Wie im Rollenspiel: Unterricht als „World of Classcraft“ in Kanada

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SHERBROOKE/KANADA. Endgegner, Monster, Erfahrungspunkte: Der kanadische Physiklehrer Shawn Young hat aus den klassischen Zutaten für ein Fantasy-Rollenspiel das Unterrichtsspiel „World of Classcraft“ kreiert. Mit mehr als 100 Schülern hat er es bisher ausprobiert und die sind begeistert.

Vorneweg: In Shawn Youngs Kursen werden weiterhin Klausuren geschrieben und Noten vergeben. Der Alltag ist aber in einen spielerischen Rahmen eingebettet. Bei „World of Classcraft“ gelten die klassischen Rollenspiel-Regeln. Wer etwa gute Noten schreibt, kann Erfahrungen sammeln und in Level aufsteigen. Schüler, die gegen Regeln verstoßen, bekommen Punkte von ihrem Konto abgezogen. Shawn Young, selber Rollenspieler und Programmierer, erfasst den Punktestand in einer Datenbank. Verkleidet ist im Klassenzimmer allerdings keiner. Teilnehmen muss ebenfalls keiner. Von 66 Schülern hätten sich aktuell fünf entschieden, nicht mit zu machen, erzählt Young „Spiegel online“.

Fantasy hilft beim Lernen, zumindest bei Shawn Young. (Bild: Eigener Screenshot http://worldofclasscraft.com)
Fantasy hilft beim Lernen, zumindest bei Shawn Young. (Bild: Eigener Screenshot http://worldofclasscraft.com)

In dem Spiel können Lebens- und Aktionspunkte gesammelt werden. Wer anderen beispielsweise bei einer Aufgabe hilft, bekommt Punkte gutgeschrieben. Mit den Punkten erwerben Schüler etwa das Recht, Musik zu hören, während sie arbeiten oder dürfen eine Hausaufgabe später abgeben, schreibt die Webseite „Gamezone“. Wer aber etwa verspätet zum Unterricht eintrudele oder Aufgaben vergesse, bekomme dagegen Punkte abgezogen. Spielfiguren könnten auch Minuspunkte sammeln, also „sterben“, ihnen könne aber ein „Heiler“ mit Punkten helfen, oder die Figur könne sich mit Hilfe einer ausgewürfelten Strafe, wie Nachsitzen, wieder zum Leben erwecken.

Sein Spiel soll Schule attraktiver machen und die Zusammenarbeit fördern, erzählt der 29-Jährige „Spiegel online“. Young hat sich Einiges einfallen lassen. Um Langeweile gar nicht erst aufkommen zu lassen, beginnt jede Stunde  mit einem sogenannten Event. Wie eine Ereigniskarte bei „Monopoly“ wählt die Software per Zufall Eines aus. Das führt auch zu skurillen Situationen. Einmal habe ein Zufallsevent einigen Spielern verboten, während der Stunde ihren Stuhl zu verlassen, erzählt Young. Dabei hätten die Schüler einen Termin gehabt, sie mussten zu einer Konferenz. Kurzerhand seien sie mitsamt ihren Stühlen auf der Konferenz erschienen.

Young hat das Spiel bisher in vier Kursen getestet, mit rund hundert Schülern. Es habe die Schüler stets  motiviert, sagt er gegenüber „Spiegel online“. Jugendliche, die früher kaum etwas gemacht hätten, arbeiteten mit dem System wie verrückt. Ihre Einstellung zum Unterricht habe sich verändert. Störend sei nur, dass einige Schüler mit diesem System kaum noch etwas umsonst machen würden. Bitte er sie, nach dem Unterricht aufzuräumen, würden sie etwa Punkte dafür verlangen. nin

(20.4.2013)

Zur Webseite „World of Classcraft“

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