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KI: Warum Deutschlands Zukunft (entscheidend) von Mathe-Lehrkräften abhängt

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BERLIN. Wenn es um Künstliche Intelligenz geht, richtet sich der Blick der Politik meist auf Start-ups, Rechenzentren und internationale Wettbewerbsfähigkeit. Sechs mathematische Fachgesellschaften und Verbände halten dagegen: Entscheidend dafür, ob Deutschland im globalen KI-Wettlauf bestehen kann, ist aus ihrer Sicht vor allem das Bildungssystem – beginnend in der Schule.

KI-Kompetenzen benötigen Mathematik. (Symbolfoto.) Foto: Shutterstock

In einem gemeinsamen Strategiepapier fordern unter anderem die Deutsche Mathematiker-Vereinigung, der KI-Bundesverband und mehrere mathematische Fachgesellschaften, Deutschland müsse in der nächsten Phase der KI-Entwicklung eine aktive Rolle übernehmen. „Deutschland kann und muss in der nächsten Welle der KI-Innovation eine gestaltende Rolle einnehmen“, heißt es in dem Papier. Voraussetzung dafür seien „konsequenter Transfer, interdisziplinäre Zusammenarbeit und der Fokus auf mathematische Exzellenz im KI-Umfeld“.

Ausgangspunkt der Analyse ist ein ernüchternder Befund: Deutschland liegt als drittgrößte Volkswirtschaft im internationalen Vergleich der KI-Leistungsfähigkeit derzeit nur auf Platz acht. Abgehängt sei das Land damit aber noch nicht. Die Verbände verweisen auf die enorme Dynamik im KI-Sektor. „Technologische Durchbrüche sind in sehr kurzer Zeit möglich“, schreiben sie – ein heute noch unbedeutendes Unternehmen könne „schon in wenigen Monaten zur internationalen Spitze gehören“, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

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Der zentrale Engpass liegt aus Sicht der Fachgesellschaften jedoch nicht bei Rechenleistung oder Software, sondern bei den Menschen, die KI entwickeln, verstehen und verantwortungsvoll einsetzen können. Und diese Fachkräfte wachsen nicht in Forschungslaboren heran, sondern im Klassenzimmer.

„Die Relevanz der Mathematik für KI muss durch eine Informationskampagne bekannter gemacht werden“

Die Ausbildung künftiger Fachkräfte betrachten die Verbände deshalb ausdrücklich „ganzheitlich, von der Schule bis zur mathematischen Ausbildung an den Universitäten“. Ein zentrales Problem sei, dass die Rolle der Mathematik für KI vielen Schülerinnen und Schülern nicht ausreichend bewusst sei. „Die Relevanz der Mathematik für KI muss durch eine Informationskampagne bekannter gemacht werden“, heißt es im Strategiepapier. Zielgruppe seien „insbesondere Schüler*innen“. Zugleich solle „das KI-Interesse von Mädchen insbesondere bestärkt werden, um den Talentpool auszuschöpfen“.

Deutlich wenden sich die Fachgesellschaften gegen einen verkürzten KI-Unterricht, der sich auf die Bedienung von Tools beschränkt. Ein Unterricht, der sich lediglich auf die Nutzungskompetenz von KI-Tools beschränkt, sei nicht nachhaltig, heißt es. Stattdessen müsse das „mathematische Verständnis von KI Teil schulischer Curricula werden“. Schülerinnen und Schüler sollen nicht nur anwenden, sondern verstehen, auf welchen mathematischen Prinzipien maschinelles Lernen, Datenanalyse und algorithmische Entscheidungen beruhen.

Eine Schlüsselrolle kommt dabei den Lehrkräften zu. Die Verbände sehen hier akuten Handlungsbedarf und fordern ein bundesweites Sofortprogramm. „Ein Sofort-Programm mit Weiterbildungsangeboten für Mathematik-Lehrer*innen zum Verständnis der mathematischen Grundlagen von KI soll als Bund-Länder-Programm eingerichtet werden“, heißt es im Papier. Ohne entsprechende Qualifizierung bestehe die Gefahr, dass KI-Bildung an Schulen oberflächlich bleibe und ihr eigentlicher Bildungswert verloren gehe.

Die Defizite setzen sich nach Einschätzung der Fachgesellschaften im weiteren Bildungssystem fort. So fordern sie die „Integration von Data Science Inhalten in die universitäre Lehrkräftebildung“. Darüber hinaus sollen mathematisch geprägte Data-Science-Studiengänge gezielt gestärkt werden. Vorgeschlagen wird unter anderem die „Stärkung mathematischer Data Science Studiengänge durch mathematisch orientierte KI-Professuren im Rahmen eines Bund-Länder-Programms“.

Der Handlungsdruck ist erheblich. Nach Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie werden bereits heute „pro Quartal über 35.000 Fachkräfte mit vertieften mathematischen Kenntnissen für KI-Anwendungen gesucht – Tendenz steigend“. Gleichzeitig, so warnen die Verbände, befinde sich „die Zahl der Studienanfänger*innen in mathematischen Studiengängen auf einem dramatischen Tiefstand“.

Neben der Ausbildung benennen die Fachgesellschaften zwei weitere Hebel: einen deutlich verbesserten Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sowie gezielte Investitionen in die mathematischen Grundlagen der KI. Erfolgreiche KI-Ökosysteme entstünden dort, wo Unternehmen in unmittelbarer Nähe „führender Universitäten mit exzellenter Ausstattung“ angesiedelt seien. Deshalb sei es entscheidend, „in herausragende Forschung an den mathematischen Grundlagen der KI zu investieren und dadurch die besten akademischen Talente für das deutsche KI-Ökosystem zu gewinnen“.

Doch ohne eine tragfähige schulische Basis, so die implizite Botschaft des Strategiepapiers, greifen auch diese Maßnahmen zu kurz. Oder anders gesagt: Wer Deutschlands Rolle im internationalen KI-Wettbewerb sichern will, darf die Debatte nicht bei Technologie und Wirtschaft beginnen – sondern muss sie im Mathematikunterricht führen. News4teachers 

Hier geht es zum vollständigen Strategiepapier. 

Hier geht es zu allen Beiträgen des News4teachers-Themenmonats “Mission MINT”.

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