BERLIN. Der Psychologe und Extremismus-Experte Ahmad Mansour schlägt Alarm: An deutschen Schulen wachse ein neues religiöses Selbstbewusstsein, das mit Freiheit und Gleichberechtigung kollidiere. In einer aktuellen Kolumne beschreibt er, wie religiöser Druck und missionarisches Verhalten den Schulfrieden gefährden – und fordert klare Grenzen. Während Juristen um Gebetsverbote streiten, geraten Lehrkräfte immer häufiger in Konflikte, bei denen Religion zur Machtfrage wird.

„Stark religiöse Schüler dürfen andere nicht unter Druck setzen. Doch genau das geschieht an vielen Schulen, besonders an solchen mit einem hohen Anteil an Muslimen“, warnt Ahmad Mansour. Der bekannte Extremismus-Experte fühlt sich, wie er in einer aktuellen Kolumne in der Welt schildert, an seine eigene Jugend als Islamist erinnert: „Wir drangsalierten Mitschüler und sprachen von Höllenstrafen oder Allahs Zorn.“ Heute höre er von Lehrkräften immer häufiger ähnliche Geschichten – und das mitten in deutschen Klassenzimmern.
„Da werden muslimische Schülerinnen ohne Kopftuch oder mit Sommerkleidung, die viel Haut sehen lässt, von muslimischen Mitschülern als ‘Schlampen’ diffamiert“, schreibt Mansour. „Aufdringlich und drohend werden Reinheitsdogmen und traditionelle Ehrenkodizes gegen alle genutzt, die sich von Tradition und Einengung lösen wollen.“
Für ihn steht fest: Wo Schüler in der Pause Gebetsteppiche ausrollen und demonstrativ beten, werde der Schulfrieden gefährdet. „Solchen Dynamiken kann – und muss! – eine Gesellschaft präventiv begegnen. Das muss auch eine Schulordnung tun.“
Ahmad Mansour ist gebürtiger arabischer Israeli und lebt seit 2004 in Berlin. Er ist Diplom-Psychologe, bundesweit als Experte für Extremismusbekämpfung gefragt und Autor zahlreicher Bücher. Für seine Arbeit wurde er vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Moses-Mendelssohn-Preis zur Förderung der Toleranz.
Ein Berliner Gymnasium vor Gericht
Anlass für Mansours Mahnungen: ein konkreter Fall, über den News4teachers bereits berichtet hat. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) hat eine Klage gegen das Gebetsverbot an einem Berliner Gymnasium eingereicht. Das Verbot steht in der Schulordnung und untersagt „die demonstrative Ausübung von religiösen Riten im Interesse des Schulfriedens“.
Die GFF hält das für diskriminierend. Ihre Juristin sagt: „Wenn muslimische Schüler*innen sich zum Beten in Toiletten und Gebüschen verstecken müssen, weil sie sonst einen Tadel riskieren, ist das ein tiefer Eingriff in ihre Grundrechte.“ Die Organisation beruft sich auf das Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) und sieht die Religionsfreiheit verletzt.
Tatsächlich haben sich Berliner Schulen in den vergangenen zwei Jahren zunehmend mit dieser Frage auseinandersetzen müssen. Nach einer Überprüfung von Schulordnungen durch die GFF änderten viele Schulen ihre Formulierungen. Nur das Gymnasium in Berlin-Mitte blieb standhaft – und muss nun mit einem Gerichtsverfahren rechnen.
Das Thema ist nicht neu. Bereits 2011 hatte das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass ein Schüler nicht demonstrativ gen Mekka beten durfte, weil dadurch der Schulfrieden gestört werde. Es handelte sich um eine Einzelfallentscheidung, die aber zeigt: Der rechtliche Rahmen ist eng, sobald religiöse Handlungen öffentlich sichtbar und gemeinschaftsbildend werden.
Zwischen Religionsfreiheit und Schulfrieden
Ahmad Mansour stellt in seiner Kolumne klar: Es geht nicht um das individuelle Gebet. „Jeder kann in sich gehen und beten, etwa vor einer Prüfung“, schreibt er. Was er kritisiert, ist die demonstrative und missionarische Form religiöser Praxis an Schulen – und die Dynamik, die sie entfalten kann.
„Spezifisch muslimische Gebetsräume an öffentlichen Schulen sind kein Ausweg, sondern ein gefährlicher Kompromiss“, warnt er. Sie schwächten die Freiheit und nützten „vor allem den Radikalen“. Religion werde dann zum Machtmittel gegen andere Schüler, während „die stillere, oftmals muslimische Mehrheit im Stich gelassen wird“.
Um Gebetsräume in Schulen tobt derzeit auch ein Streit in Nordrhein-Westfalen. Wie News4teachers berichtete, hat Schulministerin Dorothee Feller (CDU) erklärt, dass Schulen selbst darüber entscheiden sollen, ob sie einen solchen Raum einrichten möchten. Eine landesweite Regelung sei nicht geplant. Das Schulministerium setze auf „Eigenverantwortung“ der Schulen.
Die Realität zeigt jedoch, dass diese Freiheit erhebliche Spannungen erzeugt.
176 Schulen mit Gebetsräumen in NRW
Nach Angaben des Ministeriums gibt es in Nordrhein-Westfalen inzwischen 176 Schulen, die Gebetsräume anbieten – darunter 61 Gymnasien und 44 Grundschulen. Das Thema ist damit längst keine Randerscheinung mehr.
Besonders deutlich wurde das im Fall Neuss: Elf Schulen wollten sich dort im vergangenen Jahr auf eine gemeinsame Linie verständigen – keine Gebetsräume. Anlass war eine Gruppe von vier Oberstufenschülern, die als „Scharia-Polizei“ Schlagzeilen machte. Sie hatten unter anderem Geschlechtertrennung im Unterricht gefordert, Frauen zur Verschleierung gedrängt und die Demokratie offen abgelehnt.
Die Schulleitungen wollten mit einer gemeinsamen Erklärung reagieren, zogen sie aber angeblich auf Druck des Düsseldorfer Schulministeriums zurück. Offiziell hieß es, man wolle Konflikte vermeiden. Inoffiziell war wohl längst klar: Es gibt solche Räume bereits dutzendfach – ein Verbot wäre politisch nicht ohne Widerstand durchsetzbar.
SPD fordert klare Linie
Die bildungspolitische Sprecherin der SPD im NRW-Landtag, Dilek Engin, fordert von Schulministerin Dorothee Feller (CDU) eindeutige Vorgaben. „Das Thema ist besonders konfliktbeladen, und es kommt immer wieder zu Spannungen zwischen Schülerinnen und Lehrkräften sowie durch das Eingreifen von Eltern“, sagte sie unlängst im Gespräch mit News4teachers.
Sie betont: „Viele Schulleitungen wünschen sich mehr Gestaltungsspielräume in Bereichen, in denen sie ihre Schulen tatsächlich weiterentwickeln können. Gleichzeitig fehlen oft Ressourcen und Infrastruktur, sodass zusätzliche Gebetsräume schlicht nicht realisierbar sind.“ Engin fordert deshalb: „Ministerin Feller muss klare, verbindliche Vorgaben machen, die den Schulen Orientierung geben und den Schulfrieden sichern.“
Zwischen Grundgesetz und gesellschaftlicher Realität
Das Grundgesetz garantiert die Religionsfreiheit – auch in der Schule. Doch genau dort prallen in diesen Tagen unterschiedliche Vorstellungen davon aufeinander, was Freiheit bedeutet. Für Ahmad Mansour ist klar: „Das Grundgesetz garantiert jedem seine Würde. Darum muss es auch in einer guten Schulordnung gehen, die eben dieses Grundgesetz zum Fundament hat.“
Er fordert einen „säkularen Raum Schule“, in dem Glaubensfragen Privatsache bleiben. Seine Warnung ist deutlich: „Gebetsräume im säkularen Raum der Schule schwächen die Freiheit und nützen vor allem den Radikalen.“
Der Psychologe spricht aus Erfahrung – aus der Perspektive eines Mannes, der selbst als Jugendlicher in den Sog islamistischer Ideologie geraten war. Heute sieht er ähnliche Muster an deutschen Schulen wiederkehren: missionarischer Eifer, Gruppendruck, religiöse Kontrolle. Mansour spricht ausdrücklich von einer „stillen Mehrheit“ muslimischer Schülerinnen und Schüler, die einfach nur lernen, sich entwickeln, flirten und frei leben wollen. Sie brauche Schutz – nicht vor der Religion, sondern vor ihrer Instrumentalisierung.
Ahmad Mansour formuliert es so: „Wenn heute Schüler während der Schulzeit einen Gebetsraum verlangen, berufen sie sich auf die Religionsfreiheit und die Toleranz unserer Gesellschaft. Bei genauerer Betrachtung verschiebt hier aber ein neues religiöses Selbstbewusstsein die gesellschaftliche Balance.“ Das sei kein harmloses Identitätsstatement, schreibt er, sondern „ein Indikator für Radikalisierung“. News4teachers
Islamismus-Verdacht: Schulen melden dutzendfach Vorfälle – Senat beschwichtigt, CDU: „Warnsignal“
Danke für diesen Beitrag! Hier wird das eigentliche Problem beschrieben.
@Rainer Zufall, und nun Ihr Einsatz, bitte.
Ich hatte genau dieselben Sätze im Kopf wie Sie.
Habe dazu etwas geschrieben, aber ich muss mal schauen, wie Mansour zu seiner Erkenntnis gelangt, dass Religionsausübung außerhalb staatlicher Kontrolle zu weniger Extremismus führt.
Das ist kein Argument gegen Herr Mansour und Sie, ich verstehe nur noch nicht ganz, wie Sie zu dieser Position gelangten
Soweit ich weiß, hat das Beten der Muslime mit dem Beten von Christen kaum etwas zu tun. Den Muslimen wird das mehrmals am Tag und in der Nacht zu festgelegten Zeiten vorgeschrieben, jeweils ca. 20 Minuten lang, das wird dann mehr oder weniger als Routine absolviert. Die Zeiten nehmen keine Rücksicht auf die Schulstunden oder sonstiges im Tagesablauf. In konservativen Internaten weckt man sogar Kinder nachts (!), damit sie dann das Beten “absolvieren”:
https://tahajjud.de/
Deswegen kann das in einen ständigen Kleinkrieg ausarten zwischen den religiösen Autoritäten und den staatlichen (deutschen) Autoritäten. Wie Mansour sagt: Es geht nicht um das individuelle, freiwillige und stille Gebet (bei Christen der Normalfall), sondern um ein vorgeschriebenes Ritual und damit eine — letztlich auch politische — Kontrolle über die “Gläubigen” und eine Machtdemonstration der muslimischen Community. Wie hieß es neulich in den Meldungen: “Der Islam ist hier der Chef.” Und genau das ist nicht im Sinne des Grundgesetzes.
Meines Wissens gelten die Betvorschriften erst nach Ende der Pubertät. Allerdings weiß ich nicht, wie der Islam das Ende der Pubertät definiert. Mein Vorschlag: Solange in Deutschland theoretisch noch das Jugendstrafrecht noch angewendet werden kann, ist sie nicht beendet. Damit wären die Schulen raus und das Problem mit dem Gebetsraum in der Schule hat sich erledigt.
WIR haben darüber nicht zu befinden, es gibt eben die Ober-Moslems und deren Weltbild. Die Fastenvorschriften gelten auch erst mit Beginn (nicht Ende) der Pubertät, aber alles wird vorher schon empfohlen, alles Gummiparagraphen:
https://fragenandenislam.com/question/ab-wann-muss-das-kind-anfangen-zu-beten
Wenn es Gummiparagraphen sind, können wir uns auch nach denen richten und sie für uns angemessen auslegen und für uns nachteilige Auslegungen ablehnen. Damit haben wir unsere Schuldigkeit getan.
Warten wir ab, was das Gericht in Berlin entscheidet.
Wenn es den Klägern Recht gibt, dann heißt es: “Pray & Preach”.
Aber dann hat sich die Gesellschaft eben entschieden, als Lehkraft sollte man sich dann nicht dagegen stemmen. Ist besser für die Psyche und Gesundheit.
Somit sind wir also auf dem besten Weg, da selbst muslimische Schüler*innen weiter keinen Schutz benötigen.
Da schreibe noch wer, Religion würde spalten…das Gegenteil ist der Fall, einfach mal darauf achten, was religiös Bewegte alles so auf die Beine stellen für Gemeindearbeiten. Dass es Probleme mit extremistischen SuS gibt, hat mehrere Ursachen. Diese lassen sich aber nicht mit schlichten Betverboten beheben, womit sie doch erst richtig interessant gemacht werden.Falls das doch funktionieren sollte, bitte als nächstes auch volksverhetzende Äußerungen von Kanzlern oder anderen verbieten, danke .
“Diese lassen sich aber nicht mit schlichten Betverboten beheben, womit sie doch erst richtig interessant gemacht werden.”
Und Sie meinen, muslimische Jugendliche und Heranwachsende fangen dann aus rebellischem Trotz das Beten an?
Das wäre ja einmal was Neues.
„Stark religiöse Schüler dürfen andere nicht unter Druck setzen.”
Das will niemand. Ich sehe nicht ganz, wie diese Gefahr geringer wäre, wenn sich Radikale der schulischen Kontrolle vollständig entziehen.
Wenn Fehlverhalten beobachtet wird, KANN die Schule erst aktiv werden, ohne Angebot habe ich die Sorge, dass diese Frage ausschließlich unter Schüler*innen in der Freizeit unbehleitet ausgemacht werden…
Ich wüsste gerne, woher Herr Mansour die Sicherheit nimmt, dass Gebetsräume automatisch missbraucht werden und außerhalb der Schulzeit kein Druck ausgeübt wird – ich überzeichne hier stark, ich wollte nur keinen Punkt verständlicher machen
“einen” Punkt, nicht “keinen” – ich weiß, Höhö
Was ich spannend finde ist, dass wir viele gemäßigte Muslime in Deutschland haben, mit denen man sich sehr gut über Religion austauschen kann und es dann deren Kinder sind, die in die extremere Richtung gehen:
Wir hatten schon mehrfach weltoffene, unverschleierte muslimische Mütter, deren Töchter dann im Hijab in die Schule kamen.
Spreche ich mit meiner 60-jährigen Nachbarin über den Islam und Dinge, die meine Schüler mir erzählen, dann regt sie sich darüber auf, dass die Kinder den Islam absout nicht verstanden hätten!
Witzigerweise beziehen sich gerne solche Kinder auf “die Religion”, um ihre Meinungen und Ziele durchzusetzen, die sich ansonsten absolut nicht so verhalten, wie es die Religion vorschreiben würde.
Die von Mansour beschriebenen Verhaltensweisen, die Religion zum Unterdrücken von Mitschüler*innen zu nutzen, Macht auszuüben und sich selbst zu erhöhen, beobachten wir leider auch! Es scheint also oft gar nicht um die Religion und eine Möglichkeit zum Beten zu gehen, sondern um reine Machtdemonstration.
Meines Erachtens zeigt Schulministerin Feller hier mal wieder, wie es eigentlich nicht laufen sollte. Unter dem Deckmantel der Gestaltungsfreiheit duckt man sich weg und lässt die Schulen mit den Konflikten allein, statt eine klare Entscheidung zu fällen.
“Witzigerweise beziehen sich gerne solche Kinder auf “die Religion”, um ihre Meinungen und Ziele durchzusetzen, die sich ansonsten absolut nicht so verhalten, wie es die Religion vorschreiben würde.”
“Es scheint also oft gar nicht um die Religion und eine Möglichkeit zum Beten zu gehen, sondern um reine Machtdemonstration.”
Volle Zustimmung. Ich habe noch nie beobachten können, dass sich muslimische Jugendliche oder Heranwachsende in Fußgängerzonen, Parks, Einkaufszentren, Shishabars oder Barbershops zum Gebet niedergeworfen haben.
Schon gar nicht Freitag oder Samstag abends.
Da scheinen immer andere Dinge als eine Halal-Lebensführung im Mittelpunkt zu stehen.
Liegt wahrscheinlich primär daran, dass Sie weniger Zeit in denen von Ihnen genannten Orten als in der Schule verbringen.
Mein Nachbar (Reichsbürger, extrem Religiös, Holocaustleugner, Afd-Wähler, N-Wort-Benutzer, Coronaleugner, QAnon ect pp…) nannte mich heute eine “Ausgeburt des Satans” aufgrund meiner, von ihm als links-grün interpretierten, Ansichten. Andere Links grüne sind für ihn ebenfalls Ausgeburt en des Satans und werden sich seiner Ansicht nach ebenfalls eines Tages vor Gott verantworten müssen.
Ich werde das Online schon mal bei der Polizei vormerken, falls noch mehr oder schlimmeres kommt. Zumal wir hier als zur Zeit ohne eigene Wohnung, Alleinerziehend und mit geistig behindertem Kind prekär und angreifbar wirken.
Das ist keine einfache, wahllose Beleidigung mehr, speziell wenn man als sehr religiöser Mensch gerade diese aussucht und zudem in einem politischen Kontext.
Dies nur mal als Beispiel, wie religiöses benutzt wird, um politisch zu agieren.