Trotz Lehrermangel: Regelstudienzeit für angehende Lehrkräfte wird verlängert

18

Junge Menschen, die sich an der Friedrich-Schiller-Universität Jena zu Regelschullehrern ausbilden lassen, müssen demnächst ein Semester länger als bislang studieren – trotz des grassierenden Lehrermangels. 

Wird der Lehrberuf attraktiver, in dem man die Ausbildung in die Länge zieht? Foto: Shutterstock

Nach einem Beschluss des Landtags vom Mittwoch wird die Regelstudienzeit im Lehramt Regelschule an der Uni Jena ab dem Wintersemester 2024/2025 von derzeit neun auf zehn Semester steigen. Diese Verlängerung des Studiums sei nötig, um die angehenden Lehrer besser auf den Alltag in der Schule vorzubereiten, sagte Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke).

Junge Lehrer hätten ihm zuletzt mehrfach gesagt, sie fühlten sich durch ihr Studium nicht ausreichend auf ihren Beruf vorbereitet. Die Schülerschaft in Thüringen habe sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert. An den Schulen würden viel mehr Kinder und Jugendliche mit ganz unterschiedlichen Hintergründen lernen als in der Vergangenheit.

Indem für das Regelschulstudium an der Universität Jena ein zusätzlichen Semester eingeführt wird, wird die Studienzeit dort an die Regelstudienzeit an der Universität Erfurt angeglichen. Dort dauert die Ausbildung der Pädagogen bereits zehn Semester. Die Universitäten in Erfurt und Jena sind die einzigen Orte in Thüringen, wo Regelschullehrer ausgebildet werden. In dem zusätzlichen halben Jahr ihrer Ausbildung sollen die Studierenden mehr Zeit haben, sich zum Beispiel mit dem Thema Inklusion zu befassen.

Für die Verlängerung der Regelstudienzeit stimmten die Fraktionen von Linke, SPD und Grünen sowie die parlamentarische Gruppe der FDP. Die AfD stimmt dagegen, die CDU enthielt sich. Der CDU-Bildungspolitiker Christian Tischner kritisierte, der Landtagsbeschluss gehe nicht weit genug. Die tieferliegenden Probleme für den Mangel an Regelschullehrern würden so nicht gelöst, sagte er. Etwa 40 Prozent aller Lehramtsstudenten würden ihr Studium abbrechen. Indem die Regelstudienzeit für Lehrer verlängert werde, ändere man an diesem Umstand nichts. News4teachers / mit Material der dpa

Verband warnt vor Abschaffung des Referendariats: „Darf nicht im Studium aufgehen“

Anzeige

Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

18 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Unfassbar
1 Jahr zuvor

Wir hoffen dann mal, dass das Thema Inklusion an den Hochschulen angemessen praxisnah, ehrlich, pragmatisch und unideologisch vermittelt wird.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Unfassbar

Von “vermitteln” steht da aber nichts. Die Studenten bekommen mehr Zeit sich mit Inklusion zu “befassen”, was immer das auch heißt. Klingt für mich nicht so, als ob die Uni ein konkretes Konzept dafür hat.

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

Ja doch, grasender Lehrermangel, ok, haben wir verstanden. Aber muss man das immerzu wiederkäuen? Die Leute da draußen müssen ja anfangen zu denken, man wolle ihnen Hörner aufsetzen und dass da jemandem sein Stall nicht die Streu wert sei. Doch das ist eben ein ganz komplexer Hofbetrieb, früher regelmäßig durchleuchtet und TB-frei befunden. Man kann die Kuh nit schlachten und weiterhin melken wollen. Die Probleme sind viel attraktieferliegend als man schnell mal aus einer G(9)raswurzelbewegung ableiten zu können zu denken meint … äh, kann (?).
Egal, mit Faustens Worten: Da steh ich nun, ich armer Ochs, so schlau wie vor dem Berg.

Canishine
1 Jahr zuvor

Eigentlich nur konsequent. Die Aufgaben von Lehrerinnen und Lehrern werden/wurden komplexer und vielfältiger, dann muss auch die Ausbildung vollständiger sein. Für das halbe Jahre längere Ausbildung können die jungen Lehrer dann eigentlich auch ein Jahr länger arbeiten, bevor sie in Pension gehen.

Frank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Canishine

Tatsächlich schaffen es die wenigsten im BS-Bereich die Mindestjahre für die Pension zu sammeln. Unter 30 Jahren ist die Ausbildung zum BS-Lehrer kaum zu schaffen nach Abi.
10 Semester. Dazu 1,5 Jahre Referendariat.
Dazwischen mindestens 2 Jahre Betriebspraktikum, welches von den Anforderungsbereichen so ist, dass die meisten einr Berufsausbildung 3 Jahre machen plus die fehlenden Module extra. Also meist (mindestens) 3,5 Jahre. Sind 10 Jahre Ausbildung nach Abi.
Aber das ja auch nur, wenn alles nahtlos ginge und man nirgends Zeit liegen lässt oder mehr Berufserfahrung sammelt.

P. R.
1 Jahr zuvor

Bescheuert, einfach Bescheuert. Ich studiere selber an dieser Uni, bzw. das einzige was mich von meinem Abschluss trennt ist das Springen im Flop über die 1.40 Meter im Sportstudium (und ich wünschte das wäre ein Spaß, aber da hängt tatsächlich das gesamte Studium dran)… Wenn Holter glaubt, dass das Problem der realitätsnähe im Studium durch ein Semester länger gelöst werden kann, ist er falsch gewickelt, zumal Inklusion durchaus Themen in einigen Studienseminaren sind (zumindest in Sport verpflichtend und in Englisch als Wahlfach im StEx). Dieses eine Semester ändert nichts an der übertriebenden Verwissenschaflichung der anderen 9 Semester, und die sind dann eher das Problem. Dort sitzt man mit Bachelor und Masterstudenten zusammen (obwohl man in Jena noch mit StEx abschließt) und kann dann schön jedes Semester für sich selbst entscheiden, wie wenig Inhalt des Modul für die Arbeit in der Schule relevant werden könnte.

Sehr geehrter Herr Holter. Setzen 6. Thema verfehlt.

Pro Qualität
1 Jahr zuvor

Leute, was wollen wir denn nun? Professionell ausgebildete Lehrkräfte bzw. das Signal, dass Lehrer:in EBEN NICHT jede:r mal eben nach irgendeiner Form der Kurz- und Schmalspurausbildung kann, bzw. dass EBEN NICHT jede:r aus ‘der freien WIrtschaft’ oder sonstwoher es sowieso besser kann?
Und jetzt bitte nicht wieder die Leier, dass man an der Uni ohnehin nichts Relevantes lerne für den Beruf. Das stimmt so nicht!
Grundsätzlich bin ich FÜR eine Ausweitung des Studiums (und nicht dafür, Studis unter irgendeinem Vorwand, es sei ja in ihrem Sinne, schon an den Schulen zu verheizen). Über die Gestaltung der Studiengänge kann man durchaus diskutieren- vor allem über die Personen, die darin tätig sind. Die haben nämlich keine/ zu wenig Schulerfahrung, was ich schwierig finde. Das liegt aber an anderen Dingen, z. B. daran, dass es kaum Abordnungen von Lehrer:innen an die Unis gibt (zu teuer) und stattdessen WiMis direkt nach dem Studium ohne Ref. etc. billiger und abhängig-devoter sind.

Hans Malz
1 Jahr zuvor
Antwortet  Pro Qualität

Ausweitung des Studiums … vom mir aus. Aber dann bitte Dual. Nicht noch mehr Unikäse in die Köpfe der zukünftigen Kollegen. Es scheint ja noch nicht mal ein Konzept zu geben, die Studenten sollen sich mit irgendwelchen Themen (hier: Inklusion) “befassen”.
Referendariat streichen – Duales Lehramtsstudium – Alle Professoren mit 5 – 10 Stunden Unterrichtsverpflichtung an normalen Schulen.

Anna
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hans Malz

“Unikäse”. Noch deutlicher kann man den eigenen wissenschaftsfeindlichen Habitus wohl nicht formulieren.
Ja, es stimmt, dass Inhalte und Strukturen des Lehramtsstudiums überarbeitet werden müssen, einigermaßen dringend sogar. Aber wer darunter versteht, sich weniger mit Wissenschaft und mehr mit “Praxis” zu beschäftigen, der darf sich dann bitte auch nicht beschweren, wenn wir in weiteren 30 Jahren immer noch vor allem Lehrkräfte in den Schulen sehen, die so unterrichten, wie sie selber unterrichtet wurden, ohne jegliches Bewusstsein für sich verändernde Kontexte.

DAS ist unser Dilemma an den Unis: Studierende, die nicht Lehrkraft *werden* wollen, sondern Lehrkraft *sein*. Teil 2 des Problems: Dozenten und Professoren, denen die Doppelqualifikation aus Theorie und Praxis fehlt bzw. die wenigstens empirische Schulforschung betreiben – letzteres ist ein Stellenstrukturproblem an den Universitäten (Haushaltsmittel für Dauerstellen, Lehr-/Forschungsanteile von Stellen etc.),

PS. “Wir wollen mehr Praxis im Lehramtsstudium!” wurde als Forderung übrigens auch schon mal wissenschaftlich untersucht (“Praxisparolen”, sehr lesenswert).

Hans Malz
1 Jahr zuvor
Antwortet  Anna

Getroffene Hunde bellen… Na ja, bei der “Wissenschaftlichkeit” liegt vielleicht auch das Problem. Es werden gaaanz tolle neue Konzepte entwickelt, die aber leider einfach in der Praxis nicht funktionieren. Da die Professoren aber leider diese Dinge nicht selber umsetzen müssen, wird das alles von den Junglehrern ganz schnell beiseite geschoben. Die müssen nämliche täglich unterrichten.
Bei den Medizinern klappt das übrigens ganz selbstverständlich.

Da sind Theorie und Praxis ganz selbstverständlich verzahnt. Wenn das wegen “Strukturstellenproblemen” nicht geht, dann sollte man vielleicht dann wenigstens hin und wieder mal nicht so lautstark den Lehrkräften sagen, was sie zu tun haben.

Und nein, ich bin überhaupt nicht wissenschaftsfeindlich. Ich weiß nur nicht, ob das wirklich Wissenschaft ist. Man bedient sich zwar ähnlicher Methoden, aber die Ergebnisse nützen ja anscheinend niemandem. Keine “klinischen Studien”, um mal bei der Medizin zu bleiben.

Das Buch wäre übrigesn sehr lesenswert, wenn da ausgebildete Lehrer gefragt worden wären. Es wurden aber nur Studenten interviewt. Man bleibt also wieder in der eigenen Blase. Und das bleiben die “Forschungsergebnisse” dann eben auch.

GEW- nee!
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hans Malz

Sie haben schon gelesen, was Herr:Frau ProQualität schreibt? Wohl nicht.
Wie viele Lehramtsstudis haben Sie als ausgebildete Lehrkraft an der Universität unterrichtet? Oder ist’s- wie bei so vielen- eine immer noch nicht verkraftete eigene Erfahrung und Befindlichkeit?

Hans Malz
1 Jahr zuvor
Antwortet  GEW- nee!

ProQualität habe ich doch grundsätzlich gar nicht widersprochen. Bei uns im Kollegium gibt es zwei, die an der Uni Lehramtsstudis unterrichen. Kreisweit kenne ich ungefähr 10. Mit allen arbeite ich eng zusammen, da bekommt man schon etwas Einblick.

Mit gehts aber auch um den umgekehrten Weg – die Abordnung von Doktoren und Professoren an die Schulen.

Und ja, ich bin mittlerweile sauer und deshalb wahrscheinlich auch ein bischen unfair. Das liegt aber auch daran, dass mich dauernd irgendwelche “Wissenschaftler” von Zeitungsseiten oder im Fernsehen angrinsen und ganz viel Mist erzählen. Gar nicht zu reden von den “Beratern”, die mir meinen Job erschweren wollen.

Kaffeetasse
1 Jahr zuvor

Das sind dann 5 Jahre Uni-Ausbildung, wie es üblich ist. Warum die Aufregung?

Kurz
1 Jahr zuvor
Antwortet  Kaffeetasse

Ist “üblich” ein sinnvolles Kriterium? Vor einigen Jahrzehnten waren für Grund- und Hauptschullehrer 3 Jahre Studium die Regel. Und – oh Wunder! – am Ende der Grundschulzeit gab es kaum Kinder, die nicht lesen und schreiben konnten.
Kommen die Kinder heute dümmer auf die Welt oder sind es die Lehrer, die immer längere Studienzeiten brauchen, um den Kindern noch das beizubringen, was in Pisa- und anderen Tests trotz (oder wegen?) aller schulischen Anstrengungen immer schlechter ausfällt?

Irgend etwas ist doch auf die schiefe Ebene geraten und stimmt auf ganzer Linie nicht mehr. Und dagegen soll eine immer längere Studienzeit für angehende Lehrkräfte helfen???

Muellerin
1 Jahr zuvor
Antwortet  Kaffeetasse

Bei Einführung von Bachelor/Master wurden 5 Jahre generell festgelegt (wegen der internationalen Vergleichbarkeit 🙂 ). Vorher hatte man z.B. im Diplom (und auch Staatsexamen) normalerweise 9 Semester Regelstudienzeit, die aber auch meist überschritten wurden. Man soll doch bitte nicht so tun, als würden alle Studenten nach einem möglichst schnellen Abschluss streben.

Frank
1 Jahr zuvor

Die Diskussion geht ja eigentlich schon vollkommen am Alltag vorbei. Wenn die Leute wissen, wie viele Quereinsteiger und seiteneinsteiger vor den Klassen stehen, die überhaupt kein einziges semester Pädagogik vorher hatten…

Unfassbar
1 Jahr zuvor
Antwortet  Frank

Ich hatte eine ganze Reihe Semester Pädagogik. Gebracht haben mir die nur wenig bis nichts. Zum Ausgleich hatte ich an der Uni viel zu wenig Didaktik.

Bla
1 Jahr zuvor
Antwortet  Unfassbar

Also Pädagogik war bei mir an der Uni auch mehr … Theorie als wirklich praxisanwendbares Wissen.

Die Didaktikkurse fand ich jedoch schon sinnvoll und weitgehend sehr gut. Hatte allerdings auch viel “freiwilligen” MINT Didaktikzeugs für den freien Leistungsbereich gewählt (und über die Leistungspunkte sogar hinaus – teils nicht anrechenbar, da Hauptfachwechsel).