Personalie Prien: Geht’s jetzt wieder aufwärts mit der Bildung in Deutschland?

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BERLIN. Der Koalitionsvertrag, die Aufweichung der Schuldenbremse und – frisch obendrauf – eine Personalie wecken Hoffnungen, dass es endlich wieder nach oben gehen kann mit der Bildung in Deutschland. Ein Kommentar von News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek.

Designierte Bundesbildungsministerin: Karin Prien, Bildungsministerin von Schleswig-Holstein und CDU-Vize-Bundesvorsitzende. Foto: Shutterstock / penofoto

Kleine Rückschau: Nach dem ersten PISA-Schock im Jahre 2001 dauerte es gerade mal drei Jahre (nämlich eine weitere Ausgabe der PISA-Studie), bis bereits erste Verbesserungen erkennbar wurden – die sich dann schnell verstetigten. Bis 2013 immerhin sollte der Aufwärtstrend anhalten. Die Schülerinnen und Schüler zeigten stetig bessere Ergebnisse. Zwischendurch rief die damalige Bundeskanzlerin Merkel sogar die „Bildungsrepublik Deutschland“ aus.

Seitdem allerdings geht es wieder bergab – mit dem Tiefpunkt Ende 2023, als die bislang letzte PISA-Studie Deutschland ein insgesamt beispiellos niedriges Niveau attestierte. Der Unterschied zu 2001: Von „Schock“ kann keine Rede sein. Schon nach drei Tagen stürzten sich die Medien auf andere Problemfelder. Offensichtlich hat sich die Öffentlichkeit längst an schlechte Nachrichten aus der Bildung gewöhnt. Laaaangweilig.

Und jetzt kommt Karin Prien – und mit ihr ein frischer Wind in Gestalt einer (zunächst mal nur versprochenen) Investitionsoffensive für Kitas und Schulen: Geld für Schulbau, für den Digitalpakt 2.0, für eine Ausweitung des Startchancen-Programms wohl auf weitere Schulen und auch auf Kitas. „Wir wollen Deutschland fit machen und Bildung, Forschung und Innovation einen größeren Stellenwert in unserem Land geben. Dazu werden wir massiv investieren“, so heißt es vielversprechend im Koalitionsvertrag.

„Ziel ist es, ein lernendes System zu schaffen, das sich kontinuierlich weiterentwickelt und jedem Kind faire Chancen bietet“

Karin Priens Berufung zur designierten XXL-Bundesbildungsministerin (samt der neuen, fachlich absolut begrüßenswerten Zuständigkeit auch für Kitas) verheißt aber noch etwas anderes. Endlich kommt wieder mal eine ausgewiesene Fachfrau mit echtem Interesse fürs Thema (und nicht nur für irgendeinen Ministerposten) ins Amt – Prien ist seit acht Jahren Bildungsministerin in Schleswig-Holstein.

Und eine mit Ambitionen: Erst im Januar hatte sie, gemeinsam mit ihren Amtskolleginnen aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, auf Initiative der Wübben Stiftung Bildung eine parteiübergreifende Agenda für die Bildungspolitik bis 2035 vorgestellt, die starke Akzente setzt – mehr Förderung schon in der Kita, mehr Autonomie für Schulen, mehr Multiprofessionalität in Schulen, mehr datengestützter Unterricht. Ziel sei es, ein lernendes System zu schaffen, das sich kontinuierlich weiterentwickelt und jedem Kind faire Chancen bietet.

Ein hoher Anspruch, klar. Aber endlich mal wieder jemand, der glaubhaft eine Aufbruchstimmung in der Bildung vermitteln kann. News4teachers

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers heißt diskutiert:

Neue Bundesregierung: Karin Prien übernimmt XXL-Bildungs- und Familienministerium (und lässt auf einen Kurswechsel hoffen)

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17 Kommentare
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ed840
4 Monate zuvor

In welchem Bundesland sie Bildungsminsterin war, ist mir schon bekannt. Wenn man sich die Entwicklung der gängingen Kennzahlen in SH so anschaut, wie z.B. Quote der Schüler*innen ohne mind. Hauptschulabschluss , junge Menschen ohne Berufsausbildung, Entwicklung von Schulqualität und Bildungsarmut beim 10-Jahresvergleich Bildungmonitor-2024, Anzahl der Wochenstunden laut Stundentafel in SH im Vergleich zu anderen Bundesländern, die neue Strategie Unterrichtstunden streichen und Lehrerstellen abbauen zu wollen und das dann mit verbesserter Unterrichsqualität zu kompensieren usw. usw. , wäre meine Euphorie schon etwas gebremst.

Hysterican
4 Monate zuvor

Wow, das ist ja fast eine Liebeserklärung —- auf jeden Fall ein hoffnungsschwangerer Motivationstext … v.a. für uns LuL, die in den vergangenen 20 bis 30 Jahren immer wieder mit hoffnungsfrohen Perspektiven gelockt wurden – von denen sich aber leider zumeist nichts Sinnvolles ergeben hat oder unsere Arbeitssituation merklich verbesserte.

Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass Sie – Herr Priboschek – mit ihren Hoffnungen recht behalten werden.

Als zweifelnder Realist – also als Optimist mit reichlich Lebens- und Berufserfahrung – bin ich leider nicht ganz so zukunftsfroh gestimmt … Ich hadere mit den Formulierungen im Koalitionsvertrag, in dem überwiegend von „wollen“ oder „möchten“ die Rede ist und das Ganze dann in Konkurrenz mit den anderen Ministerien „unter Finanzierungsvorbehalt“ betrachtet wird.

Wo kann man die Kerze stiften und anzünden, die ihren Hoffnungen mehr Gewicht und Umsetzbarkeit verspricht.
Sollte ich dafür nach Kevelar wallfahren oder reicht es, sie in der örtlichen Neustädter Nikolaikirche zu entzünden?

Alese20
4 Monate zuvor
Antwortet  Hysterican

Von verbesserten Arbeitsbedingungen für LuL lese ich da auch explizit nichts. Implizit mit good will in den Multiprofessionellen Teams und auch Bildung schon in Kita, was die Vorausetzungen für LuL etwas verbessern könnte.

Hysterican
4 Monate zuvor

Die Antwort ist leicht zu ergründen:
Ein „sinnvolles Ministeramt“ in einem Bundesland oder ein -häähähhmmm – Bundesministerium mit deutlich höheren Bezügen und höherem Renomé?

Die Auswahl fällt für die meisten Aspiranten leicht …

Küstenfuchs
4 Monate zuvor

Ich sag es mal so: In den Lehrerzimmern Schleswig-Holsteins hat es keine Tränen gegeben.

447
4 Monate zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Das Logo mag wechseln – die Aktionäre bleiben…

dickebank
4 Monate zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Wie, nicht mal Freudentränen?

mama51
4 Monate zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Ich sag es mal so: In den Lehrerzimmern Schleswig-Holsteins hat es keine Tränen gegeben.

Dafür darf jetzt bundesweit geheult werden… Oder?
Der Glaube versetzt nur manchmal Berge, Frau Prien. 🙁

dickebank
4 Monate zuvor
Antwortet  mama51

… deshalb steht die CDU ja auch dem christlichen Glauben so nahe.

Und anscheinend hilft es – oder haben Sie schon einmal höhere Berge in Hedwig-Schlossstein gesehen?

Und komm Se mich jezz nich mit die Bayern – der Söder is nämlich nich heilig sondern nur scheinheilig.

mama51
4 Monate zuvor
Antwortet  dickebank

Jooo! Da hammse rääscht!

GriasDi
4 Monate zuvor

“Geht’s jetzt wieder aufwärts mit der Bildung in Deutschland?”

Nein! Warum sollte es?

Stoffel
4 Monate zuvor

Aha, also von Autonomie habe ich die letzten Jahre nicht so viel mitbekommen, eher von dem Versuch über Daten die Kontrolle zu erlangen. Was aus meiner Sicht utopisch ist.

DerechteNorden
4 Monate zuvor

Als Betroffene kann ich dazu nur sagen, dass Sie dazu auch nicht so viel finden werden.
Sie hat immerhin erkannt, dass es im Land Schulen gibt, die besondere Unterstützung brauchen, und diesen diesen “Perspektivschulen” (vulgo “Brennpunktschulen”) diese auch tatsächlich zukommen lassen, so dass die die bestehenden Probleme besser angehen können. (Die kann man schön pressewirksam besuchen.)
Wir haben ein vom Land betriebenes Schulportal, das ich als Laiin Digitalisierung betreffend ganz okay finde, und Diensttablets. (Auch dieses ist für alle sichtbar, also gut für die Ministerin.)

Was ich schlimm finde, ist die Tatsache, dass Frau Prien nicht offen und ehrlich gesagt hat, dass Schleswig-Holstein sparen muss und deshalb verschiedene Einschnitte vorgenommen hat, die die Unterrichtsqualität massiv beeinträchtigen werden.
Zwar wird im Primarsektor nun jeweils eine Stunde mehr Mathe und Deutsch unterrichtet. Allerdings wurden dafür in der Sek I sechs Stunden ganz gestrichen und vier weitere zu Informatik umgewidmet.
Auch in der Oberstufe wurde gestrichen.
Frau Prien hat das Ganze a la “Angriff ist die Beste Verteidigung” so gehandlet, dass sie sogleich an die Presse gegangen ist, um den Eltern weiszumachen, dass weniger Unterricht mehr Qualität bedeutet. (Mutig wäre es hingegen gewesen, wenn sie zugegeben hätte, dass trotz der schlimmen Zustände in ihrem Ressort auch dort massiv gespart wird, d.h. sie nicht das Notwendige heraushandeln konnte. Das wäre nämlich die Wahrheit gewesen!)
Dass der Lehrkräftemangel dem entgegensteht und die ergriffenen Maßnahmen (u.a. Abordnungen in die unbeliebten Ecken des Landes) den Lehrkräftemangel verschärfen werden, weil junge K*K jetzt in andere Bundesländer gehen, geschenkt.
Dafür sollen die S*S uns Lehrkräfte jetzt beurteilen. Das ist zwar an sich nicht verkehrt, in der heutigen Zeit und mit den Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen für LK (s.o.) aber nicht der richtige Weg, finde ich.

Sie sehen, ich halte nicht viel von Frau Priens Fähigkeiten in diesem Ressort.

Was ich ihr allerdings hoch anrechne, ist, dass sie immer den Mut hatte (wie auch unser MinPrä), gegen den Unionstrend nach rechts zu stehen und sich öffentlich dazu zu äußern. Dass Herr Merz sie in seine Minister*innenriege aufgenommen hat, ist von daher irgendwie ein positives Zeichen.

ed840
4 Monate zuvor

War SH auch nicht einer der Vorreiter für “Genderverbote” an Schulen wo Genderzeichen in Schülerarbeiten als ggf. notenrelevante Rechtschreibfehler gelten?

DerechteNorden
4 Monate zuvor
Antwortet  ed840

Wie gesagt, interessiert hier aber niemanden.

ed840
4 Monate zuvor
Antwortet  DerechteNorden

Ob das stimmt, kann ich nicht beurteilen . Sie behaupten ja z.B. auch, ohne bestandene Prüfung in Deutsch/Mathe/Fremdsprache gäbe es in SH keinen ESA, während andere Quellen schreiben mit der Versetzung in die zehnte Jahrgangsstufe erwerben die Schülerinnen und Schüler den Ersten allgemeinbildenden Schulabschluss. Wobei ich letztere Quelle für glaubwürdiger halte.

Nordlehrer
4 Monate zuvor

Ich kann den Text ehrlich gesagt kein bisschen nachvollziehen. Ich freue mich zwar auch sehr darüber, dass Karin Prien Bildungsministerin im Bund wird, aber nur, weil Schleswig-Holstein sie dann endlich los ist. In Schleswig-Holstein gibt es, glaube ich, kaum jemanden, der mit Schule zu tun hat und jemals ein gutes Wort über Frau Prien gesagt hat.
Am schlimmsten war es während der Pandemie, wo sie grundsätzlich jegliche Entscheidungen erst der Presse mitgeteilt hat. Seit Donnerstag Nachmittag wusste alle aus der Presse, ob Montag Homeschooling, Wechsel-Unterricht oder wer-weiß-was ist. Die Schulen bekamen die Dienstanweisung dazu aber meist er Sonntag Abend. Da sieht man schon einmal, dass es ihr deutlich mehr um die eigene Person als um die Sache geht.
In den letzten Jahren wurden die Entscheidungen dann auch nicht besser:
Lehrerstellen sollen gekürzt werden, obwohl die meisten Schulen jetzt schon einen zu großen Ausfall haben.
Die Experimentierklausel ist ihr ganz großer Wurf. Schulen werden dadurch individueller und autonomer, da sie sich jetzt selber Konzepte überlegen dürfen. Klingt erstmal ganz gut, aber die Umsetzung davon klappt überhaupt nicht, weil man innerhalb weniger Monate diese Konzepte ausarbeiten musste, um überhaupt die Gelder dafür beantragen zu können.
Informatik wird erst zum Pflichtfach in der Mittelstufe, aber dann werden zum einen die Fortbildungen für Lehrkräfte reduziert und anschließend die Informatikstuden in der Kontingenttafel wieder gekürzt.
Das sind jetzt nur ein paar ganz wenige Beispiele, aber man merkt an jeder Stelle, dass sich Frau Prien herzlich wenig mit dem Thema Schule auskennt. Alles, was sie tut, dient ihrem großen Ziel in Berlin Politik zu machen. Dort ist sie jetzt angekommen. Wahrscheinlich will sie dann als nächstes die Position von Merz. Zum Glück ist ihr Einfluss auf die Bildung jetzt deutlich reduziert. Mir ist immer noch unbegreiflich, wie diese Frau eine zweite Amtszeit als Bildungsministerin bekommen konnte.