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“Infames Propaganda-Manöver”: AfD-Chefin Weidel erklärt Hitler zum Linken

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MÜNCHEN. Der Leiter des Münchner Instituts für Zeitgeschichte, Andreas Wirsching, hat die Behauptung von AfD-Chefin Alice Weidel, Adolf Hitler sei in Wahrheit Kommunist gewesen, als «historisch grundfalsch» bezeichnet. Es handele sich um eine Behauptung, die in der rechtsextremen Szene immer wieder auftauche.

Nanu? Hitler 1936. Foto: Bundesarchiv/Wikimedia Commons

Eine solche Aussage sei im Hinblick auf die Opfer des NS-Regimes zynisch, politisch irreführend und infam. «Unter Hitlers Verantwortung wurden nicht nur Zehntausende Kommunisten verfolgt, in Konzentrationslager gesperrt und ermordet, sondern auch zahllose Sozialdemokraten und Gewerkschaftler», erklärte Wirsching.

Hitler sei spätestens seit 1919 ein radikaler Antisemit gewesen, ein völkischer Nationalist und militanter Feind des Kommunismus, so Wirsching in einer schriftlichen Stellungnahme auf Anfrage. Sein Programm habe auf eine rassistisch und ideologisch neu formatierte Volksgemeinschaft gezielt.

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Weidel hatte sich in einem Online-Gespräch mit dem US-Tech-Milliardär Elon Musk auf dessen Plattform X am Donnerstagabend unter anderem zu Hitler geäußert und den Nationalsozialisten als «Kommunisten» bezeichnet. «Nationalsozialisten, wie das Wort schon sagt, waren Sozialisten», sagte Weidel. «Er war ein Kommunist und sah sich selbst als Sozialisten.» Hitler habe Unternehmen verstaatlicht und hohe Steuern verlangt.

Wirsching: «Sehr viele deutsche Privatunternehmen haben im NS-Regime und durch die Kriegswirtschaft große Gewinne eingestrichen»

Wirsching sagte dazu, Weidels Behauptung, Hitler habe nach 1933 die deutschen Wirtschaftsunternehmen verstaatlicht, sei ebenso falsch. Die Privatwirtschaft sei als solche nicht angetastet, sondern durch verschiedene dirigistische Maßnahmen in den Dienst der Kriegswirtschaft gestellt worden. «Jüdische Unternehmer wurden verfolgt und verdrängt. Sehr viele deutsche Privatunternehmen haben im NS-Regime und durch die Kriegswirtschaft große Gewinne eingestrichen», erklärte der Historiker.

Der Versuch, Hitler aufgrund der frühen antikapitalistischen Affekte der NSDAP und ihres sozialistischen Namenselementes als «links» zu bezeichnen, sei bis heute ein beliebtes Täuschungsmanöver. Damit sollten Sympathisanten und Rechtsnationalisten vor dem berechtigten Vorwurf der Kollaboration mit dem Nationalsozialismus geschützt werden. «Faktisch handelt es sich um ein reines und gemessen an der historischen Wahrheit infames Propagandamanöver. Mit ihm sollen rechte Vergangenheiten und die wahren Ziele rechtsextremer Politik camoufliert werden», sagte der Geschichtsprofessor.

Über deutsche Bildung behauptete Weidel in dem Gespräch, „junge Leute lernen in der Schule und an der Universität nichts. Alles, was sie lernen, sind Genderstudien“. Musk griff den Ball dankbar auf, um auf ein Steckenpferd der rechten Szene zu sprechen zu kommen. „Das ‘Woke Mind’-Virus hat Deutschland ziemlich stark befallen“, meinte er.

Die EU beobachtet Musks Aktivitäten schon länger. Seit gut einem Jahr läuft ein Verfahren gegen seine Plattform X. Geprüft wird, ob diese gegen das EU-Digitalgesetz (DSA) verstößt. Große Plattformen wie X, Tiktok oder Google müssen sich an bestimmte Regeln halten, sonst drohen ihnen hohe Strafen. Die EU-Kommission betont zwar, Meinungsfreiheit sei auch für Plattformbesitzer wie Musk geschützt, Plattformen müssten aber sicherstellen, dass sie nicht für die Manipulation von Wahlen oder die Untergrabung des zivilen Diskurses genutzt würden.

«Politico» hatte vorab berichtet, ein Team von bis zu 150 Beamten der Kommission werde den Musk-Weidel-Talk verfolgen. Dabei solle es aber weniger um die Inhalte des Gesprächs gehen, als darum, ob der Algorithmus von X den Livestream so prominent bei den X-Nutzern in Europa verbreitet, dass der AfD damit ein Wahlkampfvorteil verschafft wird. News4teachers / mit Material der dpa

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