GEW: Beim Umgang mit Antisemitismus von Schülern ist pädagogische Haltung gefordert

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HAMBURG. Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel vor einem Jahr kommt es zu antisemitischen Vorfällen an Schulen. Dies berichtet die Hamburger GEW. Die Gewerkschaft ruft die Beschäftigten an Schulen auf, Antisemitismus entschieden entgegenzutreten – und erwartet von der Schulbehörde, mit Präventions- und Schutzmaßnahmen zu reagieren. Um einen Brief an Schulen des Landesinstituts für Lehrerbildung  im Vorfeld des Jahrestags gibt es Wirbel.

Erinnerungsstätte an die von der Hamas entführten Israelis in der Stadt Netanya. Foto: Shutterstock / ivanov

„Antisemitismus an Schulen muss entschieden entgegengetreten werden und das erfordert eine klare Haltung des Schulpersonals. Aus unserer Sicht ist wichtig: Kritik an der aktuellen Politik eines demokratischen Landes ist legitim, auch und gerade in Zeiten schwerster Krisen. Aber: Das Existenzrecht des Staates Israel darf nicht in Frage gestellt werden! Wir rufen dazu auf deutlich zu intervenieren, wenn es zu Dämonisierungen der israelischen Politik kommt“, fordert Sven Quiring, Vorsitzender der GEW Hamburg, in einer aktuellen Pressemitteilung.

Lehrkräfte nicht allein lassen

Gleichzeitig dürfe das Schulpersonal mit diesen Problemen nicht alleine gelassen werden, es brauche Unterstützung. Quiring: „Zudem geht es beim Umgang mit Antisemitismus in der Schule nicht nur um Fachwissen, sondern auch um eine pädagogische Haltung, die sich nicht so einfach schulen lässt. Um Antisemitismus in seinen verschiedenen Erscheinungsformen erkennen und auf entsprechende Vorfälle reagieren zu können, bedarf es regelmäßiger Aus-, Fort- und Weiterbildungsangebote in allen Phasen der Lehrerbildung. Die Schulen dürfen nicht allein gelassen werden. Es braucht insgesamt mehr Ressourcen für politische Bildung, Präventionsarbeit und Demokratieförderung.“

Kriege auch im Unterricht thematisieren

Der Krieg im Nahen Osten und seine Hintergründe seien nicht nur ein Thema für den Unterricht, sondern auch für das Zusammenleben in der Schule. Dies zeige eine laut GEW zunehmende Zahl von Beratungsanfragen zum pädagogischen Umgang mit der Situation im Nahen Osten beim Landesinstitut für Lehrerbildung (LI), das Lehrkräfte auch in eigens angebotenen Fortbildungsveranstaltungen informiert und berät. Die Aktivitäten des LI werden von der GEW ausdrücklich unterstützt und begrüßt. Für die unterrichtliche Auseinandersetzung mit dem Krieg im Nahen Osten haben die GEW und das LI Handreichungen herausgegeben.

Das LI hatte offensichtlich versucht, Gedenkfeiern an den Schulen zum Jahrestag des Hamas-Überfalls zu unterbinden. In einem Schreiben an alle Lehrkräfte zum 7. Oktober, das die „Bild“-Zeitung veröffentlichte, heißt es: „Verzichtet auf große Gesten wie Schweigeminuten, Aufforderungen zur Trauer oder Empathie. Verzichtet auch auf das gemeinsame Schauen von Reportagen.“ (News4teachers berichtete.)

Für die CDU-Opposition in der Hamburgischen Bürgerschaft ein Skandal, auch die FDP gab sich empört. Auch die Schulbehörde zeigte sich irritiert. Sie habe von dem Schreiben nichts gewusst und distanzierte sich auch von dessen Inhalt, sagte ein Sprecher der Zeitung. „Wir sind im Gegenteil der Meinung, dass Schweigeminuten und andere Formen des Trauerns ermöglicht werden müssen.“ Der Brief werde jetzt inhaltlich und formell aufgearbeitet sowie dienstrechtlich und aufsichtlich bewertet.

GEW-Landeschef Quring betont: „Der so genannte Nahostkonflikt als immer wieder herausforderndes Thema und die aktuellen Ereignisse sind sicherlich Teil der Diskussionen in der Schulgemeinde. Einmal mehr gilt es jetzt, mit den Schülerinnen und Schülern im Gespräch zu sein. Denn dieser Konflikt bringt es mit sich, dass unterschiedliche Formen der Betroffenheit und emotionalen Beteiligung zum Tragen kommen.“ News4teachers / mit Material der dpa

Jahrestag des Hamas-Massakers: Kultusminister nimmt Schulen in die Pflicht

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6 Kommentare
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Rainer Zufall
11 Monate zuvor

Es ist die Bild!

Wahrscheinlich war die eigentliche Botschaft also etwas unbestritten Gutes wie das direkte Gespräch mit Schüler*innen, Erfahrungsberichte Gleichaltriger auf beiden Seiten (Logo.de) oder das offene Gespräch über Gewaltspiralen.

Es bleibt für mich weiterhin unverständlich, wie die Bild hier als (glaubhafte) Quelle angeführt wird, auch wenn sie jahrzehntelang dagegen ankämpft 😛

Johann Friedrich H.
11 Monate zuvor

Offensichtlich kennt die GEW-Hamburg nicht die eigenen Texte ihrer offiziellen Homepage, was dort steht, ist an Einseitigkeit und fragwürdiger Meinungsmache nicht zu überbieten und widerspricht dem oberen Appell:

https://www.gew-hamburg.de/themen/internationales/palaestina-vertreibung-krieg-und-besatzung-eine-buchvorstellung-v-norman

Anspruch und Wirklichkeit einer “Bildungsgewerkschaft”…

unverzagte
11 Monate zuvor

Schade, dass Widerspruch meist so negativ bewertet wird. Mir erscheint es wesentlich fragwürdiger, wenn einseitige Positionierungen als erstrebenswert dargestellt werden.
Wo alle dasselbe denken, kann nicht viel gedacht werden.

Johann Friedrich H.
11 Monate zuvor
Antwortet  unverzagte

Ich hoffe, Sie meinen dieses Statement “allgemein”, bezögen Sie sich auf den angesprochen Text auf der offiziellen GEW-Hompage zum Nahostkonflikt (siehe oben), so wäre ihr Kommentar anschlussfähig an Positionen, die jenseits eines demokratischen Diskurses liegen. Kennen Sie das Toleranz-Paradox nach Karl Popper?

Falls nicht:
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Toleranz-Paradoxon

Lisa
11 Monate zuvor

“Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel vor einem Jahr kommt es zu antisemitischen Vorfällen an Schulen.”

Ist das der “importierte Antisemitismus” der Einwanderer, der ” Antisemitismus ohne Juden”, den es in Deutschland auch nach Ende des zweiten Weltkrieges gegeben hat und gibt oder Antisemitismus im Rahmen der Antikolonialbewegung, die Juden als “weiß” und Palästinenser als “Schwarz” definiert?
Das heißt, die Zange geht von rechts und von links zu. Es wird so getan, als sei das alles das Gleiche, ist es aber nicht. Man könnte zu allen drei Formen unterschiedlicher Meinung sein. Ich tu mich bis auf grundsätzliche humanitäre Überlegungen: Kein Mensch sollte ermordet, vertrieben, gefoltert, vergewaltigt, aus politischen Gründen interniert, ausgebeutet, unterdrückt werden – da offen gesagt schwer, wenn ich aufrichtig sein will.

gehtsnoch
11 Monate zuvor

Freie Meinungsäußerungen wie Israel-Kritik werden rasch zu “Antisemitismus” degradiert und scheinen sich gesellschaftlich auch täglich zu ändern.