Pfuschen fast ohne Risiko: Hochschulen hinken der KI-Entwicklung hinterher

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ERFURT. Die Hausarbeit von ChatGPT schreiben lassen? Für viele Studierende dürfte das verlockend sein. Die Hochschulen wollen die Technik aber nicht verteufeln – und suchen nach einem Umgang. Deutlich wird aber: Sie hinken der Entwicklung hinterher.

Was kommt vom Schüler oder Studierenden – was vom Roboter? Das ist nun schwerer zu ermitteln. Foto: Shutterstock

Angesichts der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) und Programmen wie ChatGPT müssen sich Studierende künftig teils auf andere Prüfungsformen einstellen. «Die mündliche Prüfung wird wieder eine stärkere Rolle spielen müssen», sagte der stellvertretende Vorsitzende der Landespräsidentenkonferenz Thüringen, Steffen Teichert. Ein Verbot sei aber «der komplett falsche Weg».

«Wenn ich große Teile einer Arbeit von ChatGPT schreiben lasse, dann muss ich das eben kennzeichnen und das ist dann wie ein Zitat», ergänzte der Vorsitzende des Zusammenschlusses der zehn staatlichen Hochschulen im Freistaat, Kai-Uwe Sattler. Letztlich gehe es darum, Kompetenzen zu prüfen. Da könnten etwa Präsentationen, Projekte oder mündliche Prüfungen wichtigere Rollen spielen als die schriftliche Ausarbeitung.

Gebiete, in denen es vor allem um das Schreiben gehe, hätten damit eher Probleme, sagte der Präsident der Technischen Universität in Ilmenau weiter. Anders sei es etwa bei Ingenieurswissenschaften, wo die schriftliche Ausarbeitung nur ein Teil der Leistung sei.

Betrug wird niedrigschwelliger

Teichert sagte, die Hürden, sich eine Arbeit schreiben zu lassen, seien mit KI gesunken – auch wenn es das Phänomen Ghostwriting schon immer gebe. Es sei aber nun schwerer geworden, das nachzuweisen. «Ich denke, dass wir jetzt vielleicht ein, zwei Jahre eine Generation von Studierenden haben, die, wenn sie flink sind, einen Vorteil daraus ziehen, massiv. Ich gehe aber davon aus, dass wir dann die Dinge eingefangen haben.»

An den Hochschulen werde derzeit an einer Art Leitlinie zu dem Thema gearbeitet, sagte Teichert, der auch die Ernst-Abbe-Hochschule in Jena leitet. «Wir sollten unseren jungen Leuten beibringen, gut und kritisch mit diesen Instrumenten umzugehen.» Bis das umgesetzt werde, dauere es aber noch.

Private Hochschule setzt KI-Lernassistenten ein

An der privaten IU Internationalen Hochschule mit Sitz in Erfurt können die deutschlandweit 100.000 Studierenden schon seit vergangenem Herbst auf einen von der Hochschule entwickelten KI-Lernassistenten zugreifen. Dieser gebe in Sekundenschnelle Antworten auf individuell gestellte Fragen zu prüfungsrelevantem Lernstoff und passe sich dem Lernrhythmus der Studierenden an, so die IU. Außerdem erfasse die KI den Lernfortschritt der Studierenden. Damit sieht sich die Hochschule deutschlandweit als Vorreiter. News4teachers / mit Material der dpa

Wie sich die Politik den Einsatz von KI im Unterricht vorstellt – Schulbehörde legt Leitlinien für Lehrkräfte vor

 

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13 Kommentare
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Hysterican
22 Tage zuvor

Was viele noch immer nicht begriffen zu haben scheinen ist, dass diese Entwicklung quasi eine Co-Evolution erzeugt.

Dieser Wettlauf zwischen cheaten und entlarven hat doch gerade erst auf einem völlig neuen Level begonnen.

SuS / Studierende haben zu allen Zeiten „beschissen“ … aber als ausgefuchster LuL war man mit den üblichen Techniken vertraut … wenn was Neues aufkam, weil jemand eine gute Idee zum Betuppen hatte, dann kursierte die erst mal ne kurze Zeit erfolgreich … bis sie enttarnt wurde und die KuK sich darauf einstellen konnten – wenn sie wollten – nun gehen aber die praktikablen Gegenmaßnahmen aus, weil der Betrug faktisch nicht mehr nachgewiesen werden kann bzw. die juristischen Abteilungen der BzRs uns LuL an der Basis das Enttarnen immer schwerer machen, weil sie Angst vor Klagewellen wegen der ergriffenen Maßnahmen zur Aufdeckung des Betrugs fürchten.

Wir haben aktuell seitens der BzR DT nur massiv eingeschränkte Zugriffsmöglichkeiten erlaubt bekommen, die sich bei den SuS bereits herumgesprochen haben – z.B. eine Art Prüfungsgespräch / Kolloquium zu den Facharbeiten in der Q1 … und prompt winken die Betroffenen und verdächtigen SuS mit dem Anwaltshammer und einer juristischen Beschwerde bei der BzR gegen dieses zusätzliche Prüfungsformat, das ja bei der Erstellung und Bewertung einer schriftlichen Leistung, die anstelle eine normalen Klausur erbracht werden muss, nicht vorgesehen und damit nicht zulässig ist.

Anstatt uns seitens der BzR klare Rückendeckung zukommen zu lassen, werden uns von dort massive Beschränkungen auferlegt, wie diese „Überprüfungen“ nicht ablaufen dürfen.

Wir fühlen uns – nachdem wir in stundenlangen Sitzungen in den einzelnen Fachschaften eine fachgemäße Vorgehensweise entwickelt haben und diese Überlegungen nun in weiten Teilen als unzulässig erklärt wurden – nur noch verarscht.

Die Studierenden / SuS, die in unerlaubtem und nicht zulässigem Maße zur KI greifen (inhaltliche Übernahmen nicht kennzeichnen usw) haben keine Skrupel, diese Cheats durchzuführen … uns Lehrenden wird jedoch eine adäquate Vorgehensweise gegen dieses Handeln jedoch massiv eingeschränkt, weil seitens der Bürokratie juristische Auseinandersetzungen gefürchtet werden, die bei einem evtl enttarnten bzw. indizienmäßig handfest nachzuweisenden Schwindel zum Streitfall werden könnten.

So bleiben die „Betupper“ immer einige Schritte voraus.

NRW-Biene
22 Tage zuvor
Antwortet  Hysterican

Aus diesem Grund haben wir an unserer Schule die Facharbeiten komplett abgeschafft und bieten dafür Projektkurse an, die die SuS belegen müssen. Diese gelten als adäquate Ersatzleistung und man kann Kurse anbieten, die sich die KuK selbst aussuchen und an denen man dann auch noch Spaß hat.
Facharbeiten sind an der Schule einfach nicht mehr sinnvoll!

Canishine
22 Tage zuvor
Antwortet  NRW-Biene

Benötigt man für die Projektkurse nicht zusätzliche Lehrer? Bei uns läuft die Betreuung der Facharbeiten in vorhandenen Kursen.

NRW-Biene
21 Tage zuvor
Antwortet  Canishine

Wir bieten pro Jahrgang 3-4 Kurse an, die 2-stündig gehalten werden. Das bindet tatsächlich zusätzliches Personal, ist den Aufwand (wie wir finden) aber wert.

Canishine
19 Tage zuvor
Antwortet  NRW-Biene

Danke für die Antwort. Das ist eine interessante Option, allerdings nur, wenn wir das Personal haben.

Unfassbar
21 Tage zuvor
Antwortet  NRW-Biene

Wie gut funktioniert das? Besonders die Schülerinnen und Schüler, die es mit der Arbeitseinstellung differenziert sehen, werden auch in den Projektkursen keine Leistungsträger sein.

NRW-Biene
21 Tage zuvor
Antwortet  Unfassbar

Aber das wäre bei einer Facharbeit ja ebenso zu erwarten.
Wir machen das jetzt seit 2 Jahren so und finden, dass es ganz gut läuft. Es gibt genügend KollegInnen, die einen Kurs anbieten möchten, sodass die 3-4, die am häufigsten gewählt wurden, zustande kommen.
Der Vorteil ist, dass die LK selbst entscheiden kann, ob am Ende eine Note erteilt wird, weil bspw. An einem Wettbewerb teilgenommen wurde, eine Mappe erstellt, eine Ausstellung vorbereitet und durchgeführt wurde, etc.
Hängt dann vom jeweiligen Kurs und LK und durchaus auch Engagement der SuS ab.

Pit2020
22 Tage zuvor
Antwortet  Hysterican

@Hysterican

Kinderaugen!
… können gar nicht lügen …
Und der Rest des jeweiligen Kindes auch nicht, weil: Es ist ja 1 und dasselbe Kind.
Logisch? – Logisch!
Check. 🙂

Außerdem:
„Kindermund tut Wahrheit kund.“
Das gilt natürlich auch für die verschriftlichte Form.
Check No.2. 🙂

Und bitte frag nicht, was das lachende „Mongesicht“ (korrekt zitiert, da war im Nebenkanal kein „d“) soll … 😉 … denn: „Mongesicht“ oder „Mondgesicht“ ist lupenreines Dissen von unschuldigen, kleinen Smileys.

Kollegialer Gruß, inklusive gutem Start in die neue Woche wünscht der liebe Pit!
😉 🙂

Pit2020
22 Tage zuvor
Antwortet  Pit2020

Einer geht noch:
https://www.ardaudiothek.de/episode/swr1-leute/wie-viel-digitalisierung-ist-an-schulen-sinnvoll/swr1/13289613/

Das ist ziemlich interessant, u.a. die Frage ob/wie weit ChatGPT (oder andere KI) die Lehrer-Schüler-Beziehung belastet …
„… Was mich erschrocken hat war, dass kürzlich ein Schüler sagte, er sitzt zu Hause an seinem Text und schreibt ihn und hat Angst, der Lehrer glaubt ihm morgen nicht, dass er es selbst gemacht hat. Da dachte ich ‚oh, diese Angst ist jetzt in ihn reingekrochen, das ist nicht gut‘.“
Um Missverständnissen vorzubeugen:
Das erinnert zwar an meinen ersten Post weiter oben – ist aber nicht vom lieben Pit, sondern von Nils Björn Schulz, zitiert aus dem verlinkten Beitrag.

Lisa
21 Tage zuvor
Antwortet  Pit2020

Das gab’s an meiner Kindheit schon ohne AI. Ich musste den Text unter Aufsicht neu schreiben. Das lag am Lehrer, nicht an den technischen Möglichkeiten. So ist es gewiss auch in dem von Ihnen genannten Fall.

Hysterican
21 Tage zuvor
Antwortet  Pit2020

Vielen Dank, lieber Pit … dir auch!!

Sunshine
16 Tage zuvor
Antwortet  Hysterican

Wir haben ChatGPT für alle SuS als Hilfsmittel zugelassen, weil nicht kontrollierbar ist und sonst ehrliche SuS im Nachteil wären. ChatGPT selbst gilt nicht als „gültige Quelle“. Alle Quellen müssen entsprechend zitiert werden und sind auf Verlangen vorzulegen (z.B. Screenshot/Foto aus dem Buch). Bei der Themenwahl soll berücksichtigt werden, dass ein eigener Teil, z.B. eine empirische Untersuchung mit sehr kleiner Stichprobe oder ein selbst durchzuführendes Experiment enthalten ist.

Lisa
21 Tage zuvor

Anekdotische Evidenz: Mir bekannte Studenten sind mittlerweile eher enttäuscht von der Leistung von ChatGPT. „Man muss alles doppelt und dreifach nachprüfen“ “ Selbst die Übersetzungen stimmen nicht immer, also funktioniert es nicht bei Sprachen, die ich nicht nachprüfen kann“
Es wird den Korrigierenden zugetraut, sämtliche Fehler zu finden und nicht zu übersehen und eben dann schlecht benotet zu werden oder gar durchzufallen.