OECD kritisiert Deutschland: Zu wenig Hochqualifizierte und zu wenig Geld

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Studenten im Hörsaal
Studenten im Hörsaal. Foto: Uniinnsbruck/Flickr

Der Anteil der Hochqualifizierten ist in Deutschland seit 50 Jahren kaum gewachsen, kritisiert der nun  in Berlin veröffentlichte Bericht “Bildung auf einen Blick” der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

BERLIN (nin). Hatte vor 50 Jahren knapp jeder fünfte junge Erwachsene in Deutschland einen Hoch- oder Fachschulabschluss oder einen Meisterbrief, so ist es heute etwa jeder Vierte (26 Prozent). Vom Mittelfeld aller 24 Länder ist Deutschland damit auf einen der untersten Plätze abgerutscht.

Die Entwicklung innerhalb der OECD sei dagegen positiv: Ende der 50er/Anfang der 60er Jahre machten im OECD-Schnitt nur 13 Prozent aller Menschen einen Abschluss im sogenannten tertiären Bereich, im Jahr 2009 hatte sich diese Zahl auf 37 Prozent fast verdreifacht. Die größten Fortschritte erzielten Korea und Japan, die von niedrigem beziehungsweise mittlerem Niveau starteten und heute mit 63 und 56 Prozent aller 25 bis 34-Jährigen über den höchsten Anteil von Hochqualifizierten verfügen. Die USA – historisch gesehen eines der bestausgebildeten Länder – liegen heute mit 41 Prozent Universitäts-, Fachschul- und Berufsakademieabsolventen nur noch knapp über dem OECD-Schnitt. Deutschland hat mit 7 Prozentpunkten die geringste Zuwachsrate aller OECD-Länder.

Ausgaben für Bildung zurückgegangen

Tertiäre Bildung zahlt sich für den Staat aus: In Deutschland lohne es sich besonders, jubelte das Bundesbildungsministerium in seiner Pressemitteilung zu selben Thema. Außer in den USA gebe es kein anderes Land, in dem staatliche Investitionen in Universitäts-, Fachschul- oder gleichwertige Bildung einen so großen Kapitalwert abwerfen wie in Deutschland. 169.000 US-Dollar blieben kaufkraftbereinigt und auf ein Arbeitsleben gerechnet übrig, wenn man die vom Staat erbrachten Kosten für den höheren Abschluss eines Mannes mit dem Nutzen für die öffentliche Kasse verrechnet.

Im Gegensatz dazu steht, dass der Anteil der Investitionen in Bildung gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland zurückgegangen sind: Gaben private und öffentliche Stellen in Deutschland 1995 noch 5,1 Prozent des BIP für Bildungseinrichtungen aus, so waren es 2008 nur noch 4,8 Prozent. Mitte der 90er Jahre rangierte Deutschland mit diesem Satz im Mittelfeld der OECD-Länder, heute fallen die Investitionen fast überall in der OECD höher aus (Ausnahme: Tschechien und die Slowakei). Besonders problematisch sei dabei das niedrige Ausgabenniveau im Grundschulbereich, führt der Bericht aus. Während im OECD-Mittel pro Schüler jährlich 7200 US-Dollar fließen, investiere Deutschland umgerechnet nur 5900 US-Dollar.

Das bedauert auch die niedersächsische Bildungsministerin Johanna Wanka, die gemeinsam mit Andreas Schleicher von der OECD und der Staatssekretärin des Bundesbildungsministeriums Cornelia Quennet-Thielen die Analyse vorstellte. Gemeinsames Ziel von Bund und Ländern sei daher unverändert, die Ausgaben für Bildung und Forschung bis zum Jahr 2015 auf 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen. Wanka sagt: „Die Länder werden in den kommenden Jahren vor allem die vorschulischen und schulischen Betreuungs- und Bildungsangebote ausbauen und die Zahl der Studienabschlüsse deutlich erhöhen. Die sich aus der demografischen Entwicklung ergebenden finanziellen Spielräume werden zur Verbesserung der Bildungsqualität genutzt.“

Hohe Qualifikation macht zufrieden

Neben dem volkswirtschaftlichen Nutzen hat eine hoch qualifizierende Ausbildung mehrere individuelle Vorteile, berichtet die OECD: Die Arbeitslosigkeit dieser Gruppe ist die niedrigste in der Bevölkerung. Zudem seien Verdienstmöglichkeiten so stark wie nie zuvor an die Ausbildung geknüpft: In der Hälfte aller OECD-Länder können Universitäts- und Fachhochschulabsolventen mit mindestens 50 Prozent mehr Einkommen rechnen als jene, die zwar über (Fach-)Hochschulreife, nicht aber über ein Studium verfügen. In Deutschland beträgt der Unterschied bei Männern 68 und bei Frauen 65 Prozent. In Österreich ist er sogar noch ausgeprägter (Männer 71 und Frauen 65 Prozent).

Ein klarer Zusammenhang bestehe darüber hinaus zwischen der Zufriedenheit sowie einer positiven Einstellung zur Gesellschaft und der Ausbildung. In Deutschland etwa gab die Hälfte aller Menschen ohne Sekundarausbildung an, zufrieden zu sein. Mit Sekundarabschluss sind es bereits 61 Prozent und unter den Hochqualifizierten steigt der Anteil auf 77 Prozent. Zudem arbeiten in der am besten ausgebildeten Gruppe fast dreimal so viele Menschen ehrenamtlich wie in jener ohne Sekundarabschluss (10,4 versus 27,5 Prozent). Auch die Wahlbeteiligung steigt mit der Qualität der Abschlüsse: von 77 Prozent bei jenen, die unterhalb des Sekundarbereichs ausgebildet sind bis auf 95 Prozent unter den am besten Ausgebildeten.

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