
Kurz vor dem Start des neuen Schuljahres in Nordrhein-Westfalen sieht die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) wesentliche bildungspolitische Probleme ungelöst. Dazu zählten steigende Schulabbrecherquoten, ein dramatischer Lehrkräftemangel und eine wachsende Zahl an Kindern, die die grundlegenden Kompetenzen in Deutsch und Mathematik nicht erreichten, kritisierte die GEW-Landesvorsitzende Ayla Celik in Düsseldorf.
GEW: Lehrer und Schüler hetzen durch den Stoff
Viele von der Landesregierung angestoßene Reformen führten in der Schulpraxis kaum zu Entlastungen. Weiterhin seien rund 7.000 Lehrerstellen in NRW unbesetzt. Die Lehrkräfte erlebten zwar mehr Programme und digitale Hilfsmittel, «aber keine kleineren Klassen, keine durchgehende Unterrichtsversorgung, keine Ressourcen für echte individuelle Förderung und vor allem keine Arbeitsentlastung», kritisierte Celik.
Überfällig sei eine Reform der Lehrpläne. «Ob Medienbildung, Nachhaltigkeit, berufliche Orientierung oder Demokratieerziehung – immer mehr gesellschaftliche Aufgaben werden auf die Schulen übertragen», stellte die Gewerkschafterin fest. «Das bedeutet Dauerstress für Lehrkräfte und Kinder, die gemeinsam durch den Stoff hetzen.» Die GEW forderte eine Priorisierung der Inhalte – «zugunsten von mehr Vertiefung, mehr Freude am Lernen und vor allem mehr Zeit für Beziehungsarbeit».
Die Postleitzahl entscheidet über den Bildungserfolg
Die fehlenden Rahmenbedingungen und Qualitätsstandards beim Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz ab 2026 seien eine vertane Chance, bemängelte Celik. Statt landesweit Chancengleichheit zu schaffen und Schule und Betreuung besser zu verzahnen, werde die Verantwortung auf die kommunale Ebene verlagert. «Am Ende bestimmt die Postleitzahl, welche Bildungsangebote die Kinder bekommen», mahnte die GEW-Landeschefin.
Dass Bildungsministerin Dorothee Feller (CDU) weiter auf die Stärkung der Basiskompetenzen – Lesen, Schreiben, Rechnen – setze, sei sachgerecht, lobte Celik. Die vorgesehenen zusätzlichen Lernstandserhebungen könnten hingegen nur dann nachhaltig sein, wenn sie in der Praxis zu mehr individueller Förderung führten. «Ohne qualifiziertes Personal, Zeit und echte Förderstrukturen bleibt das Konzept leider eine Daten-Bürokratie-Offensive ohne gesicherten Bildungserfolg.»
Schuljahr 2025/26 kurz vor dem Start
Auch andere Bildungsgewerkschaften hatten in der vergangenen Woche gravierende Defizite in der Schullandschaft beklagt. Nach gut sechs Wochen Sommerferien beginnt für die meisten der rund 2,5 Millionen Schülerinnen und Schüler in NRW am Mittwoch wieder der Unterricht. Die Erstklässler – in diesem Jahr rund 174.000 – werden in der Regel erst am zweiten Schultag eingeschult. News4teachers / mit Material der dpa
Fühlen sich alle wertgeschätzt und ermutigt? Feller führt Schüler-Feedback ein
7000 unbesetzte Stellen? Trotz Verbeamtung?
Lehrkräftemangel – soll aber “bald” vorbei sein. Die Kultusminister*innen reden langdam wieder vom Stellenabbau :/
Ja, aber der Trick ist doch ganz einfach durchschaubar.
In den letzten Jahren sind auf dem Papier unendlich viele zusätzliche Planstellen bewilligt worden, um Tatkraft zu beweisen, den schlechten PISA-Ergebnissen zu trotzen und Wahlen zu gewinnen.
Da sich jetzt aber herausstellt, dass diese Stellen mangels Bewerbern überhaupt nicht besetzt werden können, geht man hin und streicht diese “Luftbuchungen” wieder. Das haeißt, die nicht besetzten Stellen verschwinden aus den personalplanungen, um die Klaffe zwischen den vorhandenen und geplanten Stellen zu schließen. Es lässt sich dann folgendermaßen verkaufen:
Die Zahl der vakanten Stellen konnte durch den unermüdlichen Einsatz der Verantwortlichen verringert werden.
Das Ganze ähnelt der allseits bekannten Rechenaufgabe:
Im Bus stzen 15 Passagiere, 3 steigen hinzu. Wie viele Passagiere hat der Bus, wenn an der nächsten Haltestelle 20 Leute aussteigen
Wer in der Oberstufe in Mathe durch den Stoff hetzen muss, macht etwas falsch. Beim alten Lehrplan waren die EF entspannt und die Q-Phase locker bis Februar vor den Abiturklausuren schaffbar. Mit dem neuen Lehrplan wird die EF vermutlich sportlich und die Q-Phase entspannter als vorher schon. Man beachte auch, dass die Matrizen entfallen sind und die Geometrie nicht viel umfangreicher als vorher wird.
Matratzen statt Matrizen – oder im Schlafwagen durch die GOSt.
Die ‘Probleme’ stehen nicht für sich, sie sind Symptome eines Systems, das die Dokumentation seines Scheitern wichtiger nimmt als echte Veränderungen. Die letzten Tests haben XYZ gezeigt, wir beschließen, dass das nicht so sein soll… ?! Betreut alle Kinder individuell, aber bewertet sie am besten nach einer Checkliste, damit es gut dokumentiert und rechtssicher ist?
Es sind nicht die Lehrpläne, auch wenn es stimmt, dass Schule scheinbar alles regeln soll. Die Pläne wurden aber schon oft geändert, hat sich dadurch in der Realität etwas getan? Ministeriumsbürokratie trifft Realität, es ist bekannt, wer sich da an wen anpassen muss. Die Lösung ist nicht allein ‘neue Lehrpläne’, die würden nur die bekannte Grundeinstellung widerspiegeln. Die Menschen in den Schulen, ob SuS oder die dort Arbeitenden, sind schon lange sekundär. Man jammert über Ergebnisse, aber nimmt selten bis nie die Ausgestaltung als administrativ optimierte Fabrik mit möglichst gut planbarem Output wahr. Nicht um die SuS als Personen, sondern um deren spätere Verwendung macht man sich Sorgen.
Kinder in die Schule – Bearbeitung in der Lernfabrik – Erwachsene raus, dabei geht es in der Diskussion nur noch um den optimalen Betrieb dieser Fabriken. Etwas weniger Effizienz, dafür etwas mehr persönliche Kontakte, etwas weniger wenn…dann, dafür etwas mehr ‘unsauber begründete’ Abwägung. Pädagogische Freiheit erlebe ich als schlechten Witz, die Gründe für meinen Beruf verschwinden jedes Jahr ein wenig mehr unter dem Papierberg, der ‘auch unserer Absicherung’ dient. Beziehungsarbeit klingt gut, die ist aber nicht objektivierbar und kann damit auch nicht als Erfolgsnachweis für Minister und Abteilungsleiter dienen, sie hilt nur den Beteiligten vor Ort.
Reform heißt noch oberflächlicher.
«Ob Medienbildung, Nachhaltigkeit, berufliche Orientierung oder Demokratieerziehung – immer mehr gesellschaftliche Aufgaben werden auf die Schulen übertragen»
“Die GEW forderte eine Priorisierung der Inhalte“
Aber welche denn, bitte schön?
Ich würde da berufsbedingt an Mathematik, Deutsch, Englisch usw. denken. Leider schwebt da jedem etwas anderes vor.