Lernen im Schlaf? Studie zeigt: Kurze Nickerchen führen zu mehr Geistesblitzen

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HAMBURG. Und plötzlich ist die Lösung da! Manchmal braucht es nur eine Eingebung, um eine schwierige Aufgabe zu Ende zu bringen. Hamburger Forscher haben nun herausgefunden, wie sich solche Gedankenblitze fördern lassen. Das Gute: Dafür braucht es nicht viel Vorbereitung, nur etwas Ruhe.

Nur ein kurzes Nickerchen – und schon geht vieles leichter. Symbolfoto: Shutterstock / ViDI Studio

Schon ein kurzes Nickerchen kann dem Gehirn beim Lösen von schwierigeren Aufgaben auf die Sprünge helfen. Wer für etwa 20 Minuten in einen guten Mittagsschlaf abtaucht, hat eher einen Gedankenblitz als jemand ohne Schlaf, haben Forschende der Universität Hamburg herausgefunden. «Schon eine sehr kurze Schlafphase kann einen Effekt auf die kognitive Wahrnehmung haben», sagt Entwicklungspsychologin Anika Löwe, die die im Fachjournal «PLOS Biology» vorgestellte Studie gemeinsam mit Marit Petzka federführend geschrieben hat.

Für ihre Erhebung haben die Autorinnen und ihr Team 90 nicht farbenblinde Menschen zunächst einen Test lösen lassen. Sie durften an dem Tag kein Koffein zu sich nehmen und sollten in der Nacht zuvor etwa 30 Prozent weniger als üblich schlafen.

Ein Mittagsschlaf zwischen zwei Tests

Bei dem Test ging es darum, die Bewegung der Mehrheit von Punkten auf einem Bildschirm zu erkennen und die bevorzugte Richtung durch Klicken einer Taste festzulegen. Im Laufe des Tests gab dann schließlich die Farbe der Punkte bereits einen Hinweis darauf, wohin sich die meisten Punkte bewegen. Das erkannten vor dem Mittagsschlaf nur wenige Testpersonen.

Der Rest von ihnen wurde im Anschluss an den ersten Test mit Elektroden zum Messen der Hirnströme verkabelt und für 20 Minuten in einen abgedunkelten Raum zum Schlafen geschickt. «Meine Kollegin hat sehr viel Zeit in einem großen Möbelhaus verbracht, um den gemütlichsten Sessel dafür zu finden», so Löwe.

Mehr Gedankenblitze nach tieferem Schlaf

Nach dem Nickerchen haben die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer den Test wiederholt. «Wer am tiefsten eingeschlafen war, hatte am ehesten einen Aha-Moment nach dem Schlaf.» Knapp 86 Prozent der Menschen, die den tieferen – den sogenannten Stadium-2-Schlaf – erreicht hatten, erkannten schließlich in dem Test den Zusammenhang zwischen den Farben und der Richtung der Mehrheit der Punkte.

Bei denjenigen, die zwar eingeschlafen waren, aber nur Stadium-1-Schlaf erreicht hatten, kamen etwa 64 Prozent auf die Lösung. Unter denjenigen, die gar nicht erst in den Schlaf gefunden hatten, hatten 55 Prozent einen Gedankenblitz. «Das entspricht auch den Zahlen aus vorherigen Tests ohne Mittagsschlaf. Da haben etwa die Hälfte der Menschen plötzlich realisiert, dass sie die Farbe benutzen können, um die Aufgabe effizienter zu lösen.»

Studie erweitert bisherige Erkenntnisse

Schlafforscher Dieter Riemann vom Universitätsklinikum Freiburg ordnet die Studie als spannend und interessant ein. «Sie erforscht ein ganz besonderes Phänomen: die plötzliche Eingebung, den Heureka-Moment», sagt der Universitätsprofessor und Vorstandsreferent der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). An und für sich seien solche Gedankenblitze schwer zu untersuchen, die Experimente dienten hier als Annäherung an das Problem.

Die seriöse Studie mit ihren statistisch signifikanten Ergebnissen zeige einmal mehr, dass Schlaf gut für das Gedächtnis ist. Die Studie erweitere damit die bisherigen Erkenntnisse der Schlafforschung. «Lernen im Schlaf ist zwar ein Wunschtraum.» Aber Schlafen helfe dem Gedächtnis, Informationen selektiv zu speichern und zu sortieren und so wieder Platz für Neues zu haben. News4teachers / mit Material der dpa

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Rainer Zufall
3 Monate zuvor

Den offensichtlichen Witz über Schüler*innen, die im Unterricht schlafen, beiseite, ich befürchte, dass auch diese Erkenntnisse keinen Einfluss auf die Unterrichtszeiten der oberen Stufen haben werden -__-

TaMu
3 Monate zuvor

Meine intensiven Bedenken hinsichtlich der OGS habe ich genau in diesem Zusammenhang: Ruhe, Rückzugsmöglichkeiten und Schlaf.
Schon bei den U3 Kindern gibt es in der Betreuung den Trend zu mehr Aktivität anstelle bedürfnisorientiertem Schlaf. Einjährige, die nachts nicht viel geschlafen haben, was aus verschiedenen Gründen häufig vorkommt, müssen am Vormittag in der Kita ein waches Programm bis zum Mittagessen durchstehen, bei dem sie vor Müdigkeit nicht essen können und dürfen erst danach schlafen. Das ist purer Stress für das Gehirn, das nichts mehr verarbeiten kann, aber jede Menge Eindrücke bekommt.
In der Kita von 3 bis 6 Jahren wird dem Schlaf häufig noch weniger Beachtung geschenkt.
In der Grundschule wird anscheinend davon ausgegangen, dass Kinder keinen Mittagsschlaf mehr brauchen, was häufig nicht zutrifft. Es gibt viele Kinder, die, wenn sie die Möglichkeit haben, nach Hause gehen zu können, sogar in der weiterführenden Schule noch schlafen vor den Hausaufgaben.
Wenig bedacht wird meiner Beobachtung nach, dass Kinder aus verschiedenen Gründen nachts nicht genügend Schlaf bekommen und ich schreibe jetzt nicht über Mediensucht.
Oft ist es in der Umgebung zu laut, zum Beispiel in großen Mietshäusern oder mit kleinen Geschwistern.
Im Sommer ist es oft um 20 Uhr noch zu warm im Schlafzimmer.
Belastende Erfahrungen erschweren das Einschlafen.
Auch Kinder haben manchmal Schmerzen, Wachstum, Zähne, Periode, Kopfweh, Bauchweh. Wer den ganzen Tag über erschöpft wach sein mußte, kann häufig abends gar keine Ruhe mehr finden.

Und dann haben Kinder in einer OGS keine ruhige Minute mehr, bis sie endlich nach Hause dürfen, wo es meistens ebenfalls erstmal unruhig ist, wenn alle zusammentreffen.

Ich meine, es bräuchte von der Kita an ganz bewusste Ruhemöglichkeiten für die Kinder, um ihnen jederzeit das Ausruhen ihrer Gehirne zu ermöglichen. Nur ein ausgeruhtes Gehirn kann überhaupt kognitiv gute Arbeit leisten.
In unserer Gesellschaft sehe ich nicht den geringsten Ansatz für diese Art Pflege der kognitiven Fähigkeiten. Schon das Kleinkind wird mit Förderung überhäuft. Die notwendige Ruhe wird allerdings versagt.

Bevor dieser Artikel hier aufgetaucht ist, habe ich mir gerade heute überlegt, was ein betreuter Ruheraum in einer Grundschule wohl für Auswirkungen haben würde.

Ich stellte mir einen Raum mit Matratzen vor, auf denen Kinder in Decken und mit Kissen eine zeitlang still liegen und dabei eine Weile schlafen dürften. Andere Beschäftigungen wären in diesem Raum nicht erlaubt. Die Kinder dürften dazu den Unterricht verlassen und würden nach spätestens einer Stunde geweckt und wieder in die Klassen geschickt. Bei deutlich mehr Schlafbedürfnis würde mit den Eltern gesprochen. Im Raum gäbe es eine sehr leise, sanfte Hintergrundmusik. Ansonsten wäre es ganz still. Eine Betreuung wäre ausschließlich für diesen Raum zuständig und würde die Erfahrungen mit den einzelnen Kindern mit Lehrerinnen und Lehrern, der Schulleitung und den Eltern besprechen.
Ich plante im Geiste bereits die Dämmung des Dachgeschosses unserer hiesigen Grundschule, um einen Raum dafür zu gewinnen und eine hygienische Lösung für die Bereitstellung von Decken und Kissen.

Der Schlaf meiner Tageskinder war mein besonderes Anliegen. Ich hatte immer den Eindruck, dass meine harmonischen Gruppen, das entspannte Miteinander und die konzentrierten, störungsfreien Mahlzeiten mit meinem Schlafkonzept standen oder fielen.
Je mehr ich von schwierigen Unterrichtssituationen höre oder lese, umso öfter denke ich darüber nach, was mit gutem Schlaf leichter gemacht werden könnte. Der Bericht hier über das Konzept der OGS mit zu erwartenden Startschwierigkeiten hatte mich aufgewühlt. Chaos, Provisorien und fehlende Ruhe waren meine ersten Bilder davon im Kopf.

Ich glaube fest an erfolgreiches Lernen im oder besser wegen gutem Schlaf. Ich würde so gerne Schlaf in Schulen fest installieren und dann beobachten, ob trotz einzelner verschlafener Stunden die insgesamte Leistung nicht stark ansteigen und die Störungen des Unterrichts möglicherweise sogar abnehmen würden.

Gleichzeitig ist mir bewusst, dass es unglaublich viele Einwände gegen diese völlig unausgegorene Idee gibt. Jetzt bin ich gespannt auf Rückmeldungen aus dem Forum.

Pauker_In
3 Monate zuvor
Antwortet  TaMu

Es gibt ja durchaus Kulturen mit richtig etabliertem Mittagsschlaf und “dennoch” hoher Produktivität, etwa China, Japan und Taiwan. Da wird mittags im Büro, zu jeder Zeit in der Bahn oder sogar in den Betten der Möbelhäuser geratzt, in aller Öffentlichkeit.
Wir dagegen versuchen, das Suppenkoma durchzustehen wie ein Teenie, der nachts auf der Party über den “toten Punkt” zu kommen versucht. Unreif.

TaMu
3 Monate zuvor
Antwortet  Pauker_In

Das stimmt… und an diese Länder hatte ich noch nicht einmal gedacht! Dabei sind diese tatsächlich für ihre Produktivität bekannt. Vielleicht bin ich gar nicht so sehr tagträumerisch mit meiner anderswo üblichen Idee und sollte dranbleiben…
Danke

mama51
3 Monate zuvor
Antwortet  TaMu

…sogar in der weiterführenden Schule noch schlafen vor den Hausaufgaben.

Sie haben völlig recht! 🙂

Tatsächlich sind “vor allem die Pupertiere” in den wf. Schulen nach dem Unterricht platt und schlafen erstmal.
Auch meine, schon vor 25 Jahren, ohne Medienrummel und Ganztagsgedöns (gab es da noch nicht in dem Ausmaß) sowie deren Freundeskreis, schlief nachmittags 2- 3 Stunden, bevor “man” sich an die HA setzte…und sich den Freizeitaktivitäten zuwandte.
Und meine Pupertiere schliefen nachts nachweislich (!) ausreichend.

TaMu
3 Monate zuvor
Antwortet  mama51

Meine auch und ich selbst ebenfalls… danke