Viele Alleinerziehende armutsgefährdet – manche sogar trotz Vollzeitjob

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WIESBADEN. Alleinerziehende sind trotz Vollzeitjob überdurchschnittlich häufig armutsgefährdet. Betroffen seien 14 Prozent dieser Elternteile, teilte Sebastian Will vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in Wiesbaden unter Verweis auf eine neue Studie mit. Bei Alleinerziehenden ohne Arbeitsstelle liege das Armutsrisiko sogar bei über 70 Prozent. Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des bundesweiten mittleren Einkommens zur Verfügung hat. 

Armutsfalle (Symbolfoto.) Foto: Shutterstock

Essenziell für diese Familien seien verlässliche und flexible Betreuungsplätze für ihre Kinder, sagte Will. Jedoch würden laut früherer Analysen 27 Prozent der alleinerziehenden Eltern von Kindern im Alter bis zu drei Jahren einen solchen Platz nicht finden. Bei Familien mit drei oder mehr Kindern – auch sie sind besonders armutsgefährdet – liege der Anteil bei 33 Prozent. Zur Senkung des Armutsrisikos sollten diese beiden Gruppen laut BiB gezielt staatlich unterstützt und die Kinderbetreuung weiter ausgebaut werden, so das BiB.

Psychisch belastet

Untersucht wurde in der Studie auch die subjektive Einschätzung der Menschen zu ihrer finanziellen Lage. Das Ergebnis: Vor allem Alleinerziehende, die ihr Einkommen als zu gering empfinden, haben das Gefühl, ihrer Elternrolle nicht gerecht zu werden. Sie könnten sich Dinge nicht leisten, die sie als wichtig empfänden, erklärte Jan Brülle vom BiB. Dies könne zu Stress und psychischer Belastung führen.

Für die repräsentative Stichprobe wurden seit 2020 regelmäßig etwa 20.000 Menschen im Alter zwischen 18 und 49 Jahren befragt. News4teachers / mit Material der dpa

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4 Kommentare
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Ich_bin_neu_hier
20 Stunden zuvor

Die Probleme sind seit vielen Jahren bekannt. Es ist bloß so, dass sich das nicht lösen lässt, indem man:

a) ein weiteres Schulfach “Alleinerziehung” verpflichtend einführt.
b) die Arbeitszeit der Lehrkräfte erhöht
c) weiteres Lehrer-Bashing betreibt – mir wäre tatsächlich kein Versuch bekannt, Schule und Lehrkräfte für die hohe Zahl der Alleinerziehenden in Deutschland verantwortlich zu machen. Erstaunlich!
d) Lehrkräfte an verpflichtenden Fortbildungen zur Ehe-und Beziehungsberatung teilnehmen lässt, sodass sie während des Elternsprechtages im 5-Minutentakt auch schnell noch die Ehen der Erziehungsberechtigten kitten können.

Deshalb wage ich die Prognose, dass die geringe Anzahl der Kommentare unter diesem Artikel die große gesellschaftliche Bedeutung des Themas nicht widerspiegeln wird.

Rainer Zufall
2 Stunden zuvor
Antwortet  Ich_bin_neu_hier

Es geht nicht um Lehrkräfte, sondern um Alleinerziehende.

Oder forderte jemand “Alleinerziehung” als Unterrichtsfach? 😉

Fran
19 Stunden zuvor

Komisch, dass die Elternteile, die ihre Jobs als Eltern vernachlässigen nicht erwähnt werden. Die meisten alleinerziehenden Eltern sind nicht alleinerziehend, weil der andere Elternteil verstorben ist oder krank oder behindert, sondern weil er Verpflichtung und Verantwortung scheut. Viele wollen nicht mal Unterhalt für ihre Kinder zahlen. Essenziell sind nicht Vollzeit-Kitaplätze sondern gute Eltern. Wie wäre es damit, diese Elternteile in die Pflicht zu nehmen? Aber das wird in einer patriarchischen Gesellschaft gern übersehen, denn die meisten sind Männer.

Ukulele
6 Stunden zuvor

Relative Armutsdefinitionen waren, sind und bleiben irreführend.

Gedankenexperiment: Angenommen der Wohlstand inklusive Einkommen verdoppelt sich plötzlich für alle in Deutschland lebenden Menschen. Welche Auswirkungen hat dies auf die relative Armut? Keine, der Anteil der armutsgefährdeten Menschen bleibt gleich.

Relative Armutsdefinitionen sind vom Begriff her irreführend. Sie beschreiben Ungleichheiten innerhalb einer Gesellschaft, aber eben keine Armut.