrgenommen werden könnten. Stybel schloss sich ausdrücklich der Forderung des Paritätischen an, die Mittel in allen Förderbereichen des Jugendplans M-V um mindestens 20 Prozent anzuheben und einen Zuschuss von pauschal 800 Euro für jede genehmigte Schulfahrt zu gewährleisten.

Eine viertägige Klassenfahrt mit etwa 25 Schülern und zwei Lehrern in einer MV-Jugendherberge kostet den Angaben zufolge schätzungsweise rund 4.000 Euro ohne Transport. 800 Euro würden die 20-prozentige Kostensteigerung im Segment der Kinder- und Jugendreisen seit 2019 auffangen und die Eltern entlasten, rechnet der DJH.

Allerdings müsse dieses Signal rasch kommen, denn Schulen oder Chöre planten schon länger für dieses Jahr und teilweise schon für 2024, so Stybel. Die vom Schweriner Sozialministerium Anfang Dezember aus dem Aktionsprogramm «Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche» des Bundes bereit gestellten zusätzlichen 150.000 Euro für Kinder und Jugendreisen seien ein guter Schritt. Allerdings decke der aus dem Programm geförderte Tagessatz von 15 Euro pro Kind nicht die marktüblichen Preise. News4teachers / mit Material der dpa

Inflation als Treiber: „Armutsquote bei Kindern auf höchstem Stand seit Jahren“

 

 

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6 Kommentare
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Doppel A15
1 Jahr zuvor

Schulfahrten etc. werden bei Bürgergeldbeziehenden übernommen. Ggf. muss man halt vorher etwas ansparen.
Das Problem an vielen Schule ist eher, dass die SuS nicht mehr mitfahren (wollen), weil sie sich einem Programm und/ oder gemeinschaftlichen Abläufen auch mal unterordnen müssten. Oft lassen Eltern zu, dass sie kurzfristig abspringen und/ oder zahlen- obwohl schriftlich zugestimmt- gebuchte Fahrten nicht, sodass die Kolleg:innen immer wieder auf ausgelegtem Geld/ Kosten „sitzenbleiben“. Oder hat schon mal jemand hier oder jemandes Dienstherr per Zivilklage ausstehendes Geld eingeklagt?

Uwe
1 Jahr zuvor
Antwortet  Doppel A15

Nein. Das Hauptproblem haben die Eltern die mehrere Kinder haben und grade so viel verdienen das sie keine Leistungen aus dem Bildungspaket bekommen. Aber schön das Sie mal wieder einen weg gefunden haben der (angeblichen) Schrankenlosigkeit und den Helikoptereltern die Schuld an allem Übel zu geben und das in einer Gesellschaft in der 20% der Kinder in Armut leben (und ja, inzwischen auch hungern und frieren). Aber immer schön in guter deutscher Tradition nach unten treten. Aus einer priviligierten Beamtenposition heraus.

Doppel A15
1 Jahr zuvor
Antwortet  Uwe

Nein. Bürgergeldbezieher bekommen die Fahrten bezahlt. Andere müssen sparen, Ausgaben ggf. priorisieren oder in der Schule um Unterstützung bitten. Bei uns musste noch kein Kind aus finanziellen Gründen daheim bleiben. Der Förderverein hat stets geholfen.

Ganz unabhängig von Schicht, Einkommen oder Habitus der Eltern ist an meiner Schule aber seit Jahren zu konstatieren: Viele fahren nicht mit oder/ und lassen unsere Kolleg:innen auf Kosten sitzen.
Viele haben „keinen Bock“, mitzufahren und sich mal einzufügen, was ihnen oft recht kurzfristig einfällt und von den Eltern goutiert wird.

Lassen Sie also Ihr vereinfachendes Dummgebabbel sein und widmen Sie sich lieber der Korrektur von z. B. Komma- oder Dass- Fehlern.

Uwe
1 Jahr zuvor
Antwortet  Doppel A15

Nein. Bürgergeldbezieher bekommen die Fahrten bezahlt. „

Sinnentnehmendes lesen sooooo wichtig. Andere müssen sparen, Ausgaben priorisieren (ein sehr schöner Euphemismus, bei armen Menschen bedeutet das teilweise Verzicht auf Lebensnotwendiges oder kleinere Vergnügen, oder um Unterstützung bitten (fällt auch nicht so einfach, dürfte Ihnen eher selten passieren)
Bleibt dabei: Sie treten gerne nach unten. In guter deutscher Tradition.

R.Wadel
1 Jahr zuvor

800€ soll es geben, ist die Forderung. Für die gesamte Gruppe oder nur für die Schüler mit finanziellen Problemen? Und im letzteren Fall, wer soll dann das Geld verteilen? Wozu gibt es das Sozialamt, das doch bei Bedürftigkeit zuständig wäre?
Das Ganze klingt nach einer verkappten Forderung zur Subvention von Jugendherbergen.

Besser Wisser
1 Jahr zuvor
Antwortet  R.Wadel

Ganz genau das ist es! Es geht nicht darum Schülerinnen und Schüler zu unterstützen, sondern die Jugendherbergen an sich. Sieht man auch daran, dass man eine pauschale Unterstützung fordert, welche die Kostensteigerungen des DJH auffängt. Zumal hier nicht das „ganze“ DJH spricht, sondern nur ein Landesverband aus Mecklenburg-Vorpommern.