
«Nie zuvor hatten wir so viel Personal an unseren Schulen. Und dennoch ist der Fachkräftemangel längst nicht gebannt», sagte Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne). Zwar stellt das Land in diesem Jahr voraussichtlich 772 mehr Lehrkräfte ein als aus dem Dienst ausscheiden. Doch immer mehr Schüler und zusätzliche Aufgaben wie Ganztagsbetreuung, Deutsch als Zweitsprache, Integration und Inklusion sorgen dafür, dass der Bedarf weiter steigt.
1.414 neue Lehrerstellen sind besetzt
Im Schuljahr 2025/26 werden nach Ministeriumsangaben rund 898.000 Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen unterrichtet – rund 16.000 mehr als im Vorjahr. Bis 2034 soll die Zahl sogar auf mehr als eine Million anwachsen. Erst danach werde sich der Geburtenrückgang in mutmaßlich sinkenden Schülerzahlen bemerkbar machen. Eingeschult werden am Samstag rund 82.000 Kinder, das sind etwa 900 mehr als im Vorjahr.
Zum Schuljahresstart hat das Land 1.600 Stellen für Lehrkräfte ausgeschrieben, 1.414 davon sind bislang besetzt. Für 2026 plant die Landesregierung weitere 1.350 Einstellungsmöglichkeiten. Ziel sei es, allen Absolventinnen und Absolventen ein Einstellungsangebot zu machen.
Trotz dieser Bemühungen stagnierte die Unterrichtsversorgung zuletzt bei 96,9 Prozent. Der Wert gibt an, ob es für das Soll an Pflichtstunden genügend Lehrkräfte gibt. In ländlichen Regionen und anderen Schulformen als dem Gymnasium ist die Lage dabei deutlich angespannter.
CDU fordert Quereinsteiger-Offensive
Oppositionsführer Sebastian Lechner forderte mehr Tempo für eine bessere Unterrichtsversorgung. «Viele Worte helfen jetzt nicht mehr, sondern es braucht Taten», sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende.
Die To-Do-Liste aus Sicht der CDU: eine leichtere Anerkennung ausländischer Lehrerabschlüsse, eine Reform der Ausbildung von Lehrkräften hierzulande und mehr Zeit für Unterricht statt bürokratische Aufgaben. Auch finanzielle Anreize für Lehrkräfte in Teilzeit, ihre Stunden aufzustocken, könnten helfen, die Unterrichtsversorgung zu verbessern, sagte Lechner. Zudem müsse die Landesregierung eine Offensive für mehr Quereinsteiger starten.
«Mir ist es lieber, meine Kinder bekommen eine Unterrichtsstunde von einem Quereinsteiger erteilt, als gar keine», sagte der CDU-Chef. Wer heute in Niedersachsen in den Lehrerberuf wechseln wolle, bekomme aber als Erstes einen Defizitausweis ausgestellt. «Alles, was Sie nicht können, wird Ihnen da aufgeschrieben», kritisierte der CDU-Chef. «Da freut man sich, da ist man total motiviert.»
Stiftung: Assistenzen sollen Lehrer von Bürokratie entlasten
Weniger Bürokratie für die Lehrkräfte fordert auch die arbeitgebernahe Stiftung Niedersachsenmetall. Abrechnungen von Klassenfahrten oder Gefährdungsanalysen für Ausflüge gehörten nicht auf den Schreibtisch von Lehrkräften, monierte Geschäftsführer Olaf Brandes: «Alle Schulen brauchen hier dringend Unterstützung durch Verwaltungsassistenz.»
In puncto Digitalisierung der Schulen treibt Rot-Grün derweil die Umsetzung eines SPD-Wahlversprechens voran: Vom Schuljahr 2026/27 an sollen die Siebtklässler in Niedersachsen kostenlos Leih-Tablets bekommen – bis 2031 plant die Regierung dafür rund 800 Millionen Euro ein. Ministerin Hamburg sieht darin ein Werkzeug für attraktiven Unterricht. Wie die Tablets später eingesetzt werden, sollen die Schulen selbst entscheiden können.
Die Opposition kritisiert jedoch fehlende Konzepte des Landes für die Wartung und pädagogische Nutzung der Tablets, ebenso wie für die Fortbildung der Lehrkräfte. Auch die Bildungsgewerkschaft GEW warnte bereits vor zusätzlichen Belastungen durch die Tablets, sollte es kein geschultes IT-Personal geben.
Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) hatte erklärt, das Ziel der Leih-Tablets sei es nicht, das analoge Lernen schlicht ins Digitale zu übertragen, sondern neue Möglichkeiten für gezielteren Unterricht zu schaffen.
Land belässt Entscheidung über Handynutzung bei den Schulen
Zur anhaltenden Diskussion über ein Handyverbot an Grundschulen sagte CDU-Chef Lechner, Niedersachsen brauche eine einheitliche gesetzliche Regelung, damit die Schulen rechtliche Sicherheit hätten, wenn sie den Schülern die Handynutzung untersagten. Rot-Grün setzt dagegen auf Empfehlungen statt Vorschriften.
Ministerpräsident Lies hatte gestern gesagt, Grundschulen seien nicht der richtige Ort für Handys. Ein pauschales Verbot plant die Landesregierung aber nicht. Stattdessen sollen die Schulen weiterhin selbst über ihre Regeln zur Mediennutzung entscheiden können. News4teachers / mit Material der dpa
GEW: Tausende Lehrkräfte fehlen, Ministerium: Lehrkräfte haben mehr Zeit pro Schüler
“[…] Alles, was Sie nicht können, wird Ihnen da aufgeschrieben», kritisierte der CDU-Chef. «Da freut man sich, da ist man total motiviert.»”
Keinen Sinn für Inronie, hm? 😀
Tatsächlich teile ich viele Vorschläge der CDU zu dieser Problematik, allerdings habe ich die Sorge, dass bspw. Quereinsteiger*innen in den nächsten Jahren gegen nachfolgende Lehrkräfte ausgespielt werden – der Stundenplan ist ja “voll” -__-
Nein, der Fachkräftemangel ist noch nicht gebannt – er ist noch nicht mal erfasst! Die IZN Statistik zur Erfassung Unterrichtsversorgung gibt nahezu keinen Aufschluss über die tatsächliche personelle Situation an Niedersachsens Schulen! Aus der Statistik geht überhaupt nicht hervor über wie viele Stunden Schulsozialarbeit, pädagogische Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen, oder über wie viele Stunden im Bereich der Sonderpädagogik die einzelnen Schulen verfügen können…
Die Diagnose der Mangelwirtschaft an Niedersachsens Schulen ist schon lange bekannt, nur die Therapie steht noch aus…Um hier tatsächlich systematisch und wirksam gegensteuern zu können, muss aber erstmal klar sein über welches Personal unsere Schulen tatsächlich überhaupt verfügen. Schon Frau Hamburgs Vorgänger wollte die IZN Statistik reformieren – passiert ist nichts.
Im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen steht: „Das wenig aussagekräftige Maß der statistischen Unterrichtsversorgung wollen wir zu einer Erfassung der Schulversorgung weiterentwickeln, in dessen Rahmen nach Pflichtunterricht, Zusatzbedarfen und sonstigen Stunden differenziert und auch die Multiprofessionalität an Schule abgebildet wird.“ Wahrscheinlich will man das gar nicht so genau wissen…
Außerdem sind die genaue Erfassung der schulischen Ausgangslage mit Blick auf die zur Verfügung stehende Personal und von Unterrichtsausfällen auch eine Grundvoraussetzung für eine bedarfsgerechte Stellenausschreibung und notwendige Schulentwicklungsprozesse…