Aiwangers Flugblatt-Affäre: Weiteres Verfahren gegen Ex-Lehrer – Entzug der Pension droht

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MÜNCHEN. Ein Ex-Lehrer muss in Bayern wegen der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt aus Wirtschaftsminister Aiwangers Schulzeit keine strafrechtlichen Folgen mehr fürchten. Aufatmen kann er noch nicht.

Politisch hat ihm die Flugblatt-Affäre nicht geschadet: Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler und bayerischer Wirtschaftsminister, erreichte bei der jüngsten Landtagswahl ein gutes Ergebnis. Foto: StMWi/R.Kerl

Im Zusammenhang mit der Flugblatt-Affäre um Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) drohen einem pensionierten Lehrer weiter dienstrechtliche Folgen. Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Mann waren allerdings vor kurzem eingestellt worden.

Der ehemalige Lehrer an Aiwangers Schule war verdächtigt worden, ein antisemitisches Flugblatt mit menschenverachtenden Inhalten aus der Schulzeit des stellvertretenden Ministerpräsidenten an die «Süddeutsche Zeitung» weitergegeben zu haben. Bei der Staatsanwaltschaft Regensburg gingen deshalb mehrere Anzeigen wegen der Verletzung von Dienst- und Privatgeheimnissen ein.

Verschwiegenheitspflicht gilt auch im Ruhestand

«Unser Disziplinarverfahren wird nach dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens nun zeitnah fortgesetzt werden», sagte ein Sprecher der Landesanwaltschaft Bayern. Geprüft werden dürfte dabei vor allem, ob der Ex-Lehrer gegen die Verschwiegenheitspflicht verstoßen haben könnte, die auch für Beamten im Ruhestand gilt. In dem Fall könnte ihm eine Kürzung oder gar eine vollständige Aberkennung der Pension drohen. Detaillierter könne sich die Landesanwaltschaft erst äußern, wenn die Behörde die Akte zum Fall von der Staatsanwaltschaft Regensburg erhalten habe, sagte der Sprecher.

Strafrechtliche Ermittlungen eingestellt

Vergangene Woche hatte die Behörde mitgeteilt, man habe die strafrechtlichen Ermittlungen eingestellt. Dem Ex-Lehrer habe die Weitergabe des Flugblatts nicht nachgewiesen werden können. Die Zeitung habe aus Gründen des Redaktionsgeheimnisses und des Quellenschutzes keine Angaben gemacht. Der Beschuldigte habe die Aussage verweigert. Es sei zudem möglich, dass die Zeitung aus einer Schülerarbeit von dem Pamphlet erfahren habe.

Die Flugblatt-Affäre war im vergangenen Sommer durch einen Bericht der Zeitung ins Rollen gebracht worden. Aiwanger geriet damals massiv unter Druck, nachdem öffentlich wurde, dass in seiner Schulzeit ein antisemitisches und menschenverachtendes Flugblatt bei ihm gefunden worden war. Sein Bruder sagte daraufhin, er habe das Pamphlet geschrieben.

Die Affäre brachte die Staatsregierung aus CSU und Freien Wählern wenige Wochen vor der Landtagswahl an den Rand des Zusammenbruchs. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) entschied sich letztlich aber gegen eine Entlassung seines Stellvertreters. News4teachers / mit Material der dpa

Flugblatt-Affäre um Aiwanger: Ermittlungen gegen pensionierten Lehrer eingestellt

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RainerZufall
1 Jahr zuvor

Das sollte allen Lehrkräften eine Lehre sein, vor Antisemiten in der Regierung warnen zu wollen!

Laut Gericht irrte sich die Lehrkraft in dieser Hinsicht, aber allein die Absicht kann nicht hart genug geahndet werden…
Gut genug für Bayern, schätze ich =\

Bla
1 Jahr zuvor

“Pension” [Tippfehler in der Überschrift]

Walter Hasenbrot
1 Jahr zuvor

So sieht Meinungsfreihet in Bayern aus. Aiwanger ist für antisemitische Flugblätter verantwortlich und sein Leher muss um seine Pension zittern.

Um ein Dienstgeheimis kann es sich bei dem, was der Lehrer berichtet hat ja eigentlich nicht gehanadelt haben, weil Aiwanger in der Öffentlichkeit der Schule die Flugbläter verteilt hat und seine Tat somit vielen bekannt war.

ed840
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Sie sind der Auffassung, dass es sich bei Internas aus Schülerlaufbahn, Schülerakten, Disziplinarausschüssen etc. nicht um Dienstgeheimnisse/Verschwiegenheitspflicht handelt? Das Flugblatt selber war ja öffentlich zugänglich, darum kann es eigentlich nicht vordringlich gehen. Wohl eher darum, wer es nach Meinung von jemand, der “dienstlich mit der Sache zu tun hatte”, verfasst und verteilt haben soll und wer seine Meinung nebst Infos über den damaligen Schüler der Presse zugespielt hat. Aber ohne hinreichende Beweise dürfte auch hier ein Verstoß kaum mit ausreichender Sicherheit nachweisbar sein.

Realist
1 Jahr zuvor
Antwortet  ed840

Die spannende Frage ist ja, ob es überhaupt der “Verrat eines Dienstgeheimnisses” gewesen sein kann, wenn das Flugblatt in der Öffentlichkeit zirkulierte. Nur weil sich viele nicht mehr daran erinnern (wollten?), heißt das ja nicht, dass es nicht schon öffentlich bekannt war. Gibt es einen “Zeitablauf” für eine Veröffentlichung? Kann man etwas veröffentlichen und dann später diese Veröffentlichung quasi widerrufen? Wenn etwas schon veröffentlicht wurde, kann es ja kein “Geheimnis” mehr sein.

ed840
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Deshalb kann m.M. nicht um das Flugblatt an sich gehen, sondern um die Internas aus der Schule und dem Disziplinarausschuss, die der SZ zugespielt wurden. Aber wenn die SZ und der Beschuldigte auch hier keine Aussagen machen, dürfte wohl kaum ein Verstoß nachweisbar sein. Trotzdem müssen die Behörden bei einer Dienstaufsichtsbeschwerde natürlich prüfen, ob sich etwas beweisen ließe oder nicht.

Walter Hasenbrot
1 Jahr zuvor
Antwortet  ed840

Es hat sich nicht um Interna gehandelt. Wer die Öffentlichkeit sucht, indem er Flugblätter verteilt, kann sich nachher nicht daruf berufen, dass das geheim bleiben soll.

ed840
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Wie muss ich mir das als pädagogischer Laie vorstellen? Glauben Sie jede Lehrkraft könnte nach eigenem Gusto entscheiden, ob sie Informationen aus der Schullaufbahn, aus Schülerakten, Disziplinarausschuss etc, der Presse zuspielen kann, wenn sie einen bloßen Verdacht hegt, ein Schüler könnte rechtswidrig oder moralisch verwerflich gehandelt haben? Gibt es da nicht so etwas wie Verschwiegenheitspflicht im Umgang mit persönlichen Daten über Schüler? Gilt in Schulen nicht auch der Grundsatz, dass Schüler bis zum Nachweis der Schuld als unschuldig zu gelten haben?

ed840
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Laut SZ wurde der Quelle Anonymität zugesichert, da dienstrechtliche Konsequenzen befürchtet wurden. Und für die Dinge, die Sie behaupten, gab und gibt es keine Beweise, nur Verdächtigungen.

Realist
1 Jahr zuvor
Antwortet  ed840

Dann haben wir ja Glück, dass die Presse unter besonderem Schutz des Grundgesetzes steht (Art. 5). “Disziplinarecht” gilt nur im Innenverhältnis Beamter – Staat. Wenn die SZ ihre Quelle nicht verraten will, ist das eben so. Das sind die Spielregeln unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

ed840
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

So sehe ich das auch. Wenn die SZ keine Details nennt und die Lehrkraft nicht aussagt, wird wohl kein Verstoß gegen das Dienstrecht nachweisbar sein. Demokratische und rechtsstaatliche Spielregeln bedeutet für mich allerdings auch, dass nicht nur bei Lehrkräften jemand erst dann als schuldig zu gelten hat, wenn die Schuld mit hinreichender Sicherheit nachgewiesen wurde. Wer glaubt, dass es zum Schuldnachweis bei Schülern bereits reichen würde, dass eine Lehrkraft daran glaubt oder dass jemand, der mit einem Flugblatt in der Tasche erwischt wurde, damit automatisch seine Persönlichkeitsrechte verlieren würde und keine Verschwiegenheitspflicht mehr bestünde, hat dann halt ein anderes Verständnis von Rechtsstaatlichkeit als ich.

Realist
1 Jahr zuvor

Soso, da glauben also die Ministerialbeamten aus dem Kultusministerium die Sache besser beurteilen zu können als die Staatsanwaltschaft.

Dann kann man nur hoffen, das letztendlich die Verwaltungsgerichte genauso unabhängig sind wie die Strafermittlungsbehörden…

Der Zauberlehrling
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Das hat mit “besser” nichts zu tun.

Es ist ein anderer Blick auf den selben Tatbestand. Disziplinarrecht und Strafrecht sind verschiedene Grundlagen einer Untersuchung.

Wer andern eine Grube gräbt …

Ragnar Danneskjoeld
1 Jahr zuvor

Das mit dem anderen Blick stimmt schon, aber auch im Dienstrecht muss man einen Beschuldigten erst mal ein Fehlverhalten eindeutig nachweisen.
(Und selbst wenn der Kollege dafür verantwortlich gemacht werden könnte, so wäre die in den Medien als Strafe angeführte Pensionskürzung oder gar -beendigung kaum zu vertreten. Da wäre ich als Kollege sehr gelassen.)

Besseranonym
1 Jahr zuvor

5 Jahre ein Prozess nach dem anderen und dann Kürzung – wären Sie dann noch gelassen?

https://www.br.de/nachrichten/bayern/abinoten-geschoent-gehaltskuerzung-fuer-coburger-rektor,QiOYNTM

Hintergrund war, eine Kollegin, die nach dem Abi in Ruhestand ging ( zur Person möchte ich nichts sagen ) war mit der Aktion pro Schüler des Deutschlehrers und Direktors als Grünler nicht einverstanden. Er korrigierte selbst zweit, weil ansonsten die Abizeugnisse nicht ausgegeben hätten können , Uni- Arbeitsantritt- etc. mindestens ein halbes Jahr verschoben worden wären…

Nur ein Beispiel > 5 Jahre von einem Gericht zum anderen @ Redaktion, es gibt diese Prozesse und OStD Spachmann handelte pro bono SuS.