Millionenkosten durch Headhunter: Sind 17.000 Euro pro vermittelter Lehrkraft zu viel?

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MAGDEBURG. Der Lehrkräftemangel ist groß, vor allem in Sachsen-Anhalt. Um Lücken zu schließen, setzt das Bildungsministerium auch auf kreative Lösungsansätze – und schickt beispielsweise Headhunter ins Ausland. Die Kritik, dass die Lehrersuche auf diese Art zu teuer sei, weist Sachsen-Anhalts Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) zurück.

Seit drei Jahren schickt Sachsen-Anhalt Headhunter ins Ausland, um Lehrkräfte zu rekrutieren. Foto: Shutterstock

Beim Anwerben von Lehrerinnen und Lehrer durch Headhunter handele es sich um ein „Erfolgsmodell“, sagte Feußner gegenüber der dpa. Das Projekt sei in seiner Form deutschlandweit einmalig und helfe dabei, mit Personalvermittlungsagenturen gezielt Lehrkräfte auch aus dem Ausland zu gewinnen.

Intern ist das Modell jedoch umstritten, wie die „Magdeburger Volksstimme“ berichtete. Das liegt unter anderem an den hohen Kosten. Laut Daten des Landesbildungsministeriums, auf die sich die Volksstimme beruft, hat das sogenannte Headhunter-Projekt bislang rund 1,2 Millionen Euro gekostet. Das Ergebnis: Mithilfe der Personalagenturen sind in den vergangenen drei Jahre 110 Lehrkräfte aus dem Ausland eingestellt worden, von denen 38 den Schuldienst aber bereits wieder verlassen hätten. Bleiben also Kosten von knapp 17.000 Euro pro fest gebundener Lehrkraft.

Zur Einordnung: Bei seriösen Personalberatungen liegt das Honorar für einen sogenannten Headhunter laut der Personalberatung „personal excellenz“ in der Regel zwischen 25 und 33 Prozent des Jahreseinkommens des Kandidaten. Bei großen internationalen Beratungsunternehmen beträgt das Mindesthonorar zumeist 40.000 Euro und mehr.

Die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt forderte eine Beendigung der Verträge mit den Vermittlungsagenturen. „Diese Geldverschwendung muss schnellstmöglich beendet werden“, sagte der bildungspolitische Sprecher der Linksfraktion, Thomas Lippmann. Zweifel an dem Projekt hätten seit Anfang an bestanden. Schon nach kurzer Zeit sei klar gewesen, dass der hohe finanzielle Aufwand in keinem vernünftigen Verhältnis zum geringen Ergebnis stehe. Auch der Koalitionspartner SPD distanziert sich laut Medienberichten inzwischen von dem Projekt.

Bildungsministerin Feußner hält jedoch daran fest und nannte die Lehrkräfterekrutierung im Ausland ein „probates Mittel“. „Jede Lehrkraft, die in den Dienst des Landes Sachsen-Anhalt eingestellt werden kann, bedeutet einen Erfolg“, sagte sie gegenüber der „Magdeburger Volksstimme“. Zugleich werde dadurch die Diversität im Lehrerzimmer erhöht, was insgesamt eine Bereicherung für die Schulen sei.

Bildungsministerin Feußner fordert eine „Willkommenskultur“

Diskussionen gibt es aber nicht nur aufgrund der hohen Kosten. Das Landesschulamt hat darüber hinaus ein einer internen Auswertung etliche Missstände offengelegt. Demnach seien zahlreiche zur Zahlung an die Agenturen angewiesene Rechnungen als „nicht vertragskonform“ bezeichnet worden. Es seien etwa Menschen rekrutiert worden, die über die Abschlüsse Lehramt Japanisch, Modern East Asian Studies oder serbische Sprache und Literatur verfügten, berichtete die Volksstimme.

Das Landesschulamt bestätigte auf Anfrage der dpa, dass in der vergangenen Woche eine Besprechung zu dem Thema stattgefunden habe. Dazu habe es auch dienstinterne Ausarbeitungen des Landesschulamtes gegeben. Bei der Erfüllung von Verträgen komme es durchaus vor, dass es Meinungsverschiedenheiten über die Leistung gebe, teilte das Landesschulamt auf Anfrage mit. „Solche Erörterungen führen jedoch nicht dazu, dass das Ziel eines Vertrages insgesamt infrage steht.“

Feußner forderte die Schulen auf, mehr Verständnis zu haben. Es brauche eine gewisse Willkommenskultur, damit das Projekt erfolgreich sein könne. Die Bildungsministerin bestätigte aber auch, dass es gewisse Anpassungen geben werde. So gebe es trotz Sprachzertifikaten bei den ausländischen Lehrkräften vereinzelt Sprachprobleme. „Wenn man sich nicht ordentlich artikulieren kann, dann ist es schwierig vor einer Klasse zu bestehen“, sagte Feußner. In Zukunft solle es daher möglicherweise Sprachkurse für die angehenden Lehrer geben. News4teachers mit Material der dpa

Expertenbericht: Mehr als 9.000 Lehrer werden benötigt – allein in Sachsen-Anhalt

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Sepp
30 Tage zuvor

1,2 Mio für gut 70 neue Lehrkräfte sind immerhin ca. 17.000 Euro pro Lehrkraft. Und da versteht Frau Ministerin die Kritik nicht?

Karl Heinz
30 Tage zuvor
Antwortet  Sepp

*lol*
Das war ebenfalls exakt mein erster Gedanke.

1,2 Mill auf die rund 750 allg. bildenden Schule verteilt ergäbe ca. 1.600 € zusätzliches Budget für jede Schule. Etwas weniger, wenn man die privaten noch berücksichtigen muss…

In Zeiten, da jeder Cent zählt, sicher ein netter Bonus.

Lydia 1982
30 Tage zuvor

Ich finde wir können darauf stolz sein, dass wir unserem Dienstherrn soviel wert sind. In der Industrie würde sowas nicht möglich sein. Bei unseren Wirtschaftsprognosen stehen wir in einem Jahr wieder als Winner da und können mit unseren sicheren Besoldungen wieder mitreden.

Mika
30 Tage zuvor
Antwortet  Lydia 1982

Nicht Sie sind Ihrem Dienstherren so viel wert, denn dann würden SIE das Geld ausbezahlt bekommen. Das Geld geht an eine Arbeitsvermittlung, falls diese lehrwillige Personen findet. Im Inland klappts nicht mehr – also muss im Ausland gesucht werden.

Der Zauberlehrling
30 Tage zuvor

So gebe es trotz Sprachzertifikaten bei den ausländischen Lehrkräften vereinzelt Sprachprobleme. „Wenn man sich nicht ordentlich artikulieren kann, dann ist es schwierig vor einer Klasse zu bestehen“, sagte Feußner. 

Hauptsache, es steht einer vorne und die Stunde ist gehalten bzw. gilt als gehalten. Der Rest spielt keine Rolle mehr.

Wir hatten mal einen Aushilfslehrer in Physik. Den haben wir schon nicht verstanden – hatte auch einen Migrationshintergrund von außerhalb Deutschlands. Die Schüler haben ihn auch nicht verstanden und ordentlich bei der Schulleitung gemotzt. Der war schnell wieder weg.

Das einzige, was eine Kollegin wirklich gut verstanden hatte, war sein Wunsch nach einer sauberen und gereinigten Kaffeemaschine für 07:00 Uhr, wenn er denn mit dem Zug ankäme. Das Frauenverständnis war schon sehr eigen, war es doch eine A13-Fachkraft, welche die deutliche Bitte um rechtzeitige Inbetriebnahme der Kaffeemaschine auf’s Auge bekommen hatte.

So viel zum Thema Kultur – andere Kultur.

Der Zauberlehrling
29 Tage zuvor
Antwortet  Redaktion

Das Verhalten des Gastlehrers wurde von der Kollegin als Fehlverhalten gesehen, da sie hier als „Putzfrau“ oder alt „Kaffeeschubse“ eingestuft wude. Mangelnder Respekt eine Einzelperson einer Kollegin gegenüber. Möglicherweise kulturkreisbedingt.

Nur ein Beispiel aus vielen Jahren, das herausgestochen ist.

Es gab auch Fälle, da hat jemand im tiefsten schwäbischen Dialekt bei einem Unterrichtsbesuch den fränkischen Akzent kritisiert. Auf diesen Umstand hingewiesen war die Beurteilung gelaufen.

Rassismus – wenn Sie es so sehen.

Unfassbar
29 Tage zuvor

Eingestuft wurde oder sich eingestuft fühlte? Wie oft ist das vorgekommen, insbesondere nach Hinweis darauf?

Der Zauberlehrling
29 Tage zuvor
Antwortet  Unfassbar

So lange war er nicht da und die Ansage der Kollegin war so deutlich, dass es selbst der letzte im Lehrerzimmer verstanden hat.

Wir wollen doch nicht Täter zu Opfern stilisieren?

vhh
30 Tage zuvor

Achtung, Triggerwarnung für die Redaktion, die geschilderten anekdotischen Einzelerfahrungen könnten Grundüberzeugungen widersprechen!
Es gibt immer wieder neue KuK, die es mit Pädagogik aus der Mottenkiste versuchen: Buch, Arbeitsblatt, Besprechung, Buch,.. Test,…Das sieht dann mehr nach Dressurübungen aus, aber der Unterricht ist gehalten. So etwas geschieht auf dem Rücken aller anderen, denn diese dressierten Klassen rasten regelmäßig in den Folgestunden mit offenerem Unterricht komplett aus. Es kommt häufiger bei KuK vor, die mit einer hierarchischen Schule aufgewachsen sind, die es so in D nicht mehr gibt, also einer anderen (Schul)kultur. Üblich ist es auch, dass von ihnen Mädchen in MINT-Fächern schlechter bewertet werden als Jungen. Nach vier bis fünf Jahren wird das meist besser, aber bis dahin haben alle anderen Stress – bis auf die Schulbehörde, die hat eine Lehrkraft für die Statistik. Würde sich eine Mathelehrkraft aus einem englischen Eliteinternat sofort in das englische oder deutsche allgemeine Schulsystem einfügen? Auch eine andere Kultur…und sicher kein Rassismus. Ob man die Anekdote zur Kaffeemaschine als Rassismus bewertet oder als Anekdote spielt keine Rolle, das Problem ‚eventuell andere Grundverständnis von Schule‘ existiert, gerade wenn praktische jede/r Lehrkraft spielen kann.

Lisa
30 Tage zuvor

Es ist aber auch typisch, dass keiner dem neuen Kollegen anscheinend half, sich einzufinden.
Integration und Inklusion sollte nicht nur für Schüler sondern auch für das Lehrerkollegium gelten.
Problematisch ist eher, dass das Arbeitspensum nur zu schaffen ist, wenn ab der ersten Minute 120 Prozent zu geben sind. Daher gibt es wenige Nichtmuttersprachler und im Vergleich zu früher sogar weniger Behinderte.

Pension lacht immer weiter!
30 Tage zuvor

Bei einer A12erin wäre es ok gewesen?!

Der Zauberlehrling
29 Tage zuvor

Nö, aber die sind so früh nicht dagewesen.

Canishine
29 Tage zuvor

Sagen Sie bitte nicht, die A13-Fachkraft kochte dann tatsächlich um 7:00 Uhr pünktlich den Kaffee.

Der Zauberlehrling
29 Tage zuvor
Antwortet  Canishine

Doch, es gab einige wenige Kolleginnen, die haben sich tatsächlich der Kaffeemaschine angenommen und diese allmorgendlich gereingt und von den Resten des Vortages befreit. Zum Teil getrieben von Eigennutz, denn Kaffee aus einer sauberen Maschine ist einfach bekömmlicher als welcher mit saurer Milch kurz vor dem Joghurt.

Es gab auch A13er, die haben täglich die Spülmaschine ein- und wieder ausgeräumt. Warum auch nicht? Arbeitsteilung ist eine gute Idee.

Tine
29 Tage zuvor

Ja, vielleicht auch weil 17000 Euro eher ein Almosen sind. In den USA bspw. ist die Inflation schon weiter, dort kostet ein Pfund Butter inzwischen $5, 500 g Brot kosten $4. Da relativiert sich sie Summe.

Daneben gibt es Probleme mit den hohen Lohnsteuern und Abgaben in Deutschland. Um ihren Nettostundenlohn zu optimieren arbeiten viele weniger, etwa bis zum Steuerfreibetrag, oder etwas darüber.

Tine
29 Tage zuvor
Antwortet  Tine

Sorry, ein Paket Butter, ein halbes Pfund. .

Anne
29 Tage zuvor
Antwortet  Tine

Das Geld haben nicht die Lehrkräfte (egal, ob „alt“ oder „neu“) bekommen, sondern die Headhunter. Wenn man das mal aufs Lehrergehalt umlegt, hätte ich also nach 3,5 gefundenen neuen Lehrkräften das gleiche verdient wie für ein Jahr in der Schule …

Tine
29 Tage zuvor
Antwortet  Anne

… und die Geworbenen erhalten wohl keine Prämie? Na, kein Wunder das es nicht läuft.

Lehrer verdienen zu wenig, sonst würden sich mehr finden.

Aber da liegt eben ein Problem, höherer Verdienst zieht Arbeitskräfte aus der Privatwirtschaft ab, die mit den höheren Preisen für Arbeit nicht mithalten kann. Das führt zu einer Angebotsverknappung und zu steigenden Preisen.

Dil Uhlenspiegel
27 Tage zuvor

Es lässt sich sicher jemand anheuern im Ausland, z.B. in Shanghai, ahoi!

dickebank
26 Tage zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

So viel Schnaps gibt´s doch gar nicht.