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Digitalisierung an Schulen wirksam einführen: Auf den Anfang kommt es an

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DARMSTADT. Wie gelingt digitale Schulentwicklung dort, wo sie am häufigsten scheitert – nämlich ganz am Anfang? Dieser Frage widmet sich Dr. Ralf Tenberg, Professor für Technikdidaktik an der TU Darmstadt, im vierten Teil seiner Reihe. Anhand eines realen Beispiels zeigt er, wie Schulen die heikle Initialphase eines Digitalvorhabens strukturiert bewältigen können: mit konsequentem Change Management, klarer Diagnose, transparenter Beteiligung und einer Architektur, die technische, didaktische und kulturelle Ebenen zusammenführt.

Hier geht es zu den ersten Teilen der Reihe. 

Los geht’s. (Symbolfoto.) Foto: Shutterstock

Change Management in der Initialphase Digitaler Schulentwicklung

Angesichts der im Teil 3 referierten und erörterten aktuellen Herausforderungen wird deutlich, dass die Digitalisierung unserer Schulen nicht durch singuläre Entwicklungen oder subsidiäre kollegiale Teamentwicklungen gestemmt werden kann. Sie ist ein anspruchsvolles Schulentwicklungsthema mit großem Ambiguitäts-Potenzial, denn es greift unmittelbar in den Unterricht und damit in ein tradiertes Berufsmuster ein, stellt hohe fachliche Anforderungen und birgt in jedem Falle Aufwand. Zudem lässt sich bei dieser Thematik kein fiktiver Endzustand bestimmen – gegenteilig besteht die erforderliche Entwicklung eher in einem Aufbruch und dem Beginn eines neuen Prozesses als in der Lösung eines konkreten Problems.

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Change-Management (CM) wurde genau für derartige Herausforderungen entwickelt und hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten als wirksames Instrument für emotional konfundierte Veränderungsprozesse etabliert. In den vorausgehenden drei Aufsätzen wurden Konzept, Herkunft, Prämissen und grob auch die Agenda von CM erläutert, im Folgenden wird an einem realen Beispiel illustriert, wie hier in der Initialphase vorgegangen wird (der gesamte Change-Prozess würde diesen Rahmen deutlich überschreiten). Zentral ist dabei, dass sich die Schulleitung von einer externen CM-Beratung unterstützen lässt, sowohl in strategischer als auch in operativer Hinsicht. Selbst wenn sie über die hier erforderlichen Qualifikationen verfügen würde, hätte die Schulleitung kaum die erforderlichen Ressourcen für ein konsequentes CM über die Laufzeit des Entwicklungsprozesses.

Im Zentrum steht im vorliegenden Beispiel die Einführung eines Lernmanagement-Systems, z.B. des LLMs Moodle als verbindliche Lernplattform für das gesamte Kollegium (Methoden-Strang). Dass es sich hier um eine CM-relevante Herausforderung handelt, mag zunächst erstaunen, denn Viele gehen davon aus, dass Moodle an ihren Schulen bereits eingeführt und etabliert wurde, was generell auch richtig ist. Dabei kann man aber nur selten von gesamtschulischen bzw. gesamtkollegialen Implementierungen mit verbindlichen Unterrichts-Ansprüchen, Rollen, Strukturen und Prozessen sprechen, vielmehr handelt es sich hier zumeist um die typischen offenen Nutzungsräume mit hochindividuellen und dabei pragmatischen Handhabungen mit mäßiger Durchdringung im Kollegium.

Lernmanagementsysteme bleiben dabei quantitativ und vor allem qualitativ weit hinter ihren Möglichkeiten, von einer produktiven und innovativen Digitalisierung des Unterrichts kann man dabei kaum ausgehen. Zudem entstehen so Insellösungen ohne Synergien und mit schnellem zeitlichem Verfall.

Eine konsequente Einführung von Moodle betrifft alle Systemebenen einer Schule: Technisch (Server, Zugänge, Support), organisatorisch (Strukturen, Zuständigkeiten, Kommunikationswege), didaktisch (Methodik, Lernprozesse, Bewertungskultur) und auch kulturell (Haltung, Akzeptanz, Zusammenarbeit).

Durch Infoveranstaltungen, Meetings und Workshops wird und bleibt der Prozess transparent und lebendig. Gemeinsam wird die zentrale Vision formuliert und committed, um den Leitbildbezug herzustellen: Unsere Schule nutzt Moodle, um Lernen über Räume, Zeiten und Grenzen hinweg zu ermöglichen. Lernende gestalten ihre Lernprozesse zunehmend selbst, Lehrkräfte arbeiten in kollegialen Teams als Lernbegleiter:innen und die Schule wird zu einer vernetzten, lernenden Organisation. Wir nutzen Moodle, um Lernprozesse sichtbar, individualisiert und kooperativ zu gestalten. Unser Ziel ist, dass jede Schülerin und jeder Schüler in einem sicheren digitalen Umfeld selbstbestimmt lernen, reflektieren und sich mit anderen austauschen kann.

In den Folgeschritten wird dieses Leitbild konsequent umgesetzt. Dafür ist ein Zeitraum von 2 – 3 Jahren realistisch, denn das „Tagesgeschäft“ muss weiterlaufen, zudem kann Moodle absehbar nicht das einzige Entwicklungsthema einer Schule sein. Es folgen Qualifizierungen (technisch, methodisch, pädagogisch), Unterstützungsmaßnahmen wie Teamcoaching, Aufbau von Supportstrukturen, Pilotierungen und Erprobungen in kleinen Zellen oder Teilbereichen mit unmittelbarem Feedback (Evaluation), Rollouts, Verankerung und Verstetigung mit Integration in Schulcurriculum und Digitalstrategie immer flankiert von Evaluation und Prozessmonitoring sowie der Anerkennung des geleisteten Engagements. News4teachers

Der abschließende Teil fünf der Reihe erscheint in den nächsten Tagen auf News4teachers. 

Widerstand aus dem Kollegium: Warum digitale Schulentwicklung so häufig scheitert

 

 

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