Seiteneinsteiger bleiben nach Ansicht von Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) auf absehbare Zeit ein fester Bestandteil der Schulen. «Wir sind froh, dass wir sie haben. Sachsen hat damit einen Weg eingeschlagen, der deutschlandweit vorbildlich ist. Da haben wir einigen Bundesländern etwas voraus», sagte Piwarz in Dresden. Aufgrund der jahrelangen Erfahrung und des zeitlichen Vorlaufs habe man auf einigen Gebieten auch lernen können, was sinnvoll ist und was nicht.
Sachsen hatte 2016 ein Qualifizierungsprogramm für Seiteneinsteiger aufgelegt und damit vor allem den Mangel an Lehrern für Mathematik, Naturwissenschaften und Fremdsprachen begegnen wollen. Bedingung für einen Seiteneinstieg ist der Abschluss an einer Universität. In der Qualifizierung geht es darum, Interessenten pädagogische und methodische Inhalte zu vermitteln. Insgesamt sind seit 2016 rund 2400 Frauen und Männer auf diese Weise in den Lehrerberuf gewechselt. In diesem Schuljahr haben sich 264 Menschen für den Seiteneinstieg entschieden. Ein Drittel hat den Job wieder aufgegeben.
Piwarz freut sich über viele engagierte Seiteneinsteiger: «Sie sind eine große Bereicherung. Nicht nur, weil sie helfen, eine Leerstelle auszufüllen, sondern auch, weil sie mit ihrer Berufserfahrung und Lebenserfahrung die Kollegien in den Schulen bereichern», sagte er. «Trotzdem bleibt für uns der Anspruch, dass wir den Unterricht durch grundständig ausgebildete Lehrer absichern wollen. Das muss auch weiterhin das Ziel bleiben.» Deshalb arbeite man an einer besseren Auslastung der Studienplätze und einer Erhöhung der Bestehensquoten im Lehramtsstudium. Allerdings würden auch immer weniger junge Leute Naturwissenschaften studieren und fielen so später als mögliche Seiteneinsteiger aus.
«Wenn sich diese Situation nicht grundlegend ändert, werden wir auch in Zukunft Mangelfächer haben. In den Berufsschulen sind wir gleichfalls stark auf Seiteneinsteiger angewiesen», sagte Piwarz. Dort werde diese Fachexpertise besonders gebraucht. «In jedem Fall müssen wir aber ein sinnvolles Maß finden zwischen grundständig ausgebildeten Lehrern und Seiteneinsteigern.» News4teachers / mit Material der dpa
„So einfach, wie ihn sich manche vorstellen, ist der Schuldienst aber offensichtlich nicht.“
Ist er also nicht. Nicht mal die vielen Ferien konnten sie überzeugen? Nicht mal, dass sie nachmittags frei haben? Schon komisch. Dabei sind die Bedingungen für Lehrkräfte doch paradiesisch oder etwa doch nicht. Lehrkraft kann doch jeder.
Vielleicht hatten die ja auch einen Lottogewinn und haben deshalb aufgehört.
Ja, richtig. Die Topargumente sind ja immer noch: „Ich war ja auch mal in der Schule“ und „ein Arbeitsblatt ausdrucken kann ja jeder!“
Bitte unterstellen Sie dem Gros der Quereinsteiger doch nicht derartige Intentionen. Es war zwar eine andere Zeit, aber während meiner Schulzeit blieben die Quereinsteiger. (Physik und Chemie waren Mangelfächer). Es klappte.
Sind Sie Teil einer Berufsgruppe, die es einem früheren Bundeskanzler nicht verziehen hat, dass er einmal Lehrer als „faule Säcke“ bezeichnet hat? – Wie laaaange ist das jetzt eigentlich her?
Na ja, ich habe schon einige Quereinsteiger begleitet. Einer ist geblieben und hat einen tollen Job gemacht. Der hatte auch kein Problem Unterricht vorzubereiten und konnte mit Schülern umgehen. Also ja, es gibt auch unverzichtbare Quereinsteiger. Aber bei uns denken vielen: Buch aufschlagen oder ihr damaliges Wissen aus Studium/Berufsschule reicht aus. Siehe Thema Buchführung: das Wissen ist so verkorkst, dass die Ergebnisse immer schlechter werden. Einige meinen leider, Schule ist Vormittags, Klassenarbeiten sind MC, Schülern hält man das Notenbuch vor usw. . Und nochmals: es trifft nicht auf alle zu, es gibt auch tolle Quereinsteiger, meiner Erfahrung nach jedoch eher selten.
Sicher, es gibt Naturtalente, was ich auch bestätigen kann; allerdings sehr wenige.
Spitzenleistung ist eben überall weniger vertreten als das breite Mittelfeld. Heute glauben zu viele, dass mittelmäßige Leistungen ein Grund zum Jammern wären. Einem Berufsanfänger und Quereinsteiger sollte man zubilligen, dass er nicht alles wissen und richtig machen kann. Wobei noch hinzukommt, dass manches Ansichtssache ist.
Zubilligen alles, aber nicht das Unterricht aus Buchaufschlagen und Vorlesenlassen ist. Jeder darf sich probieren, seine Art des Unterrichts finden. Aber ich erwarte schon, dass man diesen vorbereitet und das fehlt einigen. Ich erwarte auch von meinen Schülern, dass sie mir nicht nur das Schulbuch „kopieren“.
Ich unterstelle gar nichts. Ich wiederhole hier nur einige Statements, die man hier im Forum immer wieder lesen darf.
Schauen Sie sich unten den Kommentar von „Schade Marmelade“ an. Das nennt man Wertschätzung.
Mein Kommentar war übrigens ironisch gemeint.
Die „faulen Säcke“ hat danach ein weiterer Politiker thematisiert und nach dem Umgang des KuMi mit den Lehrkräften zu urteilen, hängt dieses Attribut immer noch deutlich nach. Das Ansehen im ignoranten Teil der Außenstehenden basiert immer noch auf der Meinung, „na, Lehrer haben es doch soooo gut“. So wie der Staat mit den Lehrern umgeht und nichts daraus lernt, bzw. jetzt in der Notlage erst recht alles auf sie ablädt, wird sich der Personalmangel immer weiter verschärfen. Die Quereinsteiger sind nun mal eine Notlösung und es war so klar, dass viele wieder aussteigen werden, weil sie eben das tradierte Bild vom Lehrerdasein verinnerlicht haben.
Es mag sein, dass hier und dort andere Erfahrungen gemacht werden, aber insgesamt hat sich so gut wie nichts an den Voraussetzungen verbessert, im Gegenteil. Und Quereinsteiger mit hoher Fluktuation werden die Probleme eher noch verschärfen.
Bei welchem Beruf rennen einem die BewerberInnen denn bitte die Türen ein?
1/3 der Mensxhen die in ihrem eigentlichen Berufsfeld gescheitert sind kündigen also den Schuldienst wieder? Das ist ja eine grandiose Studie.
Und bevor es gleich kommt: Ja ich weiß es gibt auch 0,2% die aus Überzeugung wechseln.
Da in Kitas auch viele Neuankömmlinge auscheiden, stellt sich die Frage, inwieweit ein besonders hoher Krankenstand in den Schulen zu ständigem Kranksein der Seiteneinsteiger geführt hat. Wer monatelang immer wieder von Infekten geplagt wird und dann in Institutionen ständig aufs Neue erkrankt oder unter einem Dauerinfekt leidet, der stimmt schon mal mit den Füßen ab und geht.
Aha, lt. ihrer Einschätzung sind alle Quereinsteiger in ihrem eigentlichen Berufsfeld gescheitert. Und woher kommen die 0,2%?
Also auch nur bla bla bla.
Wnigstens ist das eine Drittel so konsequent, und beendet das Ganze.
Wenn sie mit der Einstellung jedem Quereinsteiger in der Schule begegnen, wundert es mich nicht, wenn diese wieder aufhören.
„…sind alle Quereinsteiger in ihrem eigentlichen Berufsfeld gescheitert.“ Natürlich, die meisten. Was sonst? Oder sie glauben, eigene Bedürfnisse (Kompatibilität mit der eigenen familiären Situation, finanzielle und organisatorische Sicherheit, Beamtenstatus etc.) in diesem Arbeitsverhältnis eher realisieren zu können. In wessen Job die Dinge stimmen, der kündigt nicht ins Lehramt- die paar Ausnahmen kann man wohl vernachlässigen.
Quelle?
Ansonsten: Das gilt doch für jeden Job? Wer unzufrieden ist und/oder neue „Herausforderungen“ sucht, der orientiert sich bestenfalls um. Ansonsten wird es nicht passieren.
Muss nichts mit gescheitert zu tun haben.
Mal ganz abgesehen davon, dass zumindest bei uns in Hessen die Quereinsteiger nicht unbedingt verbeamtet werden.
Wenn ich erfolgreich in meinem Feld bin dann wechsle ich nicht den Job.
Denn man hat Verpflichtungen. Finanzieller wie familiärer Art. Da sagt sich keiner der es nicht unbedingt muss: Hey ich wechsle den Job. Mal gucken ob wir als Familie oder ich als Mensch das finanziell überlebe.
Und nur weil etwas gezwungen ist bedeutet es nicht das man schlecht sein muss als Lehrer. Das haben sie hereininterpretiert. Überinterpretiert könnte man sagen.
Und aufhören tun die weil Lehrer ein lächerlich undankbarer Job ist. Egal in welchem Aspekt man ihn mit der „freien Wirtschaft“ vergleicht.
Ich mache das ganze auch nur aus Verpflichtung meiner Familie gegenüber und weil ich es liebe SuS aus Brennpunkten zu unterrichten. Aber der Unterricht wiegt alles andere nicht mehr auf.
Wie gut, dass Sie mit Ihrer Haltung kein Lehrer des 2. Bildungswegs sind.
Sie müssen ja eine ganz tolle Meinung über Menschen haben, die sich nochmal aufraffen, um sich zu verbessern und aufzusteigen. Vielleicht dann doch lieber Bürgergeld beziehen, anstatt sich weiterzubilden? Bringt das Land auch gut voran, wenn jeder in seiner Schicht bleibt, einem prekären Arbeitsverhältnis „erfolgreich in seinem Feld“ bleibt, aufstocken muss und eine Armutsrente erwartet, anstatt versucht, da herauszukommen.
Und dass jeder denselben Beruf fast 50 Jahre lang ausübt, den man mit 16 erlernt hat, ist ja auch im Jahr 2024 selbstverständlich.
Was reden Sie für wirres unzusammenhängendes Zeug? Ich muss gestehen es liest sich wie ein Aufsatz der vollkommen am Thema vorbeigeht.
woanders ist es eben seit 2 Jahren besser. Da winkt montags und freitags zuhause bleiben und arbeiten. Dann geht es mal dienstags zum Quatschen in die Firma oder ins Büro und freitags ist ab 12 Schluss.
Davon träumen Lehrkräfte, die am Tag in unterschiedlich kalte Räume gehen und mit 250 womöglich schnupfenden Homo sapiens in Berührung kommen 😀
Ehrlich gesagt wäre das gar nicht mein Traum:
Auch wenn es einige Knalltüten bei den Schülern (und Lehrkräften) gibt, so läuft ein Großteil des Berufes doch über Beziehungsarbeit. Da bringen mir 2 Tage homeoffice gar nichts. Ich bin gerne in der Schule.
Dennoch müssen die Rahmenbedingungen so passen, dass man auch sinnvoll arbeiten kann. Dazu zählt z.B., dass man hinreichend kleine Klassen und Kurse bekommt:
Mit 28 Schülern in einem (zu kleinen) Fachraum macht z.B. Chemieunterricht keinen Spaß, Leistungskurse mit 10 Schülern sind dagegen Luxus.
Ich kümmere mich auch gerne um eine zugewanderte Schülerin und erkläre zeitweise auf Englisch.
Gerne suche und erarbeite ch für eine Schülerin mit Beeinträchtigungen passendes Differenzierungsmateria.
Ich bereite auch gerne für einen hochbegabten Schüler zusätzliche Dinge vor. –
Spaß macht das aber nicht mehr, wenn all diese Kinder zusammen in einer Klasse sitzen – mit insgesamt 26 Kindern. Dann bräuchte man nämlich mindestens eine weiter Lehrkraft im Raum, um die Klasse am Laufen zu halten.
Ich stimme zu und erhöhe auf 31 Kinder. Niedersachsen.
Alle Achtung und gut, dass es Sie gibt!!!
Aber wenn sie alleine auf weiter Flur sind, bringt der Schule das nichts und ihrer Gesundheit schon gar nichts.
Das Problem ist doch u.a., dass es zu wenige Nachkömmlinge gibt aufgrund der Unattraktivität ((im Vgl. zu anderen Berufsfeldern)) und Gen. Z. homeoffice einfordert.
Wir müssen uns also anpassen und Veränderungen bringen, um diese Zielgruppen anzusprechen!
Interessant wäre für mich wirklich, was die Gründe für ein vorzeitiges Aussteigen sind.
Hat die Redaktion dazu mehr Informationen?
„‚Die Seiteneinsteiger haben natürlich ihre fachliche Ausbildung, aber nicht die didaktische und pädagogische Ausbildung‘, sagt Thomas Lippmann, bildungspolitischer Sprecher der Links-Fraktion in Sachsen-Anhalt. Er war früher selbst Lehrer und Schulleiter. Wenn die Seiteneinsteiger ins kalte Wasser geworfen würden, ohne die Chance zu haben, das Schwimmen dosiert zu erlernen, dann ‚muss man sich natürlich auch nicht wundern, wenn die untergehen.‘
Seit Jahren fordert Lippmann die Landesregierung auf, offenzulegen wie viele Seiteneinsteiger eigentlich im Schuldienst bleiben. Das Ergebnis: Die Fluktuation ist hoch. Allein im Jahr 2022 wurden zwar 804 neue Seiteneinsteiger eingestellt, 499 aber verließen das System auch wieder, sei es durch Kündigung oder befristete Verträge. Am Jahresende waren nur 305 Seiteneinsteiger mehr beschäftigt als im Jahr zuvor.
Für Lippmann ein Unding: ‚Die Kinder und am Ende die Gesellschaft bezahlen die Zeche für diese Fehlentscheidungen der Kultusministerkonferenz.“ Man müsse mit den Seiteneinsteigern anders umgehen. Es reiche nicht, nur zu schauen, wer durchkommt und dann werden Neue gesucht. Denn: Auch angesichts des Fachkräftemangels sei diese Quelle nicht unerschöpflich. „Und umso wertvoller muss man eigentlich mit diesen Juwelen, die man hat, umgehen.'“
Quelle: https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/lehrer-viele-seiteneinsteiger-geben-auf-100.html
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Danke
Come in and find out.
Sie meinen „fall out“, right?
Hätte da glatt eine Idee für ein neues Flughafenplakat:
„Werde Lehrkraft und spiele die „Fallout“-Reihe täglich live…“
(Die Spiele-Nerds wissen, was gemeint ist)
Daumen hoch, lächeln und einem Auge blind stellen?
Selbst die Post-Apokalypse hat ihre positiven Momente…
Da hat jemand kein Fallout gespielt.
Verständlich, immerhin ist die Arbeit mit Kindern und jungen Menschen etwas anderes. Wenn 2/3 bleiben, finde ich das erstmal nicht schlecht.
Und Sachsen hat bisher KEINE Mangelfächer?
„So einfach, wie ihn sich manche vorstellen, ist der Schuldienst aber offensichtlich nicht: In Sachsen haben ein Drittel schon wieder gekündigt.“
Ich bin mir nicht sicher, ob es damit zusammenhängt, wie „einfach“ der Beruf an sich ist.
Böse Zugen (oder Realisten) würden behaupten, dass die Rahmenbedingungen vielleicht nicht so ansprechend sind – und wer die Möglichkeit hat, einfach einen anderen Beruf zu ergreifen, macht das. Zurück in der Schule bleiben diejenigen, die keine andere Wahl haben oder die Arbeit wirklich aus Überzeigung machen…
Ich habe eine genauere Auffächerung der Gründe erwartet.
Ich hätte zumindest überhaupt auf eine Nennung von Gründen gehofft.
It keeps on draining, levee broke.
[Studie nach L. Zeppelin, grimmmatschikalisch angepasst.]
Ein Statement von Sachsens Kultusminister Christian Piwarz.
Sehr schön.
Das sagt uns jetzt genau was?
Nennt er Gründe für das hohe Ausscheiden?
Kennt er sie überhaupt?
Will er sie überhaupt kennen?
Sagt er etwas über das Ausscheiden sog. grundständiger Lehrkräfte?
Wie viele sind da im letzten Jahr vor dem Erreichen des Rentenalters gegangen?
Wie viele sind langzeitkrank?
Wird Piwarz im Herbst, nach den Landtagswahlen, evtl. selber den Seiteneinstieg wagen (müssen)?
Dann aber vermutlich unter einer demokratisch gewählten nicht ganz so demokratischen Partei! Oh man, ich hätte die Doku gestern nicht schauen sollen. Mir drängt sich gerade ein wiedergängerischer Teil der Geschichte des 3 Jahres des 3 Jahrzehnts des letzten Jahrhunderts auf.
Sie meinten sicher das 4. Jahr des 4. Jahrzehnts des (19+1)ten Jahrhunderts 🙂
Wenn er die Gründe nennen würde, dann müsste er ja auch was ändern.
Das sich viele Quereinsteiger bei den realen Arbeitsbedingungen die Augen reiben, ist wahrscheinlich den meisten Lehrern völlig klar.
Ich bin mir sicher, dass ich schon allein aus handwerklichen Gründen grandios gescheitert wäre, wenn ich z.B. als Seiteneinsteiger Zahnarzt geworden wäre. Aber Lehrer ist doch so was von einfach und lässig…….
Ergänzung: Ich habe es öfters erlebt, wie z.B. Landtagsabgeordnete oder Vertreter der Wirtschaft vor problemlosen Klassen kaum etwas bewirken, um es freundlich auszudrücken.
Zu unattraktiv und zu schlecht bezahlt mittlerweile.
Die Arbeitszeiten sidn auch nicht mehr attraktiv.
Aber die Bevölkerung steht volle hinter einem, wo sich jetzt so ein tiefer Abgrund im Leistungsniveau vor uns auftut.
Von 50Tsd LehramtsstudentInnen schließen ca 30Tsd das Referendariat ab (https://www.stifterverband.org/pressemitteilungen/2023_07_06_lehrkraeftetrichter). Haben die es sich auch alle leichter vorgestellt? Oder waren es vielleicht nur falsche Vorstellungen, die Erkenntnis die falsche Wahl getroffen zu haben? Der häufigste Grund bei unseren Quereinsteigern ist nicht „weniger Stress als in der Wirtschaft“, sondern „etwas Sinnvolles mit Menschen tun statt Profitmaximierung“. Schön wär’s, aber alle starten mit Idealen. Grund zur Aufgabe ist dann auch eher ‚ich kann viel weniger bewirken als erwartet‘ und nicht ‚zu viel Stress für zu wenig Kohle und Freizeit‘.
Ich möchte mich mal ganz weit aus dem Fenster lehnen und behaupten, dass mehr als 80% der LehramtsstudentInnen, AbsolventInnen vorhandene LehrerInnen mit Idealen in den Schuldienst gehen. Hierzu gibt es auch Befragungen von Studierenden, warum sie diesen Beruf gewählten.
Ich persönlich hatte überwiegend tolle LehrerInnen und hatte immer Spaß an Schule und Bildung.
Deswegen habe ich mich für diesen Beruf entschieden. Obwohl ich einige Praktikas gemacht habe oder als Vertretungslehrerin vor dem Ref gearbeitet habe, kam der 1. Praxisschock im Ref, der 2. mit der Planstelle.
Besonders der 2. Schock war schlimm. Mir war natürlich bewusst, dass die Unterrichtsvorbereitung nicht jedesmal eine Zauberstunde sein kann. Allerdings war die Ausbildung für das „Tagesgeschäft“ absolut nicht vorbereitend. Man wird als junge/r KollegIn oft kaum Ernst genommen und mit vielen Dingen vollkommen alleine gelassen. Als Klassenlehrerin musste ich plötzlich länger bleiben, um ein kotzendes Kind zu betreuen + die Reinigung des Raums übernehmen, ständige Schlägereien und die Eltern die ihre eigenen Streitigkeiten gelöst haben wollen. Eigenständiges Ändern von Noten durch die SL für die positive Quote und Projektideen werden ignoriert oder gar belächelt. Kinder und KollegInnen erkranken an schweren Krankheiten oder sterben auch mal jung. Leider wird man auf solche Vorkommnisse nicht vorbereitet. Man kann zwar nun einen sprachsensiblen, genderneutralen, nachhaltig-digitalen, differenzierten, interkulturellen Unterricht planen, durchführen und evaluieren mit 27 unterschiedlichen Methoden aber wie ich plötzlich Anträge für BuT und dem Jobcenter ausfülle oder reagiere, wenn mich ein Vater aufschlitzen will, hat mir keiner beigebracht. Und wenn du was flasch machst, bist du halt der A*sch!
So wird sich jeder Idealismus für diesen Beruf, füher oder später, komplett in Luft auflösen.
An welche Schule sind Sie denn geraten?
Vor allem: Der Schulleiter scheint ein pädagogischer Schlappschwanz zu sein.
Ich bewundere dennoch Ihren Idealismus! Übrigens: Ein Schulleiter hat auch eine Fürsorgepflicht für sein pädagogisches Personal und sollte so lange hinter einer Lehrerin oder einem Lehrer stehen, wie es nur geht. Das war während meiner Zeit als Schulleiter für mich selbstverständlich. Es gibt natürlich auch Fälle, wo man das nicht kann, man würde sich sonst lächerlich machen. Geben Sie, solange es geht, nicht auf, gefährden Sie dabei Ihre Gesundheit aber nicht.
Zum Schluss: Es gibt auch noch.die Möglichkeit, den Personalrat einzuschalten. Und wenn ein Irrer Sie aufschlitzen will: Sofort Anzeige erstatten!
Das ist doch komplexer …
– Falsche Vorstellung vom Studium (zu wenig Praxis, Seminare mit den Masterstudenten xy, zu wenig anwendungsbezogenes Wissen – v. A. Pädagogik und „Schulalltag“ – ja, auch Rechtswesen.
– Teilweise 1. StEx als Schockerfahrung
– Referendariat als Praxisschock
– Vollzeitstelle als Praxisschock
– Realität der Praxis -> Ideale werden schnell eingeholt
– Wenig Achtung
– Andere Vorstellung mit den SuS (und Eltern), also Arbeit und Zusammenarbeit -> Stellen viele erst im Ref. bzw. teilweise danach fest, dass sie nicht so sehr mit Kindern arbeiten, wie eigentlich gedacht. V. A. unter den Rahmenbedingungen, welche vorherrschen an vielen Schulen
– Konkurrenzbetriebe/Studiengänge bieten immer mehr für die AN
– Fordern, statt fördern -> Mehrarbeit, Mehrbelastung bei gleichzeitig weniger Ausgleich (Politischer und gesellschaftlicher Druck)
– Gefühl der „Ohnmacht“ und „Machtlosigkeit“ gegenüber Situation xy (Schulleitung, Seminar, SuS, Eltern, KMK, …)
– Falscheinschätzung der Arbeit (Korrektur, Bürokratie, Vorbereitungen, Nachbereitungen, Lärm, Erziehung …)
– Falscheinschätzung der Arbeitszeiten (Vormittags chillig – nachmittags frei. Viele Ferien. Wochenende ausschlafen… Vs. Arbeit auch bis in die Nacht und Wochenends, sowie Teil der Ferien)
– Erkrankungen und Gesundheit (Lärm, Stimme, „Stress zu funktionieren, da vor Klasse“, „Streitschlichter“ …)
– Sonderfunktionen/-tätigkeiten (Pausenaufsicht, AGs, Projekte, Ausflüge …)
– „Nichteignung“ (bei zugleich oft sehr intransparenten und subjektiven Bedingungen, zudem Stichprobe des Unterrichts als (D-)BUV … „Schlechter Tag“ und pech gehabt)
– Alternativen testen (bevor man vllt. auf Verbeamtung geht)
– Verzicht auf Verbeamtung (wozu dann das Ref. … Sind wir mal ehrlich. Das ist wohl der häufigste Grund dafür.)
– „Einzelkämpfertum“ an vielen Schulen/in vielen Kollegien
– Neiddebattenkultur
– Gesellschaftlicher Wandel im Berufsbereich (wer arbeitet noch 30 Jahre+ für den selben Arbeitgeber? Viele – v. A. jüngere – Menschen sind in der Hinsicht offener und flexibler im Berufsbereich und wechsel auch durchaus bei/zu besseren Rahmenbedingungen)
– Selbst Austesten: Selbständigkeit als Probephase
– usw. Usf.
Die Gründe sind sehr vielseitig und vielschichtig.