Tarifstreit Öffentlicher Dienst: Faeser dämpft Erwartungen auf schnelle Einigung

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POTSDAM. Es geht um die Einkommen von mehr als 2,5 Millionen Beschäftigten: Gewerkschaften und Arbeitgeber treffen sich zur zweiten Tarifrunde für die Beschäftigten von Bund und Kommunen. Das könnte Folgen für den Alltag Hundertausender haben – und eine Signalwirkung für die Beschäftigten der Länder (wie die meisten Lehrkräfte).

Führt die Verhandlungen für die Arbeitgeber: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Foto: Peter Jülich / BMI

Die Kita zu, der Müll nicht abgeholt, die Operation im Krankenhaus verschoben: In einigen deutschen Städten war der Tarifstreit im öffentlichen Dienst in den vergangenen Tagen schon zu spüren. Jetzt treffen sich Gewerkschaften und Arbeitgeber zur nächsten Tarifrunde.

Für wen wird verhandelt? Bei den Tarifverhandlungen geht es um das Einkommen und die Arbeitszeit von mehr als 2,5 Millionen Beschäftigten der Kommunen und des Bundes. Sie arbeiten nicht nur in der Verwaltung, sondern auch in Kitas, an Schulen und Universitäten, im Nahverkehr, bei den Abfallbetrieben oder an Flughäfen. Auch Feuerwehrleute und Bundespolizisten gehören dazu. Der Großteil ist nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) beschäftigt, üblicherweise wird der Abschluss aber später auch auf Beamtinnen und Beamte übertragen. Nicht betroffen sind Beschäftigte der Länder, für die wird separat verhandelt.

Was fordern die Gewerkschaften? Für die Arbeitnehmerseite verhandeln Verdi und der Beamtenbund dbb. Sie wollen zum einen ein Lohnplus von acht Prozent, mindestens aber von 350 Euro monatlich durchsetzen. Außerdem soll es in besonders belastenden Jobs wie im Gesundheitsbereich höhere Zuschläge geben. Zusätzlich wollen die Gewerkschaften dieses Mal drei zusätzliche freie Tage raushandeln, für Gewerkschaftsmitglieder sogar vier. Das alles soll auf flexiblen Arbeitszeitkonten verwaltet werden, sodass man selbst entscheiden kann, ob man sich Überstunden auszahlen lassen oder sie ansammeln will.

Was wollen die Arbeitgeber? Die haben in der ersten Runde noch kein Angebot vorgelegt – das ist aber durchaus üblich so. Zum Auftakt betonte die Verhandlungsführerin, Bundesinnenministerin Nancy Faeser, bei Bund und Kommunen sei die finanzielle Lage angespannt. Gleichzeitig sehe sie in den Forderungen der Gewerkschaften Spielräume für eine faire Lösung. Ob die Arbeitgeber in dieser Woche ein Gegenangebot machen, ist trotzdem offen.

Was kann in dieser Runde rauskommen? Rein theoretisch ist eine Einigung möglich, sie gilt aber als sehr unwahrscheinlich. Deshalb ist für Mitte März auch bereits eine dritte Verhandlungsrunde angesetzt.

Wird es danach Warnstreiks geben – und wenn ja, wo? Dass die Gewerkschaften größere Warnstreiks ausrufen, ist deutlich wahrscheinlicher als eine Einigung – vor allem, falls die Arbeitgeber kein Angebot vorlegen. «Wenn da nichts kommt, wird es sicher zu einer deutlichen Ausweitung vor der Bundestagswahl kommen», sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Christine Behle. Bisher hatte es lediglich regionale Aktionen vor allem im Nahverkehr gegeben, von denen zum Beispiel im Ruhrgebiet Pendlerinnen und Pendler betroffen waren.

Nun aber drohen deutlich größere, eventuell sogar bundesweite Aktionen – zum Beispiel in Kitas, von Busfahrerinnen und Krankenpflegern, bei der Müllabfuhr, aber auch an den Flughäfen, wo kommunal beschäftigtes Bodenpersonal arbeitet. Der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke sieht einen großen Unmut an der Basis. Die Warnstreiks könnten sogar noch vor der Bundestagswahl am 23. Februar beginnen.

Welchen Einfluss hat die anstehende Wahl? Noch ist die Minderheitsregierung von SPD und Grünen im Amt, doch Innenministerin Faeser sagte schon in der ersten Verhandlungsrunde, sie selbst habe angesichts der anstehenden Wahl «ein gewisses Zurückhaltungsgebot». Die nächste und voraussichtlich finale Gesprächsrunde ist angesetzt für den 14. bis 16. März. Dann wird zwar voraussichtlich die alte Bundesregierung noch geschäftsführend im Amt sein – doch es könnte sich schon abzeichnen, welche Parteien Koalitionsgespräche miteinander führen. Die Frage ist, wie weit das Mandat der SPD-Politikerin Faeser dann noch reicht. Von Theresa Münch, dpa

“Nicht von dieser Welt”: Boris Palmer kritisiert Forderungen im ÖD-Tarifstreit

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19 Kommentare
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Göttin y
7 Monate zuvor

4-Tage Woche und die 3 Tage mehr Urlaub sind sicher sinnvoll

anka
7 Monate zuvor
Antwortet  Göttin y

Ne, ist klar.

uwe
7 Monate zuvor
Antwortet  anka

Warum bist du immer gegen alles, anka?

Möchtest weniger oder gleichen Lohn, manchmal mehr Arbeit und kaum bessere Bedingungen…..
eine 4 Tage Woche ist doch spitze für Lehrkräfte

Ragnar Danneskjoeld
7 Monate zuvor
Antwortet  uwe

Aber Dreitagewoche und siebenunddreißig mehr Urlaubstage wären noch besser!

uwe
7 Monate zuvor

Das habe ich in der Umgebung noch nicht gehört.
4 Tage Woche ist für Lehrkräfte das richtige.

Unfassbar
7 Monate zuvor
Antwortet  uwe

Profitipp: Wechseln Sie auf Teilzeit mit maximal 18 oder 20 Wochenstunden Unterricht. Zack fertig, 4 Tage Woche

Lieblingslehrerin
7 Monate zuvor
Antwortet  Unfassbar

Wie unlogisch, denn dann gibt es über 1000 Kröten weniger pro

Unfassbar
7 Monate zuvor

So wissen Sie ungefähr, wie es sich als angestellte Lehrkraft in Vollzeit jeden Monat lebt.

uesdW
7 Monate zuvor
Antwortet  Unfassbar

Hängt vom Schultyp und von Unterrichtsverteilung ab. Rein rechnerisch bei uns liegt das Maximum bei 17 Stunden. Und dann gibt es noch weitere Rahmenbedinungen, ob es stundenplantechnisch überhaupt umgesetzt werden kann.

dickebank
7 Monate zuvor
Antwortet  Unfassbar

Eben nicht, zumindest in NRW. Teilzeitbeschäftigte, die eine 75%-Stelle innehaben, sollen nach Möglichkeit – d.h. nach Maßgabe der Stundenplanung – einen unterrichtsfreien Tag erhalten.

Ich selbst habe schon mit einer halben Stelle eine 4-Tage-Woche mit 3 zusätzlichen, bilanzpflichtigen Überstunden je Woche sowie einer hohen Zahl an Mehrarbeit durch adhoc-Vertretungen erlebt, so dass ich im folgenden Schuljahr meine Wochenstundenzahl erhöhen musste, um die bilanzierten Ü-Stunden abbauen zu können, da ich nicht mit Plus-Stunden in die Rente gehen wollte – soweit ging meine Zuneigung zu Frau Feller und Herrn Optendrenk in keinster Weise.

Die bilanzierten Ü-Stunden verfallen nämlich mit Eintritt in den Ruhestand, das gilt für Tarifbeschäftigte genauso wie für verbeamtete Lehrkräfte.

potschemutschka
7 Monate zuvor
Antwortet  uwe

Wie passt diese ständige Forderung nach der 4-Tage-Woche zu folgendem Artikel? Sind etwa doch eher die älteren die, die weniger arbeiten (wollen) und gar nicht GenerationZ? Ich bin verwirrt!
https://www.n-tv.de/wirtschaft/Generation-Z-ist-nicht-so-arbeitsscheu-wie-oft-behauptet-article25568570.html

dickebank
7 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

“Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.”

Im Westen nichts Neues:)

Besseranonym_2
7 Monate zuvor
Antwortet  dickebank

Germanys next Topschüler by dickebank

Mensch @ dickebank, das wär doch was, Abwechslung im Pensionistenalltag und alle hätten was von Ihrem trockenen Humor

dickebank
7 Monate zuvor
Antwortet  Besseranonym_2

Rentneralltag – war tarifbeschäftigte Lehrkraft, kann also von Pension in Bezug auf die Höhe nur träumen.
Topschüler*innen – Mann, ich war anne Gesa, kann also nur Eintop(f). Und den trockenen Humor hat*s halt gebraucht, damit in vielen kritischen Situationen, der Deckel nich vom Topf fliegt.

Wenn GY Dampfgaren ist, dann ist IGS Kochen im Schnellkochtopf – weniger Zeit aber höherer Druck

Frankfurterin
7 Monate zuvor
Antwortet  dickebank

81Jaehrige 17 x Umgezogene: Herr oder Frau Dickebank, ich hoffe Ihr Kommentar ist eine Persiflage , ansonsten würde ich sagen , Sie reden Stuss.
By the way:; klagen sollten Beamte nicht , die zahlen nichts in ihre Altersversorgung ein und bekommen nicht die läppischen 48 % Rente mit 65 J. Bei vorgezogener Erwerbsunfähigkeit noch weniger. Im Gegenteil , Beamte können in einem solchen Fall ohne Abzüge früher in Pension.

dickebank
7 Monate zuvor
Antwortet  Frankfurterin

An welcher Stelle, das hätte ich schon gerne von Ihnen gewusst.

Dass ich Altersrente für langjährig Beschäftigte von der Deutschen Rentenversicherung beziehe und von der Pensionshöhe einer verbeamteten Lehrkraft der gleichen Laufbahngruppe mit gleicher Dienstzeit im selben Bundesland nur träumen kann, ist doch Realität

Dass ich an Gesamtschulen eingesetzt war, ist ebenfalls Realität. Und dass Humor in kritischen Situationen, derer es viele im Berufsalltag gibt, zur Entspannung beiträgt, ist doch nicht von der Hand zu weisen.

Und mundartlich wir eben aus dem Topf ein Topp oder Pott – aber gehen Sie ruhig weiterhin zum Lachen in den keler.

Unfassbar
7 Monate zuvor

Da sich die Forderungen für die Landesbedienstete am Abschluss der Bundes- und Kommunalbediensteten orientieren, lässt sich ein kaum der Rede werter Abschluss für die Länder befürchten.

Spirale
7 Monate zuvor

Jedes Jahr derselbe Affentanz: Der Bund / Die Länder stellen sich mindestens 2 Verhandlungstage quer, es wird auf die schlechte Haushaltslage verwiesen. Dann immer eine Einigung am 3. Tag oder später.

Gleichzeitig wird das Personalloch immer größer. Die Botschaft des Bundes / Der Länder ist “Reallohnverluste müsst ihr hinnehmen”.

Naja, bis in diesem Land nichts mehr geht.