
Tausende Menschen haben in Potsdam gegen die geplante Mehrarbeit von Lehrern demonstriert. Man wolle der Landesregierung zeigen, dass man mit der aktuellen Bildungspolitik nicht einverstanden sei, hieß es von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Ab dem zweiten Halbjahr des kommenden Schuljahres sollen Lehrerinnen und Lehrer im Land künftig eine Pflichtstunde mehr unterrichten, dafür aber von anderen Aufgaben entlastet werden.
«Mehr Stunden, weniger Papa-Zeit» oder «Hände weg von der Bildung» hieß es etwa auf den Plakaten der Demo-Teilnehmer. Der Landtagsvorplatz war rappelvoll – die Veranstalter hatten etwa 6.000 Menschen angekündigt. Teile der Innenstadt waren für den Verkehr abgeriegelt.
Der Landesvorsitzende der GEW Brandenburg, Günther Fuchs, ließ vor den Menschenmassen seinem Ärger über die Landesregierung freien Lauf. «Beten Sie mit mir, dass endlich Geist herunterkommt», sagte er zu Beginn seiner Rede. Dem anwesenden Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) wollte er nicht das Wort erteilen. «Sie können hier reden, wenn Sie sagen, Sie nehmen den Unfug zurück», rief Fuchs.
GEW: System läuft auf dem Rücken der Lehrer
«Wir sind hier, weil wir stinksauer sind», so der Gewerkschafter. Die Abgeordneten des Landtags hätten sich mit den Falschen angelegt. Versprechen seien «schamlos gebrochen» worden. «Ohne das Engagement der Kollegen wäre das System schon längst zusammengebrochen.»
Im Wahlkampf und danach hatte Bildungsminister Freiberg laut Fuchs immer wieder betont, dass es für die Lehrkräfte keine Arbeitszeitverlängerung gebe. Nun sollten im kommenden Schuljahr Lehrer doch eine Stunde mehr arbeiten. Sollte die Landesregierung bei der geplanten Mehrarbeit bleiben, werde man dagegen juristisch vorgehen.
Fuchs sprach von «Respektlosigkeit» und fehlendem Austausch mit Blick auf die Landesregierung. Bei der Haushaltsaufstellung seien kaum Bildungsexperten zu Wort gekommen. Der GEW-Landesvorsitzende nannte zudem einen sich aus Sicht der Gewerkschaft abzeichnenden Stellenabbau von mehr als 2.000 Stellen an den Brandenburger Schulen in den kommenden beiden Schuljahren. News4teachers / mit Material der dpa
Unterrichten Lehrkräfte bald eine Stunde mehr? GEW droht mit juristischen Mitteln
Gestern gab es eine Online-Konferenz für alle brandenburgischen Schulleitungen. Darin wurde gesagt – ohne konkrete Zahlen zu nennen -, dass im nächsten Schuljahr zur neuen Pflichtstunde noch massive Kürzungen in der Förderung hinkommen werden. So wird es weniger Stunden für den gemeinsamen Unterricht (GE, em.-soz., L. usw.), DaZ-Stunden, individuelle Förderungen (z.B. bei LRS) und Ganztag geben. Die individuellen Zahlen für jede Schule werden uns noch mitgeteilt.
Mit anderen Worten: Wir sollen mehr arbeiten und bekommen noch mehr Aufgaben, weil die Förderstunden gekürzt werden.
Inklusion ist damit abgeschrieben, der Unterricht wird noch weniger Inhalte vermitteln, wir Lehrkräfte werden noch mehr ausgesaugt.
Im Gegenzug verlangt das Schulamt von uns Solidarität.
Nichts da: Wer als Arbeitgeber/Dienstherrn so die Fürsorgepflicht missachtet, erhält keine Solidarität.
Wir brandenburgischen Lehrkräfte sollten einfach alle zwei, drei Wochen zu Hause bleiben. Mal sehen, was dann passiert.
Gerne gleichzeitig – drei Wochen krank!
Bei uns ist immer der Sprech – es geht um die Schülerzahlen, nur die Schüler sind wichtig (und halt nicht die Lehrkräfte).
Liegt natürlich an der “tollen” Idee, dass die Schülerzahlen die Berechnungsgrundlage für die Lehrkraftstunden sind…. Völliger Blödsinn, wie ich finde.
Zehn kranke SuS pro Klasse – kein Problem (eher Entlastung).
Zehn kranke Lehrkräfte – nicht nur Holland in Not!
Ich habe sehr schwer lernen müssen (und tue es noch!) auch mal zu Hause zu bleiben, wenn der Akku leer ist und die Erholungszeit dauerhaft reduziert ist.
Wir sind keine Roboter und auch keine Spielbälle von … , wir sind Menschen aus Fleisch und Blut, mit Gefühlen, Sorgen, Erkrankungen und nicht die Leibeigenen von Damen und Herren, die Schule irgendwann mal gesehen haben.
Weder als Angestellte, noch als Beamte.
Man hat ja schon täglich das Gefühl, seine Menschenrechte und auch gleich die Menschenwürde spätestens beim Betreten des Schulgeländes abgegeben zu haben.
Bilden die sich eigentlich – unsere Bildungminister:innen und Senator:innen – fort?
Solidarität ist keine Einbahnstraße – auch wenn Dienstherren (warum wird dieses gruselige Wort nicht mal in gewaltfreie Sprache transferiert?) und Arbeitgeber das immer, gerne, ständig und einbahnstraßenmäßig so verstehen?
Minister Freitag gab im letzten Jahr vor, er sähe, wie wir auf dem letzten Loch pfeifen und es werde Entlastungen geben. Haha, alle bisherigen Ankündigungen waren lächerlich und zeigen, dass er und seine Berater keine Ahnung vom Schulalltag haben. Nun die Kehrtwende. Er sollte zurücktreten.
In Berlin hat man an Grundschulen 28 Wochenstunden.
Warum demonstrieren Berliner Lehrer nicht dafür, dass sie auch nur 27 Wochenstunden haben? (Bis vor Kurzem hätten Sie noch zu Tausenden dafür streiken können.)
In der GS in Brandenburg nur (?!?) 27 Stunden?
In Hessen schuften wir seit Jahren 28,5 Stunden…
Aber natürlich bin ich gedanklich bei euch und finde die Proteste absolut gerechtfertigt.