MÜNCHEN. In Bayern wiederholen deutlich mehr Schülerinnen und Schüler eine Klasse als im Bundesdurchschnitt – über 20.000 Kinder und Jugendliche waren es zuletzt in nur einem Schuljahr. BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann hält das für pädagogisch unsinnig – und fordert gezielte Förderung statt „extrem demotivierender“ Ehrenrunden.

Im Schuljahr 2023/24 lag der deutschlandweite Anteil der Schülerinnen und Schüler, die eine Klassenstufe wiederholten, bei durchschnittlich 2,2 Prozent. In Bayern fiel der Wert jedoch deutlich höher aus: 3,5 Prozent aller Schülerinnen und Schüler mussten dort im gleichen Zeitraum die Klasse wiederholen – damit steht der Freistaat an einem unrühmlichen zweiten Platz im bundesweiten Vergleich hinter Mecklenburg-Vorpommern (3,7 Prozent).
In absoluten Zahlen waren es knapp 22.000 Schülerinnen und Schüler, die im Freistaat ihre Klassenstufe wiederholen mussten. Die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), Simone Fleischmann, findet dazu deutliche Worte: „Wissenschaftliche Studien beweisen es und meine Erfahrungen aus der Praxis bestätigen es: Sitzenbleiben bringt nichts.“ Das Konzept basiere, so Fleischmann, „auf einem völlig überholten Leistungsverständnis, das mit pädagogisch sinnvollen Maßnahmen nichts zu tun hat.“ Im Gegenteil wirke es „extrem demotivierend“ auf die betroffenen Kinder und Jugendlichen. „Was bei den Kindern und Jugendlichen hängenbleibt, ist: Du schaffst es nicht.“
Ein besonders deutliches Beispiel beschreibt sie am Fach Mathematik: „Wenn eine Schülerin in Mathematik – das ist ja so der Klassiker – einen Sechser hat und deswegen in der achten Klasse sitzen bleibt, dann muss man herausfinden, wo die grundlegende defizitäre Entwicklung ist: Was kann das Mädchen nicht, wo hat sie aufgehört, in Mathematik chronologisch dem Lernzyklus zu folgen? Wo ist die grundlegende Lücke bei diesem Mädchen? Genau da müssen wir dann die passende Fördermaßnahme für diese Lücke anschließen. Am besten individuell oder zumindest in Kleingruppen mit Kindern, denen es ähnlich geht.“
Das starre Wiederholen eines ganzen Schuljahres sei dagegen kontraproduktiv. „Wenn das Mädchen stattdessen wegen einem Sechser das ganze siebte oder das ganze achte Schuljahr wiederholen muss, ist wahnsinnig viel verloren. Das Mädchen verliert Zuversicht. Und eigentlich kapiert ohnehin niemand, warum ich wegen einem Fach auch alle anderen Fächer nochmal machen muss. Deswegen wäre eine gezielte Förderung für ihr konkretes Problem besser – und eben nicht das pauschale Sitzenbleiben.“
Fleischmann betont, dass differenzierte Lernangebote nicht nur jenen helfen, die sich schwertun. „Modernes Lernen zeichnet sich dadurch aus, dass wir individuell hinschauen: ‘Hey, was kannst du richtig gut? Wie können wir deine Stärken stärken?‘ Denn wir dürfen auch die nicht vergessen, die permanent unterfordert sind.“ Die Schule müsse deshalb für leistungsstarke Kinder genauso wie für Schülerinnen und Schüler mit gravierenden Lücken passende Gruppen und Förderangebote schaffen.
„Wir haben an Grundschulen, Mittelschulen und Förderschulen seit Jahren Lehrermangel“
Doch genau daran fehle es, sagt sie: „Wir Lehrerinnen und Lehrer haben gelernt, mit unterschiedlichen Schülerinnen und Schülern umzugehen – ob Top-Talente oder Kinder, die sich hart tun im Rezipieren von Texten oder die in Mathematik schon am Zehnerübergang gescheitert sind. Dann braucht es die individuelle Förderung: Dann muss ich Zeit haben, in einer Kleingruppe die Schüler zusammenzufassen, die eben diesen Zehnerübergang in der Grundschule noch nicht draufhaben. Dann muss ich Zeit haben, in einer extra Arbeitsgemeinschaft Leseunterstützung zu geben. Dann muss ich eine Fördergruppe installieren für die Kinder, die Dyskalkulie haben. Dann muss ich eine Kleingruppe bilden mit Fachpersonal, mit Förderlehrern, die ihnen genau da helfen, wo der nächste Sprung zum Verstehen noch nicht gemacht werden kann. Das ist moderne Bildung, das ist moderne Pädagogik.“
Allerdings sei das in der Realität kaum möglich, warnt Fleischmann – vor allem in Bayern. „Wir haben an Grundschulen, Mittelschulen und Förderschulen seit Jahren Lehrermangel. Lehrermangel heißt: Wir sind schon zu wenige, um überhaupt den Pflichtunterricht abzudecken. Kinder individuell zu fördern, können wir also überhaupt nicht anbieten. Uns fehlen hinten und vorn eben die nötigen Differenzierungsmöglichkeiten, die kleinen Gruppen, die Fördergruppen, die explizit auf einzelne Schwächen ausgerichteten individuellen Fördermöglichkeiten. Und genau da ist der Wurm drin. Und das seit Jahren!“
„Das hat mir auch nicht geschadet“? Von wegen
Gegen die oft gehörte Rechtfertigung für Sitzenbleiben hält die BLLV-Chefin entschieden: „Es ist nämlich nicht so, wie viele meinen: ‘Mein Gott, der Fünfer hat mir auch nicht geschadet, da musst du halt mal eine Ehrenrunde drehen.‘ Wir können es uns gar nicht leisten, dass Kinder demotiviert sind! Schule soll motivieren zum lebenslangen Lernen. Deswegen muss wirklich alles dafür getan werden, dass es Menschen gibt, die diese Förderung wieder anbieten können. Mehr Förderlehrer, mehr Schulpsychologen, mehr Profis, die Kinder individuell in der Schule begleiten können.“
Ein System, das auf außerschulische Nachhilfe verweist, sei untragbar: „Wir können uns da nicht auf außerschulische Förderung verlassen, denn manche Eltern können sich keine Nachhilfe leisten. Das ist ein Armutszeugnis für das Schulsystem.“
Für Fleischmann ist klar: „Wir im BLLV wollen auch Leistung. Wir wollen, dass Kinder Höchstleistungen bringen, dass wir Stakeholder haben, dass wir Kinder haben, die ihre Talente gefördert kriegen. Aber wir wollen eben auch die krasse Bildungsungerechtigkeit bekämpfen, indem wir die anderen Kinder auch mitnehmen. Das ist unser Leistungsbegriff.“
Dass manche Politiker am traditionellen Sitzenbleiben festhalten, wertet sie als Rückschritt: „Ich bin dagegen, dass wir an einem alten, sehr traditionellen Leistungssystem festhalten. Was aber natürlich viele Menschen in der Bevölkerung wollen – schlicht, weil sie nur das selbst kennen. Wir wissen aber aus der Wissenschaft und auch durch unsere eigene Erfahrung, dass Kinder einen ganzheitlichen Leistungsbegriff brauchen, dass wir andere Lernmethoden brauchen – und dazu gehören auch andere Feedbackmethoden.“
Regelmäßiges, wertschätzendes Feedback sei aus ihrer Sicht „essentiell für Lernerfolge. Wenn ich Kinder beschreibe und in passenden Worten überlegt Feedback gebe, ist das lernförderlich, motivierend und professionell.“
„Wir brauchen aber kein Lehrer-Bashing, sondern wir müssen klären: Was braucht die Schule als System, um diesen Kindern gerecht zu werden?“
In Richtung Politik und Gesellschaft macht Fleischmann deutlich, dass es keine einfachen Lösungen gebe: „Manche sagen ganz einfach: ‘Müssen die Lehrer halt mehr arbeiten und diese Förderung anbieten.‘ Mit diesem ‘Argument‘ möchte ich aufräumen und sage: Das geht halt nur, indem wir eine Kleingruppe haben, indem wir eine individuelle Fördergruppe haben, indem wir nach Stärken und Schwächen der Kinder die Möglichkeit haben, mit sieben, acht Kindern explizit an ihren Schwächen zu arbeiten.“
Und weiter: „Wir brauchen aber kein Lehrer-Bashing, sondern wir müssen klären: Was braucht die Schule als System, um diesen Kindern gerecht zu werden? Ich bin überzeugt davon, dass alle wollen, dass Kinder individuell abgeholt werden und jeder entsprechend seiner Kapazitäten Erfolge einfährt. Denn wir sind in der Gesellschaft zu wenig junge Menschen. Wir können und dürfen keinen einzigen verlieren.“
Die Lösung sieht Fleischmann darin, attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen: „Wenn Lehrkräfte sagen könnten: ‘Wir schaffen das. Wir können jedem Kind gerecht werden.‘ Dann wären mehr junge Leute Lehrerinnen oder Lehrer. Dann haben wir das Problem bei der Wurzel gepackt. Dann haben wir nämlich genug professionellen Nachwuchs!“ News4teachers
Da Fleischmann scheinbar keiner Partei angehört, wirken ihre Aussagen glaubhaft.
Aber im CSU-Land Bayern werden ihre Ideen wohl ungehört im Raum verhallen…
passend dazu
IW-Bildungsmonitor
Leistungsniveau an Schulen weiter gesunken
https://www.tagesschau.de/inland/schulen-qualitaet-bildungmonitor-100.html
Beim Bildungsmonitor-2024-Kriterium Schulqualität war der Rückgang in Bayern mit -12,7 Punkten allerdings noch am geringsten, der Bundesschnitt lag bei -28 Punkten.
Einige Bundesländer, deren Wiederholerquoten unter dem Bundesschnitt lagen, rutschten um deutlich über 30 Punkte ab.
In BW ist es ganz schön schwierig, sitzenzubleiben.
Da muss man ganz schön tief in die Schüssel gelangt haben….sag ich aus eigener Erfahrung.
In der Theorie in “The Länd” mit mehr als einmal Note 6 oder mehr als 3 mal schlechter als Note 4?
Und es gibt zu viele Möglichkeiten, dennoch durchzukommen: Probeversetzung, etc.
Bin aus Bayern. Zur Erklärung für alle, die aus anderen BL kommen: In Bayern “reichen” 2x Note 5 oder 1x Note 6 fürs Sitzenbleiben bzw. fürs “Nicht Vorrücken/ Durchfallen”, wie das bei uns genannt wird. Mit 4,50 hat man gerade noch normal bestanden. Note 5 gibt es in den meisten Schulen ab einem Schnitt von 4,51. Allerdings gibt es bei der Notengebung einen erlaubten pädagogischen Ermessensspielraum bis 4,59, der in beide Richtungen funktioniert. Der Lehrer kann dem Schüler in so einem Fall (4,51 bis 4,59) noch eine 4 geben, wenn sich der Schüler sehr bemüht hat, mündlich gut mitgearbeitet hat oder die Leistungen ab dem zweiten Halbjahr in den schriftlichen Prüfungen kontinuierlich nach oben gingen und der Schüler eine allgemeine Tendenz zur Verbesserung zeigte. Manche Schulen sind strenger in der Auslegung (ab x,51 wird dort eigentlich regulär immer die schlechtere Note gegeben) und für die Notenverbesserung braucht es dort eine trifftige Begründung des jeweiligen Lehrers und die Zustimmung der Klassenkonferenz. In anderen Schulen wiederum gilt die von der Schulleitung und Lehrerkonferenz beschlossene Regel, dass bis x,59 die bessere Note gegeben werden soll, um den Schülern mehr entgegenzukommen. Hier kann der Lehrer aber-umgekehrt- auch die schlechtere Note geben. Dazu braucht es ebenfalls eine Begründung und eine Abstimmung in der Lehrerkonferenz, zumal diese Note bei einer zweiten 5 ja vorrückungsentscheidend wäre. Ab 4,60 muss verpflichtend immer die Note 5 erteilt werden, analog bei 5,60 die Note 6. Generell ist man in Bayern ganz streng mit den Dezimalen. Genauso ist auch beim Übertritt auf die Realschule (2,65 oder besser) und aufs Gymnasium (2,32 oder besser) nach der vierten Klasse/ Grundschule. Wer sitzen geblieben ist und nur maximal 3x Note 5 im Zeugnis hat, darf in den Sommerferien zur Nachprüfung in diesen Fächern antreten, wenn er das möchte. 2x Note 4 und 1x Note 5 reichen dann aus, um zu bestehen, denn mit einer 5 hätte man theoretisch das Jahr bestanden. Oder bei nur zwei Fächern 1x Note 4 und 1x Note 5. Wenn der Schüler das Klassenziel knapp nicht erreicht hat, das Sitzenbleiben nicht seine Schuld ist, sondern durch höhere Gewalt bedingt war (z.B. längere Abwesenheit durch eigene Erkrankung, wenig Unterricht durch Erkrankung des Lehrers etc.), wenn das Fach, in dem er durchgefallen ist, im nächsten Jahr theoretisch wegfallen würde oder davon auszugehen ist, dass der Schüler seine Lücken in den Ferien schließen wird und voraussichtlich das Klassenziel im nächsten Jahr erreichen kann, dann kann die Klassenkonferenz und in einem zweiten Schritt auch die Lehrerkonferenz beschließen, dass der betreffende Schüler auf Probe bis zum 15.12. ins nächste Schuljahr “vorrücken” darf. Ich hoffe, ich habe etwas Licht ins Dunkel gebracht.
Zehntausende Schüler müssen Schuljahr wiederholen – Fleischmann: Schluss damit! Ich bin in vielen Punkten bei Frau Fleischmann. Das starre Wiederholen eines ganzen Schuljahres halte ich für pädagogisch fragwürdig – insbesondere dann, wenn Defizite in einem einzelnen Fach dazu führen, dass auch alle anderen Fächer erneut durchlaufen werden müssen. Das ist weder effizient noch motivierend, sondern für viele Kinder eine emotionale Belastung mit langfristigen Folgen.
„Ich bin überzeugt davon, dass alle wollen, dass Kinder individuell abgeholt werden und jeder entsprechend seiner Kapazitäten Erfolge einfährt.“ Dieser Satz trifft den Kern. Aber „individuell abholen“ heißt eben auch, Kinder auf einer Schulart zu fördern, die ihren tatsächlichen Neigungen und Begabungen entspricht. Viele Schülerinnen und Schüler, die bei uns am Gymnasium ein Schuljahr wiederholen, sind emotional und kognitiv überfordert. Es geht dabei selten nur um ein Fach – oft sind es gleich mehrere: Mathe, Physik, Chemie oder Deutsch, Latein und Geschichte.
Hier zeigt sich die Stärke unseres differenzierten Schulsystems, das unterschiedliche Bildungswege und Anspruchsniveaus bietet und damit die Möglichkeit, Kinder dort zu fördern, wo sie wirklich stehen. An anderen Schularten wird mit anderen Methoden und Zielsetzungen gearbeitet, die Frage „Versetzung ja oder nein“ stellt sich dort oft gar nicht, weil die Förderung flexibler und individueller erfolgt.
Das Gymnasium als vermeintlicher Königsweg für alle (häufig auf Elternwunsch) führt bei vielen Kindern zur Überforderung, zum Sitzenbleiben und nicht selten zu einem tiefen Bruch im Selbstwert. Gleichzeitig leidet die Lernatmosphäre, wenn überforderte Schüler und leistungsstarke Kinder gleichermaßen ausgebremst werden. Das schadet nicht nur den Einzelnen, sondern auch dem Anspruch des Gymnasiums selbst.
Deshalb braucht es keine Augenwischerei mit wohlklingenden Begriffen wie „Fördern“ und „Abholen“, sondern eine ehrliche Auseinandersetzung mit der Frage, ob das gewählte Bildungsniveau wirklich zum Kind passt und den Mut, das differenzierte Schulsystem als Chance zu begreifen, nicht als Makel.
Guter Beitrag. Zum einen, um in einem einzigen Fach eine 6 zu bekommen und deswegen sitzen zu bleiben, da muss man schon sehr viel nichts tun. Zumal es ja noch ein Mittel der Pädagogischen Versetzung gäbe, wenn sonst wirklich alles super liefe. Bei 5ern gibt es noch die Ausgleich-Regelung oder die Versetzung über Durchschnitt. Wer somit sitzen bleibt, macht das in der Regel nicht wegen eines Faches oder einer 5 in Mathe. Da liegen dann oft mehrere Dinge im Argen. Deswegen werden bei uns viel weiter geschleppt und die Eltern denken, prima, solange das Kind nicht sitzen bleibt, passt schon. Manchmal wird erst wenn es heißt ” Versetzung ist gefährdet” über eine andere Schulform nachgedacht. Vorher kann das Kind sich ständigen Misserfolgen von Schuljahr zu Schuljahr hangeln. Bei steigender Frustration auf allen Seiten. Jedes Jahr am Ende der Fahnenstange herum Krebsen zu müssen, wenn macht das schon Spaß. Und irgendwann nutzt auch kein Förderunterricht mehr, wenn das Kind mit Pensum und Inhalt des Lehrplans sich in einem dauerhaften Überforderungsmodus befindet. Da kann das Kind noch so willig und die Lehrkraft noch so motiviert sein. Manchmal sind die Anforderungen eben zu hoch. Aber nur noch Niveau senken und alle durchwinken, kann echt keine Lösung sein. Man sieht ja, was daraus folgt, Abiturienten, die mit dem studieren überfordert sind. Problem einfach nur verschoben.
Ich bin der Meinung, wenn man eine 6 hat, ist da mehr schief gelaufen als dass nur an einer Stelle “eine grundlegende Lücke” entstanden ist. Ich bin auch aus Bayern und die Schüler und Schülerinnen, die “wegen meinem Fach” dieses Jahr durchgefallen sind, waren von Beginn an überfordert und/oder sind die Jahre davor schon nur gerade so durchgekommen und haben eben nicht nur “eine grundlegende Lücke”, sondern gänzlich keine Grundlagen, auf die man aufbauen könnte, dass ich der Meinung bin, sie waren von Anfang an an der falschen Schulart oder haben viel zu wenig getan für das Fach.
Auch an anderen Schularten wird wenig gefördert und abgeholt. Das kann unter den gegebenen, miesen Umständen leider heute keine Schulart mehr leisten.
Generelle Überforderung an der gewählten Schulform ist natürlich eine mögliche – aber nicht die einzige mögliche Ursache. Das heißt dann aber auch, dass sich das im gesamten Zeugnisbild zeigen wird (der Einfachheit halber als Beispiel: ganz viele Vieren und mehrere Fünfen) und nicht in einem einzelnen Fach. Meines Erachtens gäbe es schon Fälle, wo mehr individuelle Förderung deutlich besser helfen würde als eine Wiederholung des gesamten Schuljahres. Nur: Mehr individuelle Förderung gibt es nicht für lau; das braucht mehr Ressourcen und vor allem mehr Lehrerstunden. Nun herrscht aber Lehrermangel und die öffentlichen Kassen sind klamm. Man findet den Fehler…
“differenziertes Schulsystem als Chance” ist witzig. Die Zuweisung von Kindern wäre ja die Alternative GEGEN die Elternentscheidung und das auf der Grundlage einer “Begabungstheorie”, die seit ewiger Zeit wissenschaftlich nicht haltbar ist und in KEINEM anderen Kulturraum als dem deutschsprachigen der Bundesrepublik, Österreichs und der Schweiz praktiziert wird. Welche Chance wäre das also, wenn wider wissenschaftlicher Befunde ein Elternteil sein Kind als “minderbegabt” nicht auf ein Gymnasium schickt? Das es dort “sitzengeblieben” wird, wenn es mit der speziellen Pädagogik der Schulform adaptiert ist…oder sogar abgeschult wird, ist der Skandal, den J. Hatti z.B. konstatiert, wenn die Varianz der Schülerleistungen zwischen Schulen in Finnland bei 5% liegt, in Deutschland bei über 50 % . Das heißt schlicht, dass 45% der Schülerinnen in Deutschland “am System” leiden.
Nicht unbedingt, denn in Finnland lag laut OECD-Report dafür die Varianz innerhalb der Schulen wesentlich höher als in DE und auch deutlich über dem OECD-Schnitt von 68%.
Bei PISA 2022 zeigte sich übrigens auch, dass in Finnland besonders Jungen und Schüler*innen mit Migrationshintergrund sehr weit hinter Ihren Pendants zurücklagen und deutlich größere Bildungsverlierer waren als in DE.
Auch die Unzufriedenheit an der Schule war in FIN stärker ausgeprägt.
Sich an der Schule nicht wohl und fehl am Platz zu fühlen gaben dort 21% der Befragten an, in DE 14%.
100% Zustimmung. Sehe ich absolut genauso. Mittlerweile besuchen viel zu viele Kinder das Gymnasium, die von ihren Voraussetzungen her für diese Schulart überhaupt nicht geeignet und oft schon in der Unterstufe massiv überfordert sind.
Es wäre mal auch interessant, die Übertrittsquoten der Bundesländer zu vergleichen. In BY liegt sie m. E. bei knapp 40%, in manchen Landkreisen (München) sogar über 60%. Wie sieht es in den anderen Bundesländern aus?
Viele Eltern am Gym. sagen auch: Wir wollten es “mal probieren”. Dass bei einer sehr hohen Übertrittsquote auch mehr SuS scheitern, ist ja eigentlich logisch.
Nach meinen Informationen schließen z.B. in HH ca. 55% – 58% eines Jahrgangs die Schule mit Abitur ab.
Sitzenbleiben abschaffen, unangekündigte Exen verbieten…was für ein Streichelzoo Schule.
Jammernde und klagende Lehrer, für die immer alle anderen Schuld sind … Was für ein Streichelzoo Schule.
Ein Glück, dass Sie nicht dem Populismus verfallen, sondern mit klaren und umfangreichen Argumenten dem Wahnsinn ein Ende bereiten wollen.
Nicht drüber ärgern…mitmachen.
Erst wenn es gar nicht mehr zu übersehen ist wird sich etwas ändern.
Immer schön durchwinken. Ist auch billiger.
Und erneut: Minderleister sollen behütet und gepampert werden, Schuld hat immer nur das System. Kann man machen, nimmt jedoch wie im aktuellen Zeitgeist üblich jegliche Eigenverantwortung.
Wenn Sie minderleistende Lehrer meinen sollten, könnten Sie leider durchaus Recht haben.
Ansonsten gilt für Ihre Argumentation: pauschalisierend, undifferenziert, einseitig, so nicht belegbar, …
Sind Sie bei solchen Antworten Ihrer Schüler auch so nachsichtig – ich glaube nicht.
Da ich kein Lehrer, sondern Sozialarbeiter bin, bin ich bei jeglichen Schülerantworten nachsichtig. Mehr als Worthülsen und Thesen verbreiten Sie in Ihrer Antwort jedoch auch nicht. Dass Lehrkräfte neuerdings gepamperte Minderleister sind, wäre mir ebenfalls neu. Nahezu alle mir bekannten Lehrerinnen und Lehrer arbeiten an der Grenze zum Burnout und versuchen den Karren aus dem Dreck zu ziehen, den Bildungspolitiker und Reformpädagogen ordentlich rein gefahren haben.
Die durchgesetzten Schulreformen der letzten 15 Jahre führten zu immer schlechteren Ergebnissen im Bildungsmonitor, bei Pisa, bei Vergleichsarbeiten und in der gesellschaftlichen Wahrnehmung. Betriebe klagen über Azubis, die nicht mehr ausbildungsfähig sind, Universitäten beklagen Studierende mit mangelhafter Lesekompetenz und mangelnden Eigenverantwortung.
Während man von Schülern immer weniger fordert, wird das Jammern über Druck und Überlastung antiproportional immer lauter. Jedes Kind soll arbeiten an was und wann es will, man will Noten abschaffen, man will Hausaufgaben abschaffen, man will Sitzenbleiben abschaffen, man will die Schularten abschaffen. Stattdessen will man Wohlfühloasen, Lernateliers, Lernbuffets und Ruheräume in einer Schule für alle etablieren und uns als Lösung für ein überlastetes Schulsystem präsentieren (mit der Alemannenschule in Wutöschingen als strahlendem Leuchtturm im harschen Schulozean). Alle angestoßenen Reformen der letzten Jahre (wie beispielsweise die Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg), die diese Richtung einschlugen, führten jedoch genau NICHT zu besseren Ergebnissen oder zufriedeneren Schülern oder weniger überlasteten Lehrkräften.
Man füttert den Patienten mit immer mehr der selben Medizin, die doch endlich mal bitte wirken soll. Und wenn sie das nicht tut, schiebt man noch ein paar Löffel hinterher. Dem Patienten gehts und gehts aber nicht besser. Vielleicht sollte man es mal mit anderen Medikamenten versuchen, die zudem wieder mehr Mitarbeit vom Patienten einfordern.
Vergessen Sie es – es ist ja immerhin lange bekannt, dass man durch ständiges Üben schlechter und durch base chillen besser wird.
Egal in was.
Einfach nicken, “Jawoll!” sagen.
“Parole Spaß” / “Rule of cool” regelt.
Wie geliefert – so bestellt.
Lasst uns ausliefern bis die Schwarte kracht.
Ja, kleine, leistungshomogene Gruppen, mit denen man in Ruhe arbeiten kann…schön wär’s….
Man kann das “Verweilen” auch als Chance sehen. Nicht als Strafe.
Passt das dazu? Leistungsniveau an Schulen laut Erhebung weiter gesunken | tagesschau.de https://share.google/UrJp1T4DxhzEROvVP
Also auch wenn ich manche der Argumente verstehe und zum Teil auch mittragen würde (leider nur ein kleiner Teil, der vor allem die strukturellen Probleme beschreibt), dann muss ich allerdings schon sagen, dass vieles auch wirklich einfach wie Stammtischgelaber klingt.
Ich glaube ich habe noch nie einen Schüler gehabt, der auf dem Zeugnis in Mathematik eine 6 hatte und nicht dann noch in mehreren Fächern mindestens eine 5. Gerade die Note 6 bekommt niemand, wirklich niemand, der sich zumindest noch bemüht zeigt, selbst wenn er von nichts Ahnung hat und bei nichts mitkommt. Ich kenne die Note 6 also nur als absolute Ausnahme für eine im Grunde Totalverweigerung, die über mindestens 6 Monate ging! Dass dieser Schüler dann alle anderen Fächer 4 haben soll, sry das ist quasi so gut wie unmöglich.
Zumindest in NRW bleibt man deshalb auch niemals wegen einem Fach alleine sitzen. Eine 6 in einem Hauptfach hätte zwar das Potential aber ich habe ja gerade erläutert, wieso dies nicht vorkommt.
„Was aber natürlich viele Menschen in der Bevölkerung wollen – schlicht, weil sie nur das selbst kennen.“
Diese Aussage, muss ich ehrlich sagen, finde ich dann schon extrem hochnäsig. Sie suggeriert, dass obwohl ihre Meinung nicht die Meinung der Mehrheit der Bevölkerung ist, diese nur zustande kommen kann, weil die Mehrheit offenbar in diesem Punkt dumm ist. In einer Demokratie gehört es nun einmal dazu, dass die Mehrheit nicht immer einer Wissenschaftlichen Linie folgt, dann ist es Aufgabe der Wissenschaft daran zu arbeiten, dass sich Leute mit allem Hintergrundwissen eine fundierte Meinung bilden können.
Mich wundert sowohl bei Frau Fleischmann als auch bei Kommentaren von Kolleginnen und Kollegen wie pauschalen und undifferenzierten Ansichten in einem von unterschiedlichsten Regelungen durchsetzten Bildungssystem.
Früher gab es in meinem Bundesland klare Regeln: 2 mangelhafte Leistungen in sog. Hauptfächern und eine Versetzung war ausgeschlossen. Das hat zu Fällen geführt, wo trotz guten und sehr guten Leistungen in den Naturwissenschaften Schüler bei einer 5 in Englisch und Französisch nicht versetzt wurden. Da muss man sich doch fragen: Was machen solche Schüler im Wiederholungsjahr eigentlich in Mathe, wenn sie schon im ersten Durchgang eine 1 hatten?
Folglich sind starre Versetzungsregelungen unsinnig, die Entscheidung gehört in jedem Fall in eine Versetzungskonferenz. Sinn einer Nichtversetzung kann doch nur sein, Defizite aufzuholen, ohne in einer nennenswerten Stundenzahl (d.h. Fächerzahl) pro Woche eine Unterforderung zu provozieren. Führt die Nichtversetzung zu einer solchen Unterforderung, ist sie kontraproduktiv und es müssen andere Wege zum Füllen der Lücken gefunden werden. Wird ggf. ein Schüler mit 2 oder 3 mangelhaften Leistungen versetzt, hat das nicht mit dümmlichen Kommentaren wie “Streichelzoo” zu tun, sondern es kann sinnvoll sein.
SInd die Leistungen aber durch die Bank nur ausreichend und in einigen Fällen mangelhaft, was dann zur Nichtversetzung führt, kann eine Wiederholung des Schuljahres sehr wohl sinnvoll sein. Lücken ernsthaft aufzuholen muss dann fast sicher zur Überforderung führen, wenn man keine Stärken hat und überall aufpassen muss, nicht abzurutschen. Somit ist es auch kaum sinnvoll, Klassenwiederholungen grundsätzlich als sinnlos zu brandmarken.
Es muss doch jedem, der einigermaßen nachdenkt, klar sein, dass eine solche Entscheidung einer Versetzung immer eine Einzelfallentscheidung sein muss, die nicht durch starre Regeln gefällt werden kann.
Das Problem ist, dass “Sitzenbleiben” immer als Strafe betrachtet wird. Es ist eigentlich nie als Strafe angelegt (gewesen), sondern wie @Fern-Seher schreibt als zweite Chance. Irgendwo las ich dieser Tage, dass an einer Schule ein Drittel der Kinder die 1. Klasse wiederholen mussten, weil sie so wenig gelernt hatten. Es macht doch Sinn, sie das 1. Schuljahr wiederholen zu lassen, damit die Basis gelegt werden kann, bevor es weitergeht.
Wenn man merkt, das Sitzenbleiben wird nichts bringen, außer dass ein Kind 1 Jahr länger zur Schule geht, DANN macht das Wiederholen keinen Sinn, dann soll man es lassen.
Aber die Politiker streben doch auch immer ihre Wiederwahl an …
Ebenso arbeiten Profisportler daran, eine Vertragsverlämgerung zu bekommen.
Warum will man den Sus diese Chance nehmen?