Zahl der Klassenarbeiten in Grundschulen bleibt (hoch): GEW spricht von “Überforderung”

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KIEL. Kurz nach Ferienbeginn hat das Bildungsministerium Schleswig-Holsteins einen neuen Erlass zu Leistungsnachweisen in der Primarstufe veröffentlicht – und damit die Hoffnungen vieler Grundschullehrkräfte und der GEW auf Entlastung enttäuscht. Die Gewerkschaft kritisiert die Entscheidung als verpasste Chance, den schulischen Leistungsdruck zu senken und pädagogisch sinnvolle Förderung zu stärken.

Och nö. Foto: Shutterstock

Trotz jahrelanger Forderungen nach einer Reduktion bleibt die Zahl der verpflichtenden Klassenarbeiten im dritten und vierten Schuljahr auf hohem Niveau: Jeweils 20 in Deutsch und 14 in Mathematik müssen weiterhin geschrieben werden – und das verbindlich bis zum Jahr 2030. Dies schreibt der aktuelle Erlass des Bildungsministeriums laut GEW fest.

Das ist einfach zu viel und setzt die Kinder unter massiven Leistungsdruck“, erklärte Franziska Hense, Co-Landesvorsitzende der Gewerkschaft. „Wenn das Bildungsministerium nach Entlastung sowohl für Schüler*innen als auch für Lehrkräfte sucht, hätte es hier eine gute Stellschraube gehabt. Setzen, sechs!“

Mehr Tests, weniger Zeit für Förderung

Zusätzlich zu den bestehenden Prüfungen sieht der neue Erlass weitere diagnostische Instrumente vor – was nach Einschätzung der GEW den schulischen Alltag zusätzlich belastet. „Teaching to the test ist bei dieser Menge an Leistungsnachweisen keine Ausnahme, sondern Alltag in Grundschulen“, so Hense. Die Erweiterung von Kompetenzen erfolge jedoch nicht durch das Schreiben von Tests, sondern durch gezielte pädagogische Förderung – für die nun noch weniger Zeit bleibe.

Bereits im vergangenen Jahr hatte das Bildungsministerium die Zahl der Leistungsnachweise in der Sekundarstufe I reduziert – aus Sicht der GEW ein richtiger Schritt, der nun auch für die Grundschule hätte folgen müssen. Die Gewerkschaft hatte stattdessen maximal je acht Klassenarbeiten in Deutsch und Mathematik für die Jahrgänge 3 und 4 gefordert.

„Die Grundschulen brauchen keine weitere Überfrachtung mit Tests, sondern Zeit, um Kinder individuell zu fördern“, betont Hense. Die GEW fordert das Ministerium auf, den neuen Erlass zu überarbeiten und pädagogische Qualität in den Mittelpunkt zu stellen. News4teachers / mit Material der dpa

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7 Kommentare
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Rainer Zufall
2 Monate zuvor

Seltsam, dass das Kultusministerium bei der Sekundarstufe die Anzahl an Klassenarbeiten anpasst, aber an Grundschulen erhöht, wo der Förderbedarf größer ist und die Kinder am Ende aussortiert… vielleicht ist es doch nicht so seltsam…

Rainer Zufall
2 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Danke

mama51
2 Monate zuvor

Ich bin verwirrt! Sind die Unterschiede der einzelnen BL echt so groß?

Was versteht man in SH unter “Klassenarbeiten” in der GS?
Es interessiert mich tatsächlich sehr, denn:

Klassenarbeiten von GS in Hessen sind “schriftliche und benotete Leistungsnachweise”, deren Bearbeitungszeit im hessischen Schulgesetz festgelegt sind! Das sind im 3. Jahrgang je 6x DE und 6x MA und im 4. Jahrgang ebenfalls. Das macht über 2 Schuljahre folglich 24 Klassenarbeiten. Diese müssen mindestens 5 Werktage vorher angekündigt werden, nicht 2 am gleichen Tag und nicht mehr als 3 pro Woche geschrieben werden.
Übungssarbeiten, Lernzielkontrollen, HÜs, …etc sind nicht weiter ausgeführt bzw vorgeschrieben, …man fragt ab, “wie auch immer” , und was auch immer zur Lerngruppe passt und ggf nötig ist, um Zeugnisnoten zu untermauern und damit zu rechtfertigen.
Was also ist in SH anders? Oder: Wie anders ist es?
Danke!

ed840
2 Monate zuvor
Antwortet  mama51

Ich vermute stark, dass hier die Begriffe “Klassenarbeiten” und “Leistungsnachweise” synonym verwendet wurden, obwohl da m.W. schon ein Unterschied besteht.

Echte “Klassenarbeiten” wären es nach meinen Informationen in den Jahrgangsstufen 3 +4 insgesamt 12 DE / 10 Mathe.

Schrankwand
2 Monate zuvor

20 Klassenarbeiten in Deutsch in Klasse 3 und 4? Das sind dann 10 Klassenarbeiten pro Schuljahr? Echt jetzt? Wahnsinn!!!!!!!

Das “Dumme” an der ganzen Sache ist ja, die “Nicht-Lehrer” glauben, die Leistungen der Schüler würden besser, wenn man mehr Leistungskontrollen wie Klassenarbeiten, also groß angelegte über viel Stoff, schreibt. Die Masse an Klassenarbeiten führt jedoch nur dazu, dass man als Lehrer durch das Stoffgebiet rast, von einer Klassenarbeit zu nächsten hetzt und alles weglässt, was nicht “klassenarbeitstauglich” ist. Das ist dann oft das Spielerische, das Kreative, das Interessante, weil man das dann in einer Klassenarbeit nicht abfragen kann. Zwischendurch Vorträge? Nein, kostet zu viel Zeit, bis alle dran waren. Man muss ja die nächste Klassenarbeit vorbereiten. Es ist so dumm, dass die Nicht-Lehrer glauben, damit würden die Leistungen besser. Es fördert einzig und allein das sogeannte Bulimi-Lernen. Lernen für eine Klassenarbeit und sofort vergessen danach.

Die Alternative? Regelmäßige kleine Kurzkontrollen. Sie drängen dazu, dass man sich als Schüler immer wieder mal mit dem Lernstoff beschäftigt. Und am besten unangkündigt, damit man das nicht auch nur dann tut, wenn der Test angesagt wurde. Mehr kleine Tests als mehr große. Wann kapieren das die Lernplanmacher denn endlich mal?!

Siebenfüßler
2 Monate zuvor
Antwortet  Schrankwand

Ich würde festlegen, für eine Zeugnisnote müssen mindestens 3 Noten im Halbjahr gegeben worden sein, mindestens 2x schriftlich (davon mindestens 1 x Klassenarbeit), mindestens 1x mündlich.

Mehr geht immer, aber sollte dem Einzelnen überlassen bleiben, damit man auf die Bedingungen vor Ort reagieren kann.