Im vergangenen Schuljahr hat jeder zehnte Thüringer Schüler seine Schullaufbahn ohne offiziellen Abschluss beendet. Das geht aus Zahlen des Thüringer Bildungsministeriums hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen. Demnach verließen 1856 junge Erwachsene die Schule ohne Abschluss, dies waren 10,1 Prozent aller Schulabgänger.
Im Jahr zuvor lag die Schulabbrecherquote in Thüringen laut Statistischem Bundesamt noch bei 9,5 Prozent. Damit war der Freistaat nicht mal unrühmlicher Spitzenreiter in Deutschland: Sachsen-Anhalt (11,8 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (10,6 Prozent) und Bremen (10,5 Prozent) verzeichneten noch mehr.
Das Bildungsministerium in Erfurt wies darauf hin, dass die Zahlen auch jene Schüler enthalten, die an Förderschulen Bildungsgänge zur Lernförderung und zur individuellen Lebensbewältigung absolviert und auch ein entsprechendes Zertifikat erhalten haben. Diese sind aber nach den Regeln der Kultusministerkonferenz (KMK) keine anerkannten Schulabschlüsse. Würde man diese Schüler in der Statistik abziehen, läge der Anteil von Schülerinnen und Schülern ohne Abschluss bei 6,9 Prozent.
Der trotzdem hohe Anteil spiegelt nach Einschätzung des Ministeriums die Krisen der vergangenen Jahre wider. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie seien weiter präsent. Außerdem gebe es Herausforderungen durch Migration und den weiter bestehenden Lehrermangel, erklärte ein Sprecher. Die oppositionelle CDU warf der rot-rot-grünen Landesregierung bildungspolitisches Versagen vor. Dies «kostet jetzt unsere Kinder Lebenschancen», wurden CDU-Landeschef Mario Voigt und der Bildungsexperte der CDU-Landtagsfraktion, Christian Tischner, von einem Parteisprecher zitiert.
Hingegen verwies die bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Astrid Rothe-Beinlich, neben dem hohen Altersdurchschnitt der Lehrkräfte und dem hohen Krankenstand auf Langzeitfolgen der Bildungspolitik früherer Jahre. «Ein Hauptgrund ist aus unserer Sicht der Lehrkräftemangel, der eine immer noch spürbare Folge des faktischen Einstellungsstopps bis 2014/15 ist», erklärte sie. Bis zum Antritt von Rot-Rot-Grün Ende 2014 wurde Thüringen von CDU-geführten Landesregierungen regiert, zumeist waren CDU-Politiker Bildungsminister.
In Thüringen erhalten derzeit 37 Schulen Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds, die nach Angaben des Ministeriums zum großen Teil mit besonders hohen Quoten von Schülerinnen und Schülern ohne Abschluss konfrontiert sind. «Auch das im kommenden Schuljahr beginnende Startchancen-Programm unterstützt Schulen dabei, den Zusammenhang zwischen sozialer Benachteiligung und Bildungsbenachteiligung aufzubrechen», so der Sprecher (Informationen zum Startchancen-Programm – gibt es hier).
Im Schuljahr 2022/23 verließen den Daten zufolge 18.452 Jugendliche die Schule – 16.596 von ihnen mit einem Abschluss in der Tasche. 5.273 Schülerinnen und Schüler machten Abitur – das waren 28,6 Prozent aller Schulabgänger. Auch diese Quote stellt eine Verschlechterung dar: 2020 hatten in Thüringen noch 37,4 Prozent der Schulabgänger ein Abitur in der Tasche (was seinerzeit in etwa dem Bundesdurchschnitt entsprach). News4teachers / mit Material der dpa
