Pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen unrechtmäßig: Land scheitert mit Beschwerde

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Das Land Berlin darf Lehrerinnen nicht pauschal das Tragen von Kopftüchern verbieten. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Beschwerde des Landes Berlin gegen ein entsprechendes Urteil des Bundesarbeitsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen. Das sei bereits am 17. Januar geschehen, teilte ein Sprecher des Karlsruher Gerichts mit.

Berliner Lehrerinnen sollen kein Kopftuch tragen – ein generelles Verbot ist aber rechtswidrig. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Damit steht das umstrittene Neutralitätsgesetz, in dem auch das Kopftuchverbot verankert ist, in Frage. Es untersagt Lehrkräften und anderen Pädagogen an öffentlichen Berliner Schulen das Tragen religiöser Symbole im Dienst. Das kann ein Kopftuch sein, aber auch ein Kreuz oder eine Kippa.

Bereits im August 2020 hatte das Bundesarbeitsgericht die Regelung in Frage gestellt. Einer Muslimin, die wegen ihres Kopftuches nicht in den Schuldienst übernommen worden war, sprach das Gericht eine Entschädigung von rund 5159 Euro zu, weil sie wegen ihrer Religion diskriminiert worden sei. Es bestätigte damit eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom November 2018, gegen die das Land in Revision gegangen war. Die Bildungssenatsverwaltung äußerte sich am Mittwochabend zunächst nicht. News4teachers / mit Material der dpa

„Sinnfreie Prozesshanselei“: Streit ums Kopftuchverbot für Lehrerinnen kocht hoch

 

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Ron
1 Jahr zuvor

Ein begrüßenswertes Urteil, das zeigt, dass wir aus der ideologischen Ecke herauskommen und uns stärker der Lebenswirklichkeit stellen sollten. Die ganze Diskussion war mir immer zu politisch aufgeladen.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

„zu politisch aufgeladen“
Ja, aber besonders in der Islamischen Republik Iran, nach allem, was man so hört über die politische Seite des Kopftuchs.

Marc
1 Jahr zuvor

Kein gutes Urteil. Das Neutralitätsgebot ist besonders wichtig. Religiöse Symbole haben nichts an Lehrkräften zu suchen. Privat kann dann ja getragen werden was man will

Carsten60
1 Jahr zuvor

Jetzt warte ich noch auf eine Meldung derart, dass in der Türkei eine Lehrerin mit einem deutlich sichtbaren Kreuz um den Hals unterrichten darf, und wie türkische Gerichte einen etwaigen Streit darum entscheiden.
Budespräsident Wulff hat ja damals nicht nur gesagt, der Islam gehört zu Deutschland, sondern bei einem Türkeibesuch hat er klargestellt „das Christentum gehört zur Türkei“. Schließlich war Istanbul ein Zentrum des christlichen Abendlandes, als es noch Konstantinopel bzw. Byzanz hieß. Und die Hagia Sophia war dort jahrhundertelang eine christliche Kirche.

marc
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Naja islamisch und islamistisch geprägte Länder haben leider meist keinen echten Rechtsstaat. Dort gilt meist religiöser Fundamentalismus. Also dass religiösen Minderheiten dort Recht gesprochen wird, werden wir wohl in naher Zukunft nicht erleben. Dennoch sollten wir versuchen es besser zu machen

Chris
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Ich warte darauf, daß die Hagia Sophia wieder eine christlich orthodoxe Kirche wird.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Chris

Sie ist jetzt eine Moschee, weil der große islamische Führer Erdogan es so wollte, aus Prestigegründen. Vorher war sie ein Museum.

Streuner1
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

In der Türkei dürfen Lehrerinnen erst seit 2015 Kopftuch tragen. Eingeführt wurde das durch den damals neuen Präsidenten des Landes, dem Islamisten Erdogan.
Darüber sollte man einfach einmal nachdenken, wenn man ihm hier in Deutschland nacheifern möchte.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Streuner1

Die Türken in Deutschland tun es, indem sie Erdogan beider vorigen Wahl mit höherem Anteil wählten als in der Türkei selbst. Mal schauen, wie es dieses Mal wird.

Teacher Andi
1 Jahr zuvor

Es geht nicht um das Stück Stoff um den Kopf, obwohl eine gewisse Kleiderordnung bei Lehrern angebracht ist, man geht auch nicht in kurzen Hosen, Minirock oder bauchfrei vor die Klasse. Mich würde das Kopftuch nicht stören (auch wenn es immer wieder ein bisschen befremdet), wenn dieses nicht auch noch ein bestimmtes Verhalten nach sich ziehen würde (selbst erlebt): eine Referendarin mit Kopftuch, benahm sich sehr zurückhaltend, wurde vom Ehemann gebracht und abgeholt, sobald die Unterrichtszeit anfing/vorbei war, keine Kollegengespräche, keine außerunterrichtlichen Aktivitäten …..
Wenn das Kopftuch diese erzwungene Isolierung mit sich bringt, dann hat es im Schulbetrieb nichts verloren. Von daher ist die Diskussion der Diskriminierung zu einseitig, zumal es im Koran kein ausdrückliches Kopftuchgebot gibt. Es ist schwierig, hier eine überzeugende Lösung zu finden, ich hoffe eigentlich, dass die Frauen, die hier aufwachsen, sich langsam vom Kopftuch lösen werden, da dies wenig Sinn macht und eher die Isolierung begünstigt. Das kann keine wollen.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Sie unterstellen offenbar, dass die Frauen das selber entscheiden dürfen. Ich gehe davon aus, dass das nicht der Fall ist. In der Heimat des Kopftuchs haben Frauen nichts zu melden, sie sollen nur gehorchen. Beispiele gibt’s genug: Iran, Afghanistan, Saudi-Arabien. Zu Pakistan siehe hier:
https.//pakistan.de/reiseinformationen/pakistan-knigge
Wer dort eine Frau fotografieren will, soll bitte erstmal den (männlichen) Begleiter fragen. Damit ist doch alles klar, was den Entscheidungsspielraum von Frauen betrifft.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Wurde dort auch mit Kopftuch in Schulen unterrichtet? Wurde auch darum prozessiert, wenn die Schulen das nicht mochten? Gewiss gab’s früher auch in Deutschland patriarchalische Strukturen, aber wo bleibt denn die Frauenemanzipation? Gilt die nicht für ALLE, die HIER leben? Was haben ausländische Patriarchen hier in D zu melden? Vielleicht täte denen mehr Zurückhaltung gut?

Teacher Andi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

„Waren“ …. Wir leben aber jetzt und in der Gegenwart, und da hat sich einiges geändert. Wir wollen nicht in diese patriarchalischen und oft mittelalterlichen Ansichten zurückfallen. Bringen Sie doch bitte ein überzeugendes Argument.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

„beheimatet“
Aber nicht in Innenräumen und schon gar nicht als religiöse Pflicht zugunsten von Patriarchen.
Was halten Sie eigentlich von der „islamisch-chauvinistischen Perspektive“ etwa der Taliban in Afghanistan? Das Volk muss hungern, aber die Regierenden beharren stur und arrogant auf ihren mittelalterlichen Moralvorstellungen.
Wenn andere Länder frei in Sachen Kopftuch entscheiden dürfen, dann darf Deutschland das auch. Es gibt aber Leute, die allen zugewanderten Sitten die Berechtigung zusprechen und ebenso allen deutschen Sitten diese absprechen.

„Frauen durften nicht unterrichten und Mädchen nicht zur Schule gehen“
Seit dem 19. Jhdt. ist beides für Deutschland nicht mehr wahr. Also warum erzählen Sie das? Sollen wir annehmen, das islamische Kopftuch hinkt der Entwicklung um mehr als 100 Jahre hinterher, und das ist gut so?

Streuner1
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Erzählen Sie doch nicht solche Unwahrheiten! In Deutschland wurden die Kopftücher aus Wind-, Sonnen-, Mode- und Wetterschutzgründen getragen, aber nicht aus religiösen Gründen (und bitte kommen Sie jetzt nicht mit irgendwelchen Sekten, die keiner kennt).

Was Sie hier betreiben ist Verharmlosung, indem Sie Fake News verbreiten.

Teacher Andi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Ich denke, dass sich viele Muslima hier allmählich emanzipieren, ein langer Prozess, aber erkennbar. Das Kopftuch mag oft eine Gewohnheit sein und vielleicht ein Gefühl der Sicherheit geben, das ist jedem selbst überlassen. Oft ist das Kopftuch auch zu einer großen Modeerscheinung geworden, da gibt es ganz tolle Designs und Tragemöglichkeiten, sehr hübsch. Ich denke, das Attribut der Unterdrückung wird bald verschwinden. Aber ich finde es dennoch problematisch, wenn unterdrückte Muslima hier im Lehramt auftauchen, wie in meinem Beispiel. Die werden sicher keine demokratische Grundhaltung vermitteln können. Und das hängt nicht nur vom Kopftuch ab.

Streuner1
1 Jahr zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Leider täuscht Sie ihr Eindruck. In Deutschland sieht mehr Kopftücher in einer Einkaufsstraße als in der Türkei (und nein, das ist keine Übertreibung oder Satire, sondern das meine ich wirklich so).

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Streuner1

Importware. Vermutlich die Kopftücher selbst auch.

Teacher Andi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Liebe Nelle,
Wie sie richtig bemerken, „zeitlich weiter zurück“. Ich habe als Kind auch manchmal noch ein Kopftuch getragen, das war so der Trend, aber kein Zwang. Die Bäuerinnen haben ihre Haare mit dem Kopftuch geschützt, da man nicht jeden Tag Haare waschen konnte und das Landleben sehr viel mit Schmutz verbunden war. Heute schützen Cabrio-Fahrerinnen ihr Haar mit Stoffschals vor dem Wind. Das sind alles pragmatische, aber keine soziokulturellen Anlässe (um es mal vorsichtig auszudrücken).
In weiter Vergangenheit (die „noch zu Freienden“) mag die Kopfbedeckung noch diskriminierend gewesen sein (in unserer heutigen Sichtwiese). Aber wir leben nicht mehr in dieser Vergangenheit, zum Glück, und wer in demokratisch entwickelten Ländern leben möchte, der muss sich entsprechend anpassen, zumindest was Menschenrechte und Gleichberechtigung anbelangt.
Zurückhaltung steht uns zu Gesicht, aber keine Toleranz gegenüber Intoleranten. Wer ins Lehramt möchte, muss auch dem Beruf in allen Belangen und Anforderungen Rechnung tragen, mit oder ohne Kopftuch.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Teacher Andi
Teacher Andi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Ja, ich weiß. Aber diese Länder müssen für sich selbst bestimmen können, sie wollen es so. Aber hier in Deutschland gelten halt andere Gesetze.

Streuner1
1 Jahr zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Afghanistan(und somit auch Pakistan) waren einst buddhistische Länder/Regionen. Wer sagt Ihnen, dass Gesetze sich nicht ändern werden oder wie in Stein gemeißelt sind? So, wie ich das sehe, ist das einzig eine Frage von Mehrheiten.

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  Teacher Andi

… dann bin ich als jmd., der bei zweistelligen Temperaturen (bei Wind und Wetter) nicht ohne kurze Hosen kann, sicherlich Ihr Lehrerschreck (komplett schwarz, irgendwelche T-Shirts mit popkulturellen Referenzen, lange Haare etc.). 😉 Was spricht dagegen?

Zum Thema:
Ich müsste ja eigtl. die Begründung des Gerichts lesen, um eine qualifiziertere Stellungnahme verfassen zu können, aber ugeachtet dessen bin ich gg. das Zurschaustellen religiöser Symbole durch Lehrer.

Trüge ein Beamter (offen) die Symbole einer religiösen Weltanschauungsgemeinschaft, die in ihrer kanonischen Obligatorik für ihre Mitglieder verbindliche, nicht verhandelbare Normen und Werte und eine diesbzgl. sozio-kulturelle/politische Programmatik bestimmt, die im krassen Widerspruch zu unserer aufgeklärten, pluralen, freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen, also bspw. Misogynie, Homophobie, Antisemitismus, Rassismus, Gewalt gg. Andersdenkende, die Todesstrafe für ehem. Mitglieder und einen antiegalitären, -liberalen und -demokratischen Totalitarismus propagieren, sollte das eigtl. hochproblematisch sein.

Ungenommen: Auch ohne explizite Distanzierung von den problematischen Inhalten der Weltanschauungsgemeinschaft indiziert das Verwenden eindeutiger Symbole der Weltanschauungsgemeinschaft ja keine unkritische Zustimmung, das ist klar. Ich glaube ja auch nicht, dass jeder evangelische Priester seine Tochter verbrennt, wenn diese sich als „Dirne“ betätigt (s. Lev 21,9).
Also in dubio pro reo: Der Beamte lebt ja u.U. nicht die reine Leere dieser Weltanschauungsgemeinschaft, bspw. weil er die Obligatorik (in Gänze) selbst nie rezipiert hat u./o. sich aktiv entscheidet, einzelne Normen und Werte zu ignorieren oder (ggf. auch entgegen ihrer evtl. Eindeutigkeit) individuell zu interpretieren (Stichwort: cherry picking). I.d.R. dürfte der Beamte ja ein Mensch auf dem Boden der Verfassung sein (Amtseid und so…). Ich habe halt auch fast ausschl. Kolleginnen mit Kopftuch kennengelernt, bei denen am vollen Bekenntnis zu unserer Verfassung nichts zu bezweifeln war – die Menschen sind halt i.d.R. besser als ihre Religion, ob Christen, Muslime, Juden, Hindus etc. Ist das Verwenden der Symbole aber trotzdem problematisch? M.M.n. Ja.

Und damit wir uns weiterhin nicht falsch verstehen: Ich habe auch etwas gg. Beamte im Dienst(!) mit Habit mit oder ohne Schleier, mit Kippa o.ä.

Was die Leute darüber hinaus privat machen, ist mir zwar nicht egal, das wäre gelogen: Ich finde bspw. die Rede vom „politischen Islam“ immer sehr abstrus, als ob es einen unpolitischen Islam gäbe, als ob gerade die monotheistischen Religionen nicht ein inhärentes politisches Agens hätten. Auch bei gläubigen Christen existiert dieses sozio-politische/kulturelle Agens natürlich. Dabei ist es egal, ob dies bewusst oder unbewusst ist. Denn: Auf politische Entscheidungen Religiöser wird natürlich auch ihre Religion Einfluss nehmen, da habe ich als jmd., der sich Aufklärung, Rationalität und Co. verschrieben hat, als strammer Laizist. natürlich auch ein Interesse, dass das irgendwann hoffentlich nicht mehr der Fall ist (und bitte auch nicht durch Ideologie, politische Religion o.ä. ersetzt wird). Aber da möchte ich nicht mit entsprechenden Verboten u.ä. operieren, das wäre dann schon rechtlich sehr… heikel.

Ich sehe aber natürlich auch den Konflikt mit Art. 3 GG.
Aber um die ganze Diskussion direkt im VOrfeld zu professionalisieren, verweise ich auf den Verfassungsblog (wohlwissend, dass hier meine Perspektive nicht komplett geteilt wird): https://verfassungsblog.de/fehlverstaendnis-des-neutralitaetsgebots-fuer-den-staat/

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Echt gläubige Christen gibt sein Deutschland kaum und selbst die fallen bedingt durch die Art der Religion kaum auf. Der durchschnittliche Moslem ist aufgrund des patriarchalen Weltbildes und der Ernährungsgewohnheiten schon einen größeren Einfluss auf sein Umfeld als der Großteil der christlichen Kirchgänger, von denen es in Deutschland kaum noch welche gibt.

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Was meinen Sie denn konkret mit „[e]cht gläubige[n] Christen“ hierzulande? Das Christentum hat über 30000 Denominationen mit z.T. gravierenden Unterschieden, da fallen die einen Christen mehr auf, die anderen weniger. Zudem basieren diese Denominationen auf einer Vielzahl unterschiedlicher Bibeln (resp. Kanones) mit einem Gros interpretationswürdiger (oftmals nicht explizit literal zu interpretierender) Texte. Und natürlich wird das, was idiosynkratischer Glaube ist, auch mehr oder weniger bewussten Einfluss auf das Umfeld haben (ungeachtet dessen, ob die Glaubensvariante ‚trve‚ ist – ich möchte diesbzgl. kein no true Scotsman-Argument geführt wissen), s.o.

Der Unterschied, den Sie u.U. meinen, liegt eher in einem Literalitätsgebot bei gleichzeitig problematischen Textinhalten.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Sie müssen da schon in Richtung evangelikale Christen oder so gehen, wegen mir auch konservativ russisch orthodoxe (o.ä.) Christen.

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Ich glaube, wir schreiben aneinander vorbei. 😉

Ich postuliere, dass religiöse Überzeugungen, egal ob im Rahmen einer (dogmatisch) ‚reinen‘ Lehre einer (‚etablierten‘) Religion (bzw. Denomination, Sekte o.ä. derselben), einer/m cherry picking-Variante/Derivat derselben oder eines DIY-Glaubens natürlich – wiejede Überzeugung -, je nach konkretem Überzeugungsinhalt resp. Ausprägung desselben, mal mehr mal weniger gravierenden/bewussten Einfluss auf Denken, Fühlen und Handeln einer Person hat. Es gibt keinen unpolitischen Glauben, weil alles ein Politikum sein kann, selbst das religiöse Gebot politischer Neutralität oder gar Nichtbetätigung wäre politisch. Undich kritisiere Dergleichen als problematisch.
Sofern Sie diese meine Argumentation nicht bestreiten, bleibt die Frage nach der graduellen(!) Differenzierung, der ‚Höhe‘ des „Einfluss[e] auf das Umfeld“ (der niemals Null beträgt – das habe ich generell kritisiert) und dessen sozio-kulturelle und -politische Vereinbarkeit mit unserer fdGO. Und da sehe ich auch ein größeres Problem mit Gläubigen, die einem Literalitätsgebot bei gleichzeitig problematischen Textinhalten unterliegen. Oder einfacher: Ich sehe da schon einen graduellen Unterschied zwischen der Klischeeomi, die Sonntags die Messe besucht und sich als Katholikin sieht, aber de facto nur einer cherry picking-Variante des Katholizismus filgt znd einem strammen Salafisten. Aber das war ja nicht das Thema. 😉

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Streng genommen entsprechen die meisten Muslime hier auch der von Ihnen genannten Klischeeomi. Nur wissen wir nicht, was in den Moscheen alles so gepredigt wird, die muslimische Kultur ist auf Herrschaft und nicht wie das Christentum auf Demut aus und das christliche Leben der Klischeeomi wirkt sich nicht nennenswert auf die eigene Familie aus, zumindest deutlich weniger als der Kopftuchzwang für die Schwester und Cousine.

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Ich schrieb ja… wir schreiben aneinander vorbei. 😉

Teacher Andi
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Lieber Papo,
Genauso habe ich argumentiert, egal was man trägt, solange man eine demokratische Überzeugung als Lehrer vermittelt, ist das okay. Wobei ich kurze Hosen und Spaghettiträger T-Shirts schon etwas unangebracht finde. Und was soll mein Lehrerschreck sein? Ich bin in dieser Hinsicht alles andere als konservativ, ich liebe tätowierte oder gepiercte Kollegen, verabscheue Anzüge und Krawatten, bin überhaupt nicht der Meinung, dass man als Lehrer „schick“ daherkommen muss. Da verkennen Sie mich.
Aber dennoch sollten wir nicht verkennen, dass oft religionsfanatische Strömungen ungehindert Fuß fassen können, da hierzulande ein großes Toleranzverständnis vorherrscht, das sicher gut gemeint ist, aber in mancher Hinsicht schädlich sein kann.
Sorry, ich kann Ihrer eloquente Art, Themen darzustellen, nicht im Ansatz das Wasser reichen. Trotzdem meine Meinung.

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Ich als Ihr „Lehrerschreck“ bezog sich ausschl. auf Ihre Aussage „man geht auch nicht in kurzen Hosen vor die Klasse“ – liest sich absolut und ich kann schlichtweg nicht nachvollziehen, inwiefern dies unangebracht sein soll (wobei ich kurze Hosen die die Knie nicht bedecken, bei Männern persönlich in jedem Kontext – außer bei Schwimmshorts – komplett unästhetisch finde… aber das ist eine rein gustatorische Frage). Dass Sie gleichzeitig bei der Aussage Tätowierungen und Piercings das Wort schreiben (was ich sehr begrüße), hätte ich jetzt z.B. nicht (mehr) erwartet – bildet für mich einigermaßen einen Kontrast, weshalb ich hier aus ehrlichem Interesse frage, warum Sie kurze Hosen als unangebracht werten.

Beim eigtl. Thema sind wir jedoch relativ d’accord, also nichts für ungut (wobei sich noch über den Bedeutungsgehalt des Bedeckungsgebots in Koran und Hadithen diskutieren ließe, was aber angesichts des Umstandes, dass es verschiedene Formen der Verschleierung so oder so als religiöses Symbol verwendet und wahrgenommen werden, für die gegenständliche Diskussion wenig Relevanz/Mehrwert zeitigt). 😉

Teacher Andi
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Hosen, die die Knie bedecken, sind keine kurzen Hosen, sondern Bermudas, das ist ganz was anderes.
Ich hatte mal einen Kollegen (schon etwas älter), der sehr kurze Shorts trug und über diesen ein langes T-Shirt, so dass es aussah, als trüge er gar keine Hose. Das Bild ist mir noch lebhaft in Erinnerung.
Und da sind wir ja einer Meinung, wenn Sie Hosen, die männlichen Knie nicht bedecken, unästhetisch finden, zumindest in der Situation Unterricht.
Ein Kopftuch an sich ist kein religiöses Symbol, das tragen hier auch Mädchen, und als Junge habe ich auch oft Kopftuch als Piratentuch gebunden getragen, da das mal so Trend war. Aber wenn man das Kopftuch so akribisch steckt und in mehreren Schichten so legt, dass kein Haar mehr vorlugen kann, dazu noch ein Gewand bis zum Boden, dann befremdet mich das, da ich in ein oft hübsches, menschliches freundliches Gesicht schaue, das aber doch wie eine Mumie wirkt. Sport ist damit unmöglich und wenn ich höre, dass diese jungen Damen Ärztinnen werden wollen, dann frage ich mich schon, wie sie sich das vorstellen.

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  Teacher Andi

„Als Bermudas oder Bermuda-Shorts bezeichnet man eine bestimmte Art von kurzen Hosen […]. Die Hosenbeine enden mindestens ein Zoll oberhalb des Knies, bei Anzügen drei Zoll“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Bermuda-Shorts). 😉

„so dass es aussah, als trüge er gar keine Hose.“
Urghs… ^^

„Ein Kopftuch an sich ist kein religiöses Symbol“
Richtig. Ein Hidschab, Al-Amira, Chimar, Tschador, Nikab oder gar eine Burka seitens einer Muslima getragen ist es aber i.d.R., das ist kein simples modisches Accessoire (ungeachtet dessen, ob man diese Form der Verschleierung als religiöses Gebot wahrnimmt oder nicht), wie (so oder ähnlich, gleichsam vermeintl. als Zeichen der Emanzipation) im öffentlichen Diskurs verklärt wird.

Und um den Forschungsbericht 38 des BAMF zu referieren, die Studie „Muslimisches Leben in Deutschland 2020″ im Auftrag der Deutschen Islam Konferenz (https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Forschung/Forschungsberichte/fb38-muslimisches-leben.html, hier: Seite 121), die u.a. die Gründe für das Tragen eines Kopftuches der befragten Musliminnen mit Migrationshintergrund aus muslimisch geprägten Herkunftsländern (bei möglichen Mehrfachnennungen) eruierte:
Lediglich 3,4 % nannten „[m]odische Gründe“, hingegen 88,6 % ihre „[r]eligiöse Pflicht“ – 29,0 % waren sich zudem gleichzeitig ihrer „Erkennbarkeit als Muslimin in der Öffentlichkeit“ gewahr und intendierten dies. Der Symbolgehalt des Kopftuches ist recht eindeutig.

Und die Gründe dekonstruieren auch die Mär von emanzipatorischer Freiwilligkeit des Tragens (als mehr als absolute Ausnahmeerscheinung): Spitzfindige Zeitgenossen mögen anmerken, dass ja lediglich 4,4 % „Erwartungen/Forderung Familie/Partner“ und 4,6 % „Erwartungen Bekanntenkreis“ nannten, die einzigen beiden Items, die zumindest sozialen Druck eruierten. Expliziter Zwang wurde aber erst gar nicht kontrolliert, ist jedoch natürlich auch (quasi euphemistisch kuvrierter) möglicher Inhalt dieser beiden Items. Und Zwang ist ggf. auch in den 88,6 % bei „[r]eligiöse Pflicht“ zu finden, ebenso bei den 31,8 % für „Tradition“ und gg. auch z.T. bei den 9,7 % „[a]nderer Gründe“…

Mithin:

(a) Die einschlägigen Quellen im verlinkten Forschungsbericht unter Punkt 4.5 sind z.T. nicht wissenschaftlicher Art resp. nicht Resultat empirischer Erhebungen (also K. Amirpur; M. Seddiqzai; E-M. Götz), „im streng statistischen Sinn nicht ohne weiteres auf alle Kopftuch tragenden Musliminnen zu übertragen“ (F. Jessen & U. v. Wilamowitz-Moellendorff) und methodisch fragwürdig (u.a. Item „Warum wird das Kopftuch getragen?“, selbst i.V.m. Item „Keine Rolle bei der Entscheidung für das Kopftuch haben gespielt“, wobei letzteres Item und die korrespondierenden Ausführungen ganz interessant sind) oder widmen sich dieser Frage gar nicht (s. Ministerium für Integration Baden-Württemberg 2015), womit einerseits Haug et al. (2009) bleiben, die immerhin eine in-/direkte Begründung des Tragens mit Zwang von 18,3 % der Befragten darstellen, wobei man spekulieren kann, ob da nicht auch Prozente aus den Items „Aus Tradition“, „Aus sonstigen Gründen“ und „Schutz vor Belästigungen von Männern“ hinzukommen können, die einen de facto Zwang kuvrieren, als Begründungssurrogat internalisiert wurden (auch hier ist das methodisch nicht sonderlich elaboriert), anderseits haben wir damit nur noch den vorliegenden Forschungsbericht selbst, der ähnlich zu werten ist, wie letztgenannte Studie (mit niedrigeren Prozentwerten insg.).

(b) Zudem sind hier (bei den Antworttendenzen in Interview-/Fragebogenstudien) auch (ggf. unbewusste, internalisierte) Phänome wie soziale Erwünschtheit, Rechtfertigungsstrategien bei kognitiver Dissonanz und Facework zu würdigen, insb. bei einem sozio-politisch derart brisanten Thema, das regelmäßig auch mit negativ(st)en (die Psychohygiene negativ tangierende, das Selbstkonzept konterkarierende, Reaktanz evozierende) Erfahrungen mit anderen Menschen (bspw. Anfeindungen in der Öffentlichkeit, aber auch die Infragestellung der eigenen Autonomie durch einen selbst u./o. das eigene Umfeld, das einen mglw. de facto zur Verschleierung nötigt oder gar zwingt) zu würdigen (Dgl. kann bspw. im Item „Schutz vor Belästigung von Männern“ stecken)… was hier aber nicht stattfand.

Teacher Andi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Sie haben mich falsch verstanden. Ich habe nicht gesagt, dass ich keine Muslima mit Kopftuch kenne, die selbstbewusst ist und eigenständig ihr Leben führt, wo lesen Sie das heraus? Es war nur ein Beispiel, aber das hat mich erschüttert, und wenn das Kopftuch diese Verhaltensweise nach sich zieht, dann ist es nicht in Ordung, nur das habe ich dargelegt.
Dass es andere religiöse Richtungen gibt, die Frauen in Demut halten, ist unbestritten. Aber diese Frauen werden sicher nicht ins Lehramt gehen.
Kopftuch gerne, von mir aus auch Häubchen, Kreuze, Zöpfe, lange Kleider etc., aber nur, wenn dies nicht von außen (oft den Männern) diktiert wird, denn das widerspricht unserer doch immer so betonten Gleichstellung. Religiöse Zeichen, die entweder der Unterdrückung oder der Provokation dienen sollen, haben in öffentlichen Schulen nichts verloren. Und das ist meine Meinung.

Alx
1 Jahr zuvor

Während im Iran das Kopftuch als Zeichen der Unterdrückung unter Lebensgefahr abgelegt wird, wird es bei uns über das Neutralitätsgebot erhoben.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Alx

Schlimmer: Kopftuchtragen wurde (auf YouTube, ich glaube sogar auf einem Kanal von Funk) als Zeichen von Feminismus und Freiheit umgedeutet.

GS in SH
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Sie meinen den Funkkanal „Datteltäter“.
Dort findet sich kein einziges Video zu der Situation im Iran, ist aber trotzdem ein interessanter Kanal.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  GS in SH

Danke. Die Datteltäter wären auch schön blöd, wenn sie auch nur ein einziges Video zum Thema Iran machen, weil das Allem widerspricht, was sie propagieren.

Realist
1 Jahr zuvor

Auch muslimische Lehrerinnen haben ein Recht, Vorbild für Schülerinnen und Schüler zu seib. Insofern ist das Urteil unsere höchsten Gerichtes, wie immer, zu begrüßen.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Vorbild, das sogar das Tragen eine Pflicht sein kann?

Indra Rupp
1 Jahr zuvor

Das Anti-Putin-T-Shirt meines Sohnes (sehr witzig, Putin mit, wie so oft, nacktem Oberkörper und Sonnenbrille aber aufretuchiertem Bikiniabdruck) wurde an unserer Schule verboten, weil es dort viele russische Schüler mit evtl russischen Verwandten in Russland gibt, die das evtl nicht verstehen.
Ich kaufe meinem Sohn nun auch kein Asterix & Obelix T-Shirt mehr…. Könnte an der Schule ja auch Römer geben!

Indra Rupp
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Hm, weiß nicht, unsere neue Schulleiterin entscheidet das im Alleingang. Ging darum, keinen Ärger zu provozieren. Den Witz mit den Römern habe ich dem Kollegium allerdings als Reaktion geschrieben und am nächsten Tag hatte ich das T-Shirt an. Da kamen mir manche Lehrer grinsend auf dem Schulhof entgegen. 🙂
Tatsächlich wurde mein Sohn wegen dem T-Shirt auch auf dem Schulhof von (türkischen /arabischen) Schülern gefragt (und halb bewundert) ob er lebensmüde sei….?

Indra Rupp
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Ach so, sollte ich vielleicht dabei sagen : Ich musste nur kurz nen Turnbeutel bringen, bin sonst nicht vormittags in der Schule.

Indra Rupp
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Die türkischen /arabischen Schüler meinten übrigens nicht „lebensmüde“ wegen der anderen russischen Schüler sondern allgemein, wegen „Staatsoberhaupt verallbern“. In ihrem Heimatland wäre man damit ja tatsächlich lebensmüde.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Haben Sie wirklich nie davon gehört, dass auf das Recht auf freie Meinungsäußerung verzichtet werden soll, um irgendwelches Unheil abzuwenden, etwa brutale Handlungen irgendwelcher Leute mit dem Faustrecht, die beleidigt sein könnten, weil sie die Wahrheit gepachtet zu haben glauben?
Dann versuchen Sie mal, dem anklagenden Erwähnen der Kreuzzüge als ungerechtfertigte Gewalt gegen die armen Muslime entgegenzuhalten, dass ein türkisches (osmanisches) Heer 1453 nach wochenlanger Belagerung die christliche Stadt Byzanz mit militärischer Gewalt eroberte. Heute heißt sie Istanbul.

447
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Ja eben, um „das Ding“ nicht zu…
-„““provozieren“““
-„““Gewalt zu verhindern“““
-„““kultursensibel zu sein“““
… da kann die freie Meinungsäußerung doch schonmal unterwandert, geknickt, modifiziert werden.

Denn wenn man gegenüber „dem Ding“ nur
– kompromissbereit
– freundlich
– akzeptierend
– unterwürfig
– nicht-in-die-Augen-schauend
genug ist, dann wird es ganz lieb und handzahm, sicher, bestimmt, ganz bald. 😀

Aber machen Sie sich keine Sorgen – von mir ist keine Störung zu erwarten.
Nur halt auch dann nicht, wenn „das Ding“ an ihre persönlichen safe-space-Grenzen klopft.

Streuner1
1 Jahr zuvor
Antwortet  447

Ich empfehle Nelle einmal die Bücher von Michel Houellebecq. Wie hieß gleich noch sein bekanntestes Buch?

Doppel A15
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Sie sind doch immer so knapp bei Kasse?!

Indra Rupp
1 Jahr zuvor
Antwortet  Doppel A15

Ja, aber was anziehen tun wir trotzdem.