Rechtsextremismus: Steinmeier empört sich über Schüler, die in KZ-Gedenkstätten provozieren

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BERLIN. Jedes Jahr richtet der Bundespräsident einen Geschichtswettbewerb aus. Diesmal ist das Interesse besonders groß. Ein gutes Zeichen angesichts zunehmender Desinformation findet Frank-Walter Steinmeier – und macht deutlich, was er besonders schlimm findet. 

Neuntklässler aus Görlitz zeigen den rassistischen White-Power-Gruß in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz – und posten dieses Foto von ihrer Aktion auf Instagram. Bearbeiteter Screenshot.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Bedeutung von historischem Wissen und eines kritischen Umgangs mit Informationen angesichts der Zunahme von Desinformation betont. «Wir erleben ja, wie autoritäre und extremistische Kräfte versuchen, die Deutungshoheit über die Geschichte zu gewinnen und das kollektive Gedächtnis zu manipulieren», sagte er bei der Verleihung der Preise seines diesjährigen Geschichtswettbewerbs.

Diese Kräfte betrieben Desinformation, verbreiteten Deep Fakes über die sozialen Medien, vernebelten die Grenze zwischen Wahrheit und Lüge. «Und sie tun das mit dem Ziel, die eigenen Machtansprüche durchzusetzen, Unrecht und Krieg zu rechtfertigen, Vorurteile und Hass zu schüren», sagte Steinmeier.

Steinmeier kritisiert respektloses Verhalten in KZ-Gedenkstätten

«Wie tief ihr Gift bereits in unsere Gesellschaft eingesickert ist, das zeigt sich auf unerträgliche Weise, wenn sich heute ganze Schülergruppen oder Klassen bei Besuchen in KZ-Gedenkstätten respektlos verhalten, mit rechtsextremistischen Symbolen und Parolen provozieren und die Menschheitsverbrechen der Nationalsozialisten umdeuten, verharmlosen oder leugnen.»

Die mit je 2.500 Euro dotierten ersten Bundespreise gingen an Schülerinnen und Schüler des Romain-Rolland-Gymnasiums in Dresden, der Gymnasien Buckhorn und Altona in Hamburg, des Wilhelm-Hittorf-Gymnasiums in Münster und des Bismarck-Gymnasiums in Karlsruhe. Außerdem wurden 15 zweite und 30 dritte Bundespreise verliehen.

Große Beteiligung an diesjährigem Geschichtswettbewerb

Der jährliche Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten stand diesmal unter dem Motto «Bis hierhin und nicht weiter!? Grenzen in der Geschichte». Nach Angaben der Körber Stiftung, die den Wettbewerb im Auftrag des Bundespräsidenten organisiert, beteiligten sich in diesem Jahr 6.720 Kinder und Jugendliche daran. Sie reichten 2.289 Beiträge ein. Damit sei diese Runde des Wettbewerbs die erfolgreichste seit 30 Jahren gewesen.

Die fünf ersten Preisträger befassten sich mit der deutsch-tschechischen Grenze, dem zu Flüssigkristallen forschenden Physiker Otto Lehmann, dem jüdischen Ghetto Hongkew in Shanghai und mit Annaliese Teetz, die 1955 als erste deutsche Frau das Kapitänspatent erwarb und gegen die Benachteiligung von Frauen in der Seefahrt kämpfte. Eine Schülergruppe entwickelte ein historisches Brettspiel.

«Oft spielen dabei die eigene Familiengeschichte und persönliche Grenzerfahrungen eine tragende Rolle»

«Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer setzten sich in ihren Beiträgen mit der ehemaligen, innerdeutschen Grenze auseinander. Oft spielen dabei die eigene Familiengeschichte und persönliche Grenzerfahrungen eine tragende Rolle. Spurensuchen zur eigenen Familie führten die jungen Forschenden aber beispielsweise auch nach Ungarn, Südkorea oder in südamerikanische Länder», so heißt es in einer Pressemitteilung.

Und weiter: «Die eingereichten Arbeiten zeigen in beeindruckender Vielfalt: Grenzen sind mehr als Linien auf der Landkarte, sie tauchen ebenso in gesellschaftlichen, politischen und räumlichen Strukturen auf. Dabei wirken sie nicht nur als Barrieren oder Hindernisse, sondern auch als Räume der Begegnung, des Schutzes oder der Überwindung. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben eindrucksvoll gezeigt, wie vielschichtig das Thema „Grenzen“ ist – und wie sehr es Vergangenheit und Gegenwart prägt.» News4teachers / mit Material der dpa

Immer mehr Provokationen in KZ-Gedenkstätten – auch von Schulklassen. “Der Hass aus dem Netz bricht sich Bahn.”

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AvL
40 Minuten zuvor

Wie sollten sich Kinder ein verantwortungsvolles Geschichtsbewusstsein aneignen, wenn diese nicht einmal fließend lesen können? Herr Steinmeier liegt richtig mit seiner Beschreibung der derzeitigen Situation. Es fehlt an Haltung und an Bildung, um resistent gegenüber der populistischen Agenda der Rassisten zu sein. Wer nicht fließend lesen kann, der kann auch kein abstraktes Denken entwickeln, weil das Handwerkzeug fehlt, sich eigenständig Wissen anzueignen.