„Das Neue Referendariat war genau die Alternative, die ich gesucht habe“ – Lehrerin Antonia Erdmann berichtet über ihre Erfahrungen

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BERG. Ist der Lehrerberuf wirklich das Richtige für mich? Diese Frage stellen sich zahlreiche Lehramtsstudierende und allzu häufig beendet die Antwort dann die berufliche Laufbahn, bevor sie überhaupt richtig begonnen hat. Auch die junge Lehrerin Antonia Erdmann hat sich diese Frage gestellt. Eine Antwort hat sie im sogenannten „Neuen Referendariat“ gefunden, einer Zusatzausbildung, die den Fokus auf zeitgemäßes, ganzheitliches Lernen legt und in ganz Deutschland an mittlerweile rund 70 Ausbildungsschulen absolviert werden kann ­ ob als Studienabgänger:in, Quereinsteiger:in oder Lehrkraft, die ihre Schule mitgestalten möchte. Warum sie sich als eine der ersten Teilnehmer:innen für diesen Ausbildungsgang entschieden hat und heute glücklich in ihrem Job arbeitet, berichtet Antonia Erdmann im Interview.

Wie geht es weiter nach dem Lehramtsstudium? Was passiert nach dem Referendariat? Und wie kann ich auch als erfahrene Lehrkraft noch neuen, wertvollen Input für die Schulentwicklung bekommen? Das Neue Referendariat bietet Antworten auf diese Fragen im Sinne eines ganzheitlichen lebenslangen Lernens. Foto: Shutterstock

Antonia, was machen Sie gerade?

Antonia Erdmann (lacht): Heute habe ich tatsächlich einmal einen freien Vormittag, denn meine Schüler der 5. und 6. Jahrgangsstufe sind im Praktikum und die Viertklässler machen einen Ausflug.

Sind Sie nicht eigentlich Grundschullehrerin?

Antonia Erdmann: Richtig, ich habe Grundschullehramt studiert mit den Fächern Deutsch als Zweitsprache, Deutsch, Mathe und Kunst – und jetzt habe ich die Klassenleitung für die altersgemischte Jahrgangsstufe 4 bis 6 an der Montessori Schule Wertingen. Unsere Mischung an der Schule ist natürlich etwas ungewöhnlich, weil wir ja eine vierte Klasse, die ja eigentlich zur Grundschule gehört, mit der 5. und 6. Klasse von der Mittelschule mischen. Das funktioniert aber bei uns.

Ihre Laufbahn ist auch ein wenig ungewöhnlich. Sie haben gar kein klassiches Referat durchlaufen.

Antonia Erdmann: Das stimmt. Ich habe stattdessen das sogenannte das Neue Referendariat hier in Wertingen gemacht. 2020 war das Pilotprojekt gerade gestartet. Danach war ich ein Jahr in Schweden, um einen Master in Outdoor and Sustainability Education zu machen. Dabei ging es darum, Bildung für nachhaltige Entwicklung in Lernsettings zu vermitteln, die möglichst draußen stattfinden. Jetzt bin ich das zweite Jahr wieder in Wertingen und versuche, meine Erfahrungen aus den Weiterbildungen in der Praxis einzubringen.

Sie hätten, wie andere Absolvent:innen des Neuen Referendariats auch, vorher zunächst das staatliche Referendariat abschließen können. Wieso haben Sie sich dagegen entschieden?

Antonia Erdmann: Ich habe mein erstes Staatsexamen gemacht und währenddessen schon als Reservelehrkraft – bei uns in Bayern heißt das „mobile Reserve“ – verschiedene Schulen gesehen und Lehrerstunden vertreten. Während dieser Zeit und auch in den Praktika habe ich immer wieder überlegt: Ist das wirklich das Richtige für mich? Ich habe mir die Frage gestellt: Ist das eine Schule, wo ich selber als Schülerin gerne hingehen würde, und würde ich dann auch zu mir als Lehrkraft in den Unterricht gehen wollen? Daraufhin habe ich gemerkt, dass ich persönlich vielleicht doch einen anderen Weg finden muss. Zufällig habe ich dann an meiner Uni vom Neuen Referendariat gehört und konnte mir so eine Ausbildung sofort vorstellen. Und dann habe ich mich beworben.

Wieso haben Sie sich für die Ausbildungsschule in Wertingen entschieden?

Antonia Erdmann: Ich kannte die Schule, an der ich ja auch heute arbeite, von einem Praktikum. Damals hat mir gleich die wertschätzende Haltung im Kollegium, den Hospitant:innen und auch den Schüler:innen gegenüber gefallen. Es wurde sofort deutlich, dass hier die Beziehungen im Vordergrund stehen.

Lehrer sind an unserer Schule zwar auch Wissensvermittler, aber das spielt nur eine kleine Rolle. Sie sind viel mehr Lernbegleiter. Und dieses Prinzip, sich selbst zurückzunehmen und die Kinder erst einmal machen zu lassen in der Schule, das fand ich toll.

Die Ausbildung muss aber nicht an einer Montessori-Schule absolviert werden, oder?

Antonia Erdmann: Nein überhaupt nicht. Im Prinzip kann jede Schule, die das Gehalt für einen Referendar oder eine Referendarin sowie die Ausbildungskosten übernehmen kann, Ausbilderschule werden. Für Schulen in freier Trägerschaft ist das jedoch einfacher.

Was ist Ihnen aus Ihrer Zeit im Neuen Referendariat besonders positiv in Erinnerung geblieben?

Antonia Erdmann: Erst einmal, dass ich als vollwertige Lehrkraft an der Schule

angesehen wurde und ich so viel Verantwortung übernehmen konnte, wie ich es mir selbst zugetraut habe und auch andere mir zugetraut haben. Aber auch die Möglichkeit Verantwortung wieder abzugeben. Das fand ich zum Beispiel sehr positiv. Fehler wurden als „Helfer“ betrachtet. Und das ist gut, denn durch den Mut zum Fehler und zum Ausprobieren, lernt man ja erst wirklich. Statt bewertet zu werden, gab es Unterstützung. Wir konnten uns jederzeit Feedback einholen: von den Dozent:innen, den anderen Referendar:innen oder auch der Mentorin oder Schulleitung. Der Slogan aus der Montessori-Pädagogik „Hilf mir, es selbst zu tun.“, passte hier also auch für uns angehende Lehrkräfte gut.

Was sollten interessierte (angehende) Lehrkräfte Ihrer Meinung noch über die Ausbildung wissen?

Antonia Erdmann: Was immer ein wichtiger Aspekt in den Seminaren des Neuen Referendariats war und ist, das ist die Entwicklung der Lehrerpersönlichkeit. Sich mit der Frage: „Wie ist meine Persönlichkeit als Lehrer und wie möchte ich sein?“ auseinanderzusetzen, finde ich sehr wichtig.

Das andere ist dieser Blick über den Tellerrand: Das Neue Referendariat gibt nicht nur die Chance, verschiedene Schulen, zum Beispiel durch Hospitation, sowie zahlreiche Lernsettings kennenzulernen, sondern auch auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen insgesamt zu schauen – nicht nur auf eine einzige Altersklasse. Was brauchen also Kinder, die gerade in die Schule kommen, was sind die Bedürfnisse der Jugendlichen auf dem Weg ins Erwachsenenleben und so weiter?

Aber nicht nur die Kinder, unsere gesamte Gesellschaft entwickelt sich weiter. Das heißt, wir müssen auch unser System Schule weiterentwickeln. Und da fand ich, dass die Inhalte des Neuen Referendariats auch auf diese Fragen sehr gut eingehen und für flexibles Agieren beispielsweise im sinnvollen Umgang mit neuen Technologien fit machen.

Digitale Bildung war also auch Thema?

Antonia Erdmann: Ja, unbedingt. Im ersten Jahrgang war leider die Alemannenschule in Wutöschingen, eine Vorbildschule für digitales Lernen, noch nicht dabei. Jetzt gehört sie zu den Schulen, an denen während der Ausbildung Hospitationen stattfinden. Wir haben uns aber 2020 auch schon mit digitalen Lernkonzepten und Tools beschäftigt und zum Beispiel digitales Lernmaterial erstellt. Inzwischen sind neue Ansätze und Technologien wie ChatGPT hinzugekommen.

Vor allem dieser Blick in andere Schulen, der war für uns alle auch bei diesem Thema besonders wertvoll. Denn zu sehen, wie und dass etwas an anderen Schulen gelingt, das beflügelt Mut und Kreativität, auch an der eigenen Schule Neues auszuprobieren und umzusetzen.

Noch schnell eine letzte Frage, damit Sie Ihren freien Vormittag noch genießen können: Wem würden Sie das Neue Referendariat empfehlen?

Antonia Erdmann: Studienabgängern, aber auch Quereinsteigern, die Lust haben, mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten an Schulen, die vielleicht schon ein Stück weit in die Zukunft denken. Die eher als Lernbegleiter denn als Wissensvermittler arbeiten möchten und Interesse haben am Austausch in einer Gruppe von Referendaren und Referendarinnen, die alle ähnliche Visionen haben – auch wenn sie aus ganz unterschiedlichen Richtungen und Bildungsansätzen kommen. Von dieser Vielfalt, finde ich, profitieren wir alle, denn ich glaube nicht, dass nur ein einziges Konzept das Richtige ist.

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Möchten Sie Schule neu gestalten? Ganzheitlich und zeitgemäß?

Antonia Erdmann (mitte) bei ihrer Ausbildung 2020. Foto: Akademie Biberkor

Schule neu denken – und auch als gefestigte Lehrer:innenpersönlichkeit in die Praxis umsetzen: Darum unter anderem geht es im Neuen Referendariat. Das 2020 gestartete Pilotprojekt für zukunftsorientierte Lehrer:innenausbildung geht zum Schuljahresstart 2024/25 mit inzwischen rund 70 Ausbildungsschulen in ganz Deutschland in die neue Runde. Anmeldeschluss für interessierte Lehramtsstudierende, Quereinsteiger:innen und Lehrkräfte an Schulen in freier wie auch kommunaler Trägerschaft ist der 5. April.

Ausführliche Informationen finden Sie auf der Homepage der Akademie Biberkor: https://www.akademie-biberkor.de/neues-referendariat/beschreibung/

Infos für Schulträger und Schulleitungen

Haben Sie Interesse daran, mehr über das Neue Referendariat und die Ausbildungsmöglichkeiten für Ihre Schule zu erfahren? Dann rufen Sie uns gerne an!

08171/2677170 Dr. Flora Nieß (Leitung und Dozentin Neues Referendariat) oder 08171/2677155 Sabine Bauer (Administration)

 

 

Dies ist eine Pressemeldung der Akademie Biberkor e.V.

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Lehrer
1 Monat zuvor

Hat das irgendeine staatliche Anerkennung oder ist das eine private Fortbildung, die sich nur ähnlich gelabelt hat?
Ist man danach rechtlich vollwertiger Lehrer oder ein Nichterfüller?

Bla
1 Monat zuvor
Antwortet  Lehrer

Es ersetzt weder das 2. Staatsexamen, noch das Montessori-Diplom.
Im Prinzip ist es eine (zusätzliche) Ausbildung/Fortbildung/Weiterbildung.

Palim
1 Monat zuvor
Antwortet  Bla

Entsprechend ist die Bezeichnung „Neues Referendariat“ irreführend,

Bla
1 Monat zuvor
Antwortet  Palim

Richtig

IronheadHaynes
1 Monat zuvor
Antwortet  Lehrer

Laut Homepage der Akademie Biberkor ist die Ausbildung nicht staatlich anerkannt.
M. E. sollte das im Artikel auch mal erwähnt werden.

Unfassbar
1 Monat zuvor
Antwortet  IronheadHaynes

Steht da doch, also indirekt:

Im Prinzip kann jede Schule, die das Gehalt für einen Referendar oder eine Referendarin sowie die Ausbildungskosten übernehmen kann, Ausbilderschule werden. Für Schulen in freier Trägerschaft ist das jedoch einfacher.

Keine staatliche Anerkennung und keine Refinanzierung, weil weder eine öffentliche Schule noch eine Ersatzschule die Gehälter selbst übernehmen. Bei Ergänzungsschulen oder bedingt Waldorfschulen wäre das möglich, jedoch erschließt sich mir der Mehrwert nicht. Die Ausbildungskosten werden ja recht hoch sein, weil auch das Institut selbst finanziert werden muss.

Hysterican
1 Monat zuvor
Antwortet  IronheadHaynes

Vielleicht könnte jemand als Quer- oder Seiteneinsteiger mal darüber berichten, wie es ihm / ihr beim Lesen eines Buches von Hilbert Meyer ergangen ist.

Das finde ich auch außerordentlich spannend.

Pit2020
1 Monat zuvor
Antwortet  Hysterican

@Hysterican

🙂 🙂

Palim
1 Monat zuvor
Antwortet  Hysterican

Hilbert Meyer galt im Umfeld seines Uni-Standortes in den 90ern und 2000ern als Koryphäe, an anderen Unis waren die Bücher verpönt, da sie zu Rezepten neigen und weniger dazu, die Situation zu analysieren und abzuwägen.
Von den 10 Punkten guten Unterrichts ist er selbst ein Stück abgerückt, auch das Buch wurde später differenzierter gelesen.

Unfassbar
1 Monat zuvor
Antwortet  Palim

Kann ich bestätigen. In der Zeit war ich Referendar …

Michael Felten
1 Monat zuvor
Antwortet  Palim

Jedenfalls konnte Hilbert Meyer Selbstkritik – etwas, das Geistesgrößen und
Prominente nur selten eigen ist.

In einem Buch mit dem Titel »Was ist guter Unterricht?« gab er 2004 öffentlich zu, sich geirrt zu haben (S. 20). Lange Zeit sei er der Meinung gewesen, Unterricht mit hohen Anteilen an Selbstregulation der Schüler sei dem traditionellen Unterricht weit überlegen.

»Bei der Einarbeitung in neuere Forschungsbefunde war ich überrascht,
eine ganze Reihe liebgewordener Vorurteile über die Merkmale
guten Unterrichts aufgeben zu müssen. (…) Ich stelle aufgrund
dieser Forschungsergebnisse fest: Ich muss auf meine alten Tage
umlernen! (…) Die Über- oder Unterlegenheit bestimmter Unterrichtskonzepte lässt sich zurzeit empirisch nicht nachweisen.«

Riesenzwerg
1 Monat zuvor
Antwortet  Michael Felten

Was hat sich in der Zeit dazwischen wohl verändert…..?

Hans Malz
1 Monat zuvor
Antwortet  Hysterican

Ach, kalter Kaffee. Lorne, äh Norm Green war danach der geile Scheiß. Bei uns gab es lange Zeit nichts anderes. Mittlerweile ist es aber still geworden.

447
1 Monat zuvor
Antwortet  Lehrer

Nichterfüller.

Dr. Specht
1 Monat zuvor

Ein weiteres Geschäftsmodell, welches sich über das Unbehagen über das staatliche Schulsystem speist, wie leicht Schlagwörter romantisierende Sehnsüchte stillen.

Kevin
1 Monat zuvor

Werbetext – man vergisst leicht, dass News4Teachers ja irgendwie sein Geld verdienen muss. Danke für das Gendern, es erleichtert die Einordnung!

Unfassbar
1 Monat zuvor

Formal ist die interviewte Lehrerin keine, weil sie nur das erste Staatsexamen hat. Welches Gehalt ist damit zu erwarten? bestenfalls E11. Würde ihr Gehalt refinanziert werden? Sehr wahrscheinlich nicht. Der staatliche Schuldienst ist somit ausgeschlossen, eine Verbeamtung sowieso.

Als berufsbegleitende Zusatzqualifikation oder wenn man nach bestandenen Referendariat noch nicht sofort einsteigen möchte, könnte ich mir das Neue Referendariat vorstellen, jedoch nicht so wie im Artikel dargestellt.

Hysterican
1 Monat zuvor

Schönes Beispiel für eine 1a-anekdotische Evidenz.

Weiter so, liebe Redaktion. 😉

Ich habs so satt
1 Monat zuvor
Antwortet  Hysterican

Wer bringt mehr rüber, LuL, die sich wohl fühlen, an „ihrer“ Schule gern arbeiten ( und nicht den $ absolut im Vordergrund sehen ) oder
dauerfrustrierte alte Hasen, die keine Lust mehr haben zu hoppeln oder den Fangschuss der Glorreichen fürchten.

Egal, dass es soooo wies derzeit
( schon zu lange) läuft, zur Unzufriedenheit und mehr… von LuL wie SuS führt, ist klar.
Warum dann sofort nach Minen suchen? Machen lassen, kann nur noch besser werden. Gute Ansätze ins Kröpfchen (selbst ausprobieren), schlechte – ins Töpfchen ( daraus lernen).

Übrigens: Was mir auffällt ist, dass bei gutlaufenden „Versuchen“ immer ein gutes Team genannt wird. Dies geht mMn in Schulen oft schief und steigert die Arbeit und den Frust vieler extrem.
Auch SuS merken das……und SuSfrust und LuLfrust gibt nicht nur Doppelfrust….

Pension lacht!
1 Monat zuvor
Antwortet  Ich habs so satt

Bei uns an der Schule starten die kinderlosen Junglehrkräfte (4 an der Zahl) auch dieses Schuljahr wieder mit 20 Stunden statt 27. Weil sie`s sonst nicht schaffen, wegen der Balance und überhaupt. Und wer ist immer da mit voller Stelle? Die alten Hasen, zwar durchaus mal, aber beileibe nicht dauerfrustriert.

Bla
1 Monat zuvor
Antwortet  Pension lacht!

Sondern oft schon resigniert.
[Das sollte man dann fairerweise schon ergänzen.]