Die Rede ist von Wucherern, Kindermördern und der großen Weltverschwörung: Auch nach Einschätzung der Antisemitismus-Forscherin Monika Schwarz-Friesel haben judenfeindliche Äußerungen ein neues Ausmaß erreicht: «Wir beobachten im Internet eine riesige Flut antisemitischen Schreibens», sagte die Wissenschaftlerin von der Technischen Universität Berlin. Gerade ist unter ihrer Leitung ein Forschungsprojekt angelaufen, in dem moderne antisemitische Sprache in sozialen Medien, Online-Kommentarspalten, Chats und Foren untersucht wird.
«Als antisemitisch bezeichnen wir Äußerungen, die auf alte Stereotype zurückgehen», erläuterte Schwarz-Friesel. Ziel des Projekts ist nicht nur eine quantitative Auswertung: «Wir wollen zum Beispiel auch die Dynamiken beobachten, die auf einzelne Kommentare hin entstehen.» In einem früheren Projekt haben Schwarz-Friesel und ein US-Historiker rund 14 000 Zuschriften an den Zentralrat der Juden und die Israelische Botschaft in Berlin ausgewertet.
«Der Hass auf Israel vereint Schreiber aller Schichten», bilanziert die Wissenschaftlerin. Ein Großteil von ihnen entstamme der politischen Mitte und agiere mit vollem Namen. «Drei Prozent der Zuschriften waren anonym und kamen aus der rechtsradikalen Szene.» Typischerweise werde aktueller Antisemitismus als Problem geleugnet. nin mit dpa