Bedarf nicht gedeckt: Rund 306.000 Betreuungsplätze für Kleinkinder fehlen

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BERLIN. Viele Eltern kleiner Kinder wünschen sich einen Krippenplatz – doch häufig ist es schwierig, einen zu finden. Besonders in Westdeutschland bleibt die Lage einer neuen Studie zufolge sehr angespannt.

Es fehlt an Plätzen. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Einer Studie zufolge fehlen in Deutschland in diesem Jahr rund 306.000 Kita-Plätze für Kinder unter drei Jahren. Damit sei der Bedarf von 13,6 Prozent der Kinder in diesem Alter nicht abgedeckt, heißt es in einer aktuellen Analyse des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW).

Demnach ist die Lücke zwar im Vergleich zum Vorjahr 2023 um 38.200 Plätze zurückgegangen. Insgesamt schreite der Ausbau von Betreuungsplätzen in Deutschland aber «derzeit kaum voran», heißt es in der Studie. Vor allem zwischen Ost- und Westdeutschland gebe es hier wie schon in den Vorjahren ein großes Gefälle.

Während in diesem Jahr der Berechnung zufolge in Westdeutschland 277.900 Plätze für unter Dreijährige fehlen, sind es in Ostdeutschland lediglich 28.200. Im Jahr 2023 lag die Lücke in Westdeutschland noch bei 310.200 Plätzen, im Osten bei 34.200. Ein konstanter Rückgang des Plätzemangels ist den IW-Zahlen aber nicht zu entnehmen. Insgesamt war das Ausmaß des ungedeckten Bedarfs an Kita-Plätzen für unter Dreijährige in den vergangenen zehn Jahren schwankend – aber auf hohem Niveau. In der Berechnung wurden nach Angaben des Studienautors Wido Geis-Thöne sowohl potenzielle Krippenplätze als auch mögliche Betreuungsplätze bei Tagesmüttern oder Tagesvätern berücksichtigt.

Bedarf von mehr als 1,15 Millionen Plätzen für unter Dreijährige

Die errechnete Lücke von exakt 306.100 Plätzen basiert laut der Studie auf einer repräsentativen Eltern-Befragung des Bundesfamilienministeriums. Zu ihrem Bedarf an Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren seien insgesamt 8.754 Elternteile befragt worden. Auf das aktuelle Jahr hochgerechnet, geht das IW davon aus, dass in diesem Jahr für diese Altersgruppe insgesamt 1,154 Millionen Betreuungsplätze gebraucht werden. Von diesen seien etwas mehr als 848.000 aktuell belegt – wodurch sich die entsprechende Lücke ergebe.

Insgesamt geht die Analyse davon aus, dass in den kommenden Jahren wegen rückläufiger Geburtenzahlen mit weniger Kindern zu rechnen sei. Im Osten sei daher «ein Rückbau der Betreuungsinfrastruktur unumgänglich», heißt es. Die freiwerdenden personellen Ressourcen sollten dabei aus Sicht der Experten aber in eine höhere Qualität an den Einrichtungen investiert werden. Darauf zielt auch eine Änderung des sogenannten Kita-Qualitätsgesetzes ab, das der Bundestag in der vergangenen Woche verabschiedet hatte. Demnach soll das Geld, das der Bund den Ländern für die Kinderbetreuung zur Verfügung stellt, insgesamt knapp vier Milliarden Euro in den kommenden zwei Jahren, vorrangig in die Gewinnung und Erhaltung von Personal in den Einrichtungen fließen.

Für Westdeutschland mahnt Studienautor Geis-Thöne einen deutlich schnelleren Ausbau des Betreuungsangebots an. Dort dürfte der Bedarf «voraussichtlich auch noch weiter zunehmen», wie es in der Studie heißt. News4teachers / mit Material der dpa

Bildungsforscherin warnt: “Sehr frühe und sehr lange Kita-Betreuung stresst Kinder”

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Fräulein Rottenmeier
11 Monate zuvor

Ich bin so froh, dass meine Kinder schon erwachsen sind und diese unsägliche Zeit nicht mehr mitmachen müssen. Ich hoffe sehr, dass sie sich noch ordentlich Zeit lassen, bevor sie selber Eltern werden….

A. M.
11 Monate zuvor

Von mehreren jungen Handwerkern, die mit Erzieherinnen liiert sind, weiß ich, dass sie als Paar schon mal sparen, damit die Frau dann länger als allgemein üblich beim Kind bleiben kann. Das sind keine Anhänger einer Freikirche oder der AfD, das sind einfach nur junge Menschen, die kein Problem mit der altmodisch-klassischen Rollenaufteilung für ein paar Jahre haben. Manche haben sie selbst erfahren, andere nicht und gerade deshalb wollen sie es anders machen.

Sparen für die ersten Jahre der Kinder, das ist der Tipp, den man den jungen Leuten heute zusätzlich zum Abwarten auch noch geben kann. Denn ob es in den nächsten Jahren wirklich besser wird, ist fraglich. In der Kinderbetreuung haben sich Fehlentwicklungen wie in der Altenpflege durchgesetzt. Darüber können auch die guten “Zertifizierungen” nicht mehr hinwegtäuschen.

A. M.
11 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Man sollte Erzieherinnen vielleicht zur besseren Klärung einmal befragen, inwieweit sich Eltern die Betreuung ihres Kindes einfach schönreden. Es gibt das Phänomen, dass heute Eltern den Bitten und begründeten Empfehlungen ihr Kind doch nicht so lange oder krank in die Betreuung zu bringen, nicht nachkommen wollen. Und dann heißt es “Das Kind wollte unbedingt in die Kita” , Oder nachmittags war unser Kind quietschvergnügt und kerngesund.” – Während man bei manchen Kindern schon die heftige Halsentzündung am Mundgeruch erkennen kann.
So etwas kam früher kaum vor. Während meiner Ausbildung habe ich im ersten Jahr im Kindergarten und habe nicht ein Mal Erbrochenes aufwischen müssen. – Die Realität heute ist dagegen für viele Kinder wirklich oft zum “Ko….”

Hannah
11 Monate zuvor
Antwortet  A. M.

Dann kann man nur hoffen, dass diese Paare auch einen Ehevertrag haben. Ansonsten sieht es natürlich für die Frau im Falle einer Scheidung finanziell sehr schlecht aus.
Ich verstehe einfach nicht, warum Eltern sich die Elternzeit und die Care Arbeit nicht fair aufteilen. Geld ist nicht alles und Kleinkinder benötigen eh nicht viel. Kinder bedeuten nun mal auch Verzicht, aber dazu sind die Menschen heutzutage nicht mehr bereit. Man möchte alles, Kinder, Karriere, Wohlstand und dabei bleibt immer was auf der Strecke. In den meisten Fällen die Kinder.

Lisa
11 Monate zuvor
A. M.
11 Monate zuvor
Antwortet  Lisa

Danke für den Link. Der hohe Krankenstand in Kitas wird uns noch lange zu denken geben. Hoffentlich schrumpft das Vertrauen in die Vertreter der Verbände der Kinder- und Jugendärzte, die über Jahre “netterweise” immer wieder die Anzahl der Infekte, die pro Kind und Kindergartenjahr angeblich “normal” sein sollen, erhöht haben. Ich habe schon immer mehr den Großeltern geglaubt, die versichert haben, dass ihre eigenen Kinder im Kindergartenalter längst nicht so oft krank waren wie ihre Enkel.

Würden mehr Eltern es grundsätzlich ablehnen, ihr Baby oder Kleinkind so früh und lange in einer Institution betreuen zu lassen, könnte der angebliche Bedarf an Betreuungsplätzen sinken. Der Ausdruck “Kindergartenreife” könnte wieder an Bedeutung gewinnen und mit ihm die Rücksichtnahme auf die Grundbedürfnisse von Kleinkindern. – Es ist nämlich längst nicht jedes Kind reif für die Betreuung in einer großen Gruppe.

Katinka
11 Monate zuvor
Antwortet  A. M.

“Würden mehr Eltern es grundsätzlich ablehnen, ihr Baby oder Kleinkind so früh und lange in einer Institution betreuen zu lassen, könnte der angebliche Bedarf an Betreuungsplätzen sinken.”

Dieser Appell richtet sich v.a. auch an die (zukünftigen) Väter, von denen immer noch zu wenige in Elternzeit gehen um selbst ihr Kind zu betreuen. Würden mehr Väter beruflich kürzer treten, wären die langfristigen Nachteile für die Müttern nicht so groß und das Kind könnte ggf. später in die Kita

GBS-Mensch
11 Monate zuvor
Antwortet  Katinka

Mit wem müssen sich Väter denn auseinandersetzen und gegen wen müssen sie sich durchsetzen, wenn es um die Aufteilung von Elternzeit und Elterngeldbezug geht?

A. M.
11 Monate zuvor
Antwortet  Katinka

Hallo Katinka,

es wäre schön, wenn kein in Elternzeit gehendes Elternteil Nachteile hätte, wie es heute für beide Geschlechter der Fall ist. Aber dieses berechtigte Ziel darf doch nicht Vorrang haben vor den elementaren Grundbedürfnissen von Kleinkindern!

Braucht es Appelle an die Väter, wenn sie die gleichen Rechte haben wie die Mütter? Es gab schon genug entspechende Appelle. Ein phänomenal hohes Informationsdefizit dürfte es nicht geben. Sonst verfestigt sich der Eindruck, dass die Lebensentscheidungen der Eltern in eine Richtung hin beeinflusst werden soll. Gäbe man dagegen den Familien die Wahl, ob sie Erziehungsgeld annehmen oder einen Kitaplatz, könnte man von Wahlfreiheit sprechen. Derzeit kann in vielen Fällen nicht von einer Wahlfreiheit ausgegangen werden, weil die Lebenshaltungskosten so hoch sind. Es ist eine Schande, dass der forcierte und zu spät einsetzende Betreuungsplatzausbau von Anfang an auf Masse und nicht auf angemessene Mindeststandards plus zusätzlichen Mitteln für Brennpunktkitas geachtet hat. – Nun findet die hoch gelobte “frühkindliche Bildung” nach der Devise statt: Da müssen die Kinder jetzt eben durch.” Sich immer wieder anstecken umand kränkeln, andere Kinder in trauriger Verfassung mitansehen und immer wieder unschöne Trennungsszenen, die das Bild der jungen Generation von Eltern prägen. – Eltern sind diejenigen die weggehen, auch wenn ihre Kinder das nicht wollen. – Selbst einem Winneproppen von Kind möchte ich manches nicht zumuten, was in Kiras Alltag ist.
Für jedes Kind, dass körperlich und seelisch nicht robust genug für einen frühen und/oder besonders langen Kitabesuch ist, ist das grausam. “Kinderrechte” als Thema von Projekten scheint politisch “Verantwortlichen” wichtiger zu sein als das, was Kinder wirklich – im immateriellen Sinn – haben wollen und wirklich brauchen.

Katinka
11 Monate zuvor
Antwortet  Lisa

“Kleinkind” und “bis zu 45 h pro Woche” in Betreuung sind allerdings Extremwerte. Die meisten Kleinkinder werden kürzer betreut. Man kann auch eine feste Bindung zu seinem Kind aufbauen, wenn man nicht den ganzen Tag mit ihm zusammen ist, da kommt es auf weit mehr Faktoren an. Ich frage mich, wie das früher war (nein, natürlich war früher nicht alles besser!), da mussten die Eltern Haus und Hof in Ordnung halten und haben von früh bis spät geschuftet, da gab es keine Waschmaschinen, Geschirrspüler usw. – wie haben die eine Beziehung zu ihren Kindern aufgebaut? Waren die Kinder damals auch schon nicht resilient? Ich persönlich finde 45 h in der Kita für ein Kleinkind auch viel zu viel, um das mal klarzustellen, aber zwischen schwarz und weiß gibt es ja bekanntlich viele Grautöne und Kitas tragen auch viel Positives zur Entwicklung von Kindern bei (der Mix macht’s sozusagen). Meine Vermutung ist eine andere (oder zumindest ein weiterer Aspekt dazu): Kinder werden heute zu stark umsorgt, ein Kind zu haben ist heutzutage ein Projekt und alles muss perfekt sein, dem Kind sollen keine Steine in den Weg gelegt werden, es muss ALLE Möglichkeiten dieser Welt haben und Eltern wollen die besten Freunde ihrer Kinder sein, Konflikte werden nicht ausgetragen, sie setzen kaum noch Grenzen, geben ihnen (aus falsch verstandener übertriebener Fürsorge) zu wenig Orientierung, weshalb sie zu wenig Resilienz entwickeln.
https://www.focus.de/familie/psychologin-ueber-generation-alpha-generation-alpha-wird-von-youtube-grossgezogen_id_260142944.html

Unabhängig davon decken die Plätze nicht den aktuellen Bedarf, wie der Artikel es uns ja mitteilt. Jede Familie sollte die Wahl haben und sich selbst entscheiden dürfen, wie sie das Kind betreut / betreuen lässt. Und die echte Wahlfreiheit hat man ja nur, wenn genug Betreuungsplätze da sind.

Marion
11 Monate zuvor
Antwortet  Katinka

“Und die echte Wahlfreiheit hat man ja nur, wenn genug Betreuungsplätze da sind.”
Vielleicht würden die Betreuungsplätze auch reichen, WENN die Eltern ECHTE Wahlfreiheit hätten.
Es ist keine Wahlfreiheit, wenn man aus finanziellen Gründen gezwungen ist, sein Kind so früh wie möglich in Krippe oder Kindergarten zu geben, obwohl man diese gesellschaftlich überaus wertvolle und wichtige Arbeit gerne selber übernehmen würde.

Katinka
11 Monate zuvor
Antwortet  Marion

Das ist aber ein anderer Punkt. Man weiß vor der Familienplanung, wie es ungefähr aussieht, was die Finanzen der Familie angeht. Meist entscheidet man sich bewusst dennoch für ein Kind. Aber man weiß nicht, ob bzw. v.a. wann man einen Betreuungsplatz bekommt. Dann ist es ja um so schlimmer, wenn man gezwungen ist, arbeiten zu gehen und es gibt keine Betreuung…

A. M.
11 Monate zuvor
Antwortet  Katinka

Die “Extremwerte” wurden vor Jahren, als die Betreuungszeiten eingehalten werden konnten, leider in nicht wenigen Kitas bevorzugt von Eltern gebucht, weil eine 25-Stunden-Betreuung zusätzlich zu den Fahrtzeiten nur mit wenigen Arbeitsstellen vereinbar ist. Bei einer 35-Stunden-Betreuung hätte das Kind aus dem Mittagsschlaf geweckt werden müssen. Also wurde das scheinbare “Rundumsorglospaket” mit 45 Stunden gebucht. Und fragen Sie mal mehrere Erzieherinnen wie bald nach der Eingewöhnung die Kleinen fast 45 Stunden in der Einrichtung sind? Dass ein Kind nur ne halbe Stunde früher abgeholt wird, ist mehr etwas, womit sich Eltern brüsten können als dass es für ihr Kind eine wirklich spürbare Entlastung wäre, wenn es einige Stunden früher abgeholt worden wäre. Kommen im zweiten Jahr die “neuen Kleinen” leidet manches Kind darunter, dass sich seine ErzieheInnen nun selbstverständlich intesiv um die neuen Kleinen kümmern müssen. Da wäre ein früheres Abholen wirklich eine Entlastung für das Kind. Aber sobald die Mutter wieder Stunden aufgestockt hat oder eine neue Stelle angenommen hat und in der Probezeit ist, “muss” das Kind länger in der Kita bleiben, damit seine Eltern keinen Ärger an der Arbeitsstelle bekommem. Eine ziemlich verfahrene Situation. Die Wirtschaft hat rechtzeitig die Strippen gezogen und die Politk hat entsprechend die Weichen gestellt.

Katinka
11 Monate zuvor
Antwortet  A. M.

Ich weiß nicht, wo Sie wohnen, aber bei uns (BY) waren solche “Luftbuchungen” verboten (also 45 h buchen, aber nur dann nutzen, wenn man sie braucht) und das wurde streng kontrolliert. Auf der anderen Seite – was ich sehr gut fand, da mein Stundenplan als Lehrerin auch jeden Tag anders war – konnte ich z.B. einen Tag früh, einen anderen später abholen, die gebuchte Wochenstundenzahl galt (also z.B. 35 h). Dadurch war es einfacher, alles unter einen Hut zu bringen.