Website-Icon News4teachers

Studie: Weniger psychische Erkrankungen von Schülern in der Pandemie als gedacht

Anzeige

DRESDEN. Psychische Probleme bei Schülern haben durch die Corona-Pandemie zugenommen. Allerdings weniger als erwartet. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die das sächsische Sozialministerium in Auftrag gegeben hat. Doch es gibt Unterschiede bei Mädchen und Jungen.

Viele Teenager leiden unter psychischen Belastungen – aber… (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

Eine Studie hat ergeben, dass sich der Anteil psychisch kranker Kinder und Jugendlicher in Sachsen während der Corona-Pandemie nicht signifikant erhöht hat. Allerdings fällt die Entwicklung bei Mädchen und Jungen unterschiedlich aus. Die vom sächsischen Sozialministerium in Auftrag gegebene Studie wurde am Dienstag in Dresden veröffentlicht, sie war Ende 2021 in Auftrag gegeben worden.

Die Studie konzentrierte sich auf psychisch kranke Kinder und Jugendliche von 10 bis 16 Jahren, die behandelt wurden. Ausgewertet wurden anonymisierte Diagnosen, die zwischen Anfang 2018 und Ende 2021 bei den gesetzlichen Krankenkassen in Sachsen eingereicht wurden. Zudem wurden Experteninterviews durchgeführt und bewertet.

Anzeige

Laut Studie stieg die Inzidenz, also die Zahl von Neu-Erkrankten, bei Mädchen in den Quartalen nach Pandemiebeginn von durchschnittlich 3,1 Prozent auf 3,3 Prozent an. Dies entspreche einem Anstieg um 7 Prozent bei Mädchen mit einer psychischen Erkrankung. Besonders auffällig war die Altersgruppe der 15- bis 16-Jährigen, bei denen die Zahl von Neuerkrankungen psychischer Natur um 9 Prozent stieg. Bei Jungen hingegen fiel die Inzidenz nach Pandemiebeginn von 2,9 Prozent auf 2,8 Prozent.

Bei genauerer Betrachtung konnte festgestellt werden, dass es zudem zu einer Verschiebung von Diagnosen bei Depressionen, Angststörungen und Essstörungen kam – vor allem bei Mädchen. Bei Jungen gab es laut der Studie keine signifikanten Veränderungen.

Vor Beginn der Pandemie lag die Prävalenz der depressiven Episode bei Mädchen bei 1,0 Prozent. Nach Beginn der Pandemie soll sie auf durchschnittlich 1,2 Prozent gestiegen sein. In absoluten Zahlen entspreche dies etwa 230 zusätzliche Mädchen mit der Diagnose. Bei Essstörungen waren es etwa 130 zusätzliche Mädchen.

«Die Studie wirft ein Licht auf die erkrankten Kinder. Und diese müssen wir besonders in den Fokus nehmen. Kein Kind darf vergessen werden»

Bei anderen psychischen Erkrankungen gab es einen Rückgang, beispielsweise bei hyperkinetischen Störungen – dazu zählen unter anderem Aufmerksamkeitsstörungen. Der Studie zufolge betraf dies vor allem Jungen im Alter zwischen 10 bis 11 Jahren. Demnach wurde vor der Pandemie bei 7,6 Prozent aller Jungen eine hyperkinetische Störung diagnostiziert. Während der Pandemie lag der Wert bei 6,9 Prozent. Da derartige Erkrankungen häufig im Schulkontext erkannt und diagnostiziert werden, gehen die Experten davon aus, dass der Rückgang auf die Schulschließungen beziehungsweise den Wechselunterricht zurückzuführen ist.

«Die Studie wirft ein Licht auf die erkrankten Kinder. Und diese müssen wir besonders in den Fokus nehmen. Kein Kind darf vergessen werden», sagte Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD). Hinter jeder Zahl, jeder Diagnose, stecke eine Schicksal, eine betroffene Familie, eine betroffene Schulklasse. Corona habe ohne Frage Kindern und Jugendlichen viel abverlangt.

Ungeachtet der Studienergebnisse räumte Sachsen Kultusminister Christian Piwarz (CDU) Fehler während der Pandemie ein – meinte damit aber keineswegs den fehlenden Infektionssschutz in den Bildungseinrichtungen (der etwa durch Wechselunterricht oder Luftfilter möglich gewesen wäre, wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach unlängst noch betont hatte – News4teachers berichtete).

Im Gegenteil. «Kinder und Jugendliche wurden zu lange in ihrer persönlichen und schulischen Entwicklung zum Schutz der Alten und vulnerablen Gruppen eingeschränkt. Das bedaure ich sehr», sagte Piwarz. Die Schließungen von Kitas und Schulen habe Folgen für die seelische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen nach sich gezogen, die gravierender als die entstandenen Bildungslücken seien.

Piwarz verwies darauf, dass präventive Maßnahmen an den Schulen ausgebaut werden, um die Früherkennung von psychischen Problemlagen bei Schülern und das allgemeine Bewusstsein für die psychische Gesundheit zu stärken. So soll beispielsweise die Zahl der Schulpsychologen von derzeit 58 auf 109 fast verdoppelt werden.

Über die direkten Folgen der Pandemie sprach er nicht: Sachsen war das Bundesland, das die Schulen am längsten in der Hochphase der Pandemie ohne wirksamen Schutz offenhielt und etwa in Grundschulen auf die Maskenpflicht verzichtete – Sachsen ist das Bundesland, das laut Robert-Koch-Institut mit Abstand die meisten Corona-Toten pro 100.000 Einwohner verzeichnet: nämlich 419. Zum Vergleich: In Schleswig-Holstein liegt die Zahl bei 119. News4teachers / mit Material der dpa

Psychologen und Ärzte schlagen Alarm: Präsenzunterricht um jeden Preis belastet Kinder massiv

 

Anzeige
Die mobile Version verlassen