Informatik wird Pflichtfach, fast überall – aber: Wer soll’s unterrichten?

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BERLIN. Immer mehr Schülerinnen und Schüler in Deutschland lernen künftig verpflichtend Informatik. Das zeigt der neue Informatik-Monitor 2025/26, den die Gesellschaft für Informatik (GI) gemeinsam mit dem Stifterverband und der Heinz Nixdorf Stiftung vorgelegt hat. Nur noch Berlin, Brandenburg und Hessen planen derzeit keine Einführung eines Pflichtfachs Informatik – ein Trend, der die Schullandschaft grundlegend verändert. Allerdings gibt es dabei ein Problem. 

Läuft – manchmal. Illustration: Shutterstock

Vor fünf Jahren war Informatik noch in lediglich vier Bundesländern Pflichtfach. Mit dem Schuljahr 2025/26 steigt die Zahl auf zehn: Auch in Hamburg wird das Fach nun für alle weiterführenden Schulformen verpflichtend. Sachsen-Anhalt geht einen Sonderweg – hier gilt die Pflicht für Sekundar- und Gemeinschaftsschulen, nicht aber für Gymnasien. Bremen und Rheinland-Pfalz folgen in den kommenden Jahren. Damit zeichnet sich ein klarer bildungspolitischer Trend ab, Informatik als Schlüsselkompetenz im Unterricht zu verankern.

Große Unterschiede beim Umfang – nur drei Länder erfüllen die Empfehlung der SWK

Trotz dieser Entwicklung zeigen sich große Unterschiede beim Umfang des Unterrichts. Die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) empfiehlt sechs Wochenstunden Informatik – verteilt über die Klassen 5 bis 10. Nur Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und das Saarland erfüllen diese Vorgabe. Baden-Württemberg hat immerhin aufgestockt: Dort wurde die Zahl der Stunden von einer auf vier erhöht.

„Zeitgemäßer und diverser Informatikunterricht erreicht alle Schülerinnen und Schüler gleichermaßen, nicht nur eine Gruppe von meist männlichen Interessierten“, sagt GI-Präsidentin Christine Regitz. Gerade für Mädchen sei das Pflichtfach von großer Bedeutung, um „Vorurteile abzubauen und Chancengerechtigkeit herzustellen“.

Horst Nasko, Vorstand der Heinz Nixdorf Stiftung, mahnt: „Die Fachkräfteengpässe in Informatik sind dramatisch. Für mehr Nachwuchs braucht es mehr Informatikunterricht, der begeistert und auf Studium oder Ausbildung vorbereitet.“

Stifterverband: „Informatische Bildung ist keine Zukunftskompetenz – sie ist Gegenwart“

Volker Meyer-Guckel, Generalsekretär des Stifterverbandes, betont die gesellschaftliche Relevanz: „Informatische Bildung ist keine Zukunftskompetenz. Schon heute zeigt sich, dass ohne sie berufliche und gesellschaftliche Chancen, wirtschaftliche Entwicklung und die Sicherheit unseres Landes gefährdet sind.“ Immer mehr Länder würden das erkennen, so Meyer-Guckel – der Informatik-Monitor sei ein „Signal an jene Bundesländer, die das noch nicht ausreichend tun“.

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Informatik in der Oberstufe: Beliebtheit bleibt hinter Naturwissenschaften zurück

In der gymnasialen Oberstufe bleibt Informatik jedoch weit hinter anderen Naturwissenschaften zurück. Nur 16 Prozent der Jugendlichen belegten 2023/24 entsprechende Kurse – im Vergleich zu 38 Prozent in Physik und Chemie sowie 78 Prozent in Biologie. Ursache sei die strukturelle Benachteiligung des Fachs: Laut Kultusministerkonferenz (KMK) muss nur eine Naturwissenschaft verpflichtend belegt werden – Informatik gilt dabei nicht als gleichwertige Alternative.

Besonders deutlich werden die Unterschiede zwischen den Bundesländern – und zwischen den Geschlechtern: In Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen belegt mehr als jeder zweite Schüler und knapp jede dritte Schülerin Informatik. In Thüringen und Rheinland-Pfalz liegt die Quote bei knapp der Hälfte der Jungen, aber nur einem Viertel beziehungsweise Fünftel der Mädchen. In Hessen, Niedersachsen oder Bremen belegt hingegen nur jeder sechste Junge und lediglich eine von 25 Schülerinnen das Fach.

Lehrkräftemangel bleibt größte Hürde

Eine der größten Herausforderungen bleibt der Mangel an qualifizierten Informatiklehrkräften. Der Bericht fordert daher attraktive Einstiegsmöglichkeiten ins Informatiklehramt, Weiterqualifizierung bestehender Lehrkräfte und Anpassungen in den Stundentafeln.

Die Autorinnen und Autoren des Monitors fordern zudem, dass die KMK den Empfehlungen der SWK folgt und Informatik mit sechs Wochenstunden verbindlich in der Sekundarstufe I verankert. In der Oberstufe solle das Fach den Naturwissenschaften gleichgestellt werden – sowohl bei der Belegung als auch als mögliches Prüfungsfach. News4teachers

Alle Ergebnisse finden sich unter https://informatik-monitor.de

Im November auf News4teachers: Themenmonat Digitalpakt und Co. – Was Schulen wirklich brauchen

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vhh
1 Stunde zuvor

Naturwissenschaften haben einen völlig anderen Erkenntnisweg, Informatik liegt weitaus näher an der Mathematik. Erkenntnisgewinn aus Beobachtung, Hypothese, Experiment und Abstraktion hat nicht viel gemeinsam mit der sogenannten Informatik, die in der Schule stattfindet. Wenn wir die Kompetenzziele ernst nehmen -und das wird doch erwartet, oder?-kann ein NW-Fach nicht so einfach ersetzt werden.
Sind sich eigentlich alle einig, was Informatik sein soll? Wenn Schüler in Klasse zehn nach zwei Jahren noch nie den Begriff Algorithmus gehört haben und ein Flussschema mit großen Augen betrachten bin ich mir da nicht so sicher. Über vorgegebene Programmbausteine Klötze schieben zu lassen oder statt einer Schleife mit Zähler zehnmal copy/paste den Originalprozess zu ‘programmieren’, ist das ‘digitale Bildung’?
Wo kommen eigentlich die sechs Wochenstunden her, bzw wer gibt sie ab? Die Naturwissenschaften, wie passend nach den letzten Ergebnissen zum Bildungsstand?
Es ist schwer, solche Meinungen ernst zu nehmen, die keinen Realitätssinn und nur Maximalforderungen vortragen.
Die Lehrer für die Sek I sind doch leicht zu finden: wie jeder weiß, haben unsere Sportkollegen sowieso zu wenig Arbeit, also bitte fachfremd Informatik… (ja, Ironie)

Unfassbar
2 Minuten zuvor
Antwortet  vhh

Zumindest in der Sek I ist Informatik eher informationstechnologische Grundbildung. Wie nachhaltig die ist, hängt wie in jedem Fach vom Interesse der Schüler ab. Dieses dürfte umso geringer werden, je näher der Lehrer in die (eigentliche) Informatik eindringen möchte oder laut Lehrplan muss.