Transidentität bei Jugendlichen: Zahl der Betroffenen steigt – Studienlage unzureichend

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JENA. In einer neuen Studie beleuchten Wissenschaftler die Quellenlage zur Behandlung geschlechtsdysphorer Minderjähriger aus psychologischer und medizinischer Sicht. Betroffene bräuchten individuelle Unterstützung und klare Diagnosen, so die Forscher.

Immer mehr Jugendliche verweigern sich der ihnen zugeschriebenen Geschlechterrolle. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

In Westeuropa nimmt die Zahl der Kinder und Jugendlichen sprunghaft zu, die sich nicht dem Geschlecht zugehörig fühlen, dessen Merkmale ihr Körper aufweist und die deshalb Hilfe suchen. Eine jüngst erschienene Übersichtsarbeit eines Teams um Florian Zepf (Uniklinik Jena) und Martin Holtmann (Uniklinik Hamm) zur Studienlage im Bereich Pubertätsblockade und Hormongabe bei Minderjährigen betont die besondere Bedeutung von psychologischen und psychotherapeutischen Maßnahmen bei Heranwachsenden mit Geschlechtsdysphorie. Insgesamt zeigte sich die Studienlage aus Sicht der beteiligten Psychologen und Mediziner als unzureichend.

Mit Geschlechtsdysphorie bezeichnen Psychologinnen und Psychologen die Situation, wenn ein Mensch sich nicht zu dem bei der Geburt festgestellten Geschlecht gehörig fühlt und darunter erheblich leidet. Bereits Kinder und Jugendliche können davon betroffen sein und suchen vielfach gemeinsam mit ihren Familien nach Hilfe. In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist die Aufmerksamkeit für dieses Phänomen sowohl in der Fachwelt als auch in der Öffentlichkeit deutlich gestiegen. Der Streit um die Möglichkeit für Jugendliche, ab einem Alter von 14 Jahren ihren Geschlechtseintrag im Personenstandsregister ändern zu lassen, bildet dabei ein prominentes Beispiel. Das erschwere laut dem Team um Zepf und Holtmann nicht zuletzt die Angabe von validen Zahlen zur Häufigkeit der Geschlechtsinkongruenz.

Oft empfänden die Betroffenen die in der Pubertät einsetzenden körperlichen Veränderungen als bedrohlich. Für viele von ihnen stelle daher die Möglichkeit, die physiologischen Prozesse der Pubertät durch Medikamente aufzuhalten, einen Zeitgewinn für die Identitätsfindung und eine Belastungsminderung dar. Eine solche Pubertätsblockade sei jedoch ein massiver Eingriff in die Entwicklung körperlich gesunder Minderjähriger, denn die Pubertätsblocker bremsten die Heranwachsenden auch in ihrer psychosozialen Entwicklung. Gleichaltrige pubertierten weiter und durchlaufen indessen die damit verbundenen körperlichen, kognitiven, sozialen und auch psychischen Veränderungsprozesse. Inwieweit eine Pubertätsblockade bei Betroffenen komplett oder auch nur teilweise umkehrbar ist, wenn die Medikamente abgesetzt werden, sei aktuell überdies nicht ausreichend erforscht.

Wer sich für Pubertätsblocker entscheidet, gehe häufig auch den nächsten Schritt und nehme Geschlechtshormone ein. Die Gabe von Testosteron oder Östrogen zielt dabei auf eine äußerliche Vermännlichung oder eine Verweiblichung, also eine Veränderung des körperlichen Aussehens in Richtung des empfundenen Geschlechts. Bei dieser gegengeschlechtlichen Hormongabe nach vorheriger Pubertätsblockade bestehe nach Studienlage für die Minderjährigen das Risiko für Unfruchtbarkeit.

Die ärztlich-therapeutische Beratung und Begleitung der Heranwachsenden gehe deshalb mit vielen Herausforderungen einher. „Wir wissen insgesamt noch sehr wenig über die Entwicklung von jungen Menschen, die in Kindheit oder Pubertät wegen einer Geschlechtsdysphorie eine Pubertätsblockade bzw. eine Hormongabe erhalten haben. Es müssen viele individuelle Aspekte berücksichtigt werden, und solide langfristige Daten fehlen uns derzeit“, stellt Florian Zepf fest.

Kaum Neues und Belastbares

Beinahe resigniert fasst Zepf die Ergebnisse der Übersichtsarbeit zusammen: „Die Studienlage zur Pubertätsblockade und Hormongabe bei Minderjährigen mit Geschlechtsdysphorie ist derzeit sehr begrenzt und basiert auf wenigen Studien mit unzureichender Methodik und Qualität, sodass das klinisch-wissenschaftliche Vertrauen in die Ergebnisse aktuell gering ist. Aussagekräftige kontrollierte Langzeitstudien dazu fehlen derzeit“, so der Epidemiologe. Die langfristigen Risiken der Pubertätsblockade und der Hormongabe ließen sich deshalb kaum abschätzen.

Vor allem aber fehle der belastbare und sichere Nachweis, dass die jeweilige medizinische Maßnahme die angestrebte Wirkung tatsächlich erreicht. Zepf: „Die Studien- und Evidenzlage zeigt derzeit nicht mit ausreichender Zuverlässigkeit, dass sich die Geschlechtsdysphorie und die psychische Gesundheit bei betroffenen Minderjährigen durch Pubertätsblockade und Hormongabe im Verlauf sicher und bedeutsam verbessern.“ Für das Autorenteam spielt daher die psychologische und psychotherapeutische Begleitung der Betroffenen eine besonders wichtige Rolle.

Dies betreffe auch die Diagnostik bei der Abgrenzung von eventuellen begleitenden psychischen Störungen, die dann behandelt werden sollten. „Dabei kommt ebenso psychologischen und psychotherapeutischen Interventionen eine besondere Bedeutung zu. Solche Interventionen sind jedoch explizit nicht als eine Konversionstherapie mit dem Ziel einer Versöhnung mit dem biologischen Geburtsgeschlecht zu sehen“, betont Martin Holtmann. Es gehe vielmehr darum, den individuellen Leidensdruck der Heranwachsenden zu mindern. „Wenn nach sorgfältigster und sehr strenger individueller Abwägung mit den Betroffenen und den Eltern die Entscheidung für eine Blockade der Pubertät oder für die Gabe von Hormonen fallen sollte“, ergänzt Holtmann, „dann sollte dies nach Möglichkeit im Rahmen von klinischen Studien erfolgen, damit wir das klinische Wissen zur derzeit fraglichen Wirksamkeit und zu den Risiken dieser Maßnahmen verbessern können.“ (zab, pm)

Queere Jugendliche fühlen sich diskriminiert – vor allem in der Schule

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Rainer Zufall
1 Monat zuvor

Heftig! Ich nahm bisher an, dass Pubertätsblocker später (nahezu) ungefährlich abgesetzt werden könnten.

Was die Langzeitstudien betrifft, frage ich mich, ob das nicht der jungen Situation geschuldet sei…

Aber wichtig! Ich hoffe, hier wird noch weiter geforscht und nicht aus „antiwoker“ Ideologie heraus Fördergelder gestrichen

Alx
1 Monat zuvor

Pubertätsblocker sind nicht reversibel!
Das ausgebliebene Wachstum kann nicht einfach nachgeholt werden.
In vielen Fällen ist danach aufgrund des daraus resultierenden Mikropenis eine Geschlechtsumwandlung nicht möglich ohne sehr viel Gewebe am Unterarm zu entnehmen und eine Geschlechtsfunktion kann dann nicht mehr hergestellt werden.

Die Kinder die mit Blockern behandelt werden leiden später unter sexuellen Funktionsstörungen, verlieren die Fähigkeit Orgasmen zu haben, sind häufig lebenslang steril, haben eine erhöhte Krebsgefahr und bekommen früh Osteoporose.

In den allermeisten Fällen (über 80 Prozent) ist die Pubertät die Heilung von Geschlechtsdysphorie. Viele dieser Kinder fühlen sich auch falsch in ihrem Geschlecht, weil sie schlicht und ergreifend homosexuell sind.

Danke für diesen Artikel.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  Alx

Haben Sie Quellen, die Ihre Behauptungen von Mikropenis, Hautentnahme, Funktionsstörungen und Krebsrisiko?

Alx
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Es gibt eine Menge Quellen dazu.
Besonders aussagekräftig finde ich allerdings dieses Video von der WPATH-„Vorsitzenden“, wo „ihr“ das nebenbei herrausrutscht.

https://youtu.be/kuwOx9YdHXY?si=7-uqFpmC_4FrRerG

Hier sind auch viele Studien verlinkt.
https://www.transgendertrend.com/puberty-blockers/

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  Alx

Herausrutschen tut ihr das nicht. Sie hat es auch nicht wissenschaftlich untersucht, sondern meint, Fälle zu kennen und wünscht sich in dieser Richtung mehr Forschung – gut so.

Was die Seite „No child is born in the wrong body“ betrifft, glaube ich, dass sie nicht 100% objektiv arbeitet und deren Zusammenhang mit Ausismus erschließt sich mir nicht ganz… =/

Alx
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Marci Bowers spricht hier von ihren Patienten. Sie hat diese Kinder in Tanner Stage 2 mit den Medikamenten versorgt. Zur Verdeutlichung: das sind Viertklässler.

Der Zusammenhang mit Autismus ist lange bekannt. Autisten sind anteilig deutlich häufiger Genderdysphorisch als die Gesamtbevölkerung.

Nach Metastudien sind ca. 0.3 – 0.7% der Bevölkerung tatsächlich transsexuell.
Etwa drei bis 26 Prozent aller Personen mit Geschlechtsinkongruenz, je nach Studie.

Das ist in sofern relevant, als dass Autismus ähnliche Gefühle des Unwohlseins und des „nicht passens“ verursacht und als zugrundeliegende Ursache zu betrachten sein könnte.
In dem Fall wäre sinnvolle, zunächst den Autismus zu behandeln.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  Alx

Klingt schlüssig. Können Sie mir bitte die Quellen schicken?

Alx
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Bezüglich Krebs bin ich aber tatsächlich über’s Ziel hinausgeschossen, der wird eher durch die zusätzliche Hormongabe verursacht.

DerDip
1 Monat zuvor
Antwortet  Alx

Sie fassen es recht gut zusammen. Eine Prognose, wie eine Geschlechtdysphorie sich weiter entwickeln wird, ist kaum möglich.

Es hängt oft vom direkten Umfeld der Kinder ab, für welchen Weg sich diese entscheiden.

Es gibt auch keine objektive Methode festzustellen, bei wem der Wechsel der sexuellen Identität voraussichtlich hilft, bei wem nicht, und bei wem dieser sogar schadet. Vielmehr wir aktuelle betont, dass es eine Selbstdiagnose durch die Kinder selbst Bedarf. Nun ist es m.E. Naiv zu denken, dass ein Kind im Alter von evtl. 11 oder 12 Jahren, das noch kurz zuvor an den Weihnachtsmann geglaubt hat, die Tragweite solcher Entscheidungen einschätzen kann.

Oft ist es das Umfeld des Kindes (virtuell oder real), dass die Kinder in ihrer Entscheidung beeinflusst. Es gibt Eltern, die ihr Kind in ihrer Dysphorie bestärken, weil sie selbst eine Diskrepanz zwischen dem Verhalten des Kindes und den durch die Eltern erwarteten Verhaltensweisen bei einem bestimmten Geschlecht sehen. Es gibt Eltern, die hoffen, dass das Leiden des Kindes mit einem Stoppen der Pubertät endet, und es deshalb befürworten. In diesem Bereich ist vieles sehr unklar. Valide wissenschaftliche Studien gibt es kaum, auch weil viele Menschen, die sich für einen Wechsel der Geschlechtsidentität entscheiden, nicht an Studien teilnehmen möchten (und die Eltern meist keine Kraft dafür haben).

Sehr schwieriges Thema, das leider lange Zeit nicht sachlich sondern ideologisch betrachtet wurde.

PaPo
1 Monat zuvor

Ein paar (m.E. notwendige) Informationen zu Transexualismus.

Def. nach ICD-10: F64.0 (Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen > Störungen der Geschlechtsidentität):
Der Wunsch, als Angehöriger des anderen Geschlechtes zu leben und anerkannt zu werden. Dieser geht meist mit Unbehagen oder dem Gefühl der Nichtzugehörigkeit zum eigenen anatomischen Geschlecht einher. Es besteht der Wunsch nach chirurgischer und hormoneller Behandlung, um den eigenen Körper dem bevorzugten Geschlecht soweit wie möglich anzugleichen.

D.h. bedeutet (salopp formuliert) die Ablehnung des eigenen Körpers in seiner gegenwärtigen Form und der damit verbundene Leidensdruck, die Klassifikation als – aus dieser (medizinischen) Perspektive – Störung.* Und letzterer Begriff ist bitte vollkommen wertfrei zu interpretieren.

Was daraus, also aus einer Pathologisierung, folgt?
Erstmal nichts. Das ist auch generell vom (i.w.S.) Leidensdruck (und bei Paraphilien bspw. von der Gefahr der Fremdgefährdung) abhängig, ob dieser Leidensdruck primär sozio-kulturell oder anderweitig bedingt ist etc. Homosexuelle schaden ja bspw. weder sich noch irgendjemand anderem, wir haben es mithin auch mit einer sexuellen Orientierung und nicht bspw. mit einer Ablehnung des eigenen Körpers o.ä. zu tun. Da ist ein eventueller Leidensdruck dann leider eher das Resultat von gesellschaftlicher Intoleranz (also das ganze Sammelsurium von Homophobie in Erziehung, Religion, Gesetzeslage und Co.), da gibt es aber auch nichts zu therapieren, da ist gesamtgesellschaftliche Toleranz das Heilmittel. Bei „Transexualismus“ sieht das im Grunde ähnlich aus, mit dem Unterschied, dass eine Linderung des Leidensdruck vermeintl.(!) nur mit einer Geschlechtsumwandlung möglich scheint – simple Toleranz hilft da wenig. Aber Maßnahmen der Geschlechtsumwandlung scheinen dort auch nicht das nonpluultra zu sein.**

Problematisch ist ja auch immer wieder, das darauf hingewiesen wird, dass ja selbst in den Fällen, in denen Transpersonen die Transition dann doch bereuten, dies am fehlenden gesellschaftlichen Support liegen könnte o.ä.:
Natürlich ist das möglich, in vielen Fällen gar hochwahrscheinl., nur dies salopp als den einen Hauptgrund darzustellen, ist natürlich unzulässig. Zudem wäre die Grundannahme bzw. die Hoffnung entsprechender Personen ja bestenfalls naiv, zu glauben, dass bspw. eine Transfrau, wenn sie transitioniert wäre, plötzlich von allen Menschen mit offenen Armen als ‚vollwertige‘ Frau empfangen würde und evtl. vielfach und von vielen so wahrgenommen bspw. nicht immer noch wie ein Mann in Frauenklamotten aussähe – mit entsprechenden Reaktionen. Wie naiv, wie unglaublich naiv.

Eine frühzeitige Transition kann hi rnatürlich ‚bessere‘ Ergebnisse liefern, die das Problem der ‚männlichen‘ Optik etc. vermeiden, damit wären wir auch genau im Thema. Aber evtl. Kindenr oder Jugendlichen, denen wir ja insg. aus guten Gründen nur eine eingeschränkte Mündigkeit zutrauen, entsprechende En tscheidungen zu überlassen (oder dies evtl. ga rin Elternhand zu legen), begegnet wieder eienr Reihe von gravierenden Problemen.

Und nun? Wie mit diesen Erkentnissen umgehen?
Ich weiß es nicht. Aber ich finde es problematisch – und meiner an der biologischen Zweigeschlechtlichkeit des Menschen orientierten Definition von Mann und Frau ggü. selbstverleumderisch -, entsprechende Personen in ihrer Dysphorie einfach salopp pro forma zu affirmieren, das geht dann ein paar Schritte weiter als die indifferente Toleranz, die ich bereit bin, erstmal jedem Menschen zukommen zu lassen.

* Noch zum ICD-11:

Nicht nur, dass sich vom ICD-10 zum ICD-11 diesbzgl. bei genauerem Hinsehen inhaltlich nicht wirklich was geändert hat, gender dysphoria also eigtl. gender dysphoria bleibt, nur aus soziopolitischen Gründen jetzt gender incongruence genannt wird und man aus denselben Gründen woke Sprache übernommen hat („Gender incongruence is characterised by a marked and persistent incongruence between an individual’s experienced gender and the assigned sex.“); die Hintergründe für die Änderung sind hier gut zusammengefasst: Reed et al. (2016), insb. ab „PROPOSED CHANGES TO F64 GENDER IDENTITY DISORDERS“ (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5032510/):

Spoiler

Over the past several years, a range of civil society organizations as well as the governments of several Member States and the European Union Parliament have urged the WHO to remove categories related to transgender identity from its classification of mental disorders in the ICD‐11.One impetus for this advocacy has been an objection to the stigmatization that accompanies the designation of any condition as a mental disorder in many cultures and countries. The WHO Department of Mental Health and Substance Abuse is committed to a variety of efforts to reduce the stigmatization of mental disorders. However, the stigmatization of mental disorders per se would not be considered a sufficient reason to eliminate or move a mental disorder category. […]

Nevertheless, there is substantial evidence that the current nexus of stigmatization of transgender people and of mental disorders has contributed to a doubly burdensome situation for this population, which raises legitimate questions about the extent to which the conceptualization of transgender identity as a mental disorder supports WHO’s constitutional objective of “the attainment by all peoples of the highest possible level of health”. Stigma associated with the intersection of transgender status and mental disorders appears to have contributed to precarious legal status, human rights violations, and barriers to appropriate health care in this population.

The WHO’s 2015 report on Sexual health, human rights, and the law indicates that, in spite of recent progress, there are still very few non‐discriminatory, appropriate health services available and accessible to transgender people. Health professionals often do not have the necessary competence to provide services to this population, due to a lack of appropriate professional training and relevant health system standards. Limited access to accurate information and appropriate health services can contribute to a variety of negative behavioural and mental health outcomes among transgender people, including increased HIV‐related risk behaviour, anxiety, depression, substance abuse, and suicide. Additionally, many transgender people self‐administer hormones of dubious quality obtained through illicit markets or online without medical supervision, with potentially serious health consequences. For example, in a recent study of 250 transgender people in Mexico City, nearly three‐quarters of participants had used hormones, and nearly half of these had begun using them without medical supervision.

In spite of WHO’s concerted advocacy for mental health parity, a primary mental disorder diagnosis can exacerbate problems for transgender people in accessing health services, particularly those that are not considered to be mental health services. Even in countries that recognize the need for transgender‐related health services and where professionals with relevant expertise are relatively available, private and public insurers often specifically exclude coverage for these services. Classification as a mental disorder has also contributed to the perception that transgender people must be treated by psychiatric specialists, further restricting access to services that could reasonably be provided at other levels of care.

Etc. Da hat sich also zum Stand der Forschung im Grunde nichts geändert. Und ich kann das Agens hinter der Änderung auch zu einem gewissen Grad nachvollziehen, auch wenn ich es insg. absurd finde, dass Menschen aufgrund einer Pathologisierung pauschal diskriminiert werden… ist aber wohl leider Realität.

** Eine nette Literaturübersicht über das Wohlbefinden von Transpersonen nach der Transition hätten wir hier: https://whatweknow.inequality.cornell.edu/topics/lgbt-equality/what-does-the-scholarly-research-say-about-the-well-being-of-transgender-people/. Sieht auch auf den ersten Blick alles toll aus für Transpersonen nach der Transition… aber auf den ersten Blick haben wir auch hier nur Abstracts und der Teufel liegt wie immer im Detail (z.B.: Tatsächliche Ergebnisse der Studien? Was wurde eigtl. gemessen? Wie wurde es gemessen? Wie große sind die Effekte? etc.). Ich habe mir mal einen etwas tieferen Einblick in die Studien verschafft:

Spoiler

Wie antizipiert, enorme Unterschiede zwischen den Studiendesigns… und einige sind m.E. in der Form auch nicht zu gebrauchen. Es macht nunmal wenig Sinn, einen gemittelten Wert zur bspw. Quality of Life (QoL) von Transpersonen zu präsentieren,…

… (a) wenn keine baseline-Werte (also die QoL vor Transitionsmaßnahmen) eruiert wurden, so dass nicht klar ist, ob es eine Verbesserung nach der Transition gab,

… (b) wenn nicht sichergestellt ist, dass evtl. Verbesserungen auch langfristig anhalten, also (mehrere) Erhebungen ein paar Jahre nach der Transition durchgeführt werden; einer der vier Studien mit auch auf den ersten Blick negativen bzw. Nichteffekten demosntrierte bspw., dass nach einem Jahr die QoL höher war, danach aber absank,

… (c) es keine Kontrollgruppen bzw. Referenzwerte gibt, wie die QoL insg. in der jeweiligen Bevölkerung(sgruppe) ist; eine höhere QoL für Transpersonen nach der Transition kann imme rnoch erheblich unter derjenigen für die Gesamtbevölkerung sein,

… (d) wenn man Ergebnisse verschiedener Transitionsmaßnahmen (Hormontherapie, Genital-, Brust-, Gesicht-, Stimmband-/Schildknorpeloperationen etc.) einfach zu einem Mittelwert kumuliert und nicht (auch) die Einzelwerte für verschiedene
Maßnahmen(kombinationen) präsentiert; die QoL mag für die eine Maßnahme(nkombination) erhöht, für eine andere aber drastisch reduziert sein,

… etc.

Da sind die Studien alle all over the place, außerdem gibt es ja noch eine Menge anderer Wohlfühlindikatoren, abseits dieses QoL-surveys, z.B. diverse Depressions-, anxiety– und self-esteem-Skalen, Suizidalitäts-surveys etc.

Zu diesen generellen Problemen kommen noch viele, viele, viele kleine Probleme hinzu, die die einzelnen Studien prägen. Und so manche Kuriositäten, die dann mit in den Topf geworfen werden, dass Transitionen ja das nonplusultra seien.
Bspw. Bar et al. (2016):

„People who undergo a gender transition process experience changes in different everyday occupations. These changes may impact their health and life satisfaction. Purpose. This study examined the difference in the occupational performance history scales (occupational identity, competence, and settings) between male-to-female transgender women and cisgender women and the relation of these scales to health and life satisfaction. […] . The results indicate lower performance scores for the transgender women. In addition, occupational settings and group membership (transgender and cisgender groups) were found to be predictors of life satisfaction. Implications. The present study supports the role of occupational therapy in promoting occupational identity and competence of transgender women and giving special attention to their social and physical environment.“
Wie kann man denn bitte so ein Ergebnis in die Gruppe der Studien einsortieren, „that found that gender transition improves the well-being of transgender people“?!

Walter Hasenbrot
1 Monat zuvor
Antwortet  PaPo

Früher galt auch Homosexualität als psychische Störung.

Es ist nicht sinnvoll, Transsexuelle als krank zu betrachten. Nicht alles, was anders ist, ist krank.

PaPo
1 Monat zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Don’t shoot the messenger…

Und zum Vergleich von Homosexualität und Transsexualismushabe ich ja was geschrieben, ist m.E. nicht wirklich miteinander vergleichbar (Äpfel und Birnen) – Ersteres ist ein sexuelle Orientierung, Letzteres eine Dysmorphophobie (Körperschemastörung).

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  PaPo

Don’t shoot the messenger.
Hasenbrot beschrieb ja lediglich die gesellschaftliche Neigung in der Geschichte, andere als „gestört“ und „krank“ zu bezeichnen

DerDip
1 Monat zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Der Leidensdruck, der aus einer Geschlechtdysphorie resultiert, muss ja behandelt werden. Insofern muss es hierfür auch eine Diagnose geben.

Wenn jemand sich dem anderen Geschlecht zugehörig fühlt, aber keinen Leidensdruck verspürt und glücklich ist, wird auch keine solche Diagnose gestellt.

Indra Rupp
1 Monat zuvor
Antwortet  DerDip

Doch! Tatsächlich kann „glücklich sein“ der Hormontherapie im Wege stehen. Man muss die Ärzte schon überzeugen.

DerDip
1 Monat zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Natürlich. Wenn jemand glücklich ist, gibt es aus medizinischer Sicht auch keinen Handlungsbedarf. Das is ja klar.

Sina
1 Monat zuvor
Antwortet  PaPo

“ .. plötzlich von allen Menschen mit offenen Armen als ‚vollwertige‘ Frau empfangen würde und evtl. vielfach und von vielen so wahrgenommen bspw. nicht immer noch wie ein Mann in Frauenklamotten aussähe – mit entsprechenden Reaktionen. Wie naiv, wie unglaublich naiv. ..“

Genau, natürlich ist es naiv, wenn es dabei um Heranwachsende geht. Sie können allein aufgrund ihres Alters noch keine ausreichenden Erfahrungen mit Geschlechtlichkeit haben. Vor diesem Hintergrund sind auch die “ Geschlechtsumwandlungen “ abzuwägen.

Achin
1 Monat zuvor

Liebe Redaktion,

warum dieses schrille und obszöne Symbolbild unter dem Titel? Das wird meines Erachtens den betroffenen Jugendlichen nicht gerecht.

Lisa
1 Monat zuvor

„Dies betreffe auch die Diagnostik bei der Abgrenzung von eventuellen begleitenden psychischen Störungen, die dann behandelt werden sollten.“
Äh ja. Manche magersüchtige junge Mädchen finden es verlockend, die Pubertät zu blocken und auch männliche Hormone einzunehmen. Nicht wegen Geschlechterdysphorie, sondern weil ganz konkret Fett abgebaut wird, Rundungen verschwinden und der Körper erstmal vorpubertaer / androgyn bleiben kann. Das Ausbleiben der Regel, die oft als unangenehm oder schmerzhaft erlebt wird, gehört zu den als positiv erlebten Effekten dazu. Zumal die Menarche in einem Alter auftritt, in dem ein Kinderwunsch in jahrelanger Ferne liegt.
Es gibt mittlerweile eine viel größere Anzahl von Mädchen, die sich als Jungen fühlen als umgekehrt.
Es muss genau hingesehen werden, ob sie wirklich Männer sind – oder keine Frauen sein wollen. Sonst werden sie mit einer Geschlechtsangleichung nicht glücklich.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  Lisa

Wie viele sind die „manchen“ Mädchen, die nachweislich Blocker aus der Magersucht heraus einnehmen?

SchnauzeVoll
1 Monat zuvor

Der letzte Abschnitt ist der entscheidende.

„[…]derzeit fraglichen Wirksamkeit und zu den Risiken dieser Maßnahmen[…]“

Aktuell sind die betroffenen KuJ Versuchskaninchen, das ist ein unhaltbarer Zustand.

Überhaupt ist die Idee, eine psychiatrische Störung mit einer Homontherapie und final einem chirurgischen Eingriff zu behandeln mindestens einmal exotisch. Man könnte es auch „kriminell“ nennen, wenn man sich vor Augen hält, dass sich die Störung in ca. 80% der Fälle herauswächst und die allermeisten Betroffenen einfach nur homosexuell sind. Insgesamt ist die Gemengelage unübersichtlich, das einzig Eindeutige ist, dass „Gender Affirming Care“ weit davon entfernt ist, die bewiesen beste Behandlung zu sein oder auch nur mehr Nutzen als Schaden verursacht.

https://www.nytimes.com/2024/02/02/opinion/transgender-children-gender-dysphoria.html

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  SchnauzeVoll

Es handelt sich ja um eine Minderheit. Anders als von anderen befürchtet, breitet sich dies nicht explisionsartig aus.
Zudem sind ja Aufklärungsgespräche vorgeschrieben.

Wie weit Ihre Behauptung Ihre Behauptung einer „psychatrischen Störung“ mit einem Meinungsartikel zu belegen ist… =/

SchnauzeVoll
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Machen Sie Scherze? Es ist in der ICD entsprechend klassifiziert. Ich dachte, das sei allgemein bekannt, jedenfalls ist es mitnichten meine „Behauptung“.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  SchnauzeVoll

Also befürworten Sie die Behandlung dieser Störung, bspw. mittels einer Geschlechtsangleichung?

Ich hatte den Eindruck, die „Störung“ würde oft gegen die Betroffenen genutzt, nicht als Grundlage, ihnen zu helfen.

Unfassbar
1 Monat zuvor

Die Befürworter der Pubertätsblocker sollen die Unbedenklichkeit und Reversibilität nachweisen. Andernfalls befürworte ich ein Verbot vor Ende der Pubertät.

DerDip
1 Monat zuvor
Antwortet  Unfassbar

Prinzipiell sehe ich es auch so. Allerdings würde ich es nicht grundsätzlich verbieten, sondern die Schwelle sehr hoch setzen. Grundsätzliche Verbote könnten nämlich problematisch sein.

Beispiel: Angenommen, der Leidensdruck eines Kindes ist so hoch, dass sich das Kind über einen längeren Zeitraum selbst verletzt, akut Selbstmordgefährdert ist und keine anderen Maßnahmen zur Linderung beitragen. Dann müssen m.E. auch Pubertätsblocker in Erwägung gezogen werden.

Wenn sich aber jemand in seinem Körper unwohl fühlt und sich deshalb seit Jahren nicht ins Schwimmbad traut, dann darf dies m.E. nicht als ausreichender Leidensdruck angesehen werden, um Pibertsblocker zu verschreiben.

Wie so oft, sind immer die Vorteile gehen die Risiken abzuwägen. Und bei Pubertätsblockers sind die Risiken enorm.

Unfassbar
1 Monat zuvor
Antwortet  DerDip

Damit könnte ich leben, weil es bis auf sehr wenige Ausnahmen auf ein faktisches Verbot hinausläuft.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  DerDip

Aber soll dies nicht eben durch ärztliche Beratung gewährleistet werden?

Unfassbar
1 Monat zuvor

Bei mir an der Schule gibt es eine Schülerin in der Oberstufe, die ab Herbst letzten Jahres wie ein Junge angesprochen werden wollte. Seit etwa zwei Wochen ist diese Phase vorbei und ihr gefällt der Mädchenname wieder. Die psychischen Wirren während der Pubertät darf man also nicht unterschätzen. Dann mit Pubertätsblockern oder anderen Hormonpräparaten anzukommen, könnte fatale Folgen habn.