Zu wenig Akademiker? „Duale Ausbildung nicht übersehen“

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KÖLN. Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln hat die Kritik aus dem aktuellen OECD-Bildungsbericht zurückgewiesen, es gebe zu wenig Akademiker in Deutschland. „Dabei übersehen die Experten: Wer eine gute berufliche Ausbildung hat, ist für innovative Firmen ebenso interessant wie Uni-Absolventen“, heißt es in einem Papier des Arbeitgeber-nahen Instituts.

Die Duale Ausbildung als Alternative zum Studium: Auszubildender in Lübeck. Foto: Arbeitgeberverband-Gesamtmetall / Flickr (CC-BY-2.0)
Die duale Berufsausbildung ist eine deutsche Besonderheit: Auszubildender in Lübeck. Foto: Arbeitgeberverband-Gesamtmetall / Flickr (CC-BY-2.0)

In ihrer Studie „Bildung auf einen Blick“ schlägt die OECD Alarm, weil Deutschland im internationalen Vergleich relativ wenig Hochqualifizierte hat und gegenüber anderen Ländern weiter zurückfällt. So beträgt die Hochschulabsolventenquote in Deutschland 29 Prozent – das bedeutet Platz 23 der 27 verglichenen OECD-Länder. „Doch wichtiger als ein Diplom, Master oder Bachelor sind die Kompetenzen eines jeden Einzelnen – und die werden nicht erst an der Uni erworben“, meint das IW.  Untersuchungen des Instituts zeigten, dass im PISA-Test drei Viertel der 15-jährigen Realschüler und ein Drittel der Hauptschüler in Deutschland das Maß an Kompetenzen übertreffen, das spätere Studienanfänger in den USA mindestens erreichen. Die OECD-Experten vernachlässigten zudem eine wichtige Eigenart des deutschen Bildungssystems: die duale Berufsausbildung. Und gerade auf diesem Feld schneide Deutschland – zusammen mit der Schweiz und Österreich – weltweit am besten ab. Die Unternehmen wüssten das zu schätzen, wie eine Befragung durch das IW Köln zeige: „Für innovative Firmen sind Absolventen der sogenannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) bedeutsam – egal, ob sie nun von der Uni oder der Berufsschule kommen.“

Zahl der Hochschulabsolventen in Deutschland steigt

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Auf Nicht-Akademiker setzten vor allem Unternehmen, die neue Produkte oder Dienstleistungen auf den Markt bringen, ohne selbst in der Forschung und Entwicklung aktiv zu sein – das treffe auf rund 40 Prozent aller innovativen Firmen in Deutschland zu. Je mehr die Unternehmen eigene Forschungen und Entwicklungen vorantrieben, desto eher bräuchten sie auch Akademiker. „Und noch etwas lässt die OECD-Studie außer Acht: Die Zahl der Hochschulabsolventen ist in Deutschland gerade in den vergangenen Jahren stärker gestiegen als in den meisten anderen Ländern.“ Im Jahr 2005 machtendem Bericht zufolge rund 208.000 Studenten erstmals einen Abschluss an der Hochschule, 2009 waren es laut Statistischem Bundesamt rund 290.000 – also fast 40 Prozent mehr. Die OECD-Datenbank weise mit knapp 70 Prozent sogar einen noch größeren Zuwachs aus, weil sie auch Zweitabschlüsse mitzähet, also etwa den Master nach dem Bachelor. Von den OECD-Staaten könne nur Tschechien mit 94 Prozent eine größere Dynamik bei den Hochschulabschlüssen verzeichnen. Große Industrienationen wie die USA (plus 12 Prozent), Kanada (plus 12 Prozent), Japan (plus 4 Prozent) und Frankreich (minus 11 Prozent) schnitten deutlich schlechter ab.

„In einem haben die OECD-Experten allerdings recht: Angesichts der Arbeitskräfteengpässe und der demografischen Entwicklung muss sich Deutschland noch deutlich mehr anstrengen, um genügend technisch-naturwissenschaftliche Akademiker wie Ingenieure oder Informatiker hervorzubringen. Denn gemessen an der Nachfrage bilden die Hochschulen Jahr für Jahr etwa 15.000 bis 20.000 MINTler zu wenig aus.“

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