Eilmeldung: Der EGMR hat die Klage abgewiesen – zum aktuellen Bericht geht es hier.
Verstößt es gegen die Menschenrechte, dass verbeamtete Lehrer in Deutschland nicht streiken dürfen? Diese Frage soll der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) an diesem Donnerstag in Straßburg beantworten.
Worum es in dem Fall geht: Geklagt haben drei Lehrerinnen und ein Lehrer aus verschiedenen Bundesländern in Deutschland. Sie streikten 2009 und 2010 für bessere Arbeitsbedingungen. Doch da sie verbeamtet waren, hätten sie ihre Arbeit nicht niederlegen dürfen. Deswegen wurden gegen sie Disziplinarmaßnahmen verhängt.
Sie klagten sich durch die Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht. Das bestätigte jedoch 2018 das Streikverbot für Beamte. Das Beamtenverhältnis fuße auf einem wechselseitigen System von Rechten und Pflichten und das lasse ein «Rosinenpicken» nicht zu, hieß es damals. Daraufhin klagten die Lehrer vor dem EGMR. Unterstützt werden sie dabei von der Bildungsgewerkschaft GEW und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).
Was der Gerichtshof für Menschenrechte nun entscheiden kann: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Sitz im französischen Straßburg gehört zum Europarat und ist von der EU unabhängig. Europarat und Gerichtshof setzen sich für den Schutz der Menschenrechte in den 46 Mitgliedstaaten ein.
Die Lehrer berufen sich auf ihre Rechte aus der Europäischen Menschenrechtskonvention, nämlich das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit und das Verbot der Diskriminierung. Sie beklagen, dass das Streikverbot unverhältnismäßig und im Vergleich zu den Lehrern ohne Beamtenstatus diskriminierend sei.
Am Gerichtshof wurde der Fall direkt an die Große Kammer verwiesen, wo mehr als ein Dutzend Richterinnen und Richter aus den Mitgliedsstaaten sitzen. Das ist ein Indiz dafür, dass dem Verfahren besondere Bedeutung zugemessen wird. Verfahren aus Deutschland werden nur selten vor der Großen Kammer verhandelt.
In einem ähnlich gelagerten Fall aus der Türkei entschieden die Richter vor einigen Jahren, dass Beamte streiken dürfen, solange sie keine hoheitlichen Aufgaben bei den Streitkräften, der Polizei oder in der Staatsverwaltung wahrnehmen.
Was das Urteil für Deutschland bedeuten könnte: Der EGMR kann keine Urteile von deutschen Gerichten aufheben. Deutschland hat allerdings die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet, über deren Einhaltung der EGMR richtet. Das bedeutet, dass alle Urteile der Straßburger Richter bindend sind. Die Menschenrechtskonvention muss demnach berücksichtigt werden. Sollte der Gerichtshof den Lehrerinnen und dem Lehrer Recht geben, könnte das für Deutschland unter anderem eine Geldstrafe bedeuten. News4teachers / mit Material der dpa
Na, da bin ich aber mal gespannt auf das Urteil…das Ergebnis könnte letztlich aber eine wegfallende Verbeamtung sein…aber zumindest hätten wir vorerst endlich echte Möglichkeiten, auf die immer schlechter werdenden Verhältnisse auch so “hinzuweisen”, dass das auch Gehör findet…
Das wäre ja richtig schlau, angesichts des Lehrermangels die Verbeamtung zu streichen. Dann gibt es ja noch einen Grund weniger, in die Schule zu gehen.
Andererseits: Weil es so dämlich ist, werden die Kultusministerien diesen Weg vermutlich einschlagen.
Ich habe den letzten Satz gerade sehr gefühlt. xD
Lehrer werden aber nicht wegen dem Streikrecht verbeamtet, sondern weil sie so den Staat im aktiven Dienst weniger Geld kosten.
…im aktiven Dienst.. aber ein Arbeitsleben betrachtet eben nicht
Entschuldigung ich meinte ein ganzes Leben betrachtend.
Dann können wir vielleicht ab Freitag für eine gerechte Arbeitszeiterfassung, eine gerechte Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen in den Schulen auf die Straßen gehen.
Sie haben die Nullrunde 0% vergessen, die durch Teile der Inflaprämie verschleiert wird.
Andere haben vor einem halben Jahr 3000 steuerfrei direkt aufs Konto bekommen!
Es wäre ein Paukenschlag, wenn Beamten das Streikrecht zugestanden wird, denn dann macht das ganze Beamtentum ja keinen Sinn mehr. Dass Beamte nicht streiken dürfen, ist ja der Riesenvorteil für den Staat und der Grund, ihnen zum Ausgleich all die bekannten Vorteile zuzugestehen. Ich vermute daher, dass sie es weiterhin nicht dürfen.
Nein. Der Riesenvorteil besteht aus Sicht der Länder hauptsächlich darin, dass man sich kurzfristig gigantische Mehrausgaben spart, die sonst wegen der Sozialversicherungspflicht anfallen würden.
“In einem ähnlich gelagerten Fall aus der Türkei entschieden die Richter vor einigen Jahren, dass Beamte streiken dürfen, solange sie keine hoheitlichen Aufgaben bei den Streitkräften, der Polizei oder in der Staatsverwaltung wahrnehmen.”
Das macht es aber interessant!
Ja, warum dort?
Ich wünsche den KollegInnen viel Erfolg bei ihrer Klage.
Das Streikrecht für Beamte wäre für künftige Tarifrunden und die Durchsetzung besserer Arbeitsbedingungen wichtig.
Na dann hoffen wir mal dass der Schuss nicht nach hinten losgeht- der Staat freut sich wenn er dann nur noch Angestellte hat….
Das wieder so typisch- die Privilegien haben wollen, aber Rechte einfordern von denen man vorher wusste dass man sie nicht hat.
Die GEW täte gut daran die gleiche Klagewege bei Arbeitsschutz und Arbeitszeiterfassung zu gehen…
Der Staat freut sich bestimmt, wenn die Érzieher*innen und Lehrer*innen gemeinsam bei Tarifverhandlungen auf die Straße gehen. Und die Wirtschaft freut sich noch viel mehr, wenn sie stillsteht, da die Eltern plötzlich auf ihre Kinder aufpassen müssen.
Beamte gibt es nicht wegen dem Streikrecht, sondern wegen der Flucht in die Öffentlichkeit. Hier ist dieser viel interessierter daran, dass sich die Beteiligten nicht im Fernsehen oder dergleichen äußern. Schafft das Beamtentum ab und der Bildungssektor steht still, bis die üblichen Arbeitsvorschriften umgesetzt werden. Wird bestimmt lustig.
Und ja, es gibt die Vorgabe der Arbeitszeiterfassung – es gibt nur keine Strafe, wenn diese nicht umgesetzt werden. Das müsste politisch erfolgen – wird aber nicht gemacht, da dann die Schönrechnerei nicht mehr funktioniert. Endlich nach den erreichten Wochenstunden den Stift fallen lassen und nichts mehr machen. Korrekturen, die auf sich warten lassen, Samstag und Sonntag frei. Ich freu mich jetzt schon, denn Überstunden können ja nicht abgebaut werden…
Privilegien müssten dann aber gewährt werden. Amtsangemessene Alimentation ist seit Jahren vorm BVerfG anhängig. Fürsorgepflicht wird völlig unterlaufen, da Arbeitszeiterfassung und Konsequenzen daraus abgelehnt werden – oder auch bei der Gebäudesubstanz, die die Schulträger zu verantworten haben, das Land diese nicht in die Pflicht nimmt. Stattdessen: Verschiebemasse über Abordnungen (aber keine wirkliche Freiheit bei der Bewerbung in den anderen Schulen), keine Karriereoptionen, kaum Ausstattung. Der Sinn der Verbeamtung von Lehrkräften liegt eigentlich darin, sie unangreifbar gegenüber elterlichen Anfeindungen zu machen – leider traut das Kultusministerium den eigenen Lehrer:innen ja weniger als Eltern und Schüler:innen.
Ich kann beim Streikrecht keine Rosinenpickerei erkennen, es ist eher eine conditio sine qua non, denn es gibt sonst keine Handhabe, die Privilegien auch einzufordern – im eigenen Interesse und dem der Schüler:innen. Es wäre nicht nötig, wären die KM kompetent und verantwortungsvoll, was sie aber nicht sind.
Das ist ja Quatsch. Der Staat hatte in der Vergangenheit ja bereits versucht, trotz Streikverbots, die Verbeamtung für die Lehrer abzuschaffen. Dass es die Lehrerverbeamtung überhaupt (wieder) gibt, hat nur einen Grund: Lehrermangel.
Oder anders ausgedrückt bedeutet das, wenn sie die Verbeamtung abschaffen, dann wird es noch weniger Lehrer geben und der Druck im Kessel noch weiter steigen.
Ganz bestimmt freut sich der Staat. Sie mein Freund haben keine Ahnung. Aber davon zum Glück sehr viel.
Wie nett die Marmelade formuliert.
Ich kann Ihnen aus erster Hand sagen, dass der Rechnungshof ein großes Interesse daran hat, die Verbeamtung aufzulösen, da es in absehbarer Zeit nicht mehr im Hinblick auf die Pensionskasse finanzierbar sein wird… – aber was weiß ich schon, mit den ganzen Verwandten in verschiedenen Ministerien….
ist dringend erforferlich, weil sie so die schlechten Bedingungen anprangern können und bessere Arbeitsbedingungen bewirken können.
Im Umkehrschluss kommt sicher auch Personal, wenn sie z.B. einen Spritzuschuss oder eine 4-Tage Woche bekommen.
Die 30% Homeschooling werden auch eingefordert!
Kann man nicht auch klagen, dass der Dienstherr seiner besonderen Fürsorgepflicht nicht nachkommt?
In diesen dunklen Tagen besinnen wir uns zurück auf die letzten 20 bis 25 Jahre und gedenken der Situationen, wo unter Umständen ein Streikrecht zum Tragen gekommen wäre und was dies unter Umständen bewirkt haben könnte. – Ein Weihnachtswunder 2023?
Zur Kenntnisnahme:
https://www.abendblatt.de/hamburg/politik/article240811796/Infektwelle-erfasst-Hamburg-Ausfaelle-in-Schulen-und-Bahnen.html
Tja, es kommt wieder zu Homeschooling. Das war übrigens alles abzusehen und es wird ab jetzt immer schneller immer schlimmer werden (es sei denn, die Regierungen versuchen es doch noch mal mit Prävention in der mittlerweile immungeschwächten Gesellschaft).
https://www.manager-magazin.de/harvard/long-covid-langzeitfolgen-schwaechen-den-arbeitsmarkt-a-26e2413c-076c-43ac-b3ef-5bef4348a4ac
Beide Artikel liegen hinter einer Paywall?
Absurd, dass man als Beamter auf ein Streikrecht klagt.
Geht hoffentlich nicht durch. Und bindend wird das auch nicht.
Urteile des Gerichtshofs für Menschenrechte sind bindend.
Absurd, wenn man sich als Beamter alles gefallen lässt.
Ich bin gespannt. War mir damals der Pflichten des Beamtentums bewusst und wog sie gegen ein Angestelltenverhältnis ab: Ich leiste den Dienst, auch wenn ich viele Probleme für nicht hinnehmbar sehe…
Wenn ich darf, werde ich streiken. Bis dahin lasse ich die (rostigen) Räder laufen. Klingt erstmal doof, aber nicht wenige (andere) wünschen sich das derzeit für die Deutsche Bahn 😉
Konsequent Arbeitszeiten einhalten, besonders mit den 0% bis November 2024 und Stundenreduzierung ins Spiel bringen. Das sind hohe Reallohnverluste, diese die Akademiker hier hinnehmen müssen und wofür sie fast 10 jahre studiert haben und.nichts verdienten. Ich gönne ihnen weniger Tage in der Schule von Herzen.