Dass Kinder lieber selbstbestimmt lernen möchten, ändert an der Schulpflicht nichts

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SCHLESWIG. Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgerichts hat gleich in mehreren Verfahren festgestellt, dass die Schulen und Schulämter zur Durchsetzung der Schulpflicht Zwangsmittel – genauer: Zwangsgeld – gegenüber den Eltern schulpflichtiger Kinder anwenden können. Dass die Kinder angeben, lieber selbstbestimmt lernen zu wollen, ändert daran nichts. 

Das Gericht hat gesprochen. Foto: pxhere

In den ähnlich gelagerten Fällen wandten sich betroffene Eltern gegen die ihnen durch Schulen bzw. Schulämter auferlegte Verpflichtung, ihr Kind an einer Schule anzumelden bzw. dafür Sorge zu tragen, dass es am Schulunterricht teilnimmt. Diese Verpflichtung war in den meisten Fällen mit der Androhung eines Zwangsgelds verbunden. Die Zwangsgelder (300,00 Euro bis 800,00 Euro) wurden teilweise auch zur Zahlung festgesetzt, nachdem die Eltern der Pflicht zur Schulanmeldung und Schulpflichtsicherstellung nicht nachgekommen waren.

Das Gericht beurteilte das Vorgehen der Schulen und Ämter als rechtmäßig. Das Schleswig-Holsteinische Schulgesetz halte für Zwangsmittel hinreichende Rechtsgrundlagen vor. Die Eltern hätten nicht dargelegt, ihrer gesetzlichen Verantwortung für den Schulbesuch ihrer Kinder (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 SchulG SH) nachgekommen zu seien.

Für Geltung und Durchsetzung der Schulpflicht komme es nicht darauf an, dass ein Kind (auch) aus eigenem Willen nicht zur Schule gehe, weil es außerhalb der Schule selbstbestimmt lernen wolle. Ein solcher Kindeswille mache den Eltern die Erfüllung der gegen sie gerichteten Verpflichtungsanordnung weder unmöglich noch führe er zur Nichtigkeit des Bescheides. Vielmehr müssen Eltern aufgrund ihrer Sorgepflicht auch versuchen, einen etwa entgegenstehenden Willen des Kindes aufzulösen. Auch ein vorgetragener Umzug ins Ausland tangiere die Schulpflicht nicht, solange in Wirklichkeit von einem Hauptwohnsitz der Familie in Deutschland auszugehen sei. News4teachers 

Gericht bestätigt Zwangsgeld gegen Querdenker-Eltern wegen Verstoß gegen die Schulpflicht

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Ħamallu Þórðursson Ångström
11 Monate zuvor

Ehrlich gesagt, ich werde gleich das Gericht anschreiben und um Zusendung dieser Urteile bitten, weil ich nicht so recht nachvollziehen kann, mit welcher Argumentationslinie hier die Eltern schuldig sein sollen.

Grundlegende Kruks bei der Schulpflicht ist, dass hier junge Menschen etwas bestimmtes tun sollen. Gleichzeitig sind dieselben jungen Menschen aber nicht strafmündig. D. h. wenn ein junger Mensch gegen die Schulpflicht verstößt, kann man den jungen Menschen (zumindest wenn er unter 14 ist) nicht straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtlich belangen.

Der Gesetzgeber versucht, sich diesem Dilemma zu entziehen, indem er die Eltern dazu verpflichtet, für den Schulbesuch zu sorgen. Problem dabei wieder: Die Eltern können aber nicht der Schulpflicht genüge tun, indem sie selber zur Schule gehen, sondern sie müssen auf die Kinder einwirken. Wenn das Kind trotzdem nicht in der Schule ankommt, dann heißt das nicht zwangsläufig, dass der Elternteil etwas falsch gemacht hat, sondern nur, dass der junge Mensch gegen die Schulpflicht verstoßen hat. Und dieses VErhalten kann man nicht einfach automatisch den Eltern zurechnen, denn Schuld ist etwas höchstpersönliches.

Verschärft wird diese Situation seit den Nuller Jahren noch dadurch, dass Eltern gem. § 1631 BGB keine Gewalt gegen ihre Kinder anwenden dürfen. D. h. die Kinder einfach an den Haaren in die Schule ziehen, das dürfte höchstens die Polizei, aber die Eltern dürfen es nicht.

Resultat in meine Augen: Junge Menschen müssen zur Schule, und wenn sie pflichtbewusst und korrekt sind, werden sie sich auch dran halten. Aber wenn sich junge Menschen nicht dran halten, kann man nicht einfach den Eltern vorwerfen, dass sie etwas flasch gemacht hätten.

In Japan ist die Rechtslage viel einfacher geregelt: Dort reicht es, wenn man die Kinder zur Schule anmeldet und auch sonst den Schulbesuch ermöglicht. Aber eine Anwesenheit gibt es dort nicht – mit der Folge, dass es dort Kinder gibt, die nur auf dem Papier eingeschrieben sind, faktisch aber nie zum Unterricht erscheinen.

Bei uns in Deutschland sind solche Karteileichen – bedingt durch die Rechtslage – eher selten. Aber selbst bei uns hab ich mal von einem Fall gehört, wo eine staatliche Hauptschule (!) eine Warteliste hatte, wo Schüler drauf waren, die eigentlich diese Schule besuchen wollten, aber eben nicht durften, weil die Schule voll war.

Und warum war die Schule voll?

Naja… Es gab im Schülerstamm mehrere Schüler, die schon längere Zeit die Schule nicht mehr besucht hatten. Aber die Schulleitung war aufgrund der Schulpflicht nicht in der Lage, sie aus der Kartei zu streichen. Damit waren mehrere Schulplätze über längere Zeit blockiert, während andere Schüler draußen vor der Tür standen und nicht angemeldet werden durften. Schöne Bürokratie!

Küstenfuchs
11 Monate zuvor

Was Sie hier vorbringen, hat doch alles überhaupt nichts mit dem Fall zu tun und zum Teil bestenfalls anekdotische Relevanz.
Hier ging es darum, dass die Eltern das Kind gar nicht erst an einer Schule angemeldet haben, es also noch gar keinen Konflikt zwischen Eltern und Kind gegeben hat, den die Eltern dann nicht auflösen konnten.
Also sind auch die Eltern mit dem Zwangsgeld zu belegen und das halte ich für absolut nachvollziehbar und richtig so.

DerechteNorden
11 Monate zuvor

Diese Kids, die nicht zur Schule kommen, verursachen aber sehr viel Extraarbeit, weshalb es nachvollziehbar ist, dass die Schule keine neuen Schüler*innen aufgenommen hat, finde ich.
Und warum die anderen Kids nicht einfach an eine andere Schule hätten gehen können, verstehe ich auch nicht.