Kein Scherz: CSU will Einwanderern Deutsch zu Hause vorschreiben

0

MÜNCHEN. Migranten sollen in der Familie und in der Öffentlichkeit grundsätzlich deutsch reden – das will die CSU auf ihrem Parteitag beschließen. Der Sprach-Vorschlag löste umgehend heftige Kritik aus. Die Christsozialen beharren aber auf ihrem Vorstoß.

Wie weit müssen sich Migranten anpassen? Foto: Harald Bischoff / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
Wie weit müssen sich Migranten anpassen? Foto: Harald Bischoff / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Die CSU fordert hier lebende Ausländer auf, sich grundsätzlich auf Deutsch zu unterhalten – in der Öffentlichkeit, aber auch zu Hause in der eigenen Familie. „Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen“, heißt es in einem Leitantrags-Entwurf für den Parteitag Ende kommender Woche, der am Freitag an die CSU-Spitze verschickt wurde. Die Papiere lagen der Deutschen Presse-Agentur vor.

Der Sprachvorschlag sorgte umgehend für Kritik, Kopfschütteln und Spott. Sogar die Schwesterpartei CDU ging auf Distanz. „Ich finde ja, es geht die Politik nichts an, ob ich zu Hause lateinisch, klingonisch oder hessisch rede“, schrieb CDU-Generalsekretär Peter Tauber auf Twitter. Auch aus der eigenen Partei gibt es Kritik. Martin Neumeyer, Integrationsbeauftragter der bayerischen Staatsregierung und Landtagsabgeordneter der CSU sagte gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“: „Das ist ein Schmarrn! Machen wir dann demnächst die Videoüberwachung in den Küchen?“

„Jetzt fehlt nur eine CSU-Sprachpolizei, die das Ganze kontrollieren soll“, sagte die bayerische SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen. Der integrationspolitische Sprecher der SPD, Arif Tasdelen, sagte: „Das ist eine völlig absurde Einmischung in das Privatleben der Menschen. Warum sollte ein in Bayern lebendes amerikanisches Ingenieur-Ehepaar in seiner Wohnung nicht mehr englisch miteinander sprechen? Oder warum sollte ein italienischer Gastwirt nicht mehr seine Muttersprache verwenden dürfen?“  SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi befand: „Die CSU ist in Absurdistan angekommen.“ „Die CSU ist in Absurdistan angekommen.“ Der Vorschlag sei „zum Schreien komisch“, wenn er nicht so brandgefährlich wäre. Gegenüber der „Bild am Sonntag“ sprach Fahimi von einem „komplett bescheuerten Vorschlag“.

Der bayerische Grünen-Chef Eike Hallitzky kritisierte: „Die Sprachwahl daheim diktieren? Lebensfremder geht’s nicht. Fehlt nur noch, dass die CSU den Bürgerinnen und Bürgern vorschreiben will, dass der Wohnzimmerteppich weiß-blau sein soll.“ Der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir kritisierte: „Das Freiheitsverständnis der CSU in ihrer neuen Rolle als Sprachpolizei ist atemberaubend.“ Es gehe niemanden etwas an, welche Sprache Zuwanderer zu Hause sprechen, sagte Özdemir der „Bild am Sonntag“. „Nicht auszudenken, hätten die Amerikaner einem Thomas Mann verboten, daheim deutsch zu sprechen.“ Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, kommentierte: „Jetzt ist die CSU narrisch geworden.“ Beck bezeichnete den CSU-Vorstoß als „übergriffig, respektlos und reine Stimmungsmache“. Er betonte, dass das Pflegen der eigenen Sprache, Kultur und Religion und die Integration in das Einwanderungsland keine Gegensätze seien.

Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach äußerte sich hingegen zustimmend. Sprachkenntnisse seien für die Integration von überragender Bedeutung. „Deshalb ist es wichtig, dass mit Kindern auch zu Hause Deutsch gesprochen wird“, sagte Bosbach der Zeitung „Bild am Sonntag“. Trotz der Kritik bleibt die CSU bei ihrem Leitantrag, dass Ausländer nicht nur im öffentlichen Raum, sondern auch in der Familie deutsch sprechen sollen. Der Entwurf des Leitantrags sei wohlvorbereitet und breit abgestimmt, sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer laut „FAZ“ am Wochenende. News4teachers / mit Material der dpa

Zum Kommentar: Die CSU hat (ein bisschen) Recht: Sprachförderung tut Not – aber in den Schulen

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

0 Kommentare
Inline Feedbacks
View all comments