Nach Pisa-Debakel: Bundesregierung nennt die Ergebnisse „besorgniserregend“

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BERLIN. Der Schock sitzt noch in den Knochen: Im neuen Pisa-Test hat Deutschland so schlechte Ergebnisse erhalten wie nie zuvor. Was muss nun getan werden? Die Bundesregierung zeigt sich «besorgt».

Hält sich selbst noch bedeckt in Sachen Pisa: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Foto: Shutterstock / photocosmos 1

Nach dem Absturz der deutschen Schulleistungen in der Pisa-Studie werden grundlegende Konsequenzen und ein rasches Handeln der Politik gefordert. Der Vorsitzende des Bundestagsbildungsausschusses, Kai Gehring, schlug am Mittwoch vor, dazu eine Sonder-Ministerpräsidentenkonferenz der Länder einzuberufen. Diskutiert wird auch über die Ausrichtung des geplanten Startchancen-Programms von Bund und Ländern für Brennpunkt-Schulen.

In der am Dienstag veröffentlichten Studie hatten die deutschen 15-/16-Jährigen im Lesen, in Mathematik und in Naturwissenschaften die schwächsten Leistungswerte erreicht, die für Deutschland jemals im Rahmen von Pisa gemessen wurden (News4teachers berichtete). Die Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vergleicht dabei Industrieländer.

«Die schlechtesten Bildungsergebnisse seit 23 Jahren sind mehr als ein weiteres Alarmzeichen: Sie markieren einen maximal dringenden Handlungsbedarf», sagte der Grünen-Abgeordnete Gehring in Berlin. «Angesichts der Pisa-Diagnose, des Sanierungsstaus an unseren Schulen in hoher zweistelliger Milliardenhöhe und des eklatanten Lehrkräftemangels muss jetzt eine Sonder-MPK stattfinden. Diese könnte gut vorbereitet im ersten Quartal 2024 angesetzt werden.»

Von den Ministerpräsidenten komme bei im Vergleich kleineren Milliardenbeträgen – etwa für die Unterbringung Geflüchteter – allzu oft der Ruf nach einer solchen Sonder-MPK. «Bildung braucht höchste Priorität und steht in gesamtstaatlicher Verantwortung, weil sie das Fundament für unseren Wirtschafts- und Innovationsstandort sowie zur Fachkräftesicherung legt», sagte der Politiker. «Die Länder dürfen die Bildungskrise nicht weiter aussitzen, sonst ist ihre Kultushoheit und Prioritätensetzung mehr als zweifelhaft.»

Die Bundesregierung nannte die Pisa-Ergebnisse besorgniserregend. Es gebe einen starken Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Er wies darauf hin, dass Bildung Ländersache ist, der Bund aber unterstützt und hilft. Ziel sei es, wieder Fortschritte zu erzielen.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken bekräftigte ihre Forderung nach Ausweitung des geplanten Startchancen-Programms. Viel zu viele Schülerinnen und Schüler verließen die Schule ohne Abschluss, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. «Das Startchancen-Programm der Bundesregierung, das im Herbst starten soll, ist ein guter Ansatz, muss aber wesentlich breiter angelegt werden.» Mit dem Programm sollen 4000 Schulen in schwierigen Lagen in den kommenden Jahren spezielle staatliche Förderung in Milliardenhöhe bekommen.

Der Bildungsforscher Prof. Olaf Köller sieht das jedoch kritisch. «Wir müssen sicherstellen, dass wir evidenzbasierte Programme in die Schulen bringen, mit denen die Bildungssprache Deutsch wirklich bei den jungen Leuten, die Deutsch als Zweitsprache haben, so gut erworben wird, dass sie in den Fächern Verständnis erlangen. Das wird eine der zentralen Aufgaben sein», sagte Köller vom Kieler Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik. «Das wird das Startchancen-Programm der Bundesregierung nicht lösen können, denn da geht es viel um Schulbau oder Schulsanierung und auch um Schulsozialarbeit.» Aber es gehe nicht so richtig um die Förderung von Basiskompetenzen.

Die Pisa-Ergebnisse werden wohl auch Thema bei der Kultusministerkonferenz am Donnerstag und Freitag werden. News4teachers / mit Material der dpa

Neuer Pisa-Schock: Deutschlands Schüler schneiden so schlecht ab wie nie

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Dil Uhlenspiegel
4 Monate zuvor

Besorgniserregend in der Tat.
Ich muss ganz schnell weg, etwas besorgen.

PS: Neue Lehrkräfte gehsucht.

Canishine
4 Monate zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Weil Lehrkräfte zunehmend die Gehsucht haben?

Dil Uhlenspiegel
4 Monate zuvor
Antwortet  Canishine

Restless Legs Syndrom.

OMG
4 Monate zuvor

Na ja. Bei mir sitzen 26 Kinder. Der niedrigste dokumentierte IQ liegt bei 69, der höchste liegt über 130. 1/4 der Kinder sind während der Schulzeit nach Deutschland gekommen, bei 37 Prozent meiner SuS ist die Muttersprache Deutsch. Unterstützungsstunden in der Woche : eine Stunde Sonderpädagoge, ist allerdings seit vier Wochen nicht erschienen, da wichtige Erhebungen durchzufuehren sind.
Das Eingangsscreening zeigt bei diesem Lerngruppe im Vergleich zu der vor fünf Jahren ein ca . 20 Prozentig es Minus auf, also ein weniger Können als die Klasse vor fünf Jahren.
Was soll ich dazu sagen?

dickebank
4 Monate zuvor
Antwortet  OMG

Die Intensität nimmt mit dem Quadrat der Entfernung ab.

Der zeitliche Abstand von 5 Jahren entspricht dann in den Auswirkungen dem Unterschied zwischen Generationen. Vor fünf Jahren kam es noch auf Fähigkeiten und Fertigkeiten an, jetzt auf Kompetenzen. Folglich sind die Schülerklientele von damals und heute nicht vergleichbar.
Die wahre Konstante ist aber die Fähigkeit der KMK, wilden Aktionismus zu propagieren und die nächste PISA-Studie stoisch abzuwarten. Denn wie Sie ja selbst schon eingeräumt haben, haben ihre Bemühungen, die SuS den Anforderungen entsprechend zu fördern, in den letzten fünf Jahren erheblich nachgelassen, was sich ja am Können der jetzigen SuS zeigt.
Liegt eben doch an der Badehose, wenn ihre SuS nicht Schwimmen können:)

Lisa
4 Monate zuvor

“ Auf Grund der besorgniserregenden Pisaergebnisse: Sondervermögen “ Bildung“ 100 Mrd wird beschlossen!“ Liebe Redaktion, das ist die Schlagzeile, die ich mir wünsche.

Dil Uhlenspiegel
4 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Traut euch, wird volle cool 😉