Grüne vs. FDP: Koalition streitet über Finanzierung der Kindergrundsicherung

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BERLIN. Es ist eines der größten sozialpolitischen Vorhaben der Ampel: die Kindergrundsicherung. Aber was soll sie kosten? Wieder einmal gibt es bei Grünen und FDP unterschiedliche Sichtweisen.

Streit ums Geld kommt in den besten Familien vor. Foto: Shutterstock

In der Koalition nimmt ein Streit über die Finanzierung der geplanten Kindergrundsicherung Fahrt auf. Die Grünen forderten am Montag die FDP auf, mehr Haushaltsmitteln nicht im Wege zu stehen. Dagegen sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr: «Der Kern der Reform ist nicht einfach mehr Steuergeld einzusetzen, sondern endlich zu entbürokratisieren.»

Bei der Kindergrundsicherung sollen diverse Leistungen vom Kindergeld über den Kinderzuschlag bis hin zur finanziellen Unterstützung für Klassenfahrten und Freizeit gebündelt werden. Viele Familien beantragen Leistungen bislang wegen Unkenntnis oder bürokratischer Hürden nicht. Familien und ihre Kinder sollen ab 2025 von der Grundsicherung profitieren. Das Familienministerium hat dem Vernehmen nach beim Finanzministerium in der mittelfristigen Finanzplanung elf Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung angemeldet.

Dürr sagte: «Wir haben uns mit der Kindergrundsicherung keine neue Sozialleistung, sondern die Reform der Sozialverwaltung vorgenommen.» Das vorhandene Geld aus den verschiedenen Töpfen müsse wirklich bei den Kindern ankommen. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) sei jetzt gefordert, einen Leuchtturm für eine moderne Sozialverwaltung zu schaffen. «Der Staat muss besser, nicht teurer werden.»

«Wir wollen mit der Kindergrundsicherung mehr armutsbetroffene Familien und Kinder erreichen, als es derzeit der Fall ist»

Grünen-Parteichef Omid Nouripour sagte in Berlin, die soziale Gerechtigkeit dürfe nicht unter die Räder kommen. Die Kinderarmut müsse bekämpft werden und das Projekt der Kindergrundsicherung bei den Haushaltsverhandlungen prioritär behandelt werden.

Die Kindergrundsicherung ist ein Aspekt eines aktuellen Streits in der Koalition über Prioritäten im Bundeshaushalt. Im Zuge der Aufstellung des Haushalts 2024 waren Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) heftig aneinandergeraten. Die Ressorts haben zusätzliche Wünsche in Milliardenhöhe.

Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Sven-Christian Kindler, sagte der dpa: «Ich verstehe die Aufregung nicht ganz.» Es sei eine politische Normalität, dass sich Minister und Ministerinnen zum Bundeshaushalt auseinandersetzten. «Ich gehe davon aus, dass das Kabinett eine gute Lösung für die Eckwerte und zentrale Koalitionsprojekte wie die Kindergrundsicherung finden wird. Die Kindergrundsicherung ist eines der wichtigsten Projekte aus dem Koalitionsvertrag, und alle drei Partner sind bei der notwendigen Finanzierung und Umsetzung dafür jetzt gefragt.»

Die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Maria Klein-Schmeink nannte die Kindergrundsicherung ein zentrales sozialpolitisches Projekt und Digitalisierungsprojekt der Koalition. «Wir wollen mit der Kindergrundsicherung mehr armutsbetroffene Familien und Kinder erreichen, als es derzeit der Fall ist.» Über einen digitalen Kindergrundsicherungscheck sollten alle Familien einen automatisierten Hinweis erhalten, dass sie einen Leistungsanspruch haben. «Wenn auch von der FDP eine höhere Inanspruchnahme angestrebt wird, bedeutet das aber auch zwangsläufig, dass das entsprechend finanziert werden muss. Die FDP ist aufgefordert, diesen wichtigen Schritt mitzugehen – denn nur so wird es gelingen, Armut wirksam vorzubeugen und alle Familien zu erreichen.» News4teachers / mit Material der dpa

Studie: Jedes fünfte Kind ist armutsgefährdet! Rufe nach Grundsicherung werden lauter

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26 Kommentare
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Realist
1 Jahr zuvor

Bin mal gespannt, wer dann gewinnt: Die Klassenreise oder die Playstation 5…

Trinkflasche
1 Jahr zuvor

Die FDP ist eine Bremserpartei. Ich hoffe, die scheitern zukünftig überall an der 5%-Hürde.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Trinkflasche

Was ein Witz ist in Anbetracht der Situation, dass sie gegen ein (klimaschonendes) Tempolimit sind 😉

Carsten60
1 Jahr zuvor

Ich konnte den Ankündigungen bislang nicht entnehmen, WIE die Kindergrundsicherung bei den Kindern ankommen soll. Wie bisher wird das Geld an die Eltern ausbezahlt, die es aber nach Gutdünken verwenden können (ab 18 Jahren direkt an die Kinder). Also irgendwie doch das Gießkannenprinzip. Oder in welchem Punkt ist das anders?
Wie ich lese, beträgt das für Familien ohne Einkommen je Kind 573 € im Monat. Bei 5 Kindern sind das alleine 2865 €, dazu kommt noch das Bürgergeld für die Erwachsenen und dazu wohl noch die Warmmiete für eine entsprechende Wohnung. Können wir sicher sein, dass ein Lehrer nach E13 netto mehr bekommt? Der muss ja die Miete davon selber zahlen, und das Kindergeld schrumpft auf etwa das bisherige, und Abzüge wie Steuern und Sozialversicherung gibt es auch noch.

gehtsnoch
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

WIE, na genau wie die einmalige Energiepreispauschale von 200 € an Studis/Azubis. by FDP.
Der Antragsteller muss sich komplett digital ausweisen. http://www.einmalzahlung200.de
Es reicht dazu:
Online BPA
Einrichtung eines BundIDKontos (bisher gibt es 200k Nutzer und den Studis/Azubis mit schon bald über 3 Mio. denn so geht Ampel-Digitalisierung)

Da wird der Datenschutz schon unterlaufen …

Last edited 1 Jahr zuvor by gehtsnoch
Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  gehtsnoch

Ich meinte eigentlich, wie verhindert werden sollen, dass die Erwachsenen das großenteils für sich verbrauchen. Manche werden das als eine Art „Gehaltserhöhung“ auffassen, die Kinder aber nach wie vor „kurz halten“. Wären nicht Gutscheine, die nur für Kinder verwendet werden können, besser? Ein Handel mit denen wäre dann illegal. Wenn die Gutscheine digital sind, dann könnte das auch kontrolliert werden.
Wie werden wohl arme Leute aus Ländern der EU (z.B. Balkan) reagieren, wenn sie erfahren, dass jedes zusätzliche Kind in Deutschland 573 € pro Monat einbringt? Und wie werden Normalverdiener reagieren?

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Oder eine Möglichkeit wäre doch auch, dass jeweils ein Teil des Geldes an die Institutionen geht, in der sich das Kind gerade befindet.

KiTa und Schule und damit besseres Essen, gute Mensa, Gekd für Ausflüge und Klassenfahrten, Hefte, Stifte, Rucksack, ggf. (gern mit Nachweis) passende und heile Kleidung, Taschentücher, ….

Und hier an dieser Stelle bin ich sehr gerne bereit, als Klassenlehry das zu übernehmen und mit einem noch zu benennenden Beirat zu verwalten.

Der „Überschuss“ geht ins nächste Schuljahr gleich mit oder wird an die Familie ausgezahlt oder zurückerstattet oder eas auch immer.

Natürlich muss dann jemand kontrollieren kommen, damit wir das nicht für uns verprassen.

Lehrende
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Bei 5 Kindern reichen die 2800 gar nicht aus. Wenn Sie 5 Kinder hätten wären das auch 1250 Kindergeld und dann nochmal ihr Netto Gehalt (je nach Steuerklasse) von ca. 2500(wenn Sie angestellt sind, wenn verbeamtet dann natürlich weitaus mehr…). Wenn Sie dann noch immer Probleme haben, würden Sie ja auch das weitere Geld bekommen und noch Wohngeld. Also Neid bringt uns da nicht weiter. Sie setzen voraus, dass Eltern automatisch Ihre Kinder ausbeuten und werten Familien mit mehreren Kindern ab.

Last edited 1 Jahr zuvor by Lehrende
Realist
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lehrende

Nee, Carsten60 hat schon in gewisser Weise recht: Irgendeiner muss das Ganze finanzieren. Das Land, „in dem wir gut und gerne leben“, hat mittlerweile die zweithöchste Steuern- und Abgabenbelastung der Welt für Arbeitnehmer. „Gutverdienende“ Single werden sogar in keinem anderen Land stärker belastet als in Deutschland. Hunderttausende „Leistungsträger“ verlassen aus genau diesem Grund das Land jedes Jahr, es gibt genug Staaten, die diese gerne aufnehmen (Schweiz, USA, Kanada, …) sofern sie noch jung genug sind.

Ex-Sozialhilfekind
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Keine Panik. Das holt sich der Staat von den Kindern wieder, sobald diese sich ihr erstes Taschengeld verdienen… um ihnen dann einzutrichtern, dass sich Fleiß eben NICHT lohnt… auch dann nicht, wenn sie auf die Idee kommen, ihr Taschengeld für Dinge zu verdienen, die ihre Peer Group von ihren Eltern selbstverständlich bekommen.

Lehrende
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Ein Single braucht weniger Lebensmittel Möbel und Kleidung. Er bezahlt auch deswegen monatlich weniger Mehrwertsteuer. Bringt keinen Nachwuchs in unser Sozialsystem. Lebt in einer Wohnung alleine und verbraucht dadurch mehr Platz und Ressourcen. Später kann er sich viel Geld beiseite legen und profitiert von den Renteneinzahlungen der Menschen, die für gut ausgebildete Kinder gesorgt haben und ihnen mit viel Kapitaleinbußen eine gute Bildung zukommen ließen. Dann muss er teuer gepflegt werden, da er ja keine Nachkommen hat, die günstige Pflegekräfte für den Staat darstellen.

Last edited 1 Jahr zuvor by Lehrende
Realist
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lehrende

„Ein Single braucht weniger Lebensmittel Möbel und Kleidung.“

Also: „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“. (c) by Karl Marx

Student
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lehrende

Stimmt. Singles haben auch pro Kopf als Alleinlebende natürlich auch weniger Nebenkosten und sparen dadurch ungemein viel Geld, ganz besonders als Studenten.

DerechteNorden
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lehrende

Steuern, Steuerfreibeträge …?

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lehrende

Bei uns gerade auch wieder hochaktuell – der Angriff auf kinderlose Singles.

Die zahlen übrigens u.a. das Kindergeld mit, ebenso die KiTa, Schul, Hochschule, Krankenkassenbeiträge u.a. für Therapien, Schulbegleitungen, …

Ich höre von denen sehr selten, dass sie das ungerecht finden.

Unser hochgehypte Pluralismus – entweder alle so, wie sie können, wollen, müssen oder keiner.

Wir haben Fachkräftemangel – keine Auszubildenden, die so richtig was weghauen.

Daran sind zumindest die Kinderlosen nicht schuld.

Vielleicht die Singles – wenn sie alleinerziehend sind.

DerechteNorden
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Ach wat, dat sind Million, wenn nicht Milliarden deutsche Leistungsträger! Sagt auch die AfD.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lehrende

Wie Sie schreiben: 1250 + 2500 = 3750 netto.
Na eben, und mit der Grundsicherung sind das ca. 2865 + 950 + Warmmiete, das ist doch klar mehr !!!
Die 950 sind für 2 Erwachsene, selbst mit einem wären es in der Summe noch mehr als 3750, denn die Warmmiete liegt mit Sicherheit über 400.
Ein beamteter Lehrer wird ja wohl hoffentlich über Sozialhilfeniveau kommen, aber allzu groß ist die Differenz in den unteren Dienstaltersstufen nicht. Und die Grundsicherung gibt’s für Nichtstun, ein Lehrer muss bekanntlich was dafür tun. Ist das alles so fair geregelt?
Anmerkung: Mit einem Familiensplitting nach der Gesamtzahl der Familienmitglieder sähe das etwas besser aus, weil das Nettogehalt höher würde. Aber das will nur die FDP, für die „progressiven“ Parteien ist das des Teufels.

Lehrende
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Jemand der Grundsicherung bekommt, hat keinen Anspruch auf Kinderzuschlag. Die Eltern müssen erwerbstätig sein und ein Mindesteinkommen verfügen. So viel Hate gegenüber Eltern… Als wenn Eltern keine Einkommensteuer bezahlen würden.

Last edited 1 Jahr zuvor by Lehrende
Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lehrende

Genau so habe ich doch gerechnet: Bürgergeld für Erwachsene, Kindergrundsicherung i.H. von 573 € für Kinder, wenn die Eltern KEIN Einkommen haben. Das „normale“ Kindergeld war bisher 250 €, dazu dann das „normale“ Nettoeinkommen. Wo soll der Fehler Ihrer Meinung nach liegen?
Allerdings gibt’s im Internet derzeit ein ziemliches Chaos zu den genauen Regelungen.

Lehrende
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Den Zuschlag auf 573 Euro erhalten nur Eltern für ihre Kinder, die kein(!) Bürgergeld erhalten. Diese Eltern müssen ein selbstverdientes Mindesteinkommen(!) haben, das mindestens die eigenen Kosten abdeckt. Wer Bürgergeld bekommt, kann keinen Aufschlag für die Kinder beziehen!

Die Kinder werden dann in das Bürgergeld mit einberechnet und das Kindergeld von 250 Euro wird dann vom Bürgergeld abgezogen. Jede Erhöhung des Kindergeldes führt zu gleichzeitigen Abzügen beim Bürgergeld. Darum kommt die jetzige Erhöhung des Kindergeldes bei Bürgergeld-Beziehern auch nicht an.

Lehrende
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lehrende

Ups ich habe noch vergessen zu erwähnen, dass der Zuschlag auch gestaffelt ist. Wer mehr verdient bekommt weniger Zuschlag und wer weniger verdient etwas mehr. Jedoch nur bis zu dem genannten Höchstsatz von 573 Euro.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lehrende

Ich lese im Internet: „So soll die Kindergrundsicherung nicht mehr auf das Bürgergeld der Eltern angerechnet werden.“ Und das bezieht sich auf Eltern, die bisher Hartz IV bzw Bürgergeld bekamen, die also sonst KEIN Einkommen haben. Das ist doch gerade der Sinn. Je höher das Einkommen der Eltern, desto geringer wird dann die Kinder-grundsicherung.
Was ist denn nun? Wer weiß Bescheid? Google weiß offenbar doch nicht alles. 🙂

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lehrende

Frührentner:innen wird der Neben erdienst von der Rente abgezogen, bis sie das offizielle Rentenalter erreicht haben.

Die haben gearbeitet und (müssen?!) dann immer noch ran.

Sind diese Menschen auch Elternhater?

GS in SH
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lehrende

Mein Mann war Angestellter und verdiente netto mehr als ich als GS LK. Etwa 900€ mehr.
Unsere Studiendauer war übrigens gleich lang.
Aber er war ja auch kein Bürokaufmann, mit dem unser Gehalt gerne verglichen wird.
Und nu?

Lehrende
1 Jahr zuvor
Antwortet  GS in SH

?

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lehrende

Sehe ich anders, den Carsten60.

Kein Neid, sondern pragmatischen Realismus.

Abwertung erkenne ich nicht, auch keine Ausbeutung.

Ausbeuter:innen sind da wohl eher die Familieninfluencer – physisch, psychisch, … für likes, follower und Kohle – ist für m i c h beteits eine Form des Missbrauchs.

Und Recht hat er schon, wenn er sich fragt, was mit dem Geld für die Kinder passiert und ob es überhaupt sinnvoll bei der Zielgruppe ankommt.

(Carsten60 – männlich gelesen)