Ungleicher Kita-Start: Kinder mit Migrationshintergrund sind doppelt so alt

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MAGDEBURG. Erst mit zwei statt mit einem Jahr: Kinder mit Migrationshintergrund besuchen durchschnittlich deutlich später eine Kita als Gleichaltrige ohne Zuwanderungsgeschichte. Dabei gilt gerade ein früher Kita-Besuch als Schlüssel für eine gelingende Integration.

Im Durchschnitt besuchen Kinder mit Migrationshintergrund eine Kita erst im Alter von etwa zwei Jahren. Symbolfoto: Shutterstock/Rawpixel.com

In Sachsen-Anhalt besuchen Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund deutlich später die Kita als Kinder aus deutschen Familien. Während das Durchschnittsalter bei Kindern ohne Migrationshintergrund zum Eintritt bei 1,01 Jahren liegt, sind Kinder mit Migrationshintergrund mehr als doppelt so alt (2,04 Jahre). Das geht es aus einer Übersicht des Statistischen Landesamts hervor.

«Migrantische Kinder besuchen im Durchschnitt etwas später eine Kindertageseinrichtung, was teilweise auf ihre Fluchtbiografie zurückgeführt werden kann», so ein Sprecher von Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD). Dabei ist das Kita-Eintrittsalter in den vergangenen Jahren leicht angestiegen – von 1,88 Jahren 2020 auf 2,04 Jahre aktuell. Eine mögliche Erklärung ist, dass in diesem Zeitraum etwa ukrainische Familien in das Land gekommen sind und darunter auch einige Kinder waren, die im Alter zwischen zwei und sechs Jahren in die Kita gestartet sind.

Kommunikation ist herausfordernd

Aus Sicht des Personals in den Kitas ist besonders die Kommunikation herausfordernd – mit den Kindern, aber auch mit den Eltern. Zudem gebe es oft unterschiedliche Vorstellungen von Erziehung und Disziplin, sagte ein Sprecher der Stadt Magdeburg. Weiterhin gebe es spezifische Ängste der Eltern, etwa bei der Teilnahme am Schwimmkurs oder an Ausflügen. «Je früher die Kinder in die Kita kommen, umso problemloser gelingt eine Integration, in der die Herkunft der Kinder keine Rolle spielt.»

Die Stadt Halle führt die geringere Betreuungsquote von Kindern aus Familien mit Migrationshintergrund etwa auf fehlende Kenntnisse zum deutschen System der Kinderbetreuung, auf ein anderes Erziehungs- und Bildungsverständnis und auf Sprachbarrieren zurück. Das Sozialministerium verweist in diesem Kontext auf ein Projekt des Landesnetzwerks der Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt, bei dem es mehrsprachige, kostenlose Beratung, Begleitung und Unterstützung für Eltern mit Migrationsgeschichte rund um die Themen Kita, Schule und Hort gibt. News4teachers / mit Material der dpa

Migrantenfamilien, deren Kinder Sprachförderung brauchen, finden häufig keinen Kita-Platz

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Oldie, inseriert hier nicht
4 Monate zuvor

Ob ein Kind später oder gar nicht in die Fremdbetreuung geht, sind 2 Paar Schuhe. Im Bericht wird beides vor allem im 2. Teil unsauber vermischt.
Ob es wirklich so integrationshemnend ist, wenn daskind erst mit 2, statt zum 1. Geburtstag in die Einrichtung geht, muss angezweifelt werden. Davon abgesehen ist letzteres nicht per se zu loben. Laufen, sprechen, essen lernen soll ein Kind von den Eltern, nicht von Fremden.

Cornelia
4 Monate zuvor

“… fehlende Kenntnisse zum deutschen System der Kinderbetreuung…..”
mag sein. Sie sind sicher eine andere Form der Kinderbetreuung gewöhnt, nämlich in der Großfamilie, in der Regel mit drei Generationen. Auch mit mehreren größeren Geschwistern, die sich um die U3 Kinder kümmern. Da empfinden sie möglicherweise gar keinen Bedarf nach anderer Betreuung.

Unser deutsches “System der Kinderbetreuung” steckt zudem noch in den Kinderschuhen, was die Betreuung von ganz kleinen Kindern angeht. Und es ist noch gar nicht lange her, da dachten wir ähnlich wie die Migranten.

Wenn Kinder ohne Migrationshintergrund im Durchschnittsalter von 1,01 Jahren in die Kita eintreten, frage ich mich, ob es mittlerweile üblich ist , dass alle Kinder mit einem Jahr eintreten, oder ob tatsächlich viele schon vor dem ersten Geburtstag, zum Beispiel mit sechs Monaten, in die Obhut der Kita gegeben werden, denn mit Sicherheit behalten ja viele Familien ihre Kinder länger zu Hause als ein Jahr. Allerdings erinnere ich mich, dass es eine familienpolitische Absicht, Kindern vor dem ersten Geburtstag in eine außerhäusliche Betreuung zu empfehlen, nie gegeben hat.

Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es einen großen Unterschied hinsichtlich der Integration macht, ob ein Migrationskind mit einem oder erst mit zwei Jahren in die Kita kommt.

TaMu
4 Monate zuvor

Eltern, die mit ihrem Kind eine Flucht überlebt haben, sind häufig nicht in der Lage, ihr Kind in einem fremden Land mit einer fremden Sprache in fremde Hände abzugeben. Sie leiden oft unter traumatischen Erfahrungen. Manchen ist ein Kind auf der Flucht oder im Krieg zu Hause gestorben oder sie mussten den Tod von Menschen, auch von Kindern, miterleben. Die Kinder sind genauso traumatisiert. Auch sie haben Tod, Verlust und Angst in großem Ausmaß erlebt.
In meiner Gemeinde wurden die Kinder deshalb während der Sprachkurse der Eltern im selben Haus betreut, so dass Eltern und Kinder jederzeit zueinander gehen konnten.
Der ursprüngliche Plan war es, in dieser Zeit die Kinder von Tagesmüttern und in Kitas getrennt von den Eltern betreuen zu lassen.
Das haben weder die Eltern noch die Kinder geschafft. Deshalb wurde diese Möglichkeit geschaffen, damit die Eltern Deutsch lernen konnten.
Erst später konnten sich die Familien manchmal für eine zeitweise Betreuung trennen, weshalb die Kinder dann mindestens 2 Jahre alt waren.
Ich glaube, das ist nachvollziehbar. Zur Betreuung außerhalb der Familie muss auch das Kind zunächst bindungssicher sein. Ein nicht sicher gebundenes Kind leidet sehr unter der Trennung und kann deshalb die Vorteile der frühkindlichen Förderung nicht für
sich nutzen.