Kinder begehen deutlich mehr Straftaten (darunter: Verbreitung von Kinder-Pornografie)

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BERLIN. Die Polizeibehörden von Bund und Ländern haben im vergangenen Jahr deutlich mehr Straftaten von Kindern registriert als in den Jahren zuvor. Dies geht aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2022 hervor, die Bundesinnenministerin Nancy Faeser gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes Holger Münch heute vorgestellt hat. Auffällig ist, dass der Anteil der minderjährigen Tatverdächtigen bei der „Verbreitung pornografischer Schriften“ mit rund 41 Prozent sehr hoch ist.

Unter-14-Jährige verbreiten zunehmend kinderpornografische Fotos – offenbar unbedacht. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Nach einem deutlichen Rückgang der tatverdächtigen Kinder (unter 14 Jahre) im ersten Corona-Jahr 2020 um 14 Prozent war bereits im Berichtsjahr 2021 wieder ein Anstieg zu verzeichnen (ein Plus von 9,7 Prozent auf 68.725). Mit dem erneuten Anstieg im aktuellen Berichtsjahr auf 93.095 tatverdächtige Kinder wird das Niveau von 2019 deutlich überschritten (2019: 72.890 tatverdächtige Kinder; ein Plus 16,3 Prozent gegenüber 2019).

„Bei den von diesen Altersgruppen begangenen Delikten handelt es sich weit überwiegend um Eigentumskriminalität wie Ladendiebstahl, Sachbeschädigungen, Beleidigungen oder leichte Körperverletzungen. Auch hier könnten Nachholeffekte nach der Corona-Pandemie mitursächlich für die Anstiege sein. Kausalitäten lassen sich anhand der PKS-Zahlen jedoch nicht abbilden“, so heißt es in dem Bericht.

Andersherum werden Kinder und Jugendliche auch häufig zu Opfern sexuellen Missbrauchs. Was sich im Netz abbildet: Die seit Jahren anhaltende Entwicklung steigender Fallzahlen bei der Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendlichen setzt sich auch für das Berichtsjahr 2022 fort (plus 8 Prozent auf 54.188 Fälle). Die Fallzahlen des sexuellen Missbrauchs von Kindern sind mit 15.520 Fällen (2021: 15.507) weiter hoch.

„Zur Prävention in diesem Bereich gehört vor allem Bildung, Sensibilisierung und Medienkompetenz, die vermittelt werden muss“

„Es ist entsetzlich, dass tagtäglich Kinder und Jugendliche Opfer von sexualisierter Gewalt werden. Wir tun alles, um die Täter und ihre Netzwerke zu ermitteln und Kinder zu schützen. Das hat höchste Priorität“, sagt Bundesinnenministerin Faeser. „Wir werden künftig erstmals europäische Instrumente schaffen, um Onlineplattformen in die Pflicht zu nehmen, damit Missbrauchsdarstellungen entdeckt, gelöscht und die Täter verfolgt werden. Mit dem EU-Zentrum gegen Kindesmissbrauch werden wir die Opfer unterstützen und ihnen erstmals das ausdrückliche Recht geben, zu erfahren, ob Missbrauchsabbildungen noch im Umlauf sind.“

Bemerkenswert allerdings laut PKS: Bei der Zunahme von Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung jugendpornografischer (ein Plus von 32 Prozent) und kinderpornografischer Inhalte (ein Plus von sieben Prozent) sei zu sehen, dass Kinder und Jugendliche selbst häufig unbedacht zu Tätern würden.

Schülerinnen und Schüler wüssten oft nicht, dass es strafbar ist, in Gruppenchats bei WhatsApp, Instagram, Snapchat oder auf anderen Kanälen unangemessene Bilder zu teilen. Der Anteil der Tatverdächtigen unter 18 Jahren liegt hier bei 41,1 Prozent. „Zur Prävention in diesem Bereich gehört vor allem Bildung, Sensibilisierung und Medienkompetenz, die vermittelt werden muss. Aufklärungskampagnen der Polizeilichen Kriminalprävention wie #denkenstattsenden und Sounds Wrong leisten hier einen wichtigen Beitrag“, so heißt es. News4teachers

Fall Luise: Sollen auch schon Kinder vor Gericht gestellt werden können?

 

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Rainer Zufall
1 Jahr zuvor

Ich bin in diesem Thema nicht eingelesen, aber es handelt sich hier doch nicht um neue Gesetze, die Fälle andere bewerten als zuvor, bspw. dass jetzt alle in einer Whatsapp-Gruppe, in die ein Depp pornografisches Material stellt, alle als Täter geführt werden?
Und ich hoffe, dass bspw. Fälle anders gewertet werden, wo sich (sehr dumme) Schüler*innen Mutproben-Fotos zusenden und diese als genau so schlimme Kinderpornografie gewertet wird?

Ich finde es dumm und rede absolut nichts davon gut, aber die Polizei rechnet solche Fälle anders, ja?

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Soweit ich weiß, ist der Besitz strafbar.

Wenn ein Depp was schickt und es ist auf dem Handy – besitzt man das.

Deswegen – sofort zur Polizei – sonst ist man tatsächlich selbst dran.

Depp hin oder her.

PaPo
1 Jahr zuvor

Bemerkenswert allerdings laut PKS: Bei der Zunahme von Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung jugendpornografischer (ein Plus von 32 Prozent) und kinderpornografischer Inhalte (ein Plus von sieben Prozent) sei zu sehen, dass Kinder und Jugendliche selbst häufig unbedacht zu Tätern würden.

Man darf hier nicht dem Irrtum erliegen, dass es sich beim Gros der Fälle um die Verbeitung von Kinderpornographie als ‚Produkt‘ (insb. Videos, Bilder) von Taten wie dem (schweren) sexuellen Missbrauch von Kindern (s. § 176 StGB) handelt, sondern um Taten gem. § 184b und 184c StGB.

§ 184b StGB

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1. einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat:

a) sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren (Kind),

b) die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder

c) die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes,

2. es unternimmt, einer anderen Person einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,

3. einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt oder

4. einen kinderpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist. 2Gibt der kinderpornographische Inhalt in den Fällen von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 4 kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

[…]

§ 184c StGB

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. einen jugendpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; jugendpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat:

a) sexuelle Handlungen von, an oder vor einer vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alten Person,

b) die Wiedergabe einer ganz oder teilweise unbekleideten vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alten Person in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder

c) die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes einer vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alten Person,

2. es unternimmt, einer anderen Person einen jugendpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,

3. einen jugendpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt oder

4. einen jugendpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.

[…]

(3) Wer es unternimmt, einen jugendpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen, oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

[…]

Zwei Beispiele, die die Zahlen deutlich(!) weniger besorgniserregend erscheinen lassen:

Ein Kind (also jmd. jünger als 14 Jahre) wird damit bereits zum Täter, wenn es von sich selbst ein Selfie macht, in dem es bspw. teilweise unbekleidet in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung posiert (strafbar gem. § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB).

Ein Jugendlicher (unter 18 Jahren), der den Beischlaf mit seiner jugendlichen Freundin konsensual filmt, der macht sich ebenfalls strafbar (s. § 184c Abs. 1 Nr. 3 StGB).

Zur jeweiligen Erfüllung der entsprechenden Absätze 1 Nr. 2 ist es ja kein weiter Sprung, da ist es hinreichend, einem Freund das Material jeweils zu zeigen. Ohne Daten, in wie vielen Fällen tatsächlich i.d.S. pornographisches Material verbreitet wurde, dass nicht die Verbeiter selbst(!) darstellt, sind die Zahlen erstmal wenig zu gebrauchen.
Natürlich kann man diskutieren, was man von der Freizügigkeit der Jugend und entsprechender LEichtsinnigkeit halten soll, aber das sit dann eine andere Diskussion und hat nicht das Geschmäckle, es hier mit kindlichen/jugendlichen Kinderschändern und ihren Sympathisanten zu tun zu haben.

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Echt jetzt? Downvotes für die Kontextualisierung der PKS 2022? Oh man…

447
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Zitat: „Ein Kind (also jmd. jünger als 14 Jahre) wird damit bereits zum Täter, wenn es von sich selbst ein Selfie macht, in dem es bspw. teilweise unbekleidet in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung posiert (strafbar gem. § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB). “

Ist natürlich die Frage, was in der Praxis als „aufreizend“ ausgelegt wird – aber vermutlich detoniert gerade Insta und/oder Tiktok.

Die entsprechende Fotopraxis ist ja oft genug nichts anderes – die Zahl extrem reicher Jugendlicher (rich Kids of…) ist begrenzt, die Anzahl extrem sportlicher Klickgeneratoren auch, Humorposts sind schwierig und verlangen Timing/skill – na ja, was dann noch zur (extremen) Selbstdarstellung bleibt ist für jeden offensichtlich.

Ich weiß schon, warum ich auf den entsprechenden Medien nicht mehr offiziell presänt bin – vieles will ich garnicht wissen und will damit nicht mal ansatzweise in Berührung kommen.

PetKue
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Damit, dass man freizügige Selfies nicht kriminalisieren und die Zahlen nicht überbewerten sollte, haben Sie natürlich recht (auch wenn das Filmen und Posten eines Beischlafs mit oder ohne Zustimmung nichts mehr mit netten Selfies zu tun hat). Was mir aber keiner erzählen kann, ist, dass die Kids so etwas ‚unbedacht‘ und ‚ahnungslos“ tun. Natürlich weiß inzwischen jeder Jugendliche, dass man keine Bilder von fremden Leuten ohne deren Zustimmung ins Netz stellen darf, dass dies strafbar ist und Schadensersatzansprüche begründet. Die sind ja nicht blöd. Sie glauben halt nicht, dass sie erwischt werden oder dass ihnen tatsächlich irgendwelche Sanktionen drohen. Was ja in der Regel auch nicht der Fall ist.
Und wie immer soll es jetzt die Medienerziehung in der Schule richten: „Liebe Schülerinnen und Schüler, wisst ihr schon, dass man keine Fotos und Videos vom eigenen Beischlaf ins Netz stellt oder solche, in denen andere Menschen gequält und erniedrigt werden?“ „Nein? Dann schreibt euch das bitte auf!“ Man kann das ja dann in einer EX abfragen und den Kids ein „Medienkompetenzzertifikat“ ausstellen. Das wird sie sicher schwer beeindrucken und 100%ige Verhaltensänderungen bewirken.

Gelbe Tulpe
1 Jahr zuvor

Mehr Armut führt zu mehr Kriminalität. Die Politik muss ihre katastrophale Wirtschaftspolitik dringend überdenken.

DerechteNorden
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Diesen Grad der Armut, den Sie wahrscheinlich meinen, haben wir noch nicht erreicht.
Armut im Sinne von Laissez-faire, Gleichgültigkeit und falsch verstandener Liberalität, ja, das ist unser gesellschaftliches Problem.

Marc
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Armut ist nicht ursächlich für Kriminalität. Weniger Geld im Portemonnaie macht dich nicht automatisch zum Täter. Hier spielen andere Faktoren rein, die mit Armut allerdings häufig korrelieren. Armut ist nur ein gern genommenes Merkmal, da es klassische linke Argumente bedient und niemandem auf die Füße tritt und somit nicht anrüchig ist.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Die Sozialisierung der Kinder halte ich für problematischer.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Früher gab es viel mehr Armut, aber nicht diese Gewalttaten von Kindern. Wenn Kinder stehlen, kann das aus Armut geschehen. Aber was soll Pornographie mit Armut zu tun haben? Ist das nicht eher Übermut? Glauben Sie, eine andere Wirtschaftspolitik würde die Pornographie beeinflussen?

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Ich halte das einerseits auch für Übermut, der ja durchaus verständlich und positiv besetzt ist, andererseits aber auch für grenzen-, maß- und hemmungslos.

Vielleicht fehlt es auch an Weitsicht.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Wieso? Wachstum der Wirtschaft ist das non plus ultra – dafür wird doch gesorgt.

Nebenprodukte wie Müll, Elektroschrott, Plastikstrudel, Bodenvergiftung, Überfischung, Meerwasservergiftung, Grundwasservergiftung, Waldrodungen für Straßenbau und Strom, Verhinderung des Schienenausbaus und Klimaschutzes, Konzerne, die grundwasserreiches Gebiet aufkaufen dürfen und dieses teuer verkaufen, sind doch nur dafür da, dass wir konsumieren können.

Konsumieren statt (über)leben – das ist der Plan.

Geht auf.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor

Wenn „Eigentumskriminalität wie Ladendiebstahl, Sachbeschädigungen, Beleidigungen oder leichte Körperverletzungen“ Nachholeffekte nach der Corona-Pandemie sind, ist ja alles ok.

Ich frage mich nur, wie kommt es dazu, dass derartige Delikte usus sind.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Riesenzwerg

Seit ungefähr sieben Jahren mussten wir uns daran gewöhnen.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor

Was ist eigentlich mit den ganzen Familien-Influencer:innen, die ihre Kids im Netz in nahezu allen Lebenslagen hochladen?

Können diese Kids die Bilder, Filme auch löschen lassen, wenn sie alt genug sind, das unfassbare Vorgehen der eigenen „schützenden“ Erziehungsberechtigten in seinem ganzen Ausmaß zu erfassen?

(Ich finde in diesem Fall den Begriff Kinderproduzent ja deutlich besser, zumal er Mehrdeutigkeit zulässt.)