Verwaltungsgerichtshof: Kreuz an Gymnasium in Bayern verletzt Glaubensfreiheit

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MÜNCHEN. Bayern gilt noch heute als besonders katholisch, Ministerpräsident Söder betont stets: «Das Kreuz gehört zu Bayern». Doch ein Gericht setzt dem nun Grenzen.

“Ohne (zumutbare) Ausweichmöglichkeit….” (Symbolbild) Foto: Shutterstock

Ein Kruzifix im Eingangsbereich eines staatlichen Gymnasiums in Bayern verletzt die Religionsfreiheit von Schülern. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden (BayVGH, Urteil vom 8. Juli 2025, Az. 7 BV 21.336).

Zwei ehemalige Schülerinnen hatten dagegen geklagt, dass während ihrer Schulzeit ein 150 Zentimeter hohes und 50 Zentimeter breites Holzkreuz mit einem gekreuzigten Christus im Haupteingangsbereich ihres Gymnasiums angebracht war und die Schule sich weigerte, es abzuhängen – und sie bekamen Recht. Der Verwaltungsgerichtshof entschied, dass die Schule «verpflichtet gewesen wäre, das Kruzifix zu entfernen».

«Konfrontation mit dem Kruzifix»

Er sieht in der «Konfrontation mit dem Kruzifix als religiösem Symbol einen Eingriff in die verfassungsrechtlich verbürgte negative Glaubensfreiheit». Zur Begründung der Entscheidung heißt es: «Die Klägerinnen waren wegen der Schulpflicht zwangsweise und immer wiederkehrend sowie im Hinblick auf dessen Positionierung ohne (zumutbare) Ausweichmöglichkeit mit dem Kruzifix konfrontiert. Das groß dimensionierte Kruzifix war
an einer sehr exponierten Stelle angebracht und zeichnete sich durch eine figurenhaften
Darstellung des Leichnams Jesu aus.»

Ob das Kruzifix im Eingangsbereich hängen dürfte, wenn es dafür einen entsprechenden Landtagsbeschluss gäbe – dies ließ das Gericht ausdrücklich offen. Unter den umstrittenen, 2018 in Kraft getretenen «Kreuzerlass», wonach in jedem staatlichen Gebäude in Bayern ein Kreuz hängen muss, fällt ein Kruzifix in einem Gymnasium nach Auffassung der Verwaltungsrichter nämlich nicht.

Im April 2018 hatte das bayerische Kabinett auf Initiative des damals frisch zum Ministerpräsidenten aufgestiegenen Markus Söder (CSU), der stets betont, das Kreuz gehöre zu Bayern, den «Kreuzerlass» beschlossen. Trotz heftiger Kritik – sogar von den Kirchen, die Söder vorwarfen, das christliche Symbol für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen – trat der Erlass im Juni 2018 in Kraft.

Und was ist mit dem Kreuzerlass?

In Paragraf 28 der Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats heißt es seither: «Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen.»

Und auch der Artikel 7 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen, wonach in Grundschulen in jedem Klassenzimmer ein Kreuz aufzuhängen ist, und der über sogenannte Verweisungsnormen auch für Mittel- und Förderschulen gilt, gilt demnach nicht für Gymnasien. «Für Gymnasien gibt es eine solche Norm nicht», heißt es vom Verwaltungsgerichtshof.

Die Revision gegen die Entscheidung wurde nach Gerichtsangaben nicht zugelassen – dagegen kann aber binnen einer Woche noch Beschwerde eingelegt werden.

Hallertau-Gymnasium in Wolnzach religiös geprägt

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur handelt es sich bei der betroffenen Schule um das Hallertau-Gymnasium in Wolnzach im oberbayerischen Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm. Die Schulleitung wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Urteil äußern und auch nicht zu der Frage, ob das Kreuz dort bereits abgenommen wurde oder nicht. Sie verwies an das bayerische Kultusministerium.

Nach Angaben auf der Homepage des Gymnasiums ist die Schule religiös geprägt. «Neben Meditationsraum und Altar besitzt unsere Schule auch ein großes Kreuz für die Gottesdienstfeiern und zahlreiche kleine Kreuze, die die Klassenräume zieren. Auch diese wurden von den Schülern im Rahmen des Kunstunterrichts aus Holz, Nägeln und Scherben gebaut», heißt es dort. Der Meditationsraum wurde den Angaben zufolge von der katholischen Diözese Regensburg eingerichtet.

In einer anderen Sache bekamen die jungen Frauen, die nach Gerichtsangaben inzwischen das Abitur abgelegt und die Schule verlassen haben, aber nicht recht: Dass sie von der Schulleitung verpflichtet wurden, während des Schulgottesdienstes einen Alternativunterricht zu besuchen, war aus Sicht des Verwaltungsgerichtshofes rechtens. News4teachers / mit Material der dpa

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Rüdiger Vehrenkamp
3 Monate zuvor

Ich bin der Meinung, dass alles Religiöse nicht mehr zeitgemäß für Schulen ist und Privatsache sein sollte.

mama51
3 Monate zuvor

Okay!
Aber dann müssten auch jeglicher Religionsunterricht, Kopftücher, Burkas und sonstige und sichtbare religiöse Symbole aller Religionen konsequent aus allen Schulen verschwinden.
Religion = Privatsache = “was für daheim” und außerhalb von Schulen! Punkt.

Rainer Zufall
3 Monate zuvor

“Neben Meditationsraum und Altar besitzt unsere Schule auch ein großes Kreuz für die Gottesdienstfeiern und zahlreiche kleine Kreuze, die die Klassenräume zieren”
Das behalte ich im Hinterkopf, wenn mal wieder gar kein Raum für Gebete vorhanden seien soll XD

Hans Malz
3 Monate zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Bitte nicht Bayern mit den anderen Bundesländern vergleichen. Bei uns hängt kein Kreuz, es gibt keine Kapelle und auch keinen Altar. Und deshalb auch keinen Gebetsraum.

Wombatlover
3 Monate zuvor
Antwortet  Hans Malz

An meiner Schule in Hessen hängen Kreuze und auch in unserer Mensa. Allerdings sind die schlicht, klein und hängen über der Tür. Und da sind sie mir als Atheistin völlig egal. Es wäre mir auch egal, wenn man noch einen Davidstern, eine Halbmond und ein Nudelsiebe hinhängen würde. Gegen ein großes Kruzifix am Eingang, dem man gar nicht entgehen könnte, würde ich auch protestieren.

Rainer Zufall
3 Monate zuvor
Antwortet  Wombatlover

“Es wäre mir auch egal, wenn man noch einen Davidstern, eine Halbmond und ein Nudelsiebe hinhängen würde.”
Vielleicht könnte Ihre Schule doch etwas bezüglich der Religionsfreiheit unternehmen…

unverzagte
3 Monate zuvor
Antwortet  Wombatlover

Gefahren, die von einem missionierendem Nudelsieb ausgehen, sind weder zu unterschätzen noch zu verharmlosen.

mama51
3 Monate zuvor
Antwortet  unverzagte

Nudelsieb! …ganz mein Humor!

Unfassbar
3 Monate zuvor

Mich würde mal interessieren, wie eine Kopftuch tragende Lehrerin mit diesem Urteil vereinbar ist.

Schrankwand
3 Monate zuvor
Antwortet  Unfassbar

Gute Frage. Laut unserer Hausordnung sind nicht-religiöse Kopfbedeckungen nicht erlaubt. Religiöse Kopfbedeckungen sind also erlaubt. Damit ist jede Kopfbedeckung, die getragen wird, ein Bekenntnis, also nicht neutral. Sonst dürfte sie ja nicht getragen werden.

Verstehe einer die Welt.

uesdW
3 Monate zuvor
Antwortet  Schrankwand

Also mein Base-Cap ist sicherlich nicht religiös!

unverzagte
3 Monate zuvor
Antwortet  Schrankwand

Heißt das, nach Ihrer Hausordnung dürfen Fußbodenkosmetiker*innen kein Putzschutztuch auf dem Kopf tragen ?

Rainer Zufall
3 Monate zuvor
Antwortet  Unfassbar

Die nagelt Ihr Kopftuch nicht über die Tür.

Unfassbar
3 Monate zuvor

Gab es in der Region kein Gymnasium ohne christliches Profil?

Schrankwand
3 Monate zuvor

Das musste so kommen. Es ist folgerichtig.

uesdW
3 Monate zuvor

Ich findes es interessant, dass es sich um zwei ehemalige Schülerinnen handelt. D.h. sie waren mal betroffen, aber jetzt sehen sie es nicht mehr.

So Schule ab gehakt.
Jetzt klagen wir gegen die 3 Wege Kreuze, die auf dem Schulweg lagen, weil die konnten wir ja schlecht um gehen und das Kreuz auf der Kirche, an der sie immer vorbeigekommen sind.
Und auf die Zugspitze und andere Berge können sie ja auch nicht gehen, weil da stehen ja auch so große Kreuze rum.
Viel Spass mit der Klagewelle.

Rigo
3 Monate zuvor
Antwortet  uesdW

Auf den Berg muss man auch nicht, in die Schule aber schon. Und ganz ehrlich, ich würde auch nicht vor der Prüfung klagen.