Mehr als 10.000 Lehrer streiken in Sachsen – GEW: Es geht auch um die Bezahlung

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DRESDEN. Kultusministerin Brunhild Kurth ärgerte sich laut – aber vergeblich: Auch am Freitag fiel noch einmal an vielen sächsischen Schulen der Unterricht aus. An der dreitägigen Warnstreikwelle im Freistaat haben sich mehr als 10.000 Pädagogen beteiligt. Sachsens Lehrer sind offenkundig wütend.

Am Freitag legten in der Region Leipzig sowie in Ost- und Südwestsachsen noch einmal Tausende Lehrer ihre Arbeit nieder, an zahlreichen Schulen fiel der Unterricht aus. «Noch nie in meiner 30-jährigen Schulzeit als Lehrer habe ich erlebt, dass eine Region in Sachsen in derartiger Geschlossenheit für Veränderungen in der Bildungslandschaft eintritt», erklärte Michael Schäfer vom sächsischen Lehrerverband in Plauen.

Die Warnstreiks hatten am Mittwoch begonnen. Ziel der Bildungsgewerkschaft GEW und des Lehrerverbandes ist der Abschluss eines Tarifvertrages zur Altersteilzeit. Erst im September waren dafür 15.000 Lehrer in Sachsen auf die Straße gegangen, wie news4teachers.de berichtete. In Görlitz nun hielten die protestierenden Lehrer Transparente in die Höhe mit der Aufschrift: «Alterssteilzeit – Wir haben es uns verdient». Außerdem warfen sie der sächsischen Staatsregierung eine «Spar-Bildungspolitik» vor. «Wenn die sächsische Staatsregierung diese Art von Bildungspolitik fortsetzt, werden wir uns bald bei Pisa-Tests mit Bremen um den letzten Platz streiten», erklärte Rita Kiriasis in Görlitz.

Kultusministerin Kurth (parteilos) sieht keinen Spielraum dafür, die Forderungen der Gewerkschaften nach Altersteilzeit und höheren Lehrergehältern zu erfüllen. «Sicher wäre es schön gewesen, auch bei Lehrern für die Mittel- und Förderschulen aufzustocken, aber die Messen sind jetzt gelesen. Die Entscheidung ist gefallen», sagte Kurth im Interview mit der «Leipziger Volkszeitung». Sie sei glücklich darüber, dass im Ergebnis der Haushaltsberatungen Grundschullehrer im Gehalt hochgestuft würden. Auch der Wunsch nach einer Altersteilzeit sei zum aktuellen Zeitpunkt unrealistisch.

Die bundesweite Regelung für Altersteilzeit war 2010 ausgelaufen. Seither haben die Länder die Möglichkeit, neue Vereinbarungen abzuschließen. Nach GEW-Angaben hat bislang nur Sachsen-Anhalt eine Anschlussregelung getroffen. Sachsens Pädagogen drängen auf eine ähnliche Vereinbarung, um angesichts der überalterten Lehrerschaft und des gravierenden Lehrermangels auch jungen Pädagogen den Einstieg in den Beruf zu ermöglichen. Finanzminister Georg Unland (CDU) hält es für unmöglich, freiwerdende Stellen passgenau neu mit jungen Lehrern zu besetzen. Das sei nicht zu steuern – weder regional noch bei der Fächerkombination.

Ilse Schaad vom GEW-Bundesvorstand kündigte in Dresden an, dass bei den im Januar beginnenden Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst die Bezahlung der rund 200.000 angestellten Lehrer eine besondere Rolle spielen werde. Es gehe um einheitliche Entgelttabellen und eine bessere Eingruppierung der Lehrer in den neuen Bundesländern. «Es muss ein weiteres Auseinanderdriften bei der Bezahlung verhindert werden», sagte sie.

Ministerin Kurth zeigte wenig Verständnis für den Arbeitskampf. Sie ging mit den streikbereiten Lehrern hart ins Gericht. «Ich habe kein Verständnis für die Aktionen», sagte die Kultusministerin. «Die Lehrergewerkschaften überziehen und überspannen den Bogen», erklärte Kurth. «Es ist inakzeptabel, dass sich Gewerkschaften auf Kosten der Schüler und der Unterrichtsversorgung profilieren wollen.»

Kurth: „Wir haben viel Geld in die Hand genommen“

«Die Gewerkschaften ignorieren, dass Regierung und die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP enorm viel Geld in die Hand genommen hätten, um die Bildungssituation und die der Lehrer zu verbessern», sagte Kurth. Sie verwies etwa auf die 9,1 Millionen Euro, die 2013/14 für die bessere Bezahlung von 1350 älteren Grundschullehren eingeplant worden seien. Die Forderungen nach einer Alterszeitvereinbarung sehe sie kritisch. Sie befürchte, dass sich nicht genügend Lehrer fänden, um die durch die Teilzeit entstehenden Lücken zu füllen. Ähnlich hatte sich zuvor Finanzminister Georg Unland (CDU) geäußert, der Verhandlungen über Altersteilzeit generell ablehnt.

Macht sich nicht beliebt bei Sachsens Lehrern: Kultusministerin Brunhild Kurth. Foto: Staatsministerium für Kultus
Macht sich nicht beliebt bei Sachsens Lehrern: Kultusministerin Brunhild Kurth. Foto: Staatsministerium für Kultus

Unterstützung erhielten die Lehrer heute noch einmal von der SPD-Landtagsfraktion. Deren Bildungsexpertin Eva-Maria Stange machte die Koalition für die Streikserie und den damit verbundenen Unterricht verantwortlich. «Seit Monaten wollen die Lehrkräfte ihren Anteil zum Gelingen des Generationswechsels beitragen, doch Finanzminister Unland und die gesamte Staatsregierung schalten auf stumm», erklärte Stange, die einst GEW-Bundesvorsitzende war. dpa

(13.11.2012, aktualisiert am 14.11.2012 und am 15.11.2012)

Zum Bericht: „Sachsens Lehrer wollen erneut für Altersteilzeit streiken“

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