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Migrantenquote an Schulen? “Pascha”-Kinder? Schüler: Diskriminierende Debatte!

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BERLIN. Die Silvester-Krawalle und Friedrich Merz‘ „Pascha“-Kinder-Aussage, News4teachers berichtete, haben das Thema Integration in Schulen zuletzt wieder hochkochen lassen. Der Deutsche Lehrerverband holte in diesem Zusammenhang den Vorschlag aus der Mottenkiste, den Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund an Schulen zu begrenzen (News4teachers berichtete auch darüber). Die Landesschüler*innenvertretung Nordrhein-Westfalen zeigt sich nun empört über solche Vorstöße. 

Berlin-Neukölln war einer der Hotspots bei den Silvester-Krawallen. Foto: Shutterstock

Die Landesschüler*innenvertretung NRW (kurz: LSV NRW) positioniert sich nach eigenem Bekunden klar gegen den Vorschlag einer „Migrationsquote” in Schulklassen, der in den letzten Wochen in Verbindung mit dem deutschen Lehrerverband mediale Aufmerksamkeit erlangte. Ein Problem sieht die LSV NRW durchaus – aber ein anderes als diejenigen, die Migrantinnen und Migranten für Probleme verantwortlich machen.

„Integration in Deutschland muss unabhängig von den Ereignissen der Silvesternacht von Grund auf neu gedacht werden”, erklärt die Schülervertretung in einer Pressemitteilung. „Anstatt einzelnen Gruppen die Schuld zu geben, muss die Eskalation als staatliches Versagen, vor allem im Bereich des maroden Bildungssystems und der hohen Kinderarmut und Jugendarbeitslosigkeit, identifiziert werden, wogegen es dringend vorzugehen gilt.”

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„Jugendliche werden nicht gewalttätig, weil sie einen Migrationshintergrund haben, sondern weil ihnen Perspektiven fehlen”

„Jugendliche werden nicht gewalttätig, weil sie einen Migrationshintergrund haben, sondern weil ihnen Perspektiven fehlen und sie aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden”, so Laura Körner aus dem Landesvorstand der LSV NRW. Probleme wie Prügeleien auf Schulhöfen oder Ausschreitungen an Silvester auf einen Migrationshintergrund zu schieben, sei folglich falsch. „Auch der Vorwurf fehlender Wertevermittlung ist nur eine Floskel, denn in keiner Kultur gehört es zum Werteverständnis, gewalttätig zu werden. Eine sogenannte ‘Migrationsquote’ basiert entsprechend auf rassistischen Vorurteilen, weswegen sie stigmatisierend und diskriminierend ist”, so Körner weiter.

Um von Armut und Ausgrenzung geprägte Umfelder langfristig zu verändern und Perspektiven zu schaffen, müsse eine Durchmischung der sozialen Klassen geschehen – in der Gesellschaft, aber auch in den Schulen. „Das mehrgliedrige Schulsystem ist mehr als kontraproduktiv, denn Schüler*innen aus ärmeren Haushalten erhalten überdurchschnittlich viele Hauptschulempfehlungen gegenüber Kindern aus akademischen und reicheren Haushalten, wodurch Inklusion weiter erschwert wird”, meint Theo Blaesse, ebenfalls Mitglied im Landesvorstand.

Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen sozio-ökonomischen Hintergründen würden häufig bewusst getrennt werden. „Sogenannte Brennpunktviertel entstehen, weil Sozialwohnungen und sonstiger günstiger Wohnraum gebündelt errichtet werden. Schon durch die Wohnungspolitik wird Perspektivlosigkeit und eine weitere Spaltung von Privilegierten und weniger Privilegierten erzwungen”, so stellen die Schülervertreter fest.

“Die breite Zustimmung in der Gesamtbevölkerung zeigt, wie groß das Rassismus-Problem in Deutschland ist”

Dass die Ausschreitungen in der Silvesternacht nun zum Anlass genommen würden, unpraktikable Vorschläge wie eine „Migrationsquote” an Schulen – die zu rechtlich kaum vertretbaren Verschiebeaktionen von Kindern führen würde – zu publizieren und eine Anti-Migrations-Kampagne zu starten, sei bei den Zeitungen des Axel-Springer-Verlags erwartbar gewesen. Hintergrund: Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbands, hatte seinen Vorschlag in der «Bild»-Zeitung lanciert.

Die breite Zustimmung in der Gesamtbevölkerung und die freudige ungefilterte Übernahme des Artikels in andere Zeitungen zeigt allerdings, wie undifferenziert mit rechtem Gedankengut umgegangen wird und wie groß das Rassismus-Problem in Deutschland ist”, meinen die Jugendlichen.

„Wir haben ein Integrationsproblem in Deutschland, welches sich natürlich auch an den Schulen abspielt”, hatte Meidinger der «Bild» gesagt. Integration gelinge nicht, wenn zum Beispiel in Klassen an Brennpunktschulen zu 95 Prozent nicht-deutsche Schüler vertreten seien, zitierte ihn die Zeitung. Wie hoch die Quote sein sollte, sagte Meidinger der «Bild» allerdings nicht. Seiner Meinung nach nehmen ab einem Anteil von 35 Prozent von Kindern mit Migrationshintergrund in einer Klasse „die Leistungen überproportional” ab. News4teachers / mit Material der dpa

edu:regio-Debatte: Integration – „Wir brauchen mehr Diversität im Lehrerzimmer!“ (meint der Sozialaktivist Ali Can)

 

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