Soziales Pflichtjahr? Steinmeier: Nicht über die Köpfe der Jungen hinweg entscheiden

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Rund ein Jahr nach seinem Vorstoß für eine soziale Pflichtzeit ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zufrieden mit der Resonanz. Es sei ermutigend, dass in der deutschen Gesellschaft etwa 65 Prozent diesem Vorschlag zustimmten, schreibt das Staatsoberhaupt in einem Gastbeitrag für die «Frankfurter Allgemeine Zeitung».

Ab zum sozialen Staatsdienst? (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Bei jüngeren Menschen falle die Zustimmung mit knapp über 50 Prozent geringer aus. Hier sehe er einen Prüfstein für die weitere Diskussion. «Dass Ältere mit ihrer Mehrheit über die Pflicht von Jüngeren entscheiden, das wäre falsch. Es müssen alle Generationen dazu bereit sein. Das ist mein Ziel», machte Steinmeier deutlich.

Der Bundespräsident hatte vor rund einem Jahr eine Debatte über die Einführung einer sozialen Pflichtzeit angestoßen und die Idee immer wieder in Interviews, Reden und Diskussionsrunden verteidigt. In dem Gastbeitrag vom Donnerstag sagte er, eine Pflichtzeit «wäre ein Gewinn für die innere Festigkeit unserer demokratischen Lebensweise in unsicheren Zeiten». Seine Initiative sei «eine Antwort auf die destruktiven Auswirkungen sozialer Zersplitterung». Viele «Strukturen der Solidarität» würden brüchig: «Es fehlt ihnen zunehmend an Breite, Dauer und Verlässlichkeit.» Eine soziale Pflichtzeit könne «eine verbindende Erfahrung in einer Gesellschaft der verschiedenen Lebenswege» sein und »gegeneinander abgeschottete Lebenswelten öffnen», unterstrich Steinmeier.

Als Voraussetzung für eine solche Pflichtzeit nannte er einen breiten politischen Konsens. Im Bundestag müsse es für eine Verfassungsänderung eine nötige Mehrheit geben, «die wir heute für eine Pflichtzeit noch nicht haben». Auch müsse es die Bereitschaft der Gesellschaft geben, «uns den Dienst an der Gemeinschaft etwas kosten zu lassen».

Es stimme nicht, dass der Staat durch eine Dienstpflicht Geld sparen könne. Das Gegenteil sei der Fall, schreibt Steinmeier. Der Staat müsse für eine soziale Pflichtzeit Geld aufwenden, um Lebensunterhalt und die Unterkunft der Dienstleistenden zu sichern. Diese müssten für ihre Aufgaben zudem geschult werden.

Nach Steinmeiers Vorstellung soll die Dauer der sozialen Pflichtzeit zwischen sechs Monaten und einem Jahr liegen. Sie sollte in unterschiedlichen Phasen des Lebens absolviert werden können. «Die Zeit nach dem Schulabschluss oder der Berufsausbildung liegt nahe, als Moment der Orientierung und des Neuanfangs im Leben. Aber auch später, als Auszeit im Beruf, kann ein solcher Dienst besonders sein. Jeder und jede sollte die Wahl haben.» News4teachers / mit Material der dpa

Debatte um soziales Pflichtjahr: Verpflichtet doch Senioren! – ein Kommentar

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32 Kommentare
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TaMu
10 Monate zuvor

Und sehr viele Frauen, bzw. Menschen mit Gebärmüttern, leisten darüber hinaus noch einmal jahrelang Dienst an der Gesellschaft mit extremem Körpereinsatz und finanziellem Verlust. Ganz toll, wenn sie noch ein Jahr mehr dranhängen dürfen! Wer braucht schon Geld, Karriere und Rente…
Wer über Pflichtdienst spricht und den aktuellen Spagat der Mütter zwischen Kindern und Job nicht sieht, hat keine Augen im Kopf!

Georg
10 Monate zuvor
Antwortet  TaMu

Gilt nur, wenn diese Menschen mit Gebärmütter (sic) mindestens ein Kind gebären.

TaMu
10 Monate zuvor
Antwortet  Georg

Stimmt 🙂 eigentlich wollte ich das auch so formuliert haben

dauerlüfterin
10 Monate zuvor
Antwortet  Georg

„Spagat der Mütter zwischen Kindern und Job“. Ist doch eindeutig?

Lehrer
10 Monate zuvor
Antwortet  TaMu

Wird eigentlich irgendjemand in unserem Land gezwungen, Kinder zu bekommen???
Nein!!!

Hans Maiaer
10 Monate zuvor
Antwortet  Lehrer

Mindestens der anstehende Fachkräftemangel und die Tatsache, dass irgendjemand die Rente zahlen muss, sollten dir zu denken geben.

Georg
10 Monate zuvor
Antwortet  Hans Maiaer

Potenzielle Fachkräfte gibt es in Deutschland aktuell mehr als genug. Nur wollen die nicht und werden nicht dazu gezwungen.

NichtErnstZuNehmen
10 Monate zuvor
Antwortet  Georg

Das ist populistischer Bullshit Georg!

TaMu
10 Monate zuvor
Antwortet  Lehrer

Das nicht. Aber diejenigen, die das tun, haben ihre sozialen Pflichtjahre für die Gesellschaft geleistet.

Hans Maiaer
10 Monate zuvor
Antwortet  TaMu

Ahja, und Väter nicht oder was?

TaMu
10 Monate zuvor
Antwortet  Hans Maiaer

Nur die Väter, die hormonell neun Monate lang umgestellt, ein Kind in ihrem Bauch getragen, dieses geboren, wieder hormonell monatelang umgestellt, einen durch Schwangerschaft und Geburt veränderten Körper angenommen, gestillt und mindestens ein Jahr ihre Karriere ruhen gelassen haben. Und das Ganze vielleicht sogar noch ein oder zwei weitere Male.
Im übrigen bin ich komplett gegen Pflichtdienst, für wen auch immer. Tatsächlich sehe ich aber bisher Mütter den sozialen Dienst an der Gesellschaft bereits leisten und die Nachteile in Kauf nehmen.

Fakten sind Hate
10 Monate zuvor
Antwortet  TaMu

Selbstverständlich gibt es keine Väter, die dreifach so hart arbeiten müssen, um den Spagat der Mütter zu bezahlen.

Wenn man Mütter schon erwähnt, dann auch die Väter.

Was ist denn mit denjenigen, welche keine Kinder bekommen? Die finanzieren mit höheren Steuern, das ganze System mit.

Fräulein Rottenmeier
10 Monate zuvor

Unter dem Gesichtspunkt des sozialen Miteinanders in der Gesellschaft ist ein soziales Jahr mit Sicherheit gewinnbringend, aber auch zur Entlastung und Entschärfung des Arbeitskräftemangels in sozialen Einrichtungen ist ein solches Jahr überlegenswert.
Aber ob man so etwas verpflichtend macht, ist etwas, was man gut überlegen muss.
Ob man Frauen genauso heranzieht wie Männer, muss man auch unter dem Gesichtspunkt der derzeitigen Elternzeitregelungen betrachten. Eigentlich spricht nichts mehr dagegen, auch Frauen heranzuziehen, das war zu Zeiten von Wehr- und Zivildienst noch deutlich anders, da Frauen nach der Geburt eines Kindes deutlich schlechter alimentiert wurden.

Meinen eigenen Kindern würde es gut tun, aber freiwillig würden sie es nicht machen….

Georg
10 Monate zuvor

In Zeiten des Selbstbestimmungsgesetzes halte ich Missbrauch für durchaus möglich. Jeder Mann sollte sich, wenn das Gesetz so kommt wie geplant, so schnell wie möglich zur Frau umdefinieren lassen, um jegliche Benachteiligungen zu umgehen. Dazu gehören Frauenquoten, Wehrpflicht im Kriegsfall usw.

Fräulein Rottenmeier
10 Monate zuvor
Antwortet  Georg

Ich verstehe ihren Kommentar nicht….

Georg
10 Monate zuvor

Ganz einfach: Wer als Mann die Nachteile des Mannseins vermeiden und die Vorteile des Frauseins genießen möchte, definiert sich so schnell wie möglich zur Frau um. Damit wird Mann/Frau im Kriegsfall nicht eingezogen, kann sich zu Friedenszeiten auf Frauenquoten berufen, hat Zugang zu den Schutzräumen der Frauen usw.

Sven A.
10 Monate zuvor
Antwortet  Georg

Dazu gehören […], Wehrpflicht im Kriegsfall

Wurde im Selbstbestimmungsgesetz doch ausgeschlossen… Eine Frau ist eben doch nicht einfach eine Frau… Woko Haram widerspricht sich selbst, wo es nur geht.

Georg
10 Monate zuvor
Antwortet  Sven A.

Nicht ganz: Wenn die Umstellung sechs Monate vor Eintritt des Kriegsfalls schon durch war, gilt Mann als Frau.

NichtErnstZuNehmen
10 Monate zuvor
Antwortet  Georg

Ist dir eigentlich überhaupt nix peinlich Georg?

NichtErnstZuNehmen
10 Monate zuvor
Antwortet  Georg

Populismus von rechten Rand, wie immer von Georg. Widerlich!

Maggi
10 Monate zuvor

Die Befürchtungen von TaMu kann man umgehen, wenn die Zeit eins zu eins in die Rente oder Pension zählt.

Abgesehen davon ist die Argumentation von Herrn Steinmeier nicht schlüssig:
Natürlich kostet es den Staat erstmal den Lohn und die Unterkunft bereitzustellen, doch ist das in der Summe weniger, als dafür Fachkräfte einzustellen, die man nicht hat, da die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung so sind, dass hier nur sehr wenige tätig sein wollen. Diesen Missstand durch die jungen Menschen, die eh deutlich länger arbeiten müssen als es heutzutage der Fall ist, und deren Rente nicht sicher ist, da die Politik es versäumt hier mal ein langfristiges Konzept zu entwickeln und nicht nur für die nächsten Jahre, ist eine Frechheit. Wenn die soziale Ungerechtigkeit von unserem Bundespräsidenten angemahnt wird, dann dort wo es auch hingehört. Wo sind die Mahnungen, dass die Grundrechte der künftigen Generationen durch unser Parlament und Wirtschaft gewahrt wird, wo bei der ungleichen Erbschaftsteuer, wo bei der immer größer werdenden Schere zwischen Arm und Reich, wo die Forderungen nach einer höheren Vermögensabgabe, wo die Aufforderung endlich mal wieder in Jugend und Bildung zu investieren? Davon hört man nichts, klar ist auch ein unbequemes Thema, denn dann müsste die Mehrheit in Deutschland, die älter sind, ja zugunsten der Minderheit der unmöglichen Jugend kürzer treten und verzichten – unvorstellbar.
Für mich persönlich ist der Herr einer der schlechtesten Bundestagspräsident, die es je gab. Da dreht sich Richard von Weizsäcker im Grab umdrehen.

Walter Hasenbrot
10 Monate zuvor

Und ich dachte, wir hätten Fachkräftemangel.

Und jezt will man die jungen Leute ein ganzes Jahr von Ausbildung, Arbeitsmarkt und Studium fernhalten und mit qualifikationsfreien Hilfstätigkeiten beschäftigen?

Hans Maiaer
10 Monate zuvor

Witzig. Welche Möglichkeit haben denn die Jugendlichen, darauf überhaupt einzuwirken? Gar keine!

Das Ding
10 Monate zuvor

Ist das nicht der Steinmeier, der die Sicherheitsarchitektur im Osten mit aufgebaut hat, mit Herr Schröder zusammen?

Ureinwohner Nordost
10 Monate zuvor

Habe ich ein schützenswertes Vater- und Mutterland?
Opfere ich gern und hingebungsvoll ein Jahr (oder mehr) meines Lebens diesem Vater- und Mutterland?

Wenn ja, dann mache ich das freiwillig.
Wenn nein, dann mache ich das nicht.

Vater- und Mutterland wollen mich zwingen?
LmaA 😉

Georg
10 Monate zuvor

Und das in einem Land, in dem man skeptisch angesehen wird, wenn man Nationalbewusstsein äußert. Wieso soll man sich dafür einsetzen?

Fakten sind Hate
10 Monate zuvor

Die Wörter „sozial“ oder „solidarisch“ sind spätestens seit Corona ausgelutscht. Nennen wir es, wie es ist: Wir benötigen ein Sklavenvolk, dass die unliebsame Arbeit übernimmt.

Gelbe Tulpe
10 Monate zuvor

In einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft darf ein Pflichtdienst nur dann eingeführt werden, wenn seine Nichteinführung die Freiheit und Demokratie konkret gefährden würde und eine Berufsarmee nicht ausreichen würde, um einen Feind abzuschrecken.

Diese Gefährdung besteht allerdings derzeit nicht und hat auch seit 1871 spätestens nicht mehr bestanden. Daher ist ein Pflichtdienst abzulehnen.

Georg
10 Monate zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Die Gefahr ist aktuell aber so groß wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Leider.

Gelbe Tulpe
10 Monate zuvor
Antwortet  Georg

Das sehe ich nicht so. Die russische Armee hat sich ja als erheblich schwächer herausgestellt als gedacht. So ist sie für die Nato keine Gefahr.

Fakten sind Hate
10 Monate zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Der Wehrdienstpflicht ist in DE bereits eingeführt.

„Die Einberufung zum Grundwehrdienst wurde 2011 auf den Spannungs- oder Verteidigungsfall beschränkt.“ wiki

Hornveilchen
10 Monate zuvor

Der Bundespräsident scheint sich bei der Jugend anbiedern zu wollen. Oder gilt diese Phrase für uns alle? Bitte auch nicht über unsere Köpfe hinweg Steuererhöhungen beschließen oder bestimmte Heizungen verbieten!