15 Jahre Hattie-Studie: Warum Sitzenbleiben mehr schadet als nützt (aber bis heute in Deutschland vielen als unverzichtbar gilt)

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MÜNCHEN. Der „Stern“ bezeichnete ihn als „Harry Potter der Pädagogen“: Der neuseeländische Bildungsforscher Prof. John Hattie sorgte mit seiner Studie „Visible Learning“ („Lernen sichtbar machen“), die 2009 – also vor 15 Jahren – in Deutschland erschien, für Wirbel. Nach langjähriger Arbeit veröffentlicht, umfasste die Untersuchung schon damals mit rund 800 Meta-Analysen den größten Fundus der empirischen Bildungsforschung, der jemals in einer Studie zusammengetragen und ausgewertet wurde. Unser Gastautor Roland Grüttner, ehemaliger Rektor einer Grund- und Mittelschule und einer Montessorischule in Bayern (er betreibt den Blog paedagokick.de), wirft in den nächsten Wochen Schlaglichter auf Erkenntnisse, die noch heute revolutionär wirken.

Was bringt Sitzenbleiben? Wissenschaftlich: wenig. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

John Hattie: Sitzenbleiben – ein unzerstörbarer Unsinn

„Was das Sitzenbleiben betrifft, so ist die einzig interessante Frage, warum es das angesichts der überwältigenden Faktenlage überhaupt noch gibt!“[1]

So ähnlich konnte man das schon in der ersten Hattiestudie von 2009 lesen. In der neuen und erweiterten Ausgabe wird diese Erkenntnis durch eine breitere Faktenlage noch stärker unterstrichen. Hier ein paar Zitate aus diesem (traurigen) Kapitel Seite 230f, ergänzt durch Erkenntnisse, die wir schon länger haben (könnten).

Hattie, John (2023). Visible learning. The sequel; a synthesis of over 2,100 meta-analyses relating to achievement (First edition). Abingdon, Oxon: Routledge.

1 Die neue Thermometerdarstellung

Als Veranschaulichung hatte John Hattie in seinem ersten Buch auf Vorschlag seiner Frau eine Art Tachometer gewählt. In The Sequel bevorzugt er ein Thermometer, in welchem die wichtigsten Informationen auf einem Blick zusammengefasst sind. Hier erkennt man

  • die Anzahl der Metastudien zum Sitzenbleiben = 10;
  • die der Metastudie zugrundeliegenden 339 Einzelstudien;
  • die daran beteiligten 50.694 Personen;
  • die Zählung, wie oft dieser Effekt genannt wurde = 4.456 mal;
  • den Standardfehler / standard error se = 0.04;
  • die Effektstärke von -0.24 (der Durchschnitt über alle Effekte liegt übrigens bei d = 0.40),
  • die Streuung, gekennzeichnet mit der weißen Blase um die Effektstärke herum
  • und die Robustheit des Ergebnisse auf einer Skala von 1 bis 5, in diesem Fall also maximal belastbar.

Je weiter ein Effekt im blauen Bereich liegt, desto weniger oder negativ ist er wirksam. Je weiter im roten Bereich, desto besser und wirksamer für den Zuwachs in der Schulleistung.

Für das Sitzenbleiben (d = – 0.24) wird damit deutlich: Es schadet mehr als es nützt!

2  Globalbetrachtung

„Das Wiederholen einer Jahrgangsstufe beruht auf der Überzeugung, dass Kinder durch das Sitzenbleiben mehr lernen. Dies ist einer der wenigen Bereiche im Bildungswesen, in dem es schwierig ist, Studien zu finden, die nicht ausschließlich null oder negative Auswirkungen zeigen. Insgesamt gibt es negative Auswirkungen für wiederholende Schüler, und es gibt langfristig mehr positive Auswirkungen für vorgerückte als für wiederholende Schüler – selbst wenn die Leistungen zum Zeitpunkt der Entscheidung über Sitzenbleiben oder Vorrücken gleich sind.“[2]

3 Ergebnisse im Detail

3.1 Motivation durch Drohung mit Sitzenbleiben?

„Deutlich wurde, dass die Drohung mit Sitzenbleiben für Schüler keine motivierende Kraft darstellt.“[3]

3.2 Vergleichsgrößen

„Es gibt zwei Vergleichsgrößen – solche, bei denen die Sitzenbleiber mit ihren neuen Klassengenossen verglichen werden, und solche, bei denen die Wiederholer mit ihren Altersgenossen, die vorrücken durften, verglichen werden. Die Auswirkungen von Klassenvergleichen sind d = 0,05 und für Altersvergleiche -0,11. Schüler, die sitzenbleiben, schneiden also genauso gut ab wie ihre neuen Mitschüler, bleiben aber hinter ihren vorgerückten Mitschülern zurück.“[4]

3.3 Über alle Fächer hinweg

„Es wurde festgestellt, dass sich das Sitzenbleiben in allen Fächern negativ auf die soziale und emotionale Anpassung, das Verhalten, das Selbstkonzept und die Einstellung zur Schule auswirkt. So stellte beispielsweise Jimerson (2001) auf der Grundlage von 169 Leistungseffekten einen mittleren Effekt von d = -0,39 fest, und dieser negative Effekt spiegelte sich in vielen Fächern wider: sprachlicher Ausdruck (d = -0,36), Lesen (d = -0,54) und Mathematik (d = -0,49).“[5]

3.4 Beweise eindeutig negativ

„Holmes (1989) kam zu dem Schluss, dass es schwierig wäre, eine andere pädagogische Praxis zu finden, für die die Beweise so eindeutig negativ sind. Die Auswirkungen auf die Leistung alleine sind schon schlimm genug, aber wenn man die negativen Auswirkungen auf die Chancengleichheit und die sozialen und emotionalen Auswirkungen hinzunimmt, sind die Argumente für das Sitzenbleiben sehr dürftig – Sitzenbleiben ist bei Jungen, rassischen/ethnischen Minderheiten oder benachteiligten Kindern am verbreitetsten.“[6]

3.5 Das Problem ist die nicht gewährte Förderung

„Diese negativen Auswirkungen sind zum Teil darauf zurückzuführen, dass die Schulen und Lehrkräfte den sitzenbleibenden Schülern beim ersten Mal in der Klasse keine optimalen Maßnahmen anbieten. Daher werden die Schüler in Unterrichtsformen gehalten, die ihnen schon im vorherigen Jahr keinen Nutzen gebracht haben.“[7]

4 Erkenntnisse aus der deutschen Bildungsforschung

Man könnte sich nun gegen diese Ergebnisse aus der Betrachtung von Metastudien wehren und bezweifeln, das John Hatties Argumentation so einfach auf die deutsche Bildungslandschaft übertragbar wäre. Gegen diese Schutzbehauptung hier ein paar ausgewählte Zitate von prominenten Personen und Einrichtungen.

4.1 Roland Berger Stiftung

Die Roland-Berger-Stiftung kann ganz sicher nicht in die Ecke der Kuschelpädagogik gestellt werden, sondern vertritt, allgemein gesprochen, eher das Leistungsprinzip. Sie formuliert in einem Papier (Hervorhebungen von mir, RG):

Die Wiederholung einer kompletten Jahrgangsstufe, eigentlich als Fördermaßnahme gedacht, ist weitgehend wirkungslos. […]

Forschungsarbeiten kommen […] durchgehend zu dem Schluss, dass Klassenwiederholung keine wirksame Methode zur Egalisierung der Schülerleistungen ist, da die Leistungen der betroffenen Schülerinnen und Schüler im Vergleich zu jenen, die die Klasse nicht wiederholen müssen, im Allgemeinen nachlassen.

156.000 Schüler sind in Deutschland im Schuljahr 2011/12 sitzengeblieben, pro Kopf kostete das 4.200 Euro, insgesamt also 655 Millionen Euro.

Inzwischen haben die meisten Bundesländer die Zahl der Sitzenbleiber weiter reduziert, Hamburg und Berlin (hier nur noch als freiwilliges Wiederholen möglich) haben das Sitzenbleiben ganz aufgegeben. In den anderen Bundesländern wird das Thema intensiv diskutiert.

Das ineffiziente Wiederholen einer Jahrgangsstufe sollte bundesweit abgeschafft und durch individuelle Fördermaßnahmen wie die organisatorische Modularisierung des Schulalltags (s. o.) ersetzt werden.“

Roland Berger Stiftung (Hrsg.). (Juni 2018). Schule 4.0. Bildungsgerechtigkeit ermöglichen – Demokratieverständnis fördern – Fachkräftemangel bekämpfen – digitale Chancen nutzen, München. S. 20

4.2  Bayerisches Kultusministerium vs. Klaus Klemm

„Die Abschaffung des Klassenwiederholens widerspricht dem bayerischen Bildungsgrundsatz von ‚Fördern und Fordern‘“.

So formulierte ein leitender Mitarbeiter im Ablehnungsbescheid an die Verwaltungsgemeinschaft Donaustauf vom 16.12.2014, Seite 4. Die VG Donaustauf hatte einen Antrag auf Durchführung eines zeitlich begrenzten Modellprojekts „Gemeinschaftsschule Donaustauf“ nach Art. 81 ff. BayEUG gestellt.

Diese Argumentation war schon damals überholft, denn die folgenden Einsichten hat Klaus Klemm, Professor für Bildungsforschung, 2009 veröffentlicht und hätten zur Kenntnis genommen werden können, ja sogar müssen, auch in Bayern!

Klassenwiederholungen führen weder bei den sitzengebliebenen Schülerinnen und Schülern zu einer Verbesserung ihrer kognitiven Entwicklung, noch profitieren die im ursprünglichen Klassenverband verbliebenen Schülerinnen und Schüler von diesem Instrument. Dies belegen alle verfügbaren und bei einer methodenkritischen Überprüfung belastbaren empirischen Studien. Klassenwiederholungen sind daher als unwirksame Maßnahme in den deutschen Schulsystemen anzusehen“.

Klemm, Klaus (2009): Klassenwiederholungen – teuer und unwirksam. Eine Studie zu den Ausgaben für Klassenwiederholungen in Deutschland. Bertelsmann Stiftung. Gütersloh, S. 5

4.3 Weitere eindeutige Aussagen gegen das Sitzenbleiben

Wir können in der Bildungsforschung zeitlich noch weiter zurückgehen und finden keine ernstzunehmende Studie, die für die Praxis des Sitzenbleibens spricht, im Gegenteil:

„Das Sitzenbleiben ist ein anderes Thema. Ein Jahr Wiederholung kostet die Gesellschaft zwischen 15.000 und 18.000 Euro. Und es bringt weder dem Einzelnen noch der Schule etwas. Dagegen könnte eine Schule mit 15 000 Euro sehr viel tun, um einen Schüler wirklich individuell zu fördern! Es mangelt also gar nicht unbedingt am Geld, sondern es sind diese Organisationsformen, die dazu führen, dass Verantwortung abgewälzt wird.“

Schleicher, A. (2007). „Die Schulen wälzen die Verantwortung ab“. Interview mit Karl-Heinz Heinmann, schule.wdr.de. http://​www.netschool.de​/​ens/​schleicher1.htm.

„Zur Förderung leistungsschwacher Schüler gehört es, ihr weiteres Abdriften nach unten wirkungsvoll insbesondere dadurch zu unterbinden, dass Klassenwiederholungen vermieden werden und individuelle Förderung gewährleistet wird.“

Blossfeld, H.-P. (2007). Bildungsgerechtigkeit (Aktionsrat Bildung: Jahresgutachten, Bd. 2007, 1. Aufl). Wiesbaden: VS, Verl. für Sozialwiss., S. 146

„Klassenwiederholungen können die Motivation von Schülerinnen und Schülern positiv, aber auch negativ beeinflussen. Ungeachtet dessen führen Klassenwiederholungen zu erheblichen Mehraufwendungen im Bildungsbereich. Die Kosten vorbeugender Maßnahmen zur Vermeidung von Klassenwiederholungen gelten als wesentlich niedriger als diejenigen, die dadurch entstehen, dass Schülerinnen und Schüler ein weiteres Jahr zur Schule gehen.“

Statistisches Bundesamt: Schulen auf einen Blick, Ausgabe 2018 https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/BildungForschungKultur/Schulen/BroschuereSchulenBlick0110018189004.pdf?__blob=publicationFile, S. 24

5 Stellt sich die Frage: Warum?

Warum halten Schulen und Lehrer:innen in Deutschland so am Sitzenbleiben fest, wenn sich doch die Nichtwirksamkeit dieser Maßnahme so deutlich gezeigt hat? Es gibt darauf schon ein paar Antworten. Keine davon wirft ein gutes Licht auf unser System.

Fördern ist kaum möglich

Ich stelle mir immer eine Lehrkraft an einer bayerischen Realschulklasse vor, die Fachunterricht für mehrere Klassen erteilen muss, in denen manchmal 30 oder mehr Kinder/Jugendliche sitzen. In dieser Konstellation kann man lächeln und ermutigen, aber nicht fördern. Dazu bräuchte es mehr Lehrkräfte pro Schüler, was von den Kosten her offensichtlich machbar wäre.

Es ist halt Tradition.

Tradition greift immer dann, wenn man sich auf ein gewohntes und verbreitetes Verhalten zurückzieht, weil man auch beim besten Willen nicht weiterkommt; man müsste die eigene Praxis zu sehr in Frage stellen, ohne persönlich einen Ausweg anbieten zu können. Dazu sind die Strukturen zu starr.

Die subjektive Erfahrung ist: „Mir hat das Sitzenbleiben ja auch nicht geschadet.“

Der Schwachpunkt dieser Argumentation liegt in der falschen Vergleichsgruppe, so wie Hattie es oben gezeigt hat: Wenn man sich mit denen vergleicht, die dann die neuen Klassenkamerad:innen sind, schneidet man (plusminus) nicht schlechter ab. Man darf sich halt nicht mit denen vergleichen, die dann ein Jahr voraus sind, sonst erkennt man, wo man verloren hat.

Selektionsdenken

Wer im selektiven Schulsystem aufwächst, hält es – mit all seinen Folgen – wohl für unvermeidlich, dass welche „durchs Raster fallen“, weil: Homogenisierung. Anders könne man ja wohl nicht unterrichten.

Mangelnde Förderhaltung

Nach wie vor haben sehr viele Lehrkräfte eigenartige Begabungskonzepte im Kopf, denen gemäß bestimmte Schüler:innen halt „beschränkt“ seien, so dass ein weiteres Unterrichten auf diesem Niveau keinen Sinn habe. Dass man diese Kinder und Jugendlichen auch besser fördern könnte, dafür fehlt den einen die Perspektive, den anderen der Willen und den dritten das Personal. Finnland zeigt, wie es besser geht.

6 Und die Kosten?

Klaus Klemm kam im Jahr 2009 auf jährliche Gesamtausgaben für das Wiederholen einer Jahrgangsstufe von über 900 Millionen Euro. Das heißt, wir dürften inzwischen die 1 Milliarde überschritten haben, also 1 000 000 000 Euro mit wenig Sinn verpulvert.

Überarbeiteter Beitrag, zuerst erschienen auf paedagokick.de

7 Hattie im Original

[1] The only question of interest relating to retention is why it persists in the face of this damning evidence.

[2] Retention is the practice of not promoting students up a grade level in school (that is, the student repeats the level), and it is based on the belief that children learn more academically by repeating a grade. This is one of the few areas in education where it is difficult to find any studies with other than a zero or negative effect. Overall, there are negative effects for retained students, and there are more positive effects in the long term for promoted students than for retained students – even when matched for achievement at the time of the decision to retain or promote.

[3] Clearly, the threat of nonpromotion is not a motivating force for students.

[4] There are two comparisons – grade comparisons compare those retained with their grade peers, and age comparisons compare repeaters with their age-mates who were promoted (most studies). The effects from grade comparisons are d = 0.05 and for age comparisons, −0.11. When students are retained, they do as well as peers but still fall behind their peers who were promoted (Goos et al., 2021).

[5] Retention has been found to have a negative effect across all subjects on social and emotional adjustment, and behavior, self-concept, and attitude toward school. For example, Jimerson (2001), based on 169 achievement effects, found a mean effect of d = −0.39, and this negative effect was mirrored across many subjects: language arts (d = −0.36), reading (d = −0.54), and mathematics (d = −0.49).

[6] Holmes (1989) concluded that finding another educational practice on which the evidence is so unequivocally negative would be difficult. The effects are bad enough for achievement, but when the negative equity and social and emotional effects are added, the situation is dire for retention (retention is highest among boys, racial/ethnic minorities, or less advantaged children) (Manacorda, 2012).

[7] These negative effects are partly caused by schools and teachers not providing optimal interventions for the retained students the first time they were in the grade. Therefore, the students are retained in programs that were not beneficial to them in the previous year.

Hattie über Deutschlands Schulsystem: “Bin bestürzt, wie viel Erfolg verloren geht”

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ed840
1 Jahr zuvor

Man kann zum Sitzenbleiben m.M. unterschiedliche Meinungen vertreten, aber ob man unbedingt Länder als Vorbild nennen sollte, wo sich die PISA-Werte im Lesen um bis 56 Punkte und in Mathematik um bis 79 Pkt verschlechtert haben und die einzelnen Vergleichsgruppen schon schlechter abschneiden als der Schnitt in Gesamt-DE? Wo mittlerweile Jungs und Migranten bei PISA die Bildungsverlierer sind und die Punktabstände zu Mädchen und Einheimischen weit über dem deutschen und dem OECD-Schnitt liegen ? Oder wo deutlich mehr SuS sich an der Schule als Außenseiter ausgegrenzt zu fühlen?

Rainer Zufall
1 Jahr zuvor
Antwortet  ed840

Der Artikel widmet sich ja auch dem Deutschen Bildungswesen konkret. Es geht hier ja nicht primär an PISA, sondern um das Konzept des Sitzenbleibens

ed840
1 Jahr zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Ich glaube nicht, dass Hattie vergleichende Studien zum Sitzenbleiben in DE durchgeführt oder ausgewertet hätte.Dass in obigem Artikel ein EU-Land als Vorbild genannt wird, wo es angeblich viel besser laufen soll als in DE, ist auch Fakt. Aber jeder kann natürlich das glauben, was er möchte.

Michael Felten
1 Jahr zuvor

Lobenswerte Klarstellung.
“Das Problem ist die nicht gewährte Förderung” im Wiederholungsjahr. Wäre diese selbstverständlich, hätte verlängerte Lernzeit durchaus positive Effekte. In vielen Fällen wäre noch besser, einzelfachliche Defizite in zusätzlichen Förderstunden aufholen zu lassen.

Unfassbar
1 Jahr zuvor
Antwortet  Michael Felten

Problem daran ist nur, dass in den allermeisten Fällen die Wiederholung aufgrund der Arbeitseinstellung ausgesprochen werden musste. Da bringen zusätzliche Förderstunden auch nicht viel.

Stephan Jacobs
1 Jahr zuvor
Antwortet  Unfassbar

Zumindest würde ich dies für die nicht gymnasialen Mittelschulen genauso unterstreichen. Ich habe kaum SuS kennengelernt, die sich bemüht haben und dennoch eine Klasse wiederholen mussten. Meistens handelt es sich um passive Schulverweigerer. Passiv, weil sie eben nicht aktiv schwänzen, sondern sich der Schulpflicht beugen ansonsten aber ansonsten machen sie das gleiche wie ein Blumenkohl. Si sitzen da und wachsen. Ich habe eine zeitlang nebenberuflich Menschen unterrichtet, die dann mit 21 oder noch älter ihre mittlere Reife nachgeholt haben und genauso eine Karriere mir passiver oder aktiver Verweigerungshaltung hinter sich gelassen haben. Ich habe es mir nicht nehmen lassen, nachzufassen ob aus Ihrere Sicht die Lehrerschaft irgendetwas hätte tun können, um sie zum lernen zu bewegen. Die Antwort war unisono: “Nein, sie hätten nichts tun können, wir waren zu dem Zeitpunkt für nichts erreichbar.”

Andreas Schwichtenberg
11 Monate zuvor
Antwortet  Stephan Jacobs

Und in diesem Moment muss man die Schulpflicht in Frage stellen. Wenn sie zu einer Entwicklungsbedingten Gammelpflicht wird, ist sie falsch.

Rainer Zufall
1 Jahr zuvor
Antwortet  Michael Felten

Würde diese Zeit bereitgestellt, könnten schwächere Schüler*innen ohne Wiederholung ihre Defizite ausgleichen, während stärke sich ihren Stärken oder Interessen widmen könnten.

Aber das klingt ja schon fast nach einem schönen Ort, sowas wollen wir (uns) nicht (leisten)!

Michael Felten
1 Jahr zuvor
Antwortet  Michael Felten

Wichtig ist die Möglichkeit.

In NRW kann man eine drohende (!) Wiederholung oft durch Sommerarbeit & Nachprüfung abwenden.

O-Ton eines Schülers in Klasse 9: “Das war das erste Mal, das ich was für die Schule getan habe.”

Anscheinend keine unsinnige Maßnahme.

Maja
1 Jahr zuvor
Antwortet  Michael Felten

Für mich war das Sitzenbleiben auch ein hilfreicher Schuss vor den Bug. Auch für mich “war es das erste Mal, dass ich was für die Schule getan habe.” Für diese nachhaltige Lehre bin ich heute noch dankbar.

AvL
1 Jahr zuvor
Antwortet  Michael Felten

Dieses Vergnügen ist mir bekannt, allerdings kommt nicht jeder damit zurecht.
Es bedarf strukturierter und fachlicher Hilfestellung, um die Defizite auszugleichen.
Außerdem muss das Arbeitsverhalten drastisch geändert werden.

Palim
1 Jahr zuvor
Antwortet  Michael Felten

“Das Problem ist die nicht gewährte Förderung” im Wiederholungsjahr.“

Warum soll es die Förderung erst im Wiederholungsjahr geben.
Es wäre gut, wenn das Schulsystem generell mit Förderstunden ausgestattet wäre und Förderung frühzeitig greifen könnte.

Statt Unterricht zu stützen hat man die Förderstunden vor vielen Jahren gestrichen. Da war die Unterrichtsversorgung auf dem Papier gleich besser, die Versorgung der Schüler:innen aber nicht.
Und sollte es doch noch irgendwo Zusatzbedarfe geben, die der Schule in Form von Lehrkräftestunden zugesprochen werden, sind diese kassiert, sobald es zu Krankheitsfällen kommt, da das System auch keine Vertretungsreserve vorhält.

Hysterican
1 Jahr zuvor

“Fördern ist kaum möglich”

Tja, und nun?

Es hilft uns kein Stück weiter, wenn wir immer wieder mit Hattie konfrontiert werden und die Ergebnisse seiner Meta-Studien präsentiert bekommen – dann aber bei einer Überprüfung der notwendigen Rahmenbedingungen für erfolgreiches Arbeiten die Grenzen für unsere eigene Wirksamkeit bedingt durch die strukturellen und finanziellen Vorgaben der Kultusbehörden und der Schulverwaltung feststellen müssen,dass das so hier nicht umsetzbar ist.

Klar können wir das Sitzenbleiben per Erlass einfach abschaffen – das macht keine Mühe – aber es behebt nicht die Leistungsdefizite bei SuS, die – egal durch welche Probleme – entstanden sind.

Rainer Zufall
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hysterican

Es ist ein wissenschaftliches Argument gegen die Personalpläne der Kultusministerien.

(Politisch) aktiv werden müssen andere

Adele Horn
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hysterican

User “Sepp” hatte schon ausformuliert, was ich beim Lesen des Artikels unwillkürlich dachte: Fördert man durchs unbedingte “mit durch schleifen um jeden Preis” nicht die Quote derer, die am Ende ganz ohne Abschluss dastehen?
Im Ernst, ich wüsste gerne, ob die Datenlage hierzu in Deutschland schon für eine seriöse Studie ausreicht.

Förderung müssen die Kids übrigens auch erst einmal annehmen, damit sie fruchtet. Die sind keine genormten Gefäße, die den Bildungsschwall garantiert brav aufnehmen werden, wenn man nur richtig auf sie zielt. Und auch ihr Tag hat nur 24 Stunden. Wenn zu viel Wissen fehlt — und genau das ist ja der Fall, wenn man zumindest zwei Fünfer in versetzungsrelevanten Fächern hat –, sehe ich wirklich nicht, wie das ohne Sitzenbleiben neben dem normalen Schulalltag aufgeholt werden soll. Vor allem schnell genug, um in der nächsten Klasse nicht von Anfang an noch weiter ins Hintertreffen zu geraten.

JoE
1 Jahr zuvor
Antwortet  Adele Horn

“Fördert man durchs unbedingte “mit durch schleifen um jeden Preis” nicht die Quote derer, die am Ende ganz ohne Abschluss dastehen?”

Kann ich aus meiner Erfahrung ganz und gar nicht bestätigen, im Gegenteil. Es geht ja nicht um “Mitschleifen” statt “Aussieben”, so wie wir das am Gymnasium praktizieren, sondern um individuelles Eingehen auf die Bedürfnisse und Probleme der Kinder und Jugendliche. Wenn man sie nicht mehr einfach loswerden kann (bzw. muss, ich kenne den kollegialen Druck noch aus meiner Zeit am elitären bürgerlichen Gymnasium), dann muss man sich zwangsläufig anders verhalten.

Palim
1 Jahr zuvor
Antwortet  Adele Horn

Man muss ja mit der Förderung nicht warten, bis es so gravierend ist, frühzeitiges Fördern und frühere Angebote wären sinnvoller.

Meist stauen sich die Probleme über Jahre auf, ohne dass es zu Unterstützung kommt.

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Palim

Zum Teil kann man die Förderung ja schon durch Umstufung (Wechsel vom EK in den GK) im laufenden Schuljahr einleiten. Geht aber nur bei integrierten Systemen.

Walter Hasenbrot
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hysterican

Im Artikel steht das Gegenteil.

Dass Fördern nicht möglich wäre gilt nur, wenn die Politik die Rahnenbedingungen nicht ändert. Das ist aber sehr wohl möglich.

Hysterican
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

…wird aber nicht gemacht!

Andreas Schwichtenberg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hysterican

Man könnte auch sagen: Nehmt dem Staat die Schulen weg, der kann es nicht, wie ja recht eindrücklich unter Beweis gestellt wird.
Von den Eltern organisierte Genossenschaftsschulen wären zumindest ein sehr interessanter Versuch.

vhh
1 Jahr zuvor

Als Servicebetrieb, Arbeitsverträge mit der Elterngenossenschaft? Hm…

Andreas Schwichtenberg
1 Jahr zuvor
Antwortet  vhh

Warum nicht? Eltern sind in der Regel daran interessiert, dass ihre Kinder was lernen, Lehrer sind daran interessiert, dass die Kinder was lernen. Was im Weg steht sind die staatlichen Vorgaben, die Lehrer zwingen den aktuellen Lernstoff auch dann zu unterrichten, wenn die Kinder dazu das Vorwissen noch garnicht haben.

Andreas Schwichtenberg
11 Monate zuvor

Solange die Noten über Lebenchancen entscheiden ist es ja auch völlig verständlich, dass Eltern ihren Kindern diese Chancen erhalten wollen.
Nach meiner Erfahrung sind Eltern (sobald das Rausprüfen nicht mehr droht) sehr daran interessiert, dass ihre Kinder auch was können.

Unfassbar
11 Monate zuvor

Gerade für die Bildungsferne Schicht gilt ihr letzter Absatz nicht.

Andreas Schwichtenberg
11 Monate zuvor
Antwortet  Unfassbar

Stimmt natürlich, aber…
… erstens bekommen diese Leute auch jetzt keine gute Schulbildung.
… ist das kein Argument, dass schlechte Schulen lernwilligen Schüler im Weg stehen
… gibt es dann die Chance, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Aktuell geht das ja nicht, weil die Schulen nix aushandeln dürfen.

Katze
1 Jahr zuvor

„Zur Förderung leistungsschwacher Schüler gehört es, ihr weiteres Abdriften nach unten wirkungsvoll insbesondere dadurch zu unterbinden, dass eine Schullaufbahnentscheidung entsprechend den kognitiven und sozial-emotionalen Voraussetzungen der Schüler und nicht nach Elternwunsch erfolgt. Vielen “Sitzenbleibern” an Gymnasien wäre diese demotivierende Erfahrung erspart geblieben, wenn sie an einer weiterführenden Schule, welche ihren Neigungen und ihren intellektuellen Fähigkeiten besser entspricht, nach der Grundschule gestartet wären.
Zur Förderung leistungsschwacher Schüler an Gymnasien kann nicht gehören, dass ihr weiteres Abdriften nach unten wirkungsvoll insbesondere dadurch unterbunden wird, dass das Anforderungsniveau für alle immer weiter abgeflacht, die gesellschaftlichen Ansprüche an das Sozial- und Arbeitsverhalten von Kindern und Jugendlichen noch weiter gesenkt und Noten inflationiert werden.
Diese Strategie hat sich jedoch im gymnasialen Bildungsgang auf Kosten der Förderung von leistungsstarken und begabten Schüler zunehmend etabliert und führt zu Bildungsverlierern sowie zur Vergeudung von Leistungspotential auf vielen Ebenen.

Andreas Schwichtenberg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Katze

Es kann aber auch nicht richtig sein, schon Kindern die Lebenschancen zu nehmen.

Katze
1 Jahr zuvor

Keiner, welcher sich um faire Beratung (Bildungsempfehlung) zur Schullaufbahnentscheidung bemüht, will Kindern Lebenschancen nehmen,
ganz im Gegenteil.

Andreas Schwichtenberg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Katze

Natürlich will das keiner Trotzdem macht man es, wenn man schon Kindern sagt “zum Studiem lassen wir dich aber nicht zu”.

vhh
1 Jahr zuvor

Studienzulassung ohne eine ausreichende intellektuelle Grundlage, ohne Interesse am Wissenserwerb nimmt interessierten und begabten Studenten die Lebenschancen. Meinetwegen soll jede/r studieren dürfen, erfordert nur Zulassungstests in allen Fächern, die dann ihre Anforderungen selbst festsetzen dürfen. Chancen für alle, egal wieviel oder -wenig Ergebnis in der Schule.

Andreas S.
1 Jahr zuvor
Antwortet  vhh

Wenig Lernen in der Schule hat nichts mit fehlener intellektueller Grundlage oder fehlendem Interesse am Wissenserwerb zu tun. Man kann äußerst interessiert sein, aber die Schule steht dem Lernantrieb im Weg.

Eingangsprüfungen wären daher eine sehr sinnvolle Sache. Dann könnten Schulen sich wieder um den Wissenserwerb kümmern und nicht darum, trotz fehlendem Lernerfolg in Prüfungen einen Lernerfolg zu simulieren.

Lisa
11 Monate zuvor

Wichtig ist die Durchlässigkeit der Schulsysteme. Gerade wenn aber die Ansprüche in der Gesamtschule immer niedriger werden im Verhältnis zum Gymnasium, wird es für die Wechselwilligen schwieriger. Ihnen fehlt dann ohne eigenes Verschulden Lernstoff.

Andreas Schwichtenberg
11 Monate zuvor
Antwortet  Lisa

Das Runterschrauben des Niveaus ist ja auch keine sinnvolle Lösung, sondern nur Symptom einer unfähigen Bildungpolitik, die sich weder vom Heiligtum Abitur, noch von der Illusion “alle können alles Lernen” trennen kann.

Unfassbar
11 Monate zuvor
Antwortet  Lisa

In der Oberstufe ist es den Gesamtschulen wie an den Gymnasien. Daher ist die Qualifikation für die Oberstufe an den Gesamtschulen deutlich schwerer als an den Gymnasien.

JoE
1 Jahr zuvor

Nachdem ich mittlerweile seit 8 Jahren an Schulen ohne Sitzenbleiben arbeite, bin ich bei Gesprächen mit Kolleg*innen an Schulen, die daran festhalten, immer wieder fast schon schockiert über den Blick auf Schüler*innen, der damit einhergeht. Man hat oft das Gefühl (und teilweise wird es auch offen gesagt) dass es viel zu oft regelrecht darum geht, als störend oder anstrengend empfundene Kinder und Jugendliche loszuwerden. Gerade in den Jahrgängen 7-9 werden die Schüler*innen viel zu früh “aufgegeben” und rutschen dann durch das Herausreißen aus dem Klassenverband erst recht ab.

Fräulein Rottenmeier
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Was genau wird an Ihren Schulen getan, damit ein Schüler, der erkennbar große Lücken in ein oder mehreren Fächern hat, so gefördert wird, dass die Lücken aufgeholt werden können?
Ich bin auch kein Fan von Wiederholung, aber manchmal sind die Lücken oder die fehlenden fachlichen Fundamente so groß, dass dies als letztes Mittel der Wahl in Betracht kommt. Als schwierig empfinde ich es, wenn der Rücktritt zu spät erfolgt, sodass ein Rücktritt dann die entsprechenden Lücken nicht mehr füllen kann (z.B. wenn ein Kind, dass den Zahlenraum bis 20 nicht erfasst hat, bis zum Ende der Klasse 2 mitgeschleppt wird und dann die eigentliche Lücke gar nicht mehr schließen kann…)

JoE
1 Jahr zuvor

Es gibt zum Beispiel die Möglichkeit, Nachhilfe in diesen Fächern zu erhalten oder notfalls in den Hauptfächern das Kursniveau zu wechseln. Für mich spannend, dass das Konzept IGS hier so unbekannt zu sein scheint.

Fräulein Rottenmeier
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Unsere Gesamtschulen haben auch erst in Klasse 9 die Möglichkeit des Sitzenbleibens….ist also bekannt.
Die Frage war aber eher, was genau für Maßnahmen ergriffen werden, um bestehende Lücken zu füllen, um ein erfolgreiches Mitarbeiten zu ermöglichen.
Auf Nachhilfe wäre ich jetzt auch gekommen….aber was wird innerschulisch getan, welche Möglichkeiten gibt es da? Ein Wechsel des Kursniveaus setzt ja auch eine Mindestanforderung voraus…..

JoE
1 Jahr zuvor

Die Nachhilfe wird ja nur dann eingeleitet, wenn die Fachlehrkraft das befürwortet. Insofern ist das schon eine schulische Maßnahme. Ansonsten kennen Sie doch sicher auch das übliche Programm mit NTA und Förderplänen.
Kurswechsel werden bei ausreichender oder mangelhafter Leistung beschlossen. Oder worauf wollen Sie hinaus?

Fräulein Rottenmeier
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Sie haben meine Frage bei @ Rüdiger Vahrenkamp beantwortet….
Es ging mir im Kern genau darum, wie man mit Schülern verfährt, die bereits an der untersten Fahnenstange rumkrebsen und ein Kurswechsel nach unten nicht mehr erfolgen kann (weil er schon dort ist)….
Wenn ein freiwilliger Rücktritt aber möglich ist, gibt es dann ja doch einen Ausweg…wenn so wie sie schreiben auch nur selten genutzt.

Rüdiger Vehrenkamp
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Und wenn der Schüler bereits (in mehreren Fächern) auf dem niedrigsten Kursniveau ist und dort schlechte oder keine Leistungen erbringt? Was dann?

An Realschulen und Gymnasien darf man ja auch in ein, zwei Fächern schlecht sein. Schlechte Noten können durch gute Noten ausgeglichen werden. Nur wenn ein Schüler nirgends gute Noten hat…?

JoE
1 Jahr zuvor

Dann macht der Schüler am Ende eben einen HS9 (oder gegebenfalls den Förderschulabschluss). Und in sehr seltenen Fällen gibt’s halt nur ein Abgangszeugnis, das kommt aber wie gesagt nur alle paar Jahre vor. Ausgeglichen werden muss bis zum Abschluss nichts, es gibt ja keine Nichtversetzung.

Sepp
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Die Aussage, dass es nur alle paar Jahre mal vorkommt, mag bei Ihnen zutreffen, ist aber offenbar gar nicht so selten, hier die Angabe für Niedersachsen:

“Im Sommer 2023 verließen landesweit 5.895 von 76.856 Jugendlichen die Schule ohne Abschluss”

https://www.news4teachers.de/2024/10/immer-mehr-schulabbrecher-gew-lehrkraefte-haben-zu-wenig-zeit-fuer-schueler/

JoE
1 Jahr zuvor
Antwortet  Sepp

Absolut korrekt. Daran sieht man doch ganz klar, dass unser Ansatz ohne Sitzenbleiben keine schlechteren Ergebnisse liefert als der des gegliederten Systems. Oder was war jetzt ihr Punkt?

ed840
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Wenn man sich z.B. an der Bertelsmann-Studie orientiert, würde man das evtl. anders sehen. Dann wäre Bayern mit seinem gegliederten Schulsystem das Bundesland mit den niedrigsten Quoten an Schülern ohne Abschluss. Dort sind auch die Durchschnittspunktzahlen bei IQB deutlich höher als in Bundesländern mit Gemeinschaftsschulen, die Quoten der SuS, die Mindeststandards verfehlen wären in BY dafür mit am niedrigsten, die Punktabstände zwischen SuS mit und ohne Migrationshintergrund ebenfalls. .

Palim
1 Jahr zuvor
Antwortet  Sepp

Auch in dem Artikel wird deutlich benannt, dass Schulen keine Deputatsstunden zur Förderung zugewiesen bekommen.

JoE
1 Jahr zuvor

Noch als Ergänzung: Natürlich kann man freiwillig wiederholen. Der Vorschlag kommt relativ häufig von Eltern, wird aber von uns eher selten eingesetzt. Wenn das Kernproblem fehlende Motivation ist, nutzt eine Ehrenrunde niemandem etwas.

Sepp
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Die Frage ist doch, ob jemand vielleicht doch noch den Hintern hoch und sich motiviert bekomme, wenn absehbar ist, dass er sonst wiederholen muss.

Denn wenn es egal ist, was ich ich mache, ich doch eh mitgeschleppt werde, spielt Anstrengung doch keine Rolle.

Lera
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Wenn man SuS loswerden will, versetzt man sie Jahr für Jahr, obwohl sie niemals die Jahrgangsziele erreicht haben. Dann sind sie schnell aus dem System raus.
Sitzenbleiben hingegen verlängert die Schulbesuchszeit, kostet viel Geld und wird von den KM daher bestimmt sehr gerne noch weiter eingeschränkt als ohnehin schon.
Und wenn dann noch der Name Hattie irgendwie dafür verhaftet werden kann: optimal.

JoE
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lera

Hattie war noch nicht einmal mit seinem Studium fertig, als die ersten IGS gegründet wurden. Von daher nice try, aber leider voll daneben.

Die Idee, es ginge um das Erreichen irgendwelcher allgemeingültiger “Jahrgangsziele” ist ja schon an sich Ausdruck verkürzten Denkens. Bei uns kann man vom Förderschulabschluss bis zum Abitur alle möglichen Abschlüsse anstreben. Da ist es am Ende relativ egal, ob es in Jahrgang 6/7 mal nicht so gut lief, solange die Inhalte später nachgeholt werden.

Lera
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

„Hattie war noch nicht einmal mit seinem Studium fertig, als die ersten IGS gegründet wurden. Von daher nice try, aber leider voll daneben.“

Mit Hattie wird hier gegen das Sitzenbleiben argumentiert. Ob zum Zeitpunkt seines Studienabschlusses IGS in Deutschland existierten scheint mir in diesem Kontext freundlich gesagt irrelevant.

„Die Idee, es ginge um das Erreichen irgendwelcher allgemeingültiger “Jahrgangsziele” ist ja schon an sich Ausdruck verkürzten Denkens.“

OK, dann gibt es wohl gar keine zu erreichenden Mindestkompetenzen. Hab ich mich wohl geirrt. Aber gut, dass ich es jetzt erfahre, das macht den Job gleich sehr viel entspannter.

„Da ist es am Ende relativ egal, ob es in Jahrgang 6/7 mal nicht so gut lief, solange die Inhalte später nachgeholt werden.“

Wie jetzt? Ich dachte, es gibt keine Ziele? Wozu dann etwas „nachholen“?
Konsistenz gesucht. Liegt aber wohl an meinem verkürzten Denken.

ABC
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

An den staatlichen Schulen sind die Rahmenlehrpläne und die zu erreichenden Kompetenzen) verbindlich.
An welcher Schule arbeiten Sie noch `mal??? Keine Jahrgangsziele/ Lernziele?
Sind Sie wirklich Lehrer? Ich habe Zweifel…

Pädagogin vom Dienst
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Aber wie schaffen es bei Ihnen die Kinder und Jugendlichen, mit mangelhaften bzw. ungenügenden Vorkenntnisse in der nächsten Klassenstufe? Ist eine ernst gemeinte Frage.

JoE
1 Jahr zuvor

Was gibt es da zu schaffen? Sie werden versetzt. Je nachdem, ob die Inhalte bis Ende der 9./10. Klasse beherrscht werden, gibt es dann schlimmstenfalls nur ein Abgangszeugnis. Ich kann Ihnen aber versichern, dass das höchst selten vorkommt. Soweit ich weiß, hatten wir so einen Fall das letzte Mal vor zwei Jahren. Im Vergleich zur Performance des gegliederten Systems mit 5-10% je nach Bundesland ist das schon ordentlich.

ed840
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Wenn man liest, dass in manchen BL 62% der 8. Klässler an integrierten Sekundarschulen / GM nicht das Mindestniveau in Lesen schaffen und sogar 74% das Mindestniveau in Mathematik verfehlen, fragt man sich schon, wie diese Schüler dann später fast alle einen Schulabschluss erreichen.

JoE
1 Jahr zuvor
Antwortet  ed840

Wir haben eine ausgezeichnete Leseförderung, insofern halte ich es für undenkbar, dass die genannten Zahlen bei uns zutreffen. Wie Sie selbst sehr richtig sagen: Ohne das Mindestniveau erreicht zu haben, kann man wohl kaum die standardisierten Abschlussarbeiten erfolgreich schreiben. Zumindest nicht die nach Jahrgang 10.

ed840
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Laut Bertelsmann-Studie blieben dort 6,7% der SuS ohne Abschluss, der Bundesschnitt war 6,2%. Allerdings besuchen in diesem Bundesland auch viele SuS ein Gymnasium und da waren nur 12% bei Lesen bzw. 13% – 20% bei Mathe betroffen.

Hans Malz
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

“Soweit ich weiß, hatten wir so einen Fall das letzte Mal vor zwei Jahren.”
Eigene Schule

Im Vergleich zur Performance des gegliederten Systems mit 5-10%
Alle möglichen Schulen

Da werden Äpfel mit Birnen verglichen. An meiner Schule (mit Sitzenbleiben) gab es die letzten drei Jahre keinen mit Abgangszeugnis. Liegt also nicht per se am Sitzenbleiben. Wie ist denn die Statistik mit Schülern nur mit Abgangszeugnis im Bundesland? Leider wird in den gänigen Quellen nicht nach Schulforme differenziert. Deshalb kann ich ihre Zahlen auch nicht nachvollziehen.

JoE
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hans Malz

“Alle möglichen Schulen”

Richtig. Wir sind eine Schule in einem ausgewiesenen Brennpunktviertel mit einer Arbeitslosenquote von deutlich über 20%, fast 70% der Familien mit Kindern erhalten Transferleistungen. Das zeigt umso mehr, dass unser Ansatz sinnvoll ist.

Hans Malz
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Öhm, wir sind auch eine Brennpunktschule, nur kann man da halt sitzen bleiben. Wir haben eine ähnliche Quote, wie bei Ihnen. Jetzt kenne ich aber Schulen in der näheren Umgebung (Gesamtschulen) mit viel schlechteren Quoten. Das zeigt mir, das unser Ansatz richtig ist.

JoE
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hans Malz

Zum letzten Teil: Irgendwo zwischen 5,1% (m.W. Hessen) und 10% (m.W. Bremen), ich möchte jetzt nicht extra nachschauen.

ed840
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Dann ist Ihr Wissen nicht korrekt. Die 5,1% waren aus Bayern, mit gegliedetem Schulsystem und Sitzenbleiben.

Lera
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

„Was gibt es da zu schaffen? Sie werden versetzt. Je nachdem, ob die Inhalte bis Ende der 9./10. Klasse beherrscht werden, gibt es dann schlimmstenfalls nur ein Abgangszeugnis. Ich kann Ihnen aber versichern, dass das höchst selten vorkommt.“

Das ist ein Ausdruck verlängerten Denkens. Man denkt solange, bis das Ergebnis ins Weltbild passt.

Was gibt es da zu schaffen? Bei Ihnen scheinbar nichts außer der Abschlussprüfung. Bis dahin werden schön alle weitergeschickt. Und – oh Wunder – trotz jahrelang per Zeugnis dokumentierter Nicht-Kompetenz schaffen alle diese Prüfung. Hier stellen sich dem kritischen Betrachter keinerlei Fragen, das wird schon seine Richtigkeit haben. Von den Kollegen an der Gemeinschaftsschule hört man ja auch nur, dass diese Prüfungen sehr ernst genommen und streng nach Erwartungshorizont bewertet werden. Schmu würde ich da komplett ausschließen. Durchfallen lassen ist ja auch nicht mit Mehrarbeit verbunden.

Hysterican
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Hmmm, bei solchen Schullaufbahnen erinnere ich mich an den damals an der Hauptschule, an der ich lange unterrichtet habe, häufig gebrauchten Satz:

“Jetzt ist der / die schon mal so weit gekommen – jetzt können wir ihm / ihr den Schulabschluss doch nicht verwehren!”

Da wurde dann ein bisschen an den Noten getrickst und dann bekam sogar der Dauerverweigerer seinen Abschluss.
Das machte sich dann auch in der Abschluss-Statistik viel besser.

447
1 Jahr zuvor

Als Lehrkraft mit Erfahrung in diesem expliziten Subsystem:

Garnicht.

Das Unterrichtsniveau ist entsprechend.

Nach Durchschleusung (Regelfall bei Problemschülern, es findet sich immer irgendwer, der irgendwo noch die Ausgleichsnote gibt in 10 oder die Vornote vor der ZP entsprechend setzt) ist der Schüler ja “weg” und psychologische wie emotionale Denkmuster verhindern wirksam, dass alles weitere danach überhaupt mit “Schule” in Verbindung gebracht wird.

Nur mal zwei Beispiele:

1) Nehmen Sie für NRW Englisch das Klett Irange Line Klasse 9 und 10 (oder 7 und 8), am besten Grundkurs, und schauen Sie dann mal auf die Grammatik und das Schreiben.

Danach konsultieren Sie mal ein Green Line für Gymmi auf Stufe 5/6…

2) Stellen Sie sich vor einen nicht gefakten Grundkurs Englisch … und reden im thematischen Wortschatz aus 8, 7, 6 über…ja, irgendwas halt.

Hier kann man es ja sagen: 80% ist fachlich lackierte Betreuung, damit die halt im kritischen Alter (Jahrgang 9/10) nicht am Bahnhof/örtlichen hotspots abhängen und voll versumpfen.

Disclaimer: Gibt selten auch gute, starke Grundkurse.
Ist aber wirklich 20 zu 80.

JoE
1 Jahr zuvor
Antwortet  447

NRW ist halt auch ein “spezielles Subsystem” für sich. Ob das NRW-Gymnasium tatsächlich der Haupt- und Realschule in anderen Bundesländern entspricht, kann ich selbst nicht beurteilen, aber zumindest haben es mir Kolleg*innen so geschildert, die aus NRW zu uns gekommen sind.

447
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Ganz so extrem würde ich es nicht sehen – NRW ist halt so ein “2 bis 3 Sterne auf Amazon”-Ding im Bildungssystem: Real schlechtes Mittelmaß, aber halt auch keine Vollkatastrophe.

An guten Gymmis geht erstaunlich viel, es gibt auch selten mal krasse Gesamtschulen, die wirklich viel machen (aber dann eben auch, zumindest unter der Hand, genau so krass disziplinieren, da haben “Talahoon & Chaya” dann auch nix zu lachen).

Sekundarschule (=Hauptschule 2.0), die “übliche/08-15”-Gesamtschule…das ist halt wirklich nur Zehren von der Bausubstanz, Zehren von der Bildungssubstanz, Verwahren & Betreuen, jeder soll ‘nen Abschluss kriegen.

Nicht, weil die Lehrer nicht wollen.
Sondern weil von oben ganz klar so gesteuert wird.
Und viele SL sich denn dann auch so steuern lassen und das gegen die Kollegien durchzusetzen versuchen. (Wieder: Nicht immer, nicht alle – aber die Masse macht es halt)

Lisa
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Der Klassenverband ist oft auch das Problem.

JoE
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lisa

Richtig, aber in solchen Fällen ist doch eine Querversetzung das erste Mittel der Wahl. Natürlich kann auch eine freiwillige Wiederholung eine Option sein.

moi aussi
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Ja, wenn sie möglich ist. Bei uns keine Chance, wir sind in der Sek I bis auf eine Klassenstufe gestopft voll und bekommen auch keine weiteren Klassen genehmigt. Lehrermanfel und so. Da ist sogar z.T. das Sitzenbleiben problematisch.

JoE
1 Jahr zuvor
Antwortet  moi aussi

Das Problem haben wir wie wohl alle Schulen in Großstädten auch. Aber wie Sie schon sagen, mit Sitzenbleiben funktioniert das auch nicht besser.

Palim
1 Jahr zuvor
Antwortet  moi aussi

Dann ist doch aber weder Sitzenbleiben noch mangelnde Förderung das Problem.

Biene
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Ja und nein.
Manche SuS nutzen die längere Lernzeit selbst und brauchen keine permanente Hilfe. Nicht jeder aus der Schülerschaft, die sitzenbleiben, ist auch von sich aus Willens diese Chance zu nutzen und verhält sich entsprechend ohne sich um die Konsequenzen für sich selbst oder seine/ihre Mitschülerschaft zu sorgen.
Manchen mag die “Ehrenrunde” helfen, manchen nicht und anderen ist es schlicht egal.

JoE
1 Jahr zuvor
Antwortet  Biene

“Manchen mag die “Ehrenrunde” helfen, manchen nicht und anderen ist es schlicht egal.”

Exakt, deshalb ist dieses Mittel ja auch Unsinn. Ein freiwilliges Wiederholen ist ja trotzdem nicht ausgeschlossen und dürfte den Großteil der sinnvollen Fälle abdecken.

Hans Malz
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Haben wir während Corona gesehen. Es musste alles versetzt werden, man konnte aber freiwillig wiederholen. Mir ist kein Fall einer freiwilligen Wiederholung bekannt. Leider haben sich die Schwächen potenziert und das kam dann halt später. Bei uns will niemand freiwillig wiederholen, bei den Gesamtschulen in unserer Stadt auch nicht, dementsprechend sind dann auch die Ergebnisse. Manche muss man zu ihrem Glück halt zwingen.

Canishine
1 Jahr zuvor

Dass Sitzenbleiben häufiger nicht den gewünschten Effekt hat, deckt sich mit meiner Erfahrung. Ich wollte allerdings der Frage nachgehen, ob die drohende Konsequenz des Sitzenbleibens einen Effekt hat und bin bisher gescheitert:
Der Link [3] im Text führte mich zur Blogseite, auf der die gleiche Aussage auf Deutsch und Englisch auf sich selbst verweist.
Eine kurze Frage bei Copilot bestätigte zumindest die kurzfristige Motivationsförderung durch drohendes Sitzenbleiben, versehen mit einem Link zu – diesem Beitrag. 🙂
Ich suche weiter …

Sepp
1 Jahr zuvor

Natürlich ist das Sitzenbleiben keine schöne Erfahrung und von daher erstmal nicht motivierend. Bestimmt ist man dann erstmal wütend auf die Schule oder die eigenen Eltern. Und es ist auch nicht verwunderlich, dass bspw. Kinder mit Migrationshintergrund eher mal sitzenbleiben, weil sie z.B. die Sprache noch nicht so gut können und daher noch nicht so gut am Unterricht teilnehmen können.

Wir haben im Jahrgang einige Kinder, die man aufgrund von verschiedenen persönlichen und familiären Problemen hätte wiederholen lassen müssen.
Nun ist das Sitzenbleiben bei uns nicht vorgesehen, wurde also auch nicht gemacht. Stattdessen sind die Kinder bis in die 9. Klasse “durchgerutscht” und haben so krasse Defizite in vielen Fächern (z.T. Grundschulniveau), dass absehbar ist, dass sie keinen Abschluss erreichen werden. Egal, was sie jetzt noch machen, sie werden komplett ohne Abschluss von der Schule gehen!

Es hört sich immer toll an, man müsse die Kinder nur individuell fördern. Aber wie soll im Unterricht mitkommen, wenn bspw. in jedem einzelnen Fach der Unterrichtsstoff eines ganzen Schuljahres fehlt und man den darauf aufbauenden Stoff gar nicht verstehen kann?

Am Ende hilft auch hier keine Grundsatzdiskussion. Wer in mehreren Fächern das Klassenziel nicht erreicht, sollte auch sitzen bleiben können. Das muss man dann aber individuell entscheiden und passend begleiten.
Kinder ohne weitere Maßnahmen sitzen zu lassen wird wenig helfen, es aber gar nicht zu ermöglichen ist ebenso unsinnig.

JoE
1 Jahr zuvor
Antwortet  Sepp

Freiwilliges Wiederholen ist zumindest in NDS möglich, wenn es pädagogische Gründe dafür gibt. In welchem Bundesland ist das denn nicht der Fall?

Sepp
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

An sich ist es möglich, unsere SL hat jedoch entschieden, das nur auf Antrag der Eltern und dann nur nach einem Konferenzbeschluss zu ermöglichen. Faktisch wird das bei uns nicht mehr gemacht, weil jedem klar ist, dass die SL es nicht will.

JoE
1 Jahr zuvor
Antwortet  Sepp

Natürlich muss es einen Konferenzbeschluss geben, was denn sonst? Und ja, in der Regel ist Wiederholen wenig sinnvoll.

Katinka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Sepp

Es gibt ja auch die Möglichkeit, freiwillig zu wiederholen, was auch nicht wenige tun (so zumindest meine Erfahrung, insbesondere nach der Corona-Pandemie), um den Stoff nochmal neu zu lernen, weil sie entweder viel krank waren oder schlicht zu faul und dann aber merken, dass ihnen das auf die Füße fallen wird.

Biene
1 Jahr zuvor
Antwortet  Katinka

Sie sprechen von jenen, die von selbst erkannt haben, dass ihre Lücken zu groß sind. Leider haben diese Erkenntnis nicht alle der Sitzenbleibenden.

Katinka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Biene

Das stimmt, leider.

Hans Malz
1 Jahr zuvor
Antwortet  Katinka

Das freiwillige Wiederholgen wurde bei uns leider nicht in Anspruch genommen. Deshalb nehmen wir den Menschen die Entscheidung auch wieder ab.

laromir
1 Jahr zuvor

Die Vergleiche mit anderen Ländern finde ich immer problematisch, weil leider die Bedingungen und die Haltung bezüglich Bildung sich unterscheiden. Das merkt man doch selbst in den verschiedenen Klassen. Hat man viele SuS, die etwas lernen wollen (egal, ob sie nun viel oder wenig können oder gut oder schlecht sind) dann profitiert die ganze Gruppe davon. Hat man viele SuS, die null Bock haben, stören oder denen andere egal sind, dann wirkt sich das auf die schlechteren SuS negativ aus und die Guten bekommen es eben irgendwie hin. Länder die bei PISA weit vorne sind, schneiden eben auch deshalb besser ab, weil sie eine andere gesamtgesellschaftliche Einstellung zum Lernen und zur Bildung haben als das hierzulande oft der Fall ist. Ein Beispiel: ich korrigiere die Rechtschreibung in einem Fach (nicht deutsch) und werde von Eltern angemeckert, was ich denn da machen würde, es wäre schließlich kein Deutschunterricht, es wäre doch somit egal, wie die Kinder schreiben. Mich hat diese Haltung irritiert.

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  laromir

Aber das ist doch das Schöne an Meta-Studien, sie analysieren die Ergebnisse verschiedener Studien mit annähernd gleichem Inhalt, ohne die jeweiligen Randbedingungen zu vergleichen.

Bei den BWLern läuft das unter Bench-marking – und richtig eingesetzt lässt sich dann auch der Niedergang des Tante Emma Ladens um die Ecke mit TKS vergleichen. Beide Geschäftsmodelle sind halt aus der zeit gefallen und taugen nur noch als typische Vertreter von Nischenmärkten.

Lisa
1 Jahr zuvor
Antwortet  laromir

Was machen diese Eltern beruflich? Wenn einer Klempner ist, würde ich ihm auch erklären, wie er das Eckeventil das nächste Mal einzubauen hat. Diese Übergriffe in den eigenen Berufsbereich sind ärgerlich.

Sokrates
1 Jahr zuvor
Antwortet  laromir

Anekdotische Evidenz ist kein Beweis. Ansonsten gebe ich Ihnen Recht, die Haltung entscheidet über den Bildungserfolg. Allerdings sind für die Ausprägung einer leistungsorientierten und bildungsaffinen Haltung nicht nur die Eltern, sondern auch die Lehrkräfte mitverantwortlich. Und da sehe ich durchaus (insbesondere auch bei einigen der Mitforisten) Defizite. Viele schieben die Verantwortung nur auf die Eltern, ohne ihren eigenen Anteil zu sehen bzw. sehen zu wollen. Das Eltern dies oft umgekehrt genauso machen, sollte für Akademiker aber keine Entschuldigung/Legitimation sein. Die gerne auch hier vertretene defizitorientierte Leistungskultur verstärkt das nur noch.
Ich behaupte, eine gute Lehrkraft kommt ohne Demotivierung von Schülern aus und sollte für das schließlich selbst gewählte Fach begeistern können – nicht alle, aber doch zumindest die meisten.

laromir
1 Jahr zuvor
Antwortet  Sokrates

Es gäbe in meinem Alltag genügend weitere Beispiele. Wenn man etwas fordert, ist man der Depp vom Dienst. Wenn man Noten hinterher wirft, ständig Filme guckt oder die Kids auf ihren privaten Handys surfen lässt der Held. Es soll alles gemütlich und geschmeidig sein. Lernen ist aber anstrengend und diese Anstrengung muss man auf sich nehmen, um am Ende Erfolg zu haben, etwas zu verstehen, neue Erkenntnisse zu entwickeln. Ich sehe nur leider sehr viele Konsumenten vor mir sitzen, die es sehr ätzend finden, wenn sie eigenständig etwas machen sollen. Experimente waren für mich immer das Highlight im Nawi Unterricht. Heute schafft es die Hälfte nicht mal in einem bestimmten Zeitrahmen das Material bei mir abzuholen. Vor 10 Jahren wurde man noch gefragt , ob man mal was seziert oder einen Lehrausflug macht. Heute ist alles zu öde oder was auch immer. Da kann ich mich auf den Kopf stellen und mit den Ohren wackeln, der Wille etwas zu lernen liegt in manchen Klassen bei 20 % der SuS, dem Rest geht das Geschehen am A… vorbei. Leider.

Realist
1 Jahr zuvor

“Diese negativen Auswirkungen sind zum Teil darauf zurückzuführen, dass die Schulen und Lehrkräfte den sitzenbleibenden Schülern beim ersten Mal in der Klasse keine optimalen Maßnahmen anbieten.”

Wieder das übliche “verorten” jeglicher Schuld bei den De… an der Basis, welche die eigentliche Arbeit machen und sich nicht den ganzen Tag im Elfenbeinturm oder im Ministerialbüro unsinnige Konzepte oder Studien ausdenken, deren einziger Zweck ist, moralisch “gut” zu klingen und nichts zu kosten.

Wer jeden Tage vor bis zu 30 Schülern pro Klasse nicht nur einmal, sondern mehrmals in unterschiedlicher Zusammensetzung steht, und das fünfmal die Woche, gleichzeitig noch für Inklusion, Integration und Sprachförderung zuständig ist, die diversen von außen in die Schulen hineingetragenen Konflikte der Gegenwart verarbeiten darf, dabei außer wohlklingenden Briefen und Presseerklärungen keinerlei effektive Unterstützung übergeordneter Stellen erhält, sich täglich mit nicht funktionierender IT und baufälligen Gebäuden beschäftigten muss, aus Statistiken weiß, dass jeder vierte Schüler bewaffnet in die Schule kommt und sich dann fragt, wer von den 30 vor ihm sitzenden das denn sein könnte, demnächst in einigen Bundesländern außer dem “Verfassungsviertelstündchen” auch das “Sportviertelstündchen” und das “Fahrradviertelstündlichen” zusätzlich geben darf, am besten nachmittags im immer weiter ausufernden Ganztag, immer wieder neue “Stühle dazustellen” muss, der hat gar keine Zeit und gar keine Ressourcen für “optimale Maßnahmen”.

Und die Schulen natürlich auch nicht, denn entweder gibt es keine Stellen, weil die Schülerzahlen irgendwann in den 2030er-Jahren ja wieder zurückgehen sollen (haha!) oder es gibt Stellen und keine vernünftigen Bewerber, weil sich niemand mehr diesen Sch,,, antun will,, der noch bei klaren Verstand ist. Es sei denn psychische und physische Gesundheit spielen keine Rolle und Geld ist nicht so wichtig…

Andreas Schwichtenberg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Willkommen im Staatsdienst….. Man hat da einige Privilegien, aber der Preis dafür ist halt, dass man fremde Entscheidungen exekutieren und vertreten muss, auch dann, wenn sie dem eigenen Gewissen entgegenstehen.
Würde die Lehrer einfach legal streiken (also massenhaft kündigen) mit dem Argument “so unterrichten wir nicht” könnte man die Politik zu einer Verbesserung zwingen. Aber solange die Lehrerschaft mitmacht, wird sich wenig ändern. Auf die Vernunft der Politik brauchen wir nicht hoffen.

Einer
1 Jahr zuvor

In der Gesamtschule in NRW kann ein Schüler zwischen der 6. und 9. Klasse nicht sitzenbleiben. Wer von der 5. in die 6. Klasse geschafft hat, der wird in den nächsten drei Schuljahren immer versetzt. Von der 9. zur 10. sind Noten dann wieder wichtig.
Ich bin Lehrer am Berufskolleg in NRW und Stelle fest, dass fast alle Schüler von den Gesamtschulen keine Anstregungsbereitschaft haben und ein sehr viel geringeres Fachwissen (auf den Stoff der Sek. 1 bezogen) als Schüler von RS oder HS.
Ob es nun am der Versetzungregel liegt oder an der Auflösung der Dreigliederigkeit (HS, RS, Gym) weiß ich nicht. Vielleicht auch an beidem.

447
1 Jahr zuvor
Antwortet  Einer

Siehe oben – das ist politisch so gewollt.

H. F.
1 Jahr zuvor

// 5 Stellt sich die Frage: Warum? //
Nein, überhaupt nicht. Es stellt sich eher die Frage nach dem “Was sonst?”! In ein Land mit keinen 6 Millionen Einwohnern und homogenerer Schülerschaft zu blicken reicht mir als Alternativvorschlag nicht aus. Der verlinkte Artikel ist übrigens 18 Jahre alt, Finnland hat längst viele unserer Fehler ins Bildungssystem übernommen und fährt nun die selbe faule Ernte ein.

Für mich ist Fakt: ab einem bestimmten Maß an Defiziten kommt man um die Separation eh nicht herum. Der billigste Weg ist das Sitzenbleiben, der teure Weg wären kleine Förderklassen, der ungeliebteste der Schulformwechsel (bis zur Förderschule). Was Bildungsromantikern aber wohl vorschwebt, ist die Förderung in der Ursprungsklasse. So mit 3-4 Lernbegleitern auf 20 Kinder in großen Lernlandschaften. ROFL.

Rüdiger Vehrenkamp
1 Jahr zuvor

Wieder nur meine subjektive Alltagserfahrung, aber wir haben unter den Jugendlichen, die wir betreuen oder betreut haben, eine Vielzahl, die sich mit der Androhung aufs “Sitzenbleiben” noch einmal den Hintern aufgerissen haben.

Besonders bildungsfernen Kindern war am Ende selbst das egal und sie verließen die Schule ohne Abschluss Richtung Berufsgrundschuljahr (was dann häufig nicht besucht wurde). Danach blieben im Grunde drei Richtungen: Mehrere Minijobs, Bürgergeld, kriminelle Handlungen. Diese Richtungen können beliebig kombiniert werden.

Natürlich kann man alle mit- und durchschleppen. Nur wenn Basiswissen in der Unterstufe schon fehlt, wie will man das nachholen? Lehrkräfte können doch nicht in der 9. Klasse erneut das 1×1 durchkauen.

Andreas Schwichtenberg
1 Jahr zuvor

Einige Schüler lassen sich sicher auch durch die Androhung von Prügel zum Lernen motivieren.
Trotzdem würde das heute kein vernünftiger Mensche mehr tun.

447
1 Jahr zuvor

Nur, dass “Prügel” eine Körperverletzung und mithin seit Jahrzehnten ein klarer Rechtsverstoß sind.

Und das Nicht-Bestehen von Prüfungen/Abschlüssen – ganz besonders in der Zeit von pipileichten Zentralprüfungen mit Durchkommgarantie, wenn man mehr als leere Blätter abgibt- eine berechtigt erteilte Quittung für jahrelange Bildungs- und Schulverweigerung ist.

Andreas Schwichtenberg
11 Monate zuvor
Antwortet  447

Inzwischen weiß man eigentlich, dass seelische bzw. emotionale Gewalt mindestens genauso problematisch ist wie körperliche Gewalt. Der Unterschied ist nur: Körperliche Gewalt als Disziplinierungsmittel wird heute nicht mehr akzeptiert, seelische Gewalt dagegen wird weiter akzeptiert.

Sepp
11 Monate zuvor

Wenn man jahrelang nicht mitarbeitet und dadurch eine – eigentlich einfache – Abschlussprüfung nicht besteht, dann sehen Sie das als “seelische Gewalt” an?

Ich würde sagen, das ist einfach nur Konsequenz – und nicht die Schuld der Lehrkräfte.

Andreas Schwichtenberg
11 Monate zuvor
Antwortet  Sepp

Und Schüler mit Problemen, die nicht aus mangelhafter Anstrengungsbereitschaft resultieren, die gibt es nicht?

Monika, BY
1 Jahr zuvor

Es geht einfach und grundlegendes menschliches Gefühl – Hoffnung. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Und das ist gut so. Was ist eine Mensch ohne Hoffnung, sogar wenn er auch scheitert. Man muss immer wieder versuchen und hoffen. Irgendwann und irgendwo schafft man so auch.

Alese20
1 Jahr zuvor

Mich bestätigt dieser Artikel nur weiter in meiner Meinung, dass gleichzeitiges, homogenes Lernen nicht zielführend ist. Es gibt einfach zu viele Verlierer in diesem Gleichschrittlernen – das können wir uns einfach nicht erlauben. Selbstorientiertes Lernen, im eigenen Tempo, Test erst, wenn man sich sicher fühlt, individuelle Förderung in Bereichen, die einem schwer fallen, scheint da der richtige Weg zu sein. Das ganze Schulsystem gehört überdacht und verändert. So bleiben einfach zu viele auf der Strecke – auch die begabten Kids.

ABC
1 Jahr zuvor
Antwortet  Alese20

Ja, genau. Ich bin für Einzelunterricht. 😉

447
1 Jahr zuvor
Antwortet  Alese20

Wenn “man” immer verliert – wie beispielsweise vor langer, langer Zeit beim Sport – dann gibt es zwei Wege:

1. Verlangen, dass die Welt sich nach den eigenen Defiziten richtet. (Kann man durch subventionieren und Agitprop so lange darstellen, wie dafür Ressoucen fliessen)

2. Besser werden.

Nur eines kann “man” auf Dauer (!) nicht:
Die Folgen davon ignorieren, die Realität zu ignorieren.

Rainer Zufall
1 Jahr zuvor

Ich hatte Bedenken, dass nicht erworbene Kompetenzen keine Zeit hätten nachgeholt zu werden.
Die Studie zeigt auf, wie es seien könnte, dass es effektiver wäre und warum es in Deutschland nicht passieren wird.

Ich glaube aber weniger an Gewohnheit etc. es geht letzlich um Geld und Lehrkräftemangel

Lisa
1 Jahr zuvor

“Schüler, die sitzenbleiben, schneiden also
genauso gut ab wie ihre neuen Mitschüler, bleiben aber hinter ihren vorgerückten Mitschülern zurück.“
Sie waren schon vorher schlechter als die Mitschüler, die vorrücken, sonst wären sie ja nicht sitzen geblieben.
Ich persönlich vermute, dass der Sinn oder Unsinn des Sitzenbleibens tatsächlich darin liegt, dass da ganz verschiedene Schülerprobleme zusammen gefasst werden. Ich hatte einmal eine Schülerin, die war vom Gymnasium gekommen mit einer glatten Sechs in Mathematik. Hier war Sitzenbleiben nicht die Lösung gewesen, sondern ein Schulwechsel. Für sie wäre Sitzenbleiben auch nicht sinnvoll gewesen, weil sie den Stoff der anderen Fächer gut konnte.
Andere Schüler sind aber mit dem gesamten Stoff des Schuljahres überfordert. Da kann eine schlichte Wiederholung sinnvoll sein. Auch bei privaten Problemen oder Krankheit in diesem speziellen Schuljahr. Oder wenn die deutsche Sprache erst erlernt wurde/wird.
Sitzen bleiben als Drohung ist ganz falsch. Es ist eine neue Chance. Besser ist es, Eltern und Schüler gleich von freiwilligem Wiederholen zu überzeugen.

JoE
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lisa

“Für sie wäre Sitzenbleiben auch nicht sinnvoll gewesen, weil sie den Stoff der anderen Fächer gut konnte.”

Das klingt geradezu wie ein Plädoyer für die IGS. In dem Fall hätte sie in Mathe einfach nur den Kurs wechseln müssen und wäre ansonsten in ihrem Umfeld geblieben.

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

@JoE – Sie werden die Experten hier nicht vom Konzept der IGS überzeugen können. Ich habe selbst lange an IGS in NRW u.a. Mathe unterrichtet. Während meiner Zeit habe ich es so gut wie nicht erlebt, dass SuS die Schule mit einem Abgangszeugnis verlassen haben. Die Anforderungen für den ESA (HA9) sind gem. APO-SI auch nur dann nicht zu erreichen, wenn man in Deutsch und in Mathe ein “mangelhaft” hat. Was zudem auch hilfreich war, waren die BUS-Klassen, die leider durch KAoA abgelöst worden sind, um Ressourcen (Lehrerstunden) einzusparen.

Sitzen-bleiben ist aus meiner Erfahrung wenig sinnvoll, freiwillige Rücktritte infolge längerer Abwesenheitszeiten (Klinikaufenthalte) hingegen sind durchaus empfehlenswert.

Hans Malz
1 Jahr zuvor
Antwortet  dickebank

“…waren die BUS-Klassen, die leider durch KAoA abgelöst worden sind, um Ressourcen (Lehrerstunden) einzusparen.”

KAoA und die Busklassen haben aber nichts gemeinsam. KAoA beschreibt das Gesamtkonzept für alle Schüler. Beim Rest bin ich bei Ihnen: Die Busklassen waren top!

vhh
1 Jahr zuvor
Antwortet  dickebank

Ja, die BUS-Klassen waren viel zu erfolgreich und teuer, gerade bei den Komplettverweigerern. Jetzt schleppen wir diese Schüler von 5-9 mit, unmotiviert und demotivierend, basteln dann irgendwie eine Versetzung in Jahrgang 10 zurecht. ZP (mit Ansage) nicht bestanden, aber Hauptsache ESA, laut Statistik nicht ‘ohne Abschluss’.
Es mag hart klingen, aber Wiederholung 9, danach ESA im zweiten Anlauf ist oft für diese Schüler und auch ihre Klasse besser, denn die ZP schaffen auf diesem Weg, mit einem nicht völlig frustrierenden Jahr, einige mehr. Ich habe seit Jahren ‘Problemklassen’ in 9/10 IGS, versuche immer, ohne Wiederholung auszukommen. Oft genug fehlt aber soviel aus vorherigen Jahrgängen, dass bei aller Förderung jeder Abschluss einem Wunder nahe kommen würde. Die Wiederholer brauchen natürlich positives Feedback, Geduld, Hilfen bei den gravierendsten Lücken und keinen Empfang als ‘Versager’.

A.J. Wiedenhammer
1 Jahr zuvor

War Hattie nicht auch der Meinung, dass sich die Klassengröße nur marginal auf das Klassenklima und den Bildungszuwachs auswirkt?

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

J. Hattie publiziert Metaanalysen von Metaanalysen und reproduziert die endemischen Probleme dieser Metastudien, d.h. (a) dass diese i.d.R. lediglich die Daten des kompletten Samples präsentieren, vulgo die Daten der analysierten Einzelstudien aggregieren (raw data-Sample), ungeachtet dessen, was diese Studien wie analysierten, so dass die Studien z.T. im Wesentlichen, bspw. in puncto Operationalisierungen der un-/abhängigen Variablen, Drittvariablenkontrolle, Sampling etc., divergieren, was deren tatsächliche Vergleich- und Aggregierbarkeit erheblich rezudieren kann. Adäquatere Metaanalysen definieren bzgl. Methodik und Design der analysierten Einzelstudien bestimmte Gütekriterien (best practices), um tatsächliche Vergleichbarkeit der Einzelstudien zu bieten und gleichzeitig strapazierfähige (valide, nicht Drittvariablen attribuierbare etc.) Ergebnisse präsentieren zu können, berichten diese aggregierten Ergebnisse dieser Studien separat (vom raw data-Sample). Leider tummeln sich in den verwendeten Einzelstudien der seitens von J. hattie verwendeten Metannalysen solche ohne adäquate Operationalisierungen der un-/abhängigen Variablen, ohne hinreichende Drittvariablenkontrolle u.ä.
Und d.h. (b) auch, dass in J. Hatties Metaanalysen dies Ergebnisse der seinerseits aggregierten Metanaylsen quasi bona fide unkritisch übernimmt und auch selbst bzgl. der verwendeten Metananalysen nicht separate Ergebbnisse für ein best practices-Sample dieser Analysen bieten kann, sondern lediglich das raw data-Sample präsentieren kann, was die demonstrierten Effekte mithinin enorm verzerren kann. Hinzu kommen noch weitere Probleme, wie dass die Interdependenzen und Reziprozitäten der diversen unabhängigen auf die abhängigen Variablen nicht (hinreichend) gewürdigt werden.

… kurz: Nein, es ist nicht J. Hatties Meinung, seine wissenschaftl. Befunde sind aber mit einem gehörigen grain of salt zu genießen.

Rainer Zufall
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

“Und d.h. (b) auch, dass in J. Hatties Metaanalysen dies Ergebnisse der seinerseits aggregierten Metanaylsen quasi bona fide unkritisch übernimmt […]”

Ist das bei solchen Metastudien nicht üblich? Ich meine, würde sich Hattie sonst nicht des Cherrypickings verdächtig machen?
Ich meine es ernsthaft neugierig/ unwissend, wie würden Sie die Studie solider aufstellen wollen?

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

… hätten Sie mal den Rest des Beitrages gelesen, Stichworte: “raw data-” vs. “best practices-Samples” – notwendig ist bzgl. jeder spezifischen (vermeintl.) Kausalbeziehung zwischen unabhängiger und abhängiger Variable die Differenzierung in (a) die Studiengattung (z.B. Korrelations- vs. Experimentalstudien etc.), (b) die Operationalisierung dieser Variablen (um tatsächliche Vergleichbarkeit zu schaffen) und (c) ob sonstige Gütekrieren vergleichbar resp. (nicht) erfüllt sind (wie z.B. verschiedene Niveaus der Drittvariablenkontrolle). Das hat mit cherry picking nichts zu tun (im Gegenteil: Die Kategorisierung der Studien erfolgt ja noch objektiven Maßstäben aus der ebenfalls transparent zu machenden Auswahl der Grundgesantheit der analysierten Studien), sondern mit der Vermeidung von (systematischen) Verzerrungen.

J. Hatties Studien wirken auf den Unbedarften vielleicht erst gewaltig, aber methodisch sind die… suboptimal. Er hat da nur recht wenig Konkurrenz in seinem Metier (und obwohl die Kritik an solchen unterkomplecen Metaanalysen jetzt auch mind. zwei Jahrzehnte währt, wird sie vielerorts nicht wahrgenommen oder ignoriert… wie bei der Replikationskrise, deren Bedeutung ja auch vielerorts nicht angekommen ist).

Hans Malz
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Jeder sucht sich halt die Studie raus, die ihm in den Kram passt. Wer dann Kritik übt, ist wissenschaftsfeindlich.

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hans Malz

Um dieses ‘Studientennis’ zu vermeiden, sind Metaanalysen ja eigtl. ein formidables Mittel, wenn sie denn adäquat realisiert werden. Dort gilt wie bei Einzelstudien, dass es auf Design und Methodik ankommt (wo aber selbst im wissenschaftl. Diskurs leider oftmals Abstracts und Ergebnisteile widerstreitender Studien geheinander angeführt werden, statt zu prüfen, ob diese halten was sie versprechen).

Rainer Zufall
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Also das Beste, was wir derzeit haben?

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Wenn “das Beste” bestimmte Ergebnisse, die es aufstellt, nicht strapazieren kann, ist es schlichtweg nicht gut genug und nicht als Diskussionsgrundlage (und etst recht nicht für polit. Maßnahmen) geeignet. Wenn Sie ein Auto kaufen wollen, Ihnen der Händler aber nur ein Zündschloss anbieten kann, aber sagt, er böte Ihnen damit ‘nen Luxuswagen an, kaufen Sie das dann trotzdem?

Rainer Zufall
11 Monate zuvor
Antwortet  PaPo

Sie implizieren, dass es sonst keine Autos gibt – darum frage ich ja

PaPo
11 Monate zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Es gibt m.W.n. sonst keine Autos (d.h. entsprechende Metaanalysen von Metaanalysen)… und das Zündschloss hier ist auch noch keines.

DerechteNorden
1 Jahr zuvor

Das Problem ist, dass es große Klassen gibt, die super funktionieren, und diese Tatsache dann so dargestellt wird, als hätte die Klassengröße keinen Einfluss.
Allein die Tatsache, dass junge Menschen in großen Lerngruppen “unsichtbar” bleiben können, so dass man sie nicht so wahrnimmt, wie sie es verdienten oder bräuchten, spricht gegen diese pauschale Aussage.

Rainer Zufall
1 Jahr zuvor

Er zeigte auf, dass kleinere Klassen selbst nicht automatisch bessere Leistungen erzeugen.
Aber viele seiner wirkungsvollen Faktoren profitieren von kleineren Klassengrößen oder Teamteaching

JoE
1 Jahr zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Genau das. Leider wird das von interessierter Seite immer wieder unterschlagen und auch die Gegner Hatties schließen sich dieser verkürzten Interpretation an.

Unfassbar
11 Monate zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Definiere kleine Klasse.
Bei 20, 25, oder 30 sehe ich keinen zu großen Unterschied, wobei ab 30 schon anstrengend ist. Unter 25 finde ich schön, wenngleich ich von kleine Klasse erst bei unter 15 spreche.

Micky
1 Jahr zuvor

Tja, warum bloß halten “die Schulen und Lehrkrafte” an ineffektiven, teuren Maßnahmen fest, statt effektive Fördermaßnahmen anzubieten? Könnte damit zu tun haben, dass “die Schulen und Lehrkräfte” das gar nicht entscheiden. Die würden ihre Schüler nämlich sehr gerne besser fördern und weisen unermüdlich auf die fehlenden Rahmenbedingungen hin.

Wer von einer “Egalisierung der Schülerleistungen” schwafelt oder solches Geschwafel zitiert, zeigt aber ohnehin schon, dass es nicht um realistische Konzepte geht.

Ceterumcenseo
1 Jahr zuvor

Bessere Überschrift wäre: 15 Jahre Hattie Studie: Warum eine Metastudie mehr schadet als hilft. Oder auch
warum politische Vereinnahmung und Dogmen eine Studie fehlinterpretieren!

AvL
1 Jahr zuvor

Wissenschaftlich fundiertes Wissen steht hier gegen persönliche Meinung.

AvL
1 Jahr zuvor

Zudem sind die entstehenden Kosten für die Allgemeinheit sehr hoch,
der Frust bei den Betroffenen fördert nicht deren Motivation,
und wenn im Wiederholungsjahr genauso unterrichtet wird,
so wird der Erfolg ausbleiben.
Was übrig bleibt ist eine veraltete Sanktionsmaßnahme
aus einem vergangenen Jahrhundert.

GriasDi
1 Jahr zuvor

Auch entdeckendes Lernen (d = 0,21), Freiarbeit (d =0,01), offene Lernformen (d = 0,01) usw. könnten aus diesem Grund hinterfragt werden.

Ceterumcenseo
1 Jahr zuvor
Antwortet  GriasDi

Genau! Wieso wird das nicht gemacht? Politisch nicht en vogue.

Andreas Schwichtenberg
1 Jahr zuvor

Sitzenbleiben ist ähnlich wie die Gabe von Ritalin oder die ganzen Diagnosen von Lernschwächen. Das findet häufig nicht für die Schüler statt, sondern nur für die Schulen.

Würden die Bedürfnisse der Schüler im Mittelpunkt stehen, wäre es völlig selbstverständlich, dass jeder Schüler ohne Bedingung die Förderung bekommt, die er/sie benötigt.

447
1 Jahr zuvor

Nicht “die Schulen”.

Sondern die Bezirksregierungen/Politiker.

Gerne können Sie mir 25 Förderstunden die Woche reinknallen – ich förder gerne.

Wie viele Kleingruppen, Kopiervorlagen, genug Zeit kriege ich?

Acccchhhh soooooo, ***so*** war das nicht gemeint?

Na dann … wundern Sie sich bitte nicht, dass ich meinen Atem NICHT anhalte, bis real mögliche Fördervedingungen realisierbar sind.

Andreas Schwichtenberg
1 Jahr zuvor
Antwortet  447

Dann räumen Sie ein, dass Kinder oder aus dem Klassenverband genommen werden oder gar Ritalin bekommen, weil die Schule die Kinder nicht entsprechend fördern kann?

GriasDi
1 Jahr zuvor

Kann oder will nur niemand bezahlen.

Sepp
1 Jahr zuvor

@ Andreas Schwichtenberg,

Das würde ich gerne machen, wenn Sie mir erklären, wie das gehen soll.

In meiner eigenen IGS-Klasse habe ich mehrer Kinder mit Hörproblemen, was wir technisch und durch begleitende Maßnahmen zumindest abfangen können.
Dazu haben zwei Kinder einen Förderschwerpunkt Lernen bzw. Geistige Entwicklung. Einen Sonderpädagogen hatte ich trotz zahlreicher Bemühungen nie mit in meinen Unterricht bekommen…
Weitere zwei Kinder haben diagnostizierte Hochbegabung.
Mehrere Kinder können nicht sinnentnehmend lesen.
Andere Kinder zeigen Suchtverhalten, da sind wir mit den Eltern im Gespräch.
Etwa ein Drittel der Klasse hat eine diagnostizierte LRS.
Ebenfalls ein Drittel der Klasse hat einen Migrationshintergrund und entsprechend Deutsch-Probleme, darunter zwei Kinder aus Osteuropa, die zunächst gar kein Deutsch konnten, mit denen man aber zumindest teilweise auf Englisch kommunizieren kann.

Man ist regelmäßig am Jonglieren, dass die Klasse an sich funktioniert und man den Unterricht und den organisatorischen Kram erledigt bekommt. Schon letztes ist insofern schwierig, als dass wir einige Eltern fast nie zu Gesicht bekommen und teilweise nur mit einem Übersetzer mit ihnen kommunizieren können.

Ich mag meine meine Schülerinnen und Schüler wirklich, bemühe mich um sie und versuche immer wieder, die einzelnne Schüler im Blick zu haben. Aber nebenbei ist es einfach utopisch, noch für jeden einzelnen Schüler differenzierten Unterricht zu konzipieren. Denn ehrlich gesagt bin ich gerade mal mit 4 Stunden in meiner eigenen Klasse und habe noch genügend andere Lerngruppen, die z.T. ähnlich heterogen sind.

Ihre Aussagen zu Diagnosen und zu Medikamenten finde ich ziemlich daneben.
Zumindest bei uns werden keine Diagnosen angefordert, um es uns leichter zu machen. Die LRS-Diagnosen, mit denen die Kids meist schon aus der Grundschule kommen, ermöglichen es uns bspw., dass die Kinder extrene Förderung bezahlt bekommen und dass die Kinder über Nachteilsausgleiche z.B. mehr Zeit in Klassenarbeiten haben. Und die Diagnosen zu Förderbedarfen ermöglichen es, die Kinder differenzierte Klassenarbeiten schreiben zu lassen. Beides macht zusätzliche Arbeit und ist keine Erleichterung.
Und ich käme nicht auf die Idee, eine Familie in die Richtung zu drängen, ein Kind mit Medikamenten ruhigzustellen. Das ist eine Sache, die die Familien und die Ärzte mit einander ausmachen müssen und wo ich mich nicht einmische. Soweit ich weiß, macht das bei uns auch niemand.

Andreas Schwichtenberg
11 Monate zuvor
Antwortet  Sepp

„Und die Diagnosen zu Förderbedarfen ermöglichen es, die Kinder differenzierte Klassenarbeiten schreiben zu lassen“
Mit diesem Satz bestätigen Sie mich ja. Diese Diagnosen macht man für die Schulen, weil die Schulen sonst die Kinder nicht angemessen behandeln (dürfen).

Im Ganzen beschreiben Sie ja einfach nur ihre Überforderung. Ich habe auch keine Zweifel, dass sie Leisten was Ihnen möglich ist, aber trotzdem bestätigen Sie ja meine These, dass die Bedürfnisse der Kinder nicht angemessen berücksichtigt werden.
Dass Sie das aus einer Überforderung heraus tun, das ziehe ich wie gesagt nicht in Zweifel, aber das ändert nichts am Sachverhalt.

Sepp
1 Jahr zuvor

Da hier mit Hattie argumentiert wird, noch ein paar interessante Punkte:

– Es geht hier um eine Metastudie. Statistik sagt nichts über einen Einzelfall aus.

– Es werden solche Kinder betrachtet, die sitzengeblieben sind. Der Effekt, doch noch die Kurve zu bekommen, wenn man Gefahr läuft nicht versetzt zu werden, wird nicht betrachtet.

– Die Effektstärke soll laut Artikel deutlich sein. Tatsächlich ist sie hier kaum größer als “Spezielle Ernährung”. “Klassengröße”, die ja gerne als unwichtig angesehen wird, ist eine größere Effektgröße und schon der Effekt der “Schulgröße” ist doppelt so groß wie der des “Nichtversetzens”.

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Sepp

Ja, Statistiken sind halt wie Bikinis – sie zeigen viel, aber das Wesentliche bleibt verborgen.
(Gut, aber leider nicht von mir.)

Rasa
9 Monate zuvor

Ich habe sowohl an der Uni Melbourne meine Dissertation geschrieben als auch studiert. Außerdem habe ich auch Master in Teaching Abschluss von Australien. Zusätzlich habe ich an einer staatlichen Schule in Melbourne gearbeitet. Herr Prof. Sollte aus meiner Sicht zuerst eine grundlegende Bildungsreform in Australien durchführen, denn so viele ungebildete Menschen wie dort, habe ich noch nie erlebt. Fremdsprachen ist dort ein Fremdwort. Nicht Mal im geringsten will jemand eine Fremdsprache erlernen. Die Austauschschüler aus Deutschland werden in die höheren Klassen gesteckt, da das Niveau niedrig ist. Auch an den Unis geht es nach dem Prinzip: der Kunde zahlt und bekommt. Hat Herr Prof. Jemals in Deutschland gelebt und gearbeitet????
Ich selbst bin im sowjetischen System aufgewachsen (hier wurde Polen erwähnt). Wir hatten damals ein solides Bildungssystem (Propaganda gab’s schon immer, auch jetzt in Deutschland), das mit dem australischen nicht zu vergleichen ist. Und zuletzt: wo steht Australien wirtschaftsmäßig?? Warum? Weil die Leistung nicht in ist.