
Für eine optimale Lehrerversorgung an den Schulen in Baden-Württemberg fehlen Tausende von Pädagogen. Auf Basis einer Zielzahl von 110 Prozent für eine wünschenswerte Lehrerversorgung fehlen nach Angaben des Kultusministeriums gut 8000 Stellen. Besonders große Lücken gibt es bei den Grund-, Haupt- und Werkrealschulen mit fast 2000 Stellen, in sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) sind es etwa 1700. Dies gab das Ministerium von Theresa Schopper (Grüne) auf eine Anfrage der SPD-Fraktion bekannt.
Deren Bildungsexperte Stefan Fulst-Blei sagte: «Die Lehrkräfteversorgung an den Schulen in Baden-Württemberg ist auf Kante genäht.» An den SBBZ werde nicht einmal ein Versorgungsgrad von 90 Prozent erreicht. «Gerade die, die unsere Unterstützung am meisten brauchen, werden vollkommen im Stich gelassen», sagte der SPD-Abgeordnete. Die Landesregierung müsse zusätzliche Studienplätze für Sonderpädagogik schaffen und multiprofessionelle Teams ausbauen.
Schopper betonte, sie strebe die beste Versorgung an und versuche alles, um dies zu erreichen. Sie verwies auf ihren 18-Punkte-Plan, der etwa den Direkteinstieg von Menschen mit nicht-lehramtsbezogenem Bachelor-(Grundschule) oder Masterstudium (Sekundarstufe I) vorsieht. Überdies wurde der Zugang für Kandidaten mit ausländischer Lehramtsausbildung erleichtert und die Genehmigung für Teilzeit restriktiver gestaltet. Schopper wies auf die Situation auf dem Arbeitsmarkt hin: «Wir müssen uns aber auch ehrlich machen: Der Markt ist aktuell leer gefegt.» Es gebe keine einfachen Lösungen – jeder, der so tue, behaupte dies wider besseres Wissen.
Die Basiszahl von 110 Prozent soll auch bei Krankheiten und Elternzeiten der Lehrer den Unterricht sicherstellen. Allerdings wird die Quote bei keiner Schulart erreicht, am nächsten dran sind die Gymnasien mit 105 Prozent sowie die Grund-, Haupt- und Werkrealschulen mit 100,6 Prozent. Mit 88,5 Prozent tragen die SBBZ die rote Laterne.
Krankheitsreserve krankt an Fachkräftemangel
Zusätzlich stehen laut Ministerium fast 2000 Stellen für am Anfang eines Schuljahres bereits vorhersehbare Ausfälle bereit – mit Ausnahme von Gymnasien. Darunter sind auch Pädagogen, die unter vereinfachten Bedingungen angeheuert werden können. Mittel stünden genügend bereit, aber es fehle auch wegen des allgemein großen Jobangebotes an Bewerbern.
Nach Ansicht der SPD ist eine bereits zu Schuljahresbeginn aufgebrauchte Krankheitsreserve eine Bankrotterklärung. Sie müsse deutlich erhöht werden.
Die Zahl der Lehrkräfte im Südwesten liegt im Schuljahr 2023/24 bei fast 100.000 für die allgemeinbildenden Schulen. Hinzu kommen noch 21.500 Lehrkräfte an beruflichen Schulen. News4teachers / mit Material der dpa
Keine Entspannung: Pensionierungswelle schiebt Lehrermangel in neue Höhen
Jup. Wir erfuhren diese Woche auch schon, dass unser SBBZ nächstes Jahr noch schlechter aufgestellt sein wird.
Aus irgendeinem Grund werden auch keine Mini-Verträge mehr ausgestellt (ältere Kolleginnen mit ca. 6 WS – wohl zu teuer?)
Ich darf nächstes Jahr in Inklusion. Bin gespannt auf das Gespräch, wo genau ich der Tropfen auf den heißen Stein seien darf
(Zumindest kein Erwartungsdruck…)
Versteh ich jetzt nicht….Fulst-Blei bemängelt die jetzige Misere, obwohl seine Partei, die SPD, diesen Mangel vor 13 Jahren in die Wege geleitet hat?
Ich kann mir nicht gerade lauten Protest der anderen Parteien, bspw. durch die amtierenden Ministerpräsidentenbl vorstellen…
Ich frage mich, warum CDU und Grüne nichts unternahmen 😉
Die Grünen waren mit der SPD Koalitionspartner und SPD durfte den KuMi stellen. Die Grünen waren bis zu dem Zeitpunkt nicht an der Bildungspolitik interessiert, damit macht man sich nämlich die Hände schmutzig.
Doch, Proteste gab es damals tatsächlich z.B. bei der Abstimmung für die Abschaffung der Grundschulempfehlung wurde von leistungsbejahenden Parteien im Landtag dagegen gestimmt. Auch bei der „Weiterentwickung“ der RS und bei der Inklusion wurden Stimmen anderer Parteien laut. Da gab es eine Landtagsdebatte, die sehr aufschlussreich war, wie man mit Bedenkenträgern umgeht. Wurde im Fernsehen übertragen.
Zudem gab es eine Petition von Bürgern gegen die „Weiterentwicklung“ der Realschule. Leider nur knapp 16000 Stimmen, weil die RS eben keine Lobby hat. Dann gab es einen Musterbrief an Abgeordnete der SPD und den Grünen (bedeutet, dass ein Abgeordneter mehrere Protestbriefe von vielen Bürgern bekam). Ich hatte an alle Abgeordnete geschrieben, aber von nur zweien eine Antwort bekommen.
Kretschmann postulierte vor und nach seiner Wahl, dass er eine Politik des Gehörtwerdens verfolge. Damals war übrigens auch der Protest gegen Stuttgart 21 sehr laut, gegen Mappus insbesondere, die Bürger wünschten einen Rückbau, da Milliardengrab. Kretschmann signalisierte vor der Wahl, dass er den Weiterbau unter sehr strengen Gesichtspunkten prüfen würde und ließ durchblicken, dass der Bau gestoppt werden müsse. Nach seiner Wahl wollte er davon nichts mehr hören. Jaja, so geht Politik der Partizipation…. Ich habe als Lehrerin noch nie mehr Maulverbot und Repressionen zu spüren bekommen als zu dieser Zeit!
Stoch und Grün, SPD allen voran, sind für die jetzige Bildungsmisere und Unterversorgung in den Schulen mitverantwortlich. Es wurden Lehrerstellen en masse gestrichen, die Besoldung für Junglehrer verschlechtert, Beihilfe für kinderreiche Familien gekürzt, Klassen im SEK 1 Bereich vergrößert. Von der missglückten Inklusion will ich gar nicht anfangen. Es blieb bei den Kündigungen vor den Sommerferien trotz Versprechens der SPD, das ändern zu wollen, wenn sie gewählt würden. Deshalb sollte hier keiner von diesen Parteien laut schreien. Rot hat es geschafft, in nur einer Legislaturperiode, den Job als Lehrer dermaßen unattraktiv zu machen, dass wir heute die Nachwirkungen dieser überstürzten, kopflosen und ideologisch gesteuerten Bildungspolitik immer noch zu spüren bekommen. An jedem einzelnen Schultag.
Ich bin kein Freund der CDU oder FDP, aber ehrlich gesagt, ist bei den Vertretern dieser Parteien noch etwas mehr vom Leistungsgedanken übrig als bei den anderen beiden. Da denke ich tatsächlich an Frau Eisenmann zurück, die versucht hat, noch Substanz in den völlig unterirdischen Bildungsplan für die SEK I, der von der SPD geerbt wurde, zu bringen und die es wichtig fand, dass unsere SuS gesichert lesen und schreiben lernen. Bei den Grundschullehrern wurde sie dafür fast gesteinigt.
Die Frau hatte ein sauschweres Erbe übernommen und hat tatkräftig versucht, den Karren aus dem Dreck zu ziehen.
Sie wollte die HS/WRS und RS wieder profilieren wegen des Fachkräftemangels. Übrigens bot sie auch „Elternabende“ in großen Hallen an, stellte sich den Bürgern und stand Rede und Antwort. Auch hat sie, ohne sich einzuladen, Schulen besucht, einfach mal um zu schauen, wie der Schulalltag läuft ganz ohne niveaglänzende Gesichtchen und Tausende von Euro gemietete Pflanzen im Gebäude. Tja, dann kam halt Corona, da brillierte die Gute leider nicht so sehr.
Insgesamt aber sehe ich es so, dass es keine einzige Partei in den nächsten 15 Jahren schaffen wird, den Großteil unserer Kinder wieder zur Leistungsbereitschaft zu bringen. Diese jungen Menschen und deren Eltern haben ein manifestiertes leistungsungebundenes Selbstbewusstsein und der Großteil unserer Gesellschaft (auch Politiker) sind der Meinung, dass Schule ein Indoorspielplatz mit beliebiger Anwesenheit darstellt. Also vor allem für die unter den oberen 10000.
Ich habe die Hoffnung verloren, dass Schule irgendwann mal wieder eine Lern-und Lehranstalt wird. Darum geht es nicht mehr. Uns geht es noch zu gut.
Bin hoffentlich in 9 Jahren raus aus dem Irrenhaus.
Natürlich kann man Lehrkräfte nicht auf die Schnelle backen.
Was aber kurzfristig helfen würde, wenn man mit den im Dienst stehenden Lehrkräften wertschätzend und angemessen umgehen würde. D.h. nicht täglich eine neue Sau durchs Dorf jagen, nicht ständig neue Methoden, Diagnosen, Sprachstandtests und ähnlichen Unsinn einfordern, sondern tatkräftig die Arbeitsbedingungen verbessern und vor allem, hinter den Lehrkräften stehen und sie nicht für alles verantwortlich machen, was schief läuft.
Ich bin sicher, dass etliche Lehrkräfte nicht vorzeitig ihren Dienst beenden würden, bzw. nicht längerfristig erkranken würden, wenn das Klima zwischen Schulbehörden und Lehrkräften ein anderes wäre
Genau meine Sichtweise! Verhallt aber, weil
„mit den im Dienst stehenden Lehrkräften wertschätzend und angemessen umgehen“ und „hinter den Lehrkräften stehen“ Begrifflichkeiten sind, die beim Eintritt ins Schulbehördenbüro an der Garderobe abgelegt werden….
SOORYYYY
Mein Vorschlag: Endlich die UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen, d.h. SBBZen nach und nach in die Inklusion überführen. Das würde bedeuten, man erhält kein teures und Menschenrechte missachtendes Doppelsystem mehr aufrecht, sondern setzt Inklusion um, welches ein Menschenrechte darstellt und kein Elternwahlrecht (wie es das veraltete Schulgesetz in BW abbildet). Denn mit dem teuren Doppelsystem aus Inklusion und SBBZ wird man in keinem System Kindern mit Beeinträchtigungen gerecht, sondern behindert Sie systemisch noch mehr und verhindert echte Teilhabe und Bildung. Mein Plädoyer: Menschenrecht Inklusion endlich auch in Baden Württemberg umsetzen. Sonderschulen in ein inklusives System überführen.