Deutlich mehr queerfeindliche Straftaten – Grüne: Söders Genderverbot ist „Öl ins Feuer“

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MÜNCHEN. Die Grünen beklagen einen erschreckenden Anstieg der Straftaten gegen queere Menschen – und warnen davor, dass Söders Genderverbot in Schulen und Hochschulen die aggressive Stimmung weiter puscht.

Hat Schulen und Hochschulen das Gendern mit Sonderzeichen ausdrücklich verbieten lassen: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Foto: Shutterstock / Martina Birnbaum

Die Zahl der registrierten Straftaten gegen queere Menschen hat sich in Bayern im Jahr 2023 verdoppelt: von 96 im Jahr 2022 auf 190 im vergangenen Jahr. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der Landtags-Grünen hervor. Die Straftaten richteten sich gegen lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie andere queere Menschen. Darunter waren unter anderem Beleidigungen und Bedrohungen, aber auch mehrere Fälle von Körperverletzung. Der Bayerische Rundfunk hatte am Mittwoch zuerst über die Zahlen berichtet.

«Die Verdopplung der Straftaten gegen queere Menschen ist erschreckend», sagte der Sprecher der Landtags-Grünen für Innen und Queer, Florian Siekmann. Er fürchtet eine noch viel höhere Dunkelziffer: «Das Allzeithoch ist noch bedrohlicher, wenn man bedenkt, dass 80 bis 90 Prozent der Übergriffe noch immer nicht angezeigt werden.» Die Opfer litten unter dieser Hasskriminalität besonders. «Jeder Übergriff verletzt sie in ihrer Menschenwürde. Sie werden attackiert, weil sie lieben, wen sie lieben, und sind wie sie sind», sagte Siekmann.

Siekmann forderte Ansprechpersonen für Opfer queerfeindlicher Straftaten in allen Polizeipräsidien. «Nur so stärken wir das Vertrauen der Community, fördern die Anzeigebereitschaft und verbessern die zu geringen Aufklärungsquoten.» Zudem brauche auch Bayern als letztes Bundesland endlich einen echten queeren Aktionsplan. Dabei müssten alle relevanten Ministerien mit am Tisch sitzen, vor allem das Innenministerium und das Kultusministerium.

Und: Das eben erst beschlossene neue Genderverbot müsse aufgehoben werden. «Markus Söders Genderverbot gießt nur mehr Öl ins Feuer. Es bekräftigt vor allem die, die bisher schon Abneigung und Hass gegen queere Menschen gehegt haben. Es ist mit einem queeren Aktionsplan unvereinbar», sagte Siekmann. Wenn ein Aktionsplan komme, müsse das Genderverbot aufgehoben werden, verlangte er. News4teachers / mit Material der dpa

GEW warnt: Genderverbot befördert queerfeindliche Stimmung an Schulen

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A.J. Wiedenhammer
19 Tage zuvor

Meiner Erfahrung nach gehören die Personen, die Hass gegen „queere“ (ich weiß leider immer noch keine allgemeingültige Definition, wer damit genau eingeschlossen ist und wer nicht) Menschen verbreiten oder gar Gewalt gegen sie ausüben, nicht zu der Personengruppe, die sich Gedanken zum Gendern oder zu anderen Feinheiten der deutschen Sprache machen.

Solche Behauptungen („Öl ins Feuer“) sollten zumindest belegt werden. Vielleicht ist es gar andersherum: vielleicht gießt auch das ständige, missionarische Herumreiten auf angeblich gendergerechte Formen und eine daraus resultierende Polarisierung (siehe auch hier im Forum!) eher Öl ins Feuer, wer weiß? Hat das schon mal jemand seriös untersucht?

Lisa
18 Tage zuvor

Jeder, der gemobbt und angegangen wird, wird gemobbt und angegangen“ weil er ist, was er ist“. Vegane, weibliche, jüdische, muslimische, behinderte, obdachlose Mitbürger. Doch nicht jeder hat eigene Pronomen und Satzzeichen. Es gibt leider Menschen, die glauben, dass es ihnen besser geht, wenn sie sich auf jemanden stürzen, der in irgendeiner Form schwächer ist oder scheint. Besonders in Krisenzeiten ist eine Hexenjagd auch etwas, was zwar nichts an den Krisen ändert, aber je nach Gefühl die Pest oder den roten Hahn fernhält.
Diesen unschönen Charakterzug der menschlichen Spezies an Gendersternchen festzumachen, halte ich jedoch für gewagt.

Rainer Zufall
18 Tage zuvor
Antwortet  Lisa

Nunja, das Verbot von Genderzeichen, das Aberkennen von Transsexualität, das gesellschaftliche Ablehnen von Drag (und demnächst eine „Einschränkung“ von Antreibung, Homosexualität und Verhütung) geht in Bayern auch von der Politik aus. Das macht einen Unterschied

Rainer Zufall
18 Tage zuvor

So wird es halt in Bayern sein:
Wer Genderzeichen verwendet, wird augenzwinkernd darauf hingewiesen, dass sowas falsch und in manchen Berufen verboten ist.
Die „Bubn“, die Transmenschen verprügeln, meinen es ja nicht so und sorgen sich dich im Grunde um die traditionelle Familie.
Aber wo wir dabei sind: so mancher CSU-Politiker inspirierte sich zuletzt ja an Florida, wo homosexuelle und queere Inhalte nicht in Büchern erwähnt werden dürfen und die Abtreibung vorzugsweise auf die ersten 10 Sekunden verkürzt werden soll…

ed840
18 Tage zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

In Berlin wurden im gleichen Zeitraum 690 solche Straftaten registriert, also mehr als 3,5 mal so viele. Allerdings auf lediglich 3,7 Mio Menschen, also pro Einwohner gerechnet sogar gut 12 mal mehr Fälle als in Bayern. Könnte also sein, dass die „bayerischen Bubn“ im Vergleich zu „Berliner Jungs“ etc. in der Masse noch weniger intolerant sind.

Rainer Zufall
17 Tage zuvor
Antwortet  ed840

Es scheint so. In beiden Fällen besteht also großer Handlungsbedarf, da ist sich die Union hoffentlich einig

ed840
16 Tage zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Im Gegensatz zu Ihnen sehe ich da nicht allein die Union, sondern alle Regierungsparteien in allen Bundesländern gefordert. In Berlin z.B. auch die Senatsmitglieder der SPD. Auch Schlagzeilen wie z.B. „steigende Homophobie bei Niedersachsens Schüler*innen“ lese ich äußerst ungern. Dass Niedersachsen laut einer Meldung auf NDR.de im Ländervergleich sogar Schlusslicht bei Schutzmaßnahmen für queere Menschen sein soll, kann m.M. auch Regierungsparteien wie Rot und Grün nicht zum Ruhme gereichen. Da sollte sich die Politik schon über alle Partei- und Ländergrenzen hinweg für bessere Schutzmaßnahmen einsetzen.

Philine
18 Tage zuvor

Einfach nur erschreckend. Am besten, man wählt die Grünen!

ed840
18 Tage zuvor
Antwortet  Philine

Jeder dieser Fälle ist m.M. einer zu viel und nicht zu tolerieren. Trotzdem sehe ich Versuche kritisch, daraus dann politisches Kapital schlagen zu wollen. Dass in Bayern zum Ende des Jahres 2022 ein Online-Meldeportal für diese Straftaten freigeschaltet wurde, was evtl. nicht ganz unbeteiligt an der Zunahme der Meldungen im Jahr 2023 sein könnte, hat der MdL z.B. ganz dezent verschwiegen. Ebenso dass Bayern zu den Bundesländern mit den niedrigsten Quoten/ Einwohner bei diesen Straftaten gehört. Oder dass in Bayern gerade ein „Aktionsplan-Queer“ ausgearbeitet wird, bei dem auch Bürgerbeteiligung ausdrücklich erwünscht wäre und auch eine Möglichkeit besteht online Ideen einzubringen usw. usw. . Warum der MdL die Menschen in Bayern nicht auf diese Möglichkeit hingewiesen und zur demokratischen Beteiligung aufgerufen hat, kann ich nur mutmaßen.

Hysterican
16 Tage zuvor
Antwortet  ed840

Task-Force Soederism!

Take it or leave it!

Rainer Zufall
17 Tage zuvor
Antwortet  Philine

Der Appell ist wohl eher, die Bevölkerung zum Zusammenhalt zu ermuntern, anstatt sie politisch gegeneinander aufzustacheln

ed840
16 Tage zuvor
Antwortet  Philine

Das muss aber nicht zwangsläufig was bewirken. In dem Bundesland wo das laut Meldung auf NDR.de Schlusslicht bei Schutzmaßnahmen für queere Menschen ist, regieren z.B. die Grünen mit der SPD.

Hysterican
16 Tage zuvor
Antwortet  Philine

Oh Gott, von dieser absurden Idee, die mich jahrelang getrieben hat, bin ich endgültig geheilt.

Ricarda, you made it…Robert, you shared it, … nein, ich bin nicht tot… ich hab lediglich aufgehört klimaschädlich zu Stoffwechseln…das kommt den Volldeppen sicherlich sehr zu Pass.

Kompetenzfan
18 Tage zuvor

Hier steht eine Art von internationalem Ranking bei der Queerfeindlichkeit. Drei der neuen EU-Beitrittskandidaten sehen ganz schlecht aus (Albanien, Bosnien, Nordmazedonien), Deutschland steht ganz gut da, gleichauf mit Frankreich und knapp hinter den USA:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Länder_nach_LGBT-Toleranz_und_-Rechten
Gibt es sowas vielleicht auch für die Bundesländer?

Rainer Zufall
17 Tage zuvor
Antwortet  Kompetenzfan

Steht Deutschland wirklich so schlecht da? Stehen in dem Ranking ja sogar hinter Großbritanien, welches Transmenschen aus der Öffentlichkeit und dem Gesundheitssystem zu drängen versucht…

Hysterican
16 Tage zuvor

Schade, dass „Biedermann und die Brandstifter“ nicht mehr in Schulen gelesen wird … und viele den inhaltlichen Zusammenhang zwischen dem Werk und Leuten wie Söder, Wissimg, Lindner usw gar nicht mehr erfassen…

„Doof fickt gut“….vllt ist das die kulturelle Perspektive, auf die wir zusteuern? (wobei ich die grundsätzliche Aussage dieser ‚Volksweisheit‘ tatsächlich in Zweifel ziehe)